Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 25. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8784 19. Wahlperiode 27.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Simone Barrientos, Dr. Petra Sitte, Doris Achelwilm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/8150 – Digitalisierung von Kulturgütern V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die umfassende systematische und langfristige Digitalisierung von Kulturgütern in öffentlichen kulturbewahrenden Einrichtungen erfordert nach Auffassung der Fragesteller eine gesamtstaatliche Strategie, an der sich Bund und Länder gleichermaßen beteiligen müssen. Zugleich wird durch systematische Digitalisierung auch in Zukunft demokratische Teilhabe und freier Zugang selbst zu denjenigen Kulturgütern ermöglicht, die aus Gründen der Bestandserhaltung bzw. mangelnder Ausstellungskapazitäten größtenteils in Depots, Archiven und Magazinen verwahrt bleiben. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wurde vor zwölf Monaten eine mit substanziellen finanziellen Mitteln unterlegte „Strategie für die Zukunft von Kultureinrichtungen und ihre digitale Transformation“ versprochen (Koalitionsvertrag 2018, 7884 und7885). Der Fokus wird dabei wiederkehrend auf die von der Bundesregierung geförderte Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) gerichtet, an der sich nach Eigendarstellung lediglich 2 100 von insgesamt ca. 30 000 öffentlichen Einrichtungen mit der Einbringung von Objekten bzw. davon angefertigten Digitalisaten beteiligen . Um das vielfältige kulturelle Erbe in seiner Vielfalt sichtbar zu machen und Kultur zum Nutzer zu bringen, wenn der Nutzer nicht zur Kultur kommen kann, besteht nach Auffassung der Fragesteller hier Nachholbedarf. Im „Strategieplan 2015 – 2020“ (Seite 21) räumt die DBB jedoch selbst die „beschränkten personellen Kapazitäten“ und eine starke Ausrichtung auf die technologische Entwicklung bei der DBB ein (https://pro.deutsche-digitale-bibliothek.de/downloads/ public/ddb_strategieplan-2015-2020.pdf). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Digitalisierung ist eine Querschnittsaufgabe, die alle Bereiche von Kultureinrichtungen betrifft. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD ist deshalb eine Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung für den Kulturbereich vorgesehen . Dabei umfasst die digitale Transformation im Kultur- und Medienbereich unterschiedliche Themenkreise, die deutlich über die Retrodigitalisierung hinausgehen . Im Fokus der Strategie sollen deshalb Aspekte wie Vermittlung und Kom- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8784 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode munikation, Schaffung von Transparenz, digitale Produktion, Forschung, Zugänglichmachung , digitale Kompetenzen sowie ethische und rechtliche Maßstäbe stehen. Da die Kulturförderung in der Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe der föderalen Kompetenzreglung des Grundgesetzes in erster Linie Sache der Bundesländer ist, fällt auch die Digitalisierung von Kulturgütern als originäre Aufgabe der Kultureinrichtungen in die überwiegende Zuständigkeit der Länder. 1. Wie weit ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Erarbeitungsstand einer „Strategie für die Zukunft von Kultureinrichtungen und ihre digitale Transformation “, und welche Ressorts sind daran mit beteiligt? Die Erarbeitung der Digitalisierungsstrategie des Bundes für den Kulturbereich befindet sich planmäßig in der ersten Phase. In diesem Umsetzungsschritt werden konzeptionelle Vorarbeiten betrieben und neue Projekte identifiziert. Federführendes Ressort ist die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). In der Umsetzungsstrategie der Bundesregierung „Digitalisierung gestalten“ sind wichtige Vorhaben genannt und bereits gestartet: Der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB), die Digitalisierung von Beständen durch das Bundesarchiv, die Deutsche Nationalbibliothek und den Internationalen Suchdienst, die Digitalisierung des Nationalen Filmerbes, museum4punkt0, der Deutsche Filmförderfonds II sowie die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste. 2. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang unternommen , um eine intensive und systematische Digitalisierung von Kulturgütern in Einrichtungen des Bundes bzw. der Länder zu ermöglichen und zu unterstützen ? Soweit zu den Kernaufgaben der nachgeordneten Behörden und Einrichtungen im Geschäftsbereich der Bundesregierung sowie der von der Bundesregierung institutionell geförderten Kultureinrichtungen die Betreuung und Pflege ihrer Sammlungen bzw. Kulturgüter zählt, ist davon auch eine etwaige Digitalisierung von Kulturgütern mitumfasst. Eine der wichtigsten zusätzlichen Maßnahmen der Bundesregierung zur Ermöglichung der intensiven und systematischen Digitalisierung von Kulturgütern ist die Gründung der DDB sowie deren kontinuierlicher Auf- und Ausbau. 3. Welche Förderprogramme des Bundes und der Länder zur Digitalisierung von Kulturgut existieren nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2013 (bitte einzeln mit den beteiligten Institutionen und Projekten aufführen )? 4. Wie hoch ist der bisherige Einsatz finanzieller Mittel dabei, und welche finanziellen Mittel sind zur Digitalisierung von Kulturgütern bis zum Ende der Legislaturperiode durch die Bundesregierung geplant? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Digitalisierungsvorhaben werden von den von der Bundesregierung institutionell geförderten Kultureinrichtungen als Teil ihrer originären Aufgaben laufend finanziert und realisiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8784 Im laufenden Jahr stehen im BKM-Haushalt zudem zusätzlich Mittel in Höhe von 3,5 Mio. Euro für innovative und transformative Digitalisierungsprojekte zur Verfügung . Einschließlich überjährig vorgehaltener Ausgaben in Höhe von 1,5 Mio. Euro aus dem Jahr 2018 sind damit für diesen Zweck derzeit insgesamt 5 Mio. Euro einsetzbar. Darüber hinaus förderte die Bundesregierung z. B. in den Jahren 2013 bis 2018 Projekte von Einrichtungen des Kinematheksverbundes (Stiftung Deutsche Kinemathek , Deutsches Filminstitut, Bundesarchiv-Filmarchiv, DEFA-Stiftung, Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung) zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes . Seit 2019 fördert die Bundesregierung Projekte von Filmerbeeinrichtungen, Archiven und privaten Rechteinhabern zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes im Rahmen eines gemeinsamen Digitalisierungsprogramms mit den Ländern und der Filmförderungsanstalt. Die Bundesregierung hat die Digitalisierung des nationalen Filmerbes in den Jahren 2013 bis 2018 mit insgesamt 7,8 Mio. Euro gefördert. Seit 2019 stellt die Bundesregierung jährlich bis zu 3,3 Mio. Euro pro Jahr für das gemeinsame Digitalisierungsprogramm von Bund, Ländern und Filmförderungsanstalt bereit. Das Programm hat eine geplante Laufzeit von zehn Jahren. Für das Digitalisierungsprojekt „Virtuelle Rekonstruktion zerrissener Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit“ beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) sind Mittel in Höhe von insgesamt 10,3 Mio. Euro zur Verfügung gestellt worden. Das Projekt wurde 2007 bis 2016 teilweise realisiert. Für das auf drei Jahre ausgerichtete Verbundprojekt „museum4punkt0 – Digitale Strategien für das Museum der Zukunft“ bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind in den Jahren 2017 bis 2019 insgesamt 15 Mio. Euro zur Verfügung gestellt worden. Für die Konzeption und Realisierung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste wurden für die Jahre 2018 und 2019 Bundesmittel in Höhe von 442 420 Euro bewilligt. Exemplarisch für einzelne Digitalisierungsförderungen sind etwa für das Jahr 2013 2 Mio. Euro für die virtuelle Ausstellung „Künste im Exil“ zu nennen. Für die laufenden Kosten der DDB belaufen sich die Mittelzuwendungen ab 2013 bis einschließlich 2018 auf insgesamt 8,2 Mio. Euro. 2019 erhöht sich die jährliche Zuweisung des Bundes an die DDB auf 2 Mio. Euro. Hinzu kommen einmalige Investitionskosten für die DDB in Höhe von 1,5 Mio. Euro. Auskünfte über Förderprogramme der Länder erteilen diese unmittelbar. 5. Auf welche erforderliche Gesamtsumme veranschlagt die Bundesregierung die Bedarfe zur Digitalisierung in bzw. mit allen kulturbewahrenden Einrichtungen bis zum Jahr 2030? Aufgrund der Weite und des unterschiedlichen Verständnisses des Begriffs der Digitalisierung ist eine Gesamtsumme bis zum Jahr 2030 nicht bezifferbar. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8784 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Beabsichtigt die Bundesregierung, den aktuellen Stand der Digitalisierung von Kulturgütern zu evaluieren und diese Ergebnisse zu veröffentlichen? Die DDB wurde bereits mehrfach evaluiert, zuletzt 2016. Die Ergebnisse dieser Evaluierung sind Grundlage der derzeit verfolgten Strategie zum weiteren Aufund Ausbau der DDB. Die Evaluierung der Digitalisierungsstrategie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz erfolgt derzeit im Rahmen einer umfassenden Evaluation der Stiftung durch den Wissenschaftsrat. 7. In welcher Form wird der Dialog zum Stand der Digitalisierung von Kulturgütern mit den hierfür zuständigen Stellen in den Bundesländern geführt? Bei Gemeinschaftsprojekten von Bund und Ländern (z. B. DDB) erfolgt die Abstimmung zwischen Bund und Ländern in den entsprechenden Gremien. Zum Austausch über kulturpolitische Fragen, die sowohl den Bund als auch die Länder und Kommunen betreffen, wurde das Kulturpolitische Spitzengespräch etabliert. An diesem in der Regel zweimal im Jahr stattfindenden Termin nehmen neben der BKM die für Kultur zuständigen Landesminister/-innen bzw. deren Vertreter /-innen sowie Vertreter/-innen der kommunalen Spitzenverbände, der Kulturstiftung der Länder und der Kulturstiftung des Bundes teil. Außerdem ist die Bundesregierung , vertreten durch die BKM, regelmäßig mit Gaststatus im Kulturausschuss der Kultusministerkonferenz vertreten. Sowohl im Kulturausschuss der Kultusministerkonferenz sowie beim Kulturpolitischen Spitzengespräch werden auch Aspekte der Digitalisierung von Kulturgut (beispielsweise die Digitalisierung des nationalen Filmerbes oder die Arbeit der DDB) behandelt. 8. Gibt es Pläne der Bundesregierung, die Digitalisierung von Kulturgütern über die derzeitige Projektförderung hinaus zu verstetigen bzw. zu institutionalisieren , um eine größere Nachhaltigkeit zu erreichen? Die Digitalisierung von Kulturgütern ist in zahlreichen nachgeordneten Behörden und Einrichtungen im Geschäftsbereich der BKM als Teil ihrer Aufgabenwahrnehmung bereits verstetigt, so z. B. beim Bundesarchiv, der DNB und dem Internationalen Suchdienst, was sich häufig in entsprechenden Titeln in den Haushalten der Einrichtungen widerspiegelt. Es gibt Überlegungen, die DDB langfristig rechtlich zu verselbständigen. Bund und Länder beraten derzeit darüber, ob, wann und in welcher Form dies geschehen kann. Die Gremien der DDB sind in den Konsultationsprozess eingebunden. Im Hinblick auf die Kooperation mit internationalen und privaten Partnern werden Vorstand und Kompetenznetzwerk der DDB Handlungsvorschläge erarbeiten , die dem Kuratorium zu gegebener Zeit vorgelegt werden. Daneben sollen weiterhin Projekte mit modellhaftem Anschub- und Impulscharakter realisiert werden, die durch verbindliche, möglichst über den Förderzeitraum hinausreichende Strukturen und Kooperationen langfristig wirken können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/8784 9. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Deutsche Digitale Bibliothek weiter auszubauen und zu stärken? Ist perspektivisch dabei eine Kooperation mit internationalen oder privaten Partnern inbegriffen, und wenn ja, welche sind das namentlich im Einzelnen? Der weitere Auf- und Ausbau der DDB ist fester Bestandteil der Digitalpolitik der Bundesregierung. Die DDB ist als nationaler Aggregator in die Europäische Digitale Bibliothek EUROPEANA integriert. 10. Wie kann eine verstärkte Einbeziehung auch nichtöffentlicher (privater) Sammlungen und Bestände von Kultur- und Kunstgegenständen in diese gesamtstaatliche Aufgabe durch die Bundesregierung erreicht werden? Der Fokus der Bundesregierung liegt auf der Förderung von öffentlichen Sammlungen und Beständen. Vorstand und Kompetenznetzwerk der DDB werden Vorschläge erarbeiten, wie eine stärkere Einbindung privater Sammlungen und Bestände in die DDB erreicht werden kann. Diese Vorschläge werden zu gegebener Zeit dem Kuratorium der DDB vorgelegt. 11. Sieht die Bundesregierung Anpassungsbedarf im Urheberrecht oder bei anderen gesetzlichen Regelungen, um die Digitalisierung von Kulturgütern oder ihre Zugänglichmachung zu erleichtern, und wenn ja, welchen? Die Artikel 7 ff. des Entwurfs der Richtlinie über das Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt (Ratsdokument-Nr. 6382/19) regeln einen erleichterten Zugang für Einrichtungen des Kulturerbes zu vergriffenen Werken und bieten damit den genannten Einrichtungen die Möglichkeit, ihre Bestände vereinfacht digital sichtbar zu machen. Artikel 5 des Entwurfs führt eine verbindliche Ausnahme ein, die es Einrichtungen des Kulturerbes erleichtert, ihre Bestände für Zwecke der Erhaltung zu digitalisieren. Der Anpassungsbedarf im deutschen Urheberrecht hängt damit wesentlich von der – noch ausstehenden – Verabschiedung der o. g. Richtlinie ab. Ein etwaiger weiterer Anpassungsbedarf wäre im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht nach Konsultation der beteiligten Kreise zu erörtern. 12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen des „Reiss-Engelhorn- Urteils“ des Bundesgerichtshofs (I ZR 104/17), nach dem Fotografien von gemeinfreien Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken regelmäßig dem Lichtbildschutz nach § 72 des Urheberrechtsgesetzes unterliegen, auf die Digitalisierung von Kulturgütern oder ihre Zugänglichmachung, und welche Konsequenzen zieht sie ggf. daraus? Artikel 10b des Entwurfs der Richtlinie über das Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt („Gemeinfreie Werke der bildenden Kunst“; Ratsdokument- Nr. 6382/19) sieht vor, dass Vervielfältigungen von Werken der bildenden Kunst, deren urheberrechtlicher Schutz abgelaufen ist, selbst weder urheberrechtlich noch durch verwandte Schutzrechte geschützt sein sollen. Hiervon sind solche Vervielfältigungen ausgenommen, die eine eigene geistige Schöpfung darstellen. Angesichts dieser Regelung werden die Auswirkungen der genannten Entscheidung maßgeblich von der Verabschiedung der o. g. Richtlinie abhängen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333