Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 22. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8740 19. Wahlperiode 26.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Stefan Keuter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/8178 – Scheinehen in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Gemäß § 27 Absatz 1a Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) ist der Familiennachzug nicht zugelassen, wenn feststeht, dass die Ehe ausschließlich dem Zweck dienen soll, den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Anhaltspunkte für eine solche Scheinehe sind Umstände, die vermuten lassen, dass trotz formal geschlossener Ehe keine Herstellung einer familiären Lebensgemeinschaft in Deutschland beabsichtigt ist, wie z. B. wenn für das Eingehen der Ehe ein Geldbetrag an den Ehegatten übergeben wird, die Ehepartner keine für beide verständliche Sprache sprechen, ein Ehegatte oder beide Ehegatten sich unbefugt bzw. im Rahmen eines Asylantrags in einem EU- Mitgliedstaat aufgehalten hat bzw. haben (in erkennbarer Absicht, einen Aufenthalt zu begründen, auch unabhängig vom Ehepartner) oder sich die Ehepartner vor ihrer Ehe nie oder nur auffallend kurz begegnet sind (vgl. Nummer 27.1a.1.1.7 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz – AufenthGVwV). Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/2220 ist zu entnehmen, dass die Bundespolizei seit dem Jahr 2007 insgesamt 873 Fälle ermittelte, bei denen sich nach dem Erschleichen oder dem Gebrauch eines erschlichenen Aufenthaltstitels (Visum, Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis) der Verdacht der Scheinehe ergab. Mit einem Tweet der Seenotrettungsorganisation Mission Lifeline e. V. auf Twitter „Ihr seid noch nicht verheiratet? Vielleicht verliebt Ihr Euch zufällig in einen Menschen, der oder die hier noch kein Bleiberecht hat. Könnte passieren, oder? Bleibt offen!“ („Aufruf zur Scheinehe mit Flüchtlingen?“, www. nordkurier.de/politik-und-wirtschaft/aufruf-zur-scheinehe-mit-fluechtlingen- 2834402501.html) ist die Problematik der Scheinehe, insbesondere von illegalen Migranten, erneut in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Darüber hinaus soll nach Presseberichten eine Schleuserbande etwa 200 Scheinehen mit zum Teil fingierten Ehepartnern organisiert haben (www.welt.de/vermischtes/article183346412/Verdacht-auf-Scheinehen-Grosseinsatzgegen -mutmassliche-Schleuserbande-vier-Festnahmen.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8740 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Umstände führten aus Sicht der Bundesregierung dazu, dass im Jahr 2007 286 Fälle ermittelt wurden, bei denen sich nach Erschleichen eines Aufenthaltstitels oder Gebrauch eines erschlichenen Aufenthaltstitels (Visum , Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis) der Verdacht der Scheinehe ergab, im Jahr 2017 allerdings nur 30 Fälle (vgl. Bundestagsdrucksache 19/2220)? Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung eines Visums zum Zwecke des Ehegattennachzugs ist die Absicht, dass die Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft angestrebt wird. Steht fest, dass die Ehe ausschließlich zu dem Zweck geschlossen wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, wird der Familiennachzug nicht zugelassen, vgl. § 27 Absatz 1a Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Angaben zu den Ablehnungsgründen werden allerdings nicht systematisch erhoben und können nachträglich nicht rekonstruiert werden. Bis zum Jahr 2007 erfolgte keine Unterscheidung der verschiedenen Modi Operandi bei der Erschleichung von Visum, Aufenthaltserlaubnissen oder Niederlassungsbefugnissen . Eine Differenzierung des Modus Operandi „Scheinehe“ wird erst mit dem Berichtsjahr 2008 durch die Einführung eines spezialisierten Erfassungsschlüssels möglich. Im Ergebnis sind die Fallzahlen der Berichtsjahre 2007 und 2017 nicht vergleichbar. 2. Wie viele Fälle erfasste die Bundespolizei im Jahr 2018, bei denen sich nach Erschleichen eines Aufenthaltstitels oder Gebrauch eines erschlichenen Aufenthaltstitels (Visum, Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis) der Verdacht der sogenannten Scheinehe ergab (bitte nach Herkunftsländern aufschlüsseln)? Im Jahr 2018 erfasste die Bundespolizei 34 Fälle im Zusammenhang mit dem Verdacht der Scheineheschließung zum Zwecke des Erschleichens eines Aufenthaltstitels . In Bezug auf die Herkunftsländer erfolgt keine statistische Erhebung. 3. Wie viele Verdachtsfälle bezüglich des Erschleichens eines Aufenthaltstitels (Visum bzw. Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis) wurden in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018 nach Kenntnis der Bundesregierung erfasst? Die bundesweiten Fallzahlen gemäß Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) für den Bereich Erschleichen eines Aufenthaltstitels sind in der nachfolgenden Tabelle für die Jahre 2015 bis 2017 aufgeführt. Die PKS-Zahlen für 2018 sind noch nicht veröffentlicht. Die PKS enthält die der Polizei bekannt gewordenen rechtswidrigen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche (Fallzahlen). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8740 Sollte sich im Visumverfahren feststellen lassen, dass die Ehe ausschließlich zu dem Zweck geschlossen wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, führt dies zur Ablehnung des Antrags auf Familiennachzug. Es wird dabei nicht statistisch erfasst, ob die Ablehnung aufgrund eines Scheineheverdachts erfolgt ist. 4. Was unternehmen die deutschen Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung , um Scheinehen aufzudecken? 5. Welche weiteren Maßnahmen wird die Bundesregierung unternehmen, um die Erschleichung von Visa, Aufenthaltserlaubnissen oder Niederlassungserlaubnissen durch Scheinehen zu verhindern? Die Fragen 4 und 5 werden zusammen beantwortet. Kontrolliert wird der Familiennachzug wie folgt: Soll das Verwandtschaftsverhältnis erst in Deutschland begründet werden, stellen die Standesämter die erste Kontrollinstanz dar, während bei der Einreise zum Zwecke der Familienzusammenführung eine erste Kontrolle durch die deutschen Auslandvertretungen erfolgt . So wird der Familiennachzug nicht zugelassen, wenn feststeht, dass die Ehe ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Ehegatten die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen (vgl. § 27 Absatz 1a Nummer 1 AufenthG). Die Beweislast für die Absicht, eine eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu führen, liegt beim Antragssteller. Dieser ist verpflichtet, seine Belange und die für ihn günstigen Umstände für die Absicht eine eheliche Lebensgemeinschaft zu führen, geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise über seine persönlichen Verhältnisse beizubringen. Die Ausländerbehörde bzw. die Auslandsvertretung kann weitere Ermittlungen anstellen , wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass zumindest ein Ehegatte entgegen seiner Aussage keine eheliche Gemeinschaft herstellen will. Dazu gehören z. B. die Abfrage von Daten zum Vorhandensein einer gemeinsamen Meldeanschrift oder auch eine weitere Befragung zu den Umständen des Zusammenlebens , der Kenntnis über Familienverhältnisse des Ehegatten, die gemeinsame Lebensplanung in Deutschland etc. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8740 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Bundespolizei führt in allen im Rahmen der eigenen Aufgabenwahrnehmung festgestellten Verdachtsfällen strafprozessuale Ermittlungen gegen Täter, Mittäter und Organisationen von Scheinehen durch. Zudem beteiligt sich die Bundespolizei gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedstaaten, der Schweiz, Serbien sowie Europol und Eurojust im Rahmen von EMPACT an der Operational Action „Bride“. Die unter portugiesischer Leitung stehende Maßnahme verfolgt das Ziel der Identifizierung und Zerschlagung organisierter krimineller Banden im Phänomenbereich der Scheinehe. 6. Sieht die Bundesregierung in dem Tweet der „Mission Lifeline“ einen Aufruf zum Eingehen von Scheinehen? Die Bundesregierung nimmt grundsätzlich nicht Stellung zu Pressemitteilungen und Tweets unabhängiger Dritter. 7. Werden Seenotrettungsorganisationen, insbesondere die „Mission Lifeline“, von der Bundesregierung finanziell unterstützt? Wenn ja, welche, und in welcher Höhe? Die Bundesregierung leistet keine finanzielle Unterstützung für private Seenotrettungsorganisationen . Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 19 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/3449 und zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/3544 verwiesen. 8. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, ob illegale Einwanderung mit Hilfe von Seenotrettungsorganisationen und Hilfsorganisationen stattfindet? Nach Auffassung der Bundesregierung leisten Nichtregierungsorganisationen einen wichtigen Beitrag zur Seenotrettung. Die Bundesregierung wendet sich gegen eine pauschale Kriminalisierung der privaten Seenotrettung. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 4 und 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/3544 und zu Frage 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/3449 verwiesen. 9. Gegen wie viele deutsche Hilfsorganisationen wird nach Kenntnis der Bundesregierung bereits wegen des Verdachts der Mithilfe zur illegalen Einwanderung – wie in Italien (www.zeit.de/politik/ausland/2018-07/illegalemigration -italien-seenotrettung-ngos-unterstuetzung-verdacht) – ermittelt (in Deutschland und im Ausland)? Es werden bei der Bundespolizei derzeit keine Ermittlungsverfahren gegen deutsche Hilfsorganisationen wegen des Verdachts der Mithilfe zur illegalen Einwanderung geführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333