Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 25. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8786 19. Wahlperiode 27.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/8208 – Zivile Seenotrettung und geheimdienstliche Überwachung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g s t e l l e r Am 11. Oktober 2017 hat die Seenotrettungsorganisation JUGEND RETTET e. V. beim Kassationsgericht in Rom Revision gegen die ablehnende erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Trapani im Verfahren um die präventive Beschlagnahme ihres Such- und Rettungsschiffs IUVENTA eingelegt . Die Ermittlungen gegen die IUVENTA basieren unter anderem auf Aussagen , die von zwei Angestellten einer Sicherheitsfirma und einem verdeckten Ermittler an Bord eines anderen SAR-Schiffes (SAR = Search and Rescue) an den italienischen Geheimdienst und an den italienischen Innenminister Matteo Salvini geschickt wurden (vgl. https://sea-watch.org/seenotrettungsorganisationenfordern -richtungswechsel-in-der-fluechtlingspolitik/). Im Februar 2019 berichtete auch die Kapitänin Pia Klemp im Interview mit der Tageszeitung „Neues Deutschland“ von nachrichtendienstlichen Mitteln, die gegen Engagierte der zivilen Seenotrettung auf einem Schiff der Organisation Sea Watch zum Einsatz gekommen sind (www.neues-deutschland.de/artikel/ 1111352.kapitaenin-pia-klemp-die-vorwuerfe-sind-knueppelhart.html). Im Dezember 2017 berichteten Medien zudem, dass die italienische und die libysche Regierung sich auf eine „gemeinsame Kommission“ zur Abwehr von Migration geeinigt haben. Diesem Gremium sollen auch Geheimdienste angehören (vgl. www.zeit.de/politik/ausland/2017-12/migration-libyen-italienkommission -schlepper-schleuser-tripolis). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8786 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g 1.) Die Beantwortung der Frage 3 kann nicht offen erfolgen und ist mit dem Verschlussgrad „VS – Geheim“* eingestuft. Die Einstufung der Antwort auf die Frage als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Geheim“ ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf Gründe des Staatswohls erforderlich. Nach § 2 Absatz 2 Nummer 2, 3 und 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz vom 10. August 2018 (Verschlusssachenanweisung, VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schweren Schaden zufügen kann, entsprechend einzustufen . Eine offene Beantwortung der Frage könnte dazu führen, dass die Beziehungen des Bundesnachrichtendienstes zu ausländischen Nachrichtendiensten beeinträchtigt werden. Es wäre damit zu rechnen, dass Nachrichtendienste der betroffenen Staaten den Bundesnachrichtendienst nicht mehr als verlässlichen bzw. vertrauenswürdigen Partner ansehen würden, wenn eine Stellungnahme des Bundesnachrichtendienstes zu den Informations- bzw. Auskunftsersuchen öffentlich würde. Da der Bundesnachrichtendienst für seine Arbeit und Aufgabenerfüllung auf den Informationsaustausch mit ausländischen Nachrichtendiensten angewiesen ist, könnte er seine gesetzlichen Aufgaben nach § 1 Absatz 2 BNDG zum Schutz der äußeren und inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt erfüllen. Das Informationsinteresse des Parlaments hat daher nach Abwägung der widerstreitenden Interessen in diesem Fall zurückzustehen. Eine Beantwortung der angefragten Informationen kann nur als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Geheim“ erfolgen. 2.) Die Beantwortung der Fragen 7, 8 und 9 kann nicht offen erfolgen und ist mit dem Verschlussgrad „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Beantwortung der Frage kann nicht offen erfolgen. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des Bundesnachrichtendienstes sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Absatz 2 BNDG besonders schutzwürdig. Ebenso schutzbedürftig sind Einzelheiten zu der nachrichtendienstlichen Erkenntnislage. Eine Veröffentlichung von solchen Einzelheiten würde zu einer wesentlichen Schwächung der dem Bundesnachrichtendienst zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen und ließe Rückschlüsse auf die Aufklärungsschwerpunkte, Methoden der Erkenntnisgewinnung und Kooperationen mit anderen Nachrichtendiensten zu. Dies würde für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes Nachteile zur Folge haben . Insofern könnte die Offenlegung entsprechender Informationen für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Diese Informationen werden daher als „VS – Vertraulich“ eingestuft. * Das Bundeskanzleramt hat die Antwort zu Frage 3 als „VS – Geheim“ und die Antwort zu den Fragen 7 bis 9 als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antworten sind in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und können dort nach Maßnahme eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8786 3.) Die Beantwortung der Frage 4 kann in Teilen nicht erfolgen. Gegenstand des Informations- bzw. Auskunftsersuchens sind solche Informationen , die in besonders hohem Maße Erwägungen des Staatswohls berühren und daher selbst in eingestufter Form nicht beantwortet werden können. Das verfassungsmäßig verbürgte Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung wird durch schutzwürdige Interessen von Verfassungsrang begrenzt, wozu auch und insbesondere Staatswohlerwägungen zählen. Eine Offenlegung der angeforderten Informationen und Auskünfte birgt die konkrete Gefahr, dass Einzelheiten bekannt würden, die unter dem Aspekt des Schutzes der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern besonders schutzbedürftig sind. Eine öffentliche Bekanntgabe von Informationen zum Kenntnisstand, zur Leistungsfähigkeit und Methoden von ausländischen Partnerdiensten und die damit einhergehend Kenntnisnahme durch Unbefugte würde erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Nachrichtendienste des Bundes mit ausländischen Nachrichtendiensten haben. Zudem stellt der Schutz nachrichtendienstlicher Verbindungen ein primäres Schutzziel zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste des Bundes dar. Würden in der Konsequenz eines Vertrauensverlustes Informationen von ausländischen Stellen entfallen oder wesentlich zurückgehen, entstünden signifikante Informationslücken mit negativen Folgewirkungen für die Genauigkeit der Abbildung der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland sowie im Hinblick auf den Schutz deutscher Interessen im Ausland. Dies würde folgenschwere Einschränkungen der Informations-gewinnung bedeuten, womit letztlich der gesetzliche Auftrag der Nachrichtendienste des Bundes nicht mehr sachgerecht erfüllt werden könnte. Die Gewinnung von auslandsbezogenen Informationen ist für die Sicherheit und Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland sowie für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes jedoch unerlässlich. Eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages würde ihrer erheblichen Brisanz im Hinblick auf die Bedeutung für die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste des Bundes nicht ausreichend Rechnung tragen. Die angefragten Inhalte beschreiben die Fähigkeiten und Arbeitsweisen der Nachrichtendienste des Bundes so detailliert , sodass daraus unmittelbar oder mittelbar Rückschlüsse auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten geschlossen werden können. Eine Bekanntgabe dieser Informationen, auch gegenüber einem begrenzten Kreis von Empfängern, kann dem Schutzbedürfnis somit nicht Rechnung tragen, da bei einem Bekanntwerden der schutzbedürftigen Information kein Ersatz durch andere Instrumente der Informationsgewinnung möglich wäre. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die erbetenen Informationen derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staatswohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht wesentlich überwiegt. Insofern muss ausnahmsweise das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8786 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine etwaige Beobachtung deutscher Seenotrettungsorganisationen, ihrer Einsätze, ihrer Kommunikation und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch ausländische Nachrichtendienste? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zum Einsatz von Sicherheitsunternehmen , die militärische und nachrichtendienstliche Fähigkeiten anbieten , in Zusammenhang mit der Bekämpfung von unerlaubten Einreisen aus Libyen in die EU? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 3. Fand oder findet nach Kenntnis der Bundesregierung ein Austausch zwischen deutschen Behörden und ausländischen Nachrichtendiensten zu deutschen Seenotrettungsorganisationen, ihren Einsätzen, ihrer Kommunikation oder ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern statt, und falls ja, in wie vielen Fällen, zu welchen Zeitpunkten, auf welcher Rechtsgrundlage und zwischen welchen Behörden? Auf die Vorbemerkung Nummer 1 der Bundesregierung wird verwiesen. 4. Mit welchen ausländischen Nachrichtendiensten tauschen sich nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche Nachrichtendienste bezüglich Fluchtrouten bzw. Flüchtlingsbewegungen nach Europa aus (bitte unter Angabe der jeweiligen Dienste, der Rechtsgrundlage und der Zeitpunkte beantworten)? Die Nachrichtendienste des Bundes arbeiten im Rahmen ihres jeweiligen gesetzlichen Auftrags mit einer Vielzahl ausländischer Nachrichtendienste zusammen. Im Hinblick auf Fluchtrouten bzw. Flüchtlingsbewegungen nach Europa handelt es sich insbesondere um Nachrichtendienste der Herkunftsländer von Flüchtlingen sowie um Nachrichtendienste der europäischen Zielländer von Flüchtlingen. Dieser Austausch wurde nach Beginn der Flüchtlingskrise 2015 deutlich ausgebaut . Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung Nummer 3 der Bundesregierung wird verwiesen. 5. Befasst oder befasste sich das EU Intelligence Analysis Centre (INTCEN) nach Kenntnis der Bundesregierung mit der Arbeit von deutschen Seenotrettungsorganisationen , ihrer Einsätze, ihrer Kommunikation und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und falls ja, in welcher Art und Weise, in welchen zeitlichen Abständen und in Bezug auf welche Organisationen und Einsätze? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine etwaige Beobachtung deutscher Seenotrettungsorganisationen, ihrer Einsätze, ihrer Kommunikation und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch das INTCEN beispielsweise mithilfe von Daten des Satellitenzentrums (SatCen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/8786 7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine etwaige Beobachtung deutscher Seenotrettungsorganisationen, ihrer Einsätze, ihrer Kommunikation und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch den Bundesnachrichtendienst (BND)? Auf die Vorbemerkung Nummer 2 der Bundesregierung wird verwiesen. 8. In welchem Umfang dienen Selektoren in der strategischen Fernmeldeaufklärung des BND zur Erkennung von Gefahren durch das gewerbs- und bandenmäßige Einschleusen von Personen in das Gebiet der Europäischen Union (§ 5 Absatz 1 Nummer 7 des Artikel 10-Gesetzes), und fallen bei dieser Fernmeldeaufklärung auch Erkenntnisse mit Bezug zum Einsatz von Seenotrettungsorganisationen an? Auf die Vorbemerkung Nummer 2 der Bundesregierung wird verwiesen. 9. Liegen im BND Quellenmeldungen mit Bezug zu deutschen Seenotrettungsorganisationen , ihren Einsätzen, ihrer Kommunikation oder ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor (falls ja, bitte nach Anzahl und Jahren aufschlüsseln )? Auf die Vorbemerkung Nummer 2 der Bundesregierung wird verwiesen. 10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine etwaige Beobachtung deutscher Seenotrettungsorganisationen, ihrer Einsätze, ihrer Kommunikation und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)? Eine Beobachtung deutscher Seenotrettungsorganisationen durch das BfV findet nicht statt. 11. Liegen im BfV Quellenmeldungen mit Bezug zu deutschen Seenotrettungsorganisationen , ihren Einsätzen, ihrer Kommunikation oder ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor (falls ja, bitte nach Anzahl und Jahren aufschlüsseln )? Eine Beobachtung deutscher Seenotrettungsorganisationen durch das BfV findet nicht statt. 12. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu einem etwaigen Einsatz verdeckter Ermittlerinnen oder Ermittler durch deutsche Behörden bezüglich deutscher Seenotrettungsorganisationen, ihrer Einsätze, ihrer Kommunikation und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor (bitte unter Angabe von Zeiträumen und der jeweiligen Behörde beantworten)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 13. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu einem etwaigen Einsatz verdeckter Ermittlerinnen oder Ermittler durch ausländische Behörden bezüglich deutscher Seenotrettungsorganisationen, ihrer Einsätze, ihrer Kommunikation und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor (bitte unter Angabe von Zeiträumen und der jeweiligen Behörde beantworten)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333