Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 27. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8795 19. Wahlperiode 28.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Konstantin Kuhle, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8308 – Reform der Vermögensabschöpfung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung ist am 1. Juli 2017 in Kraft getreten (BGBl 2017 I 22 v. 21. April 2017, S. 872 ff.). Es reformiert die ehemals in Vermögensverfall und Einziehung geteilten Rechtsinstrumente mit dem Ziel, mehr Abschöpfungen zu ermöglichen. Anlass war die Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union. Das Gesetz stärkt die vorläufige Sicherstellung (Beschlagnahme und Vermögensarrest ), ermöglicht die Einziehung von nachträglich entdecktem Vermögen, verlagert die Klärung der Entreicherung in die Vollstreckung und reformiert die Opferentschädigung. Daneben zielt die Reform auf folgende Punkte ab: Die erweiterte Einziehung von Taterträgen nach § 73a des Strafgesetzbuchs (StGB) ermöglicht es, Gegenstände des Täters, Teilnehmers oder Drittbegünstigten auch dann einzuziehen, wenn die Vermögenswerte trotz Ausschöpfung aller erfolgversprechenden Ermittlungsmöglichkeiten keiner konkreten Erwerbstat zugeordnet werden können. Es muss lediglich die Begehung einer bestimmten rechtswidrigen „Anlasstat“ nachgewiesen werden und das Gericht muss aufgrund der Gesamtumstände davon überzeugt sein, dass die Einziehungsgegenstände unmittelbar oder mittelbar durch (nicht konkret feststellbare) rechtswidrige Erwerbstaten erlangt worden sind. Anders als noch im alten Recht genügt nunmehr jedes Delikt als Anlasstat. Neues Abschöpfungsinstrument in § 76a Absatz 4 StGB ist die verurteilungsunabhängige Einziehung bei Vermögen unklarer Herkunft. Das Instrument ermöglicht die Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft, ohne dass eine konkrete Straftat nachgewiesen werden muss. Es genügt, wenn das Gericht sich davon überzeugen kann, dass der Vermögensgegenstand aus irgendeiner rechtswidrigen Tat herrührt. Es bedarf keiner Anlasstat wie in § 73a StGB, jedoch eines Anfangsverdachts für ein qualifiziertes Delikt i. S. d. § 76a Absatz 4 Satz 3 StGB. Die Norm führt praktisch zu einer Beweislastumkehr, bei der der Betroffene die Rechtmäßigkeit seines Vermögens nachweisen muss. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8795 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Erheblicher Kritik ist vor allem die neue verurteilungsunabhängige Vermögenseinziehung ausgesetzt. Die Frage, wie ein Strafgericht einerseits von der deliktischen Herkunft des Einziehungsgegenstandes ausreichend überzeugt sein kann, während diese Überzeugung jedoch nicht genügt, um einen Angeklagten zu verurteilen, lässt das Gesetz unbeantwortet (vgl. Meißner in KriPoZ 4/2017 S. 237 ff.). Eine Beweislastumkehr ist dem deutschen Strafrecht zudem bisher fremd. Teilweise wird vertreten, dass die Vorschrift, die dem Richter ein gegen die Unschuldsvermutung und Aussagefreiheit verstoßendes Regel-Ausnahme- Verhältnis vorschreibt, in unzulässiger Weise die Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung einschränkt (Köllner/Mück in NZI 2017, 593 ff.). Es besteht zudem das Risiko, dass das Mittel der Vermögenseinziehung für die unzulässige Beeinflussung des Beschuldigten genutzt werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 20. März 2002 – 2 BvR 794/95 – in diesem Zusammenhang für die Verhängung neuer Vermögenssanktionen ein besonders präzises, verlässliches und kontrollierbares Reglement gefordert (vgl. BVerfG NJW 2002, 1779, 1782). Die Ausdehnung der erweiterten Einziehung auf alle Straftaten wird in der Strafrechtsliteratur als verfassungswidrig angesehen (vgl. Saliger in ZStW 4/2018, 995, 1019 ff.). Die jüngst erfolgte Beschlagnahme von Clanvermögen in Berlin war aufgrund der neuen Regelungen im Bereich vorläufige Sicherstellung und Einziehung bei unklarer Herkunft möglich (vgl. Süddeutsche Zeitung www.sueddeutsche. de/panorama/berlin-polizei-beschlagnahmt-immobilien-grossfamilie-1.40 61256 Abruf 13. Dezember 2018, vgl. T-Online.de www.t-online.de/ nachrichten/panorama/kriminalitaet/id_85203768/clan-kriminalitaet-das-endedes -wegschauens.html Abruf 6. Februar 2019). In Nordrhein-Westfalen wurden im Januar 2019 ebenfalls mehrere Razzien gegen Clanstrukturen und organisierte Kriminalität durchgeführt (vgl. Zeit.de www.zeit.de/gesellschaft/ zeitgeschehen/2019-01/ruhrgebiet-polizei-razzia-familienclans-nrw Abruf 4. Februar 2019). Das wirft die Frage auf, inwiefern die Reform der Vermögensabschöpfung in Anbetracht einer möglichen Verfassungswidrigkeit geeignet ist, eine bessere Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu ermöglichen. 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (BGBl 2017 I 22 v. 21. April 2017, S. 872 ff.) im Hinblick auf eine effektivere Bekämpfung der organisierten Kriminalität? Mit dem Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung ist – insbesondere mit Blick auf Terrorismus und Organisierte Kriminalität – mit § 76a Absatz 4 des Strafgesetzbuches (StGB) ein rechtliches Abschöpfungsinstrument geschaffen worden, das die rechtliche Abschöpfungslücke für die Fallgruppe des aus Straftaten herrührenden Vermögens unklarer Herkunft schließt. Die Regelung ermöglicht es, Vermögensgegenstände unabhängig vom Nachweis einer rechtswidrigen Tat (selbständig) einzuziehen, wenn das Gericht von ihrer illegalen Herkunft überzeugt ist. Das Gesetz ist am 1. Juli 2017 in Kraft getreten. Mittlerweile liegen erste Gerichtsentscheidungen zur Anwendung des neuen Rechts vor. Belastbare Erkenntnisse über etwaige Schwierigkeiten bei der Anwendung liegen der Bundesregierung insbesondere wegen des noch nicht lange zurückliegenden Inkrafttretens bislang nicht vor. Die Bundesregierung beobachtet jedoch die rechtstatsächliche Entwicklung und befindet sich darüber auch im Austausch mit den Ländern, dem Generalbundesanwalt und dem Bundesgerichtshof. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8795 2. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahlen der konkret durch deutsche Gerichte vorgenommenen Einziehungen seit Inkrafttreten des Gesetzes im Verhältnis zum Zeitraum vor der Reform entwickelt (bitte nach Bundesland und jeweiliger Rechtsgrundlage aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Die vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Statistik der Staatsanwaltschaften (Fachserie 10 Reihe 2.6) erfasst erstmals für das Berichtsjahr 2017 Daten zu Einziehung und Verfall. Eine Differenzierung der Daten für die erste und die zweite Jahreshälfte 2017 und damit für die Zeit vor und nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erlaubt diese Statistik nicht. Daten für 2018 liegen noch nicht vor. 3. Welcher Betrag an Vermögenswerten ist nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Inkrafttreten des Gesetzes durch gerichtliche Einziehung abgeschöpft worden? In welchem Verhältnis steht dieser zu Vermögensabschöpfungen vor der Reform (bitte nach Bundesland aufschlüsseln)? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Im Jahr 2017 wurden insgesamt Vermögensgegenstände im Wert von 198 646 000 Euro eingezogen: Land 2017 eingezogene Vermögensgegenstände in EUR Deutschland 198 646 000 Baden-Württemberg 12 171 000 Bayern 22 531 000 Berlin 28 724 000 Brandenburg 3 762 000 Bremen – Hamburg 255 000 Hessen 14 400 000 Mecklenburg-Vorpommern 1 344 000 Niedersachsen 17 741 000 Nordrhein-Westfalen 32 183 000 Rheinland-Pfalz 2 120 000 Saarland – Sachsen 2 927 000 Sachsen-Anhalt 130 000 Schleswig-Holstein 59 139 000 Thüringen 1 219 000 Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.6 „Staatsanwaltschaften“, 2017 Weitergehende Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8795 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Prozentsatz der Fälle, in denen eine Einziehung zwar gerichtlich angeordnet wurde, von deren Vollstreckung jedoch aufgrund von Entreicherung nach § 459g Absatz 5 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO) abgesehen wurde? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 5. Welche Vermögenswerte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit Inkrafttreten des Gesetzes im Rahmen vorläufiger Sicherstellung durch Beschlagnahme oder Vermögensarrest sichergestellt? Welcher Anteil an diesem vorläufig sichergestellten Vermögen gelangte letztendlich zur Einziehung? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Für das Jahr 2017 insgesamt wurden Vermögensgegenstände im Wert von 646 809 000 Euro sichergestellt: Länder 2017 sichergestellte Vermögensgegenstände in EUR Deutschland 646 809 000 Baden-Württemberg 34 329 000 Bayern 307 383 000 Berlin 28 126 000 Brandenburg 3 523 000 Bremen 0 Hamburg 4 722 000 Hessen 55 158 000 Mecklenburg-Vorpommern 2 758 000 Niedersachsen 9 377 000 Nordrhein-Westfalen 183 603 000 Rheinland-Pfalz 1 970 000 Saarland 26 000 Sachsen 1 932 000 Sachsen-Anhalt 413 000 Schleswig-Holstein 5 986 000 Thüringen 7 503 000 Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.6 „Staatsanwaltschaften“, 2017 Weitergehende Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/8795 6. Wie viel nachträglich entdecktes Vermögen ist nach Kenntnis der Bundesregierung seit Inkrafttreten des Gesetzes eingezogen worden? Zu wie vielen Durchsuchungsmaßnahmen nach § 459g Absatz 3 StPO kam es im Rahmen der Vollstreckung der Vermögensabschöpfung seit Inkrafttreten des Gesetzes? Wie viele Personen wurden in diesem Zusammenhang zur Festnahme ausgeschrieben ? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 7. In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung seit Inkrafttreten des Gesetzes eine selbstständige Einziehung nach § 76a StGB vorgenommen ? In wie vielen Fällen wurde diese vorgenommen, obwohl der Durchführung des Strafverfahrens ein rechtliches Hindernis entgegen stand? Welche Hindernisse standen der Durchführung des Strafverfahrens jeweils entgegen (bitte nach Bundesland aufschlüsseln)? Zu der Anzahl der selbstständigen Einziehungen nach § 76a StGB liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Diese werden in den Statistiken nicht gesondert erfasst. 8. In wie vielen Fällen fand nach Kenntnis der Bundesregierung eine verurteilungsunabhängige Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft im Sinne des § 76a Absatz 4 StGB statt? Welcher Betrag an Vermögenswerten unklarer Herkunft in diesem Sinne wurde eingezogen oder vorläufig sichergestellt? Aus welchen Katalogtaten nach § 76a Absatz 4 Satz 3 StGB stammten diese Vermögenswerte anteilig (bitte nach Bundesland aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 9. Sind nach Ansicht der Bundesregierung durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung alle Abschöpfungslücken im Rahmen des Strafverfahrens geschlossen? Sieht die Bundesregierung in diesem Bereich weiteren Reformbedarf? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8795 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wie steht die Bundesregierung zu dem Einwand, durch das Instrument der nachträglichen, selbstständigen Vermögensabschöpfung entstehe bei den Vollstreckungsstellen ein höherer Personal- und Bearbeitungsbedarf aufgrund der Notwendigkeit, auch bereits abgeschlossene Verfahren laufend auf nachträglich auftauchendes Vermögen hin zu überprüfen? Behindert dies aus Sicht der Bundesregierung die Aufklärung aktueller Straftaten ? Bindet die Arbeit Personal, das für die Bearbeitung von noch vorzunehmenden Einziehungen in laufenden Verfahren benötigt wird? Bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig Probleme in der Umsetzung der Reform aufgrund von Personalmangel oder Unkenntnis der neuen Regelungen? Hinsichtlich der Vollstreckung der nachträglichen Vermögensabschöpfung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass insoweit ganz überwiegend die Länder zuständig sind. Auf Bundesebene ist eine Bezifferung des etwaigen Personal- und Bearbeitungsmehraufwandes noch nicht möglich, weil insoweit noch keine ausreichenden praktischen Erfahrungen vorliegen. Die Einführung des neuen Rechts wird von den Ländern durch umfangreiche Fortbildungen begleitet. Der Bund richtet dazu in diesem Jahr unter anderem eine Fortbildungstagung in der Deutschen Richterakademie aus. 11. Wie wird aus Sicht der Bundesregierung sichergestellt, dass durch die nachträgliche Vermögensabschöpfung nicht die Resozialisierung des Täters gefährdet wird? Die Bundesregierung sieht die Resozialisierung von Straftätern nicht dadurch gefährdet , dass diese durch Straftaten erlangtes Vermögen nicht behalten dürfen. 12. Wie lautet die rechtliche Einschätzung der Bundesregierung im Hinblick auf den Umstand, dass ein Strafgericht im Rahmen von § 76a Absatz 4 StGB einerseits von der deliktischen Herkunft des Einziehungsgegenstandes ausreichend überzeugt sein kann, während diese Überzeugung jedoch nicht genügt , um einen Angeklagten zu verurteilen? Wie ist dies aus Sicht der Bundesregierung mit der Eigentumsgarantie des Artikels 4 des Grundgesetzes (GG) und der Unschuldsvermutung in Einklang zu bringen? § 76a Absatz 4 StGB setzt unter anderem voraus, dass das Gericht von der deliktischen Herkunft zweifelsfrei überzeugt ist, auch wenn nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit feststeht, durch welche konkrete Straftat der jeweilige Vermögenswert erlangt wurde. Die Bundesregierung sieht hierin keinen Widerspruch. Die Gesetzesbegründung setzt sich mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen auseinander und führt zunächst aus, dass das Verfahren nach § 76a Absatz 4 StGB sich nicht gegen eine Person richtet und somit keinen Strafcharakter hat. Sodann heißt es: „Die Rechtfertigung des Eingriffs ist verfassungsrechtlich allein an Artikel 14 GG zu messen […]. In beweisrechtlicher Hinsicht folgt daraus ein Verfahren, das sich an den zivilrechtlichen Darlegungs- und Beweislastregeln orientiert . Legt die Staatsanwaltschaft mit ihrem Einziehungsantrag einen (beweisbaren ) Tatsachenvortrag dar, der insbesondere mit Blick auf das „Missverhältnis “-Kriterium (§ 437 Absatz 1 Satz 1 StPO-E) den Schluss auf die deliktische Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/8795 Herkunft des sichergestellten Gegenstand zulässt, wird – falls die Beweisaufnahme den Tatsachenvortrag bestätigt – das Gericht in der Regel („soll“) die Einziehung anordnen, es sei denn, der Betroffene bestreitet als Einziehungsbeteiligter substantiiert die deliktische Herkunft und bietet entsprechenden Beweis an. Besitzt der Antrag der Staatsanwaltschaft also die beschriebene Substanz und erweisen sich die darin aufgeführten Tatsachen im gerichtlichen Verfahren als zutreffend , wird der Einziehungsbeteiligte die Anordnung der Einziehung mit bloßem Schweigen oder einem Bestreiten mit Nichtwissen in aller Regel nicht abwenden können“ (Bundestagsdrucksache 18/9525, S. 92). Dem ist aus der Sicht der Bundesregierung im Hinblick auf die Frage nichts hinzuzufügen. 13. Wie bewertet die Bundesregierung den Wortlaut von § 76a Absatz 4 StGB und § 437 StPO im Hinblick auf die Einhaltung des Bestimmtheitsgebotes aus Artikel 103 Absatz 2 GG? Dem Bestimmtheitsgebot aus Artikel 103 Absatz 2 GG unterliegen nur Strafen. Das verurteilungsunabhängige Abschöpfungsinstrument für aus Straftaten herrührendes Vermögen unklarer Herkunft zielt aber nicht auf die Verhängung einer Sanktion gegen den Betroffenen. Es soll vielmehr strafrechtswidrige Vermögenslagen beseitigen, um die Nutznießung von Verbrechensgewinnen oder deren Reinvestitionen in kriminelle Aktivitäten verhindern (Bundestagsdrucksache 18/9525, S. 58). 14. Wie steht die Bundesregierung zu der Tatsache, dass nach § 76a Absatz 4 StGB bereits ein Verdacht wegen Geldwäsche allein ausreichend ist, um das Vorliegen einer Katalogtat anzunehmen, was in der Literatur teilweise sehr kritisch gesehen wird? Bezweckt die Bundesregierung in diesem Bereich eine Reform der Norm? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, innerhalb welchen Zeitrahmens? Die Bundesregierung sieht keinen Änderungsbedarf bei § 76a Absatz 4 StGB. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die volle gerichtliche Überzeugung von der deliktischen Herkunft des Vermögensgegenstandes erforderlich ist. 15. Wie steht die Bundesregierung zu dem mit der Reform eingeführten Anscheinsbeweis im Hinblick auf den rechtlichen Grundsatz der Aussagefreiheit (nemo tenetur se ipsum accusare)? Wie ist sichergestellt, dass Betroffene von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen können, ohne zu Unrecht von Vermögenseinziehung betroffen zu werden? § 437 StPO sieht keinen Anscheinsbeweis vor, sondern stellt lediglich klar, welche Aspekte das Gericht bei seiner Überzeugungsbildung berücksichtigen kann. Dabei handelt es sich nicht um eine abschließende Aufzählung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8795 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Ist aus Sicht der Bundesregierung eine Härtefallregelung notwendig für Fälle, in denen eine Einziehung für den Betroffenen wirtschaftlich untragbar wäre und dieser sich daher am Gebrauch seines Aussageverweigerungsrechts gehindert sieht? Die Bundesregierung erachtet die Abschöpfung deliktisch erlangter Vermögenswerte für notwendig. Die Neuregelung der Vermögensabschöpfung sieht aber in § 459g Absatz 5 StPO vor, dass die Vollstreckung auf Anordnung des Gerichts unterbleibt, soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist oder die Vollstreckung sonst unverhältnismäßig wäre. 17. Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorwurf, dass die Ausdehnung der erweiterten Einziehung auf alle Straftaten als Anknüpfungstaten wegen Verletzung von Artikel 14 GG verfassungswidrig sei? Die Bundesregierung hält die Regelung des § 73a Absatz 1 StGB, wonach das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann anordnet, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind, nicht für verfassungswidrig. 18. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig Verfassungsbeschwerden oder weitere Verfahren gegen das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung beim Bundesverfassungsgericht anhängig ? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 7. März 2019 (3 StR 192/18) dem Bundesverfassungsgericht folgende Frage vorgelegt: „Ist Artikel 316h Satz 1 EGStGB mit den im Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 GG) und in den Grundrechten verankerten Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes unvereinbar, soweit er § 76a Absatz 2 Satz 1 StGB i. V. m. § 78 Absatz 1 Satz 2 StGB sowie § 76b Absatz 1 StGB jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 in Fällen für anwendbar erklärt, in denen hinsichtlich der rechtswidrigen Taten, aus denen der von der selbständigen Einziehung Betroffene etwas erlangt hat, bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Juli 2017 Verfolgungsverjährung eingetreten war?“ 19. Wie ist die Haltung der Bundesregierung im Hinblick auf eine Beweislastumkehr bei Geldwäscheverdacht? Aus der Sicht der Bundesregierung stellt § 76a Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 Buchstabe f StGB eine hinreichend ausgewogen Regelung dar, die den Bedürfnissen der Praxis und den Rechten der Betroffenen entspricht (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9525, S. 93). Auf die Antwort zu Frage 12 wird Bezug genommen. 20. Welche weitergehenden Maßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung im Rahmen der Bekämpfung der organisierten Kriminalität notwendig? Die Bundesregierung beobachtet die rechtstatsächliche Entwicklung und legt erforderlichenfalls Vorschläge vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/8795 21. Wie werden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der Einziehung abgeschöpfte Vermögenswerte verwendet? Wie wird sichergestellt, dass diese Vermögenswerte den Betroffenen im Falle einer festgestellten Verfassungswidrigkeit zurückgewährt werden? Findet im Falle einer Zurückzahlung eine Verzinsung des eingezogenen Vermögens statt? Sofern die eingezogenen Vermögenswerte nicht zur Opferentschädigung nach §§ 459h ff. StPO verwendet werden, fließen sie der Staatskasse zu. Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass die der Vermögensabschöpfung zugrundeliegenden Regelungen verfassungswidrig sind. 22. Inwiefern erleichtert aus Sicht der Bundesregierung die Reform der Vermögensabschöpfung das Vorgehen der Sicherheitsbehörden im Rahmen der Bekämpfung der Clan-Kriminalität? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen. 23. Zu wie vielen Einziehungen kam es nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der Beschlagnahme von Clan-Vermögen im Juli 2018 in Berlin und im Januar 2019 in Nordrhein-Westfalen? Wären diese Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung auch nach der alten Rechtslage möglich gewesen? Die Bundesregierung äußert sich nicht zu laufenden Ermittlungsverfahren. 24. Ist nach Ansicht der Bundesregierung die Einrichtung landesweiter Beratungsstellen , vergleichbar mit der Zentralen Organisationsstelle für Vermögensabschöpfung Nordrhein-Westfalen (ZOV), zur Beratung und Unterstützung der Gerichte, Staatsanwaltschaften, Polizei und anderen Behörden erforderlich ? Über die Einrichtung landesweiter Beratungsstellen ist jeweils durch die Länder zu entscheiden. Die Gesetzesbegründung verweist insoweit auf Artikel 10 Absatz 1 der Richtlinie 2014/42/EU, wonach geeignete Verwaltungsmaßnahmen zu treffen sind (Bundestagsdrucksache 18/9525, S. 83, 85). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333