Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8796 19. Wahlperiode 28.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8317 – Operationalisierung der Definition Marktversagen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die 1958 gegründete Europäische Investitionsbank (EIB) hat gemäß Artikel 309 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Aufgabe, mit eigenen Kapitalmitteln zu einer ausgewogenen und reibungslosen Entwicklung des Binnenmarktes im Interesse der Europäischen Union beizutragen. Das jährliche Finanzierungsvolumen erhöhte sich von 10 Mrd. ECU (European Currency Unit) im Jahr 1988 auf gut 78 Mrd. Euro im Jahr 2017 (Tätigkeitsbericht 2017 der EIB, Seite 7). Für 2019 plant die EIB mit einer Verringerung auf rund 63 Mrd. Euro (Der Operative Gesamtplan 2019 der EIB- Gruppe, Seite 5). Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) ist eine gemeinsame Initiative der EIB-Gruppe (EIB und Europäischer Investitionsfonds, EIF) und der Europäischen Kommission. Er soll insbesondere Investitionsschwächen in der Europäischen Union überwinden. Der EFSI ist mit einer Garantie von 26 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt und mit einem Betrag von 7,5 Mrd. Euro aus den eigenen Mitteln der EIB ausgestattet. Mit diesen 33,5 Mrd. Euro sollen bis 2020 zusätzliche Investitionen von mindestens 500 Mrd. Euro mobilisiert werden. Die Europäische Kommission hat in ihrer Pressemitteilung vom 1. Juni 2016 festgehalten, die Additionalität (Zusätzlichkeit) sei ein wesentliches Merkmal der EFSI-Investitionen. Dabei gehe es weniger darum, dass die Projekte etwas bisher Unbekanntes, Innovatives hervorbrächten. Vielmehr sei entscheidend, dass die Vorhaben ohne EFSI-Unterstützung nicht im gleichen Zeitraum oder im gleichen Umfang finanziert werden könnten (http://europa.eu/rapid/pressrelease _MEMO-16-1967_de.htm). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8796 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Sinn und Zweck dieser Abgrenzung dürfte es nach Deutung der Fragesteller mithin sein, nicht nur zu erkennen, wann seitens des EFSI (oder der EIB) Handlungsbedarf für eine Unterstützung besteht, sondern auch bei welcher Gesamtsituation der Marktlage oder Investitionsbedingungen eine Unterstützung noch nicht bzw. nicht mehr angezeigt wäre. Im Artikel 16 Ziffer 1 der EIB-Satzung heißt es: „Im Rahmen der ihr in Artikel 309 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gestellten Aufgabe gewährt die Bank ihren Mitgliedern oder privaten oder öffentlichen Unternehmen Finanzierungen, insbesondere in Form von Darlehen und Bürgschaften für Investitionen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten zu tätigen sind, soweit Mittel aus anderen Quellen zu angemessenen Bedingungen nicht zur Verfügung stehen.“ Im Artikel 5 Absatz 1 der ESFI-Verordnung heißt es: „Für die Zwecke dieser Verordnung bedeutet ‚Zusätzlichkeit‘ die Förderung von Geschäften durch den EFSI, durch die Marktversagen oder suboptimale Investitionsbedingungen ausgeglichen werden sollen und die in dem Zeitraum, in dem die EU-Garantie eingesetzt werden kann, durch die EIB, den EIF oder im Rahmen bestehender Finanzinstrumente der Union ohne eine EFSI-Förderung nicht oder nicht im gleichen Ausmaß hätten durchgeführt werden können. Durch den EFSI geförderte Vorhaben müssen in der Regel ein höheres Risikoprofil haben als Vorhaben, die im Rahmen üblicher Geschäfte der EIB gefördert werden, und das EFSI-Portfolio muss im Allgemeinen ein höheres Risikoprofil haben als das Portfolio an Investitionen, das von der EIB im Rahmen ihrer üblichen Investitionspolitik vor Inkrafttreten dieser Verordnung gefördert wurde.“ 1. Ist der Bundesregierung bekannt, wie anhand welcher Parameter die EIB bemisst , ob und inwieweit Mittel aus anderen Quellen nicht zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung stehen bzw. gestanden haben? Die EFSI-Projektvorschläge (Europäische Fonds für strategische Investitionen) werden vom EFSI-Investitionsausschuss auf der Grundlage der Projektunterlagen der Europäischen Investitionsbank/EIB geprüft und genehmigt. In diesen Projektunterlagen wird auch die Additionalität des Projekts gemäß Artikel 5.1 der EFSI- Verordnung dargestellt. Neben dem Risikoprofil des Projekts ist auch eine qualitative Analyse der Verfügbarkeit von alternativen bzw. komplementären Finanzierungsquellen auf Basis projektspezifischer Marktcharakteristika enthalten. Der EFSI-Investitionsausschuss ist ein unabhängiges Gremium, das sich aus dem geschäftsführenden Direktor und acht unabhängigen Experten zusammensetzt. Die Begründungen der Entscheidungen des EFSI-Investitionsausschusses werden öffentlich zugänglich gemacht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 2. Ist der Bundesregierung bekannt, wie anhand welcher Parameter oder volkswirtschaftlichen Berechnungen der EFSI bemisst, ob und inwieweit – ein Marktversagen oder – suboptimale Investitionsbedingungen bestehen? Das Geschäft der EIB einschließlich des EFSI ist auf Geschäftsfelder fokussiert, bei denen grundsätzlich von einem Investitionsniveau unterhalb des volkswirtschaftlichen Optimums auszugehen ist und die im Einklang mit den EU-Prioritäten stehen. Konkret sind das unter anderem die langfristige Finanzierung von In- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8796 frastrukturprojekten, Innovationen, kleinen und mittleren Unternehmen sowie Klima und Umweltschutzvorhaben (siehe hierzu auch www.eib.org/en/projects/ priorities/index.htm). Damit werden folgende Arten von Marktversagen adressiert: Marktversagen bei der Bereitstellung öffentlicher Güter Marktversagen durch externe Effekte Marktversagen durch unvollkommenen Wettbewerb und Marktkonzentration Marktversagen durch unvollständige oder fehlende Märkte und fehlende Marktkoordination Marktversagen durch Informationsasymmetrien Marktversagen durch Informationsineffizienzen. 3. Welches Verständnis liegt nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Prüfung des Merkmals „Marktversagen“ zugrunde? a) Wird dabei die Theorie des Marktversagens der neoklassischen Volkswirtschaftslehre zugrunde gelegt? b) Wie werden ggf. die Kriterien der Theorie des Marktversagens operationalisiert ? c) Werden in die Prüfung des Marktversagens auch Aspekte eines möglichen Staatsversagens (i. S. d. Gefahr von Fehlentscheidungen bei der Vergabe öffentlicher Mittel) einbezogen? Nach Kenntnis der Bundesregierung liegt der Prüfung ein Verständnis von Marktversagen zugrunde, wonach der Marktmechanismus nicht immer zu den volkswirtschaftlich wünschenswerten Ergebnissen führt. Die Gefahr von Staatsversagen bei der Prüfung des Marktversagens soll aus Sicht der Bundesregierung nicht zuletzt durch die angestoßenen Governance Reformen bei der EIB verhindert werden. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 1, 2 und 4 verwiesen. 4. Welches Verständnis liegt nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Prüfung des Merkmals „suboptimale Investitionsbedingungen“ zugrunde? Gibt es hierfür Kriterien, die darüber hinausgehen, dass für Kreditnehmer niedrigere Fremdkapitalzinsen immer attraktiver sind? Haben die Prüfer hier einen diskretionären Spielraum? Suboptimale Investitionsbedingungen manifestieren sich nach Kenntnis der Bundesregierung nicht allein in der Höhe des angebotenen Kreditzinses, sondern beziehen sich insgesamt auf die Konditionen alternativer Finanzierungsquellen. Dabei spielen nicht zuletzt die Laufzeit, die Qualität (Fremd- oder Eigenkapital) sowie die zeitliche Verfügbarkeit der Finanzierungsalternativen eine maßgebliche Rolle. In der Projektdokumentation der EIB ist darzustellen, wie die suboptimalen Investitionsbedingungen adressiert werden, z. B. durch die Bereitstellung von Finanzierungen mit langen Laufzeiten oder mit Nachrangcharakter. Die Prüfung des Merkmals „suboptimaler Investitionsbedingungen“ ist integraler Bestandteil der Projektprüfung durch den unabhängigen EFSI-Investitionsausschuss . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8796 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Ist der Bundesregierung bekannt, anhand welcher Parameter oder volkswirtschaftlichen Berechnungen der in der EFSI-Verordnung vorgesehene Lenkungsrat den Vorhabenmix anpasst? Wie häufig passt der Lenkungsrat nach Kenntnis der Bundesregierung den Vorhabenmix im Jahr an? Der Lenkungsrat steuert die Umsetzung des EFSI und sorgt dafür, dass die Garantie ordnungsgemäß eingesetzt wird. Entsprechend der EU-Verordnung 2017/ 2396 legt er die strategische Ausrichtung des EFSI fest. Dazu gehören das Risikoprofil , die operativen Strategien und Verfahren, die für die Arbeit des EFSI erforderlich sind, sowie die Regeln für Geschäfte mit Investitionsplattformen und nationalen Förderbanken oder -instituten. Der Lenkungsrat passt die sektorale und geographische Verteilung des Vorhabenmix auf der Basis eines fortlaufenden Monitorings der Marktbedingungen und des Investitionsklimas in den Mitgliedstaaten an. Die vierteljährlichen Berichte des geschäftsführenden Direktors zu den Geschäftsabschlüssen des EFSI werden ebenfalls berücksichtigt. Das maßgebliche Dokument, die „EFSI Strategic Orientation“, wurde zuletzt im Januar aktualisiert. Neben indikativen Limits zur sektoralen und geographischen Konzentration werden darin auch Aussagen zur Risikodiversifikation des Portfolios gemacht. 6. Ist der Bundesregierung bekannt, ob das Tatbestandsmerkmal in Artikel 5 Absatz 1 der EFSI-Verordnung „ohne eine EFSI-Förderung nicht oder nicht im gleichen Ausmaß hätten durchgeführt werden können“ einer neben der Prüfung des Marktversagens bzw. der suboptimalen Investitionsbedingungen gesonderten Prüfung unterliegt? Und wenn ja, anhand welcher Parameter oder volkswirtschaftlichen Berechnungen bemisst der EFSI nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung , ob und inwieweit eine Investition ohne eine EFSI-Garantie nicht hätte durchgeführt werden können? Auf die Antworten zu den Fragen 1 und 4 wird verwiesen. 7. Liegt der Bewilligung von EFSI-Projekten nach Kenntnis der Bundesregierung eine quantifizierbare Skala von marktüblichen bzw. marktfähigen Risiko -Rendite-Profilen zugrunde? Gemäß EFSI-Verordnung kommen für die quantitative Bewertung der EFSI-Projekte die Risikosysteme der EIB zum Einsatz. Aus Sicht der Bundesregierung sollten sich diese Risikosysteme umfassend an in der Bankenwelt etablierten Marktstandards orientieren. Dies würde eine Quantifizierung des Risiko-Rendite- Profils bei der Bewilligung von Projekten einschließen. Die angestoßenen Governance Reformen der EIB folgen diesem Leitbild. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333