Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8837 19. Wahlperiode 29.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Florian Toncar, Christian Dürr, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8291 – Auswirkungen der Anhebung des Spitzensteuersatzes V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Bundesminister der Finanzen, Olaf Scholz, hat sich in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ für die Anhebung des Spitzensteuersatzes um 3 Prozentpunkte auf 45 Prozent ausgesprochen: „Wenn für ‚sehr hohe‘ Einkommen der Spitzensteuersatz ‚moderat um drei Prozentpunkte auf 45 anstiege, fände ich das nur gerecht .‘ […] ‚Übrigens lag er zu Zeiten des Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl mal bei 56 Prozent, heute liegt er bei 42 Prozent‘ (www.zeit.de/wirtschaft/2019-01/ olaf-scholz-spitzensteuersatz-einkommen-anstieg). Derzeit liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent. Er wird 2019 ab einem jährlich zu versteuernden Einkommen von 55 961 Euro fällig. Damit fällt für einen Arbeitnehmer schon mit dem 1,6-fachen des Bruttodurchschnittslohns die Spitzenbelastung an. Dieser Wert ist stetig gesunken: Im Jahr 1960 war noch das 18-fache vom durchschnittlichen Einkommen dazu nötig (www.insm.de/fileadmin/ insm-dms/text/publikationen/studien/IW-Koeln-Gutachten-Einkommensteuer.pdf). Der Spitzensteuersatz betrifft damit heute rund 4,2 Millionen Personen oder jeden elften Arbeitnehmer (Beznoska, Martin/Hentze, Tobias: Die Verteilung der Steuerlast in Deutschland, IW-Trends, 44. Jg., Nr. 1, S. 99 – 116, 2017). Aufgrund des Trendverlaufs des Einkommensteuertarifs würde nach Einschätzung der Fragesteller eine Anhebung des Spitzensteuersatzes – wenn auch in geringerem Maße – auch zu einer höheren Steuerlast für niedrigere Einkommen führen. Weiterhin existiert bereits ein Höchststeuersatz von 45 Prozent für zu versteuernde Einkommen ab 265 327 Euro. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8837 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Im internationalen Vergleich ist die Belastung der deutschen Arbeitnehmer durch Steuern und Abgaben hoch: Laut OECD (= Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) muss beispielsweise ein Ehepaar mit einem Verdiener und zwei Kindern 34,5 Prozent des Einkommens als Steuern und Sozialabgaben abführen. Das liegt weit über dem Durchschnitt von 26,1 Prozent. Alleinstehende müssen sogar 49,7 Prozent des Einkommens an den Staat abgeben; lediglich in einem einzigen anderen Land – Belgien – ist die Belastung höher. Der OECD-Schnitt liegt bei 35,9 Prozent (www.oecd.org/ berlin/presse/belastung-durch-steuern-und-abgaben-in-deutschland-weiterhindeutlich -ueber-oecd-schnitt-11042017.htm). Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier, der erst kürzlich sagte, für die Pläne der Kohlekommission, die die Bundesregierung bis zu 40 Mrd. Euro kosten könnten, stehe Geld im Bundeshaushalt bereit (www.tages schau.de/wirtschaft/kohle-ausstieg-105.html), wies den Vorstoß des Bundesfinanzministers Olaf Scholz bereits zurück (www.tagesschau.de/inland/ spitzensteuer-scholz-101.html). 1. Mit Steuermehreinnahmen in welcher Höhe rechnet die Bundesregierung bei einer Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent insgesamt? Der Fragestellung liegt eine Spekulation zugrunde, an der sich die Bundesregierung nicht beteiligt. Eine Bezifferung hypothetischer Mehreinnahmen ohne Zugrundelegung eines konkreten Tarifverlaufs ist auch nicht möglich. Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 16 auf Bundestagsdrucksache 19/7797 wird hingewiesen. 2. Welcher Anteil dieser zu erwartenden Steuermehreinnahmen würde von Haushalten a) mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 60 bis 80 Prozent, b) mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 80 bis 150 Prozent, c) mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 150 bis 250 Prozent des Medianeinkommens getragen werden? 3. Ab welchem zu versteuernden Jahreseinkommen würde sich bei einer solchen Anhebung des Steuersatzes durch den Verlauf des Einkommensteuertarifs bereits ein veränderter Steuersatz ergeben? 4. Wie würde sich durch eine solche Anhebung der Steuersatz ändern für a) ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 15 000 Euro, b) ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 20 000 Euro, c) ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 25 000 Euro, d) ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 30 000 Euro, e) ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 35 000 Euro, f) ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 40 000 Euro, g) ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 45 000 Euro, h) ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 50 000 Euro, i) ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 55 000 Euro? 5. Plant die Bundesregierung, den Höchststeuersatz von 45 Prozent ebenfalls anzuheben? Falls ja, um wie viele Prozentpunkte? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8837 6. Mit Steuermehreinnahmen in welcher Höhe rechnet die Bundesregierung bei einer solchen Anhebung? Die Fragen 2 bis 6 werden zusammen beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 1 wird hingewiesen. 7. Wie versteht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den Passus „Wir schaffen breite finanzielle Entlastungen insbesondere für kleinere und mittlere Einkommen […]. Keine Erhöhung der Steuerbelastung der Bürger.“ des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD (Zeilen 385 – 388)? Die in dieser Legislaturperiode geplanten Steuersenkungen sind die größten Entlastungen seit den Konjunkturpaketen in der Finanzkrise, also seit etwa zehn Jahren . Senkungen bei der Einkommensteuer, ein weit reichender Abbau des Solidaritätszuschlags und neue gezielte Fördermaßnahmen werden in voller Jahreswirkung ein Volumen erreichen, das deutlich über die 25-Milliarden-Euro-Marke hinausgehen wird. 8. Plant die Bundesregierung eine Änderung des dritten Tarifeckwertes (55 960 Euro), wenn sie den Spitzensteuersatz von 42 auf 45 Prozent anhebt ? 9. Werden die erwarteten Steuermehreinnahmen durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes für eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlages ab 2020 eingesetzt? Die Fragen 8 und 9 werden zusammen beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 10. Wie viele Menschen zahlten im Jahr 2017 den Spitzensteuersatz (42 Prozent ), und wie viele den Höchststeuersatz (45 Prozent)? Wegen der den Steuerpflichtigen zugestandenen Fristen zur Abgabe der Steuererklärung und der notwendigen Dauer der Arbeiten zur Erstellung der Statistik liegen statistische Daten zur Lohn- und Einkommensteuer erst bis zum Veranlagungszeitraum 2014 vor. Nach Schätzung der Bundesregierung auf der Grundlage eines Modells auf der Grundlage der fortgeschriebenen amtlichen Lohn- und Einkommensteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes werden im Jahr 2017 rd. 3,95 Millionen Personen mit Teilen ihres zu versteuernden Einkommens dem Spitzensteuersatz unterworfen . Davon unterliegen rund 156 000 Personen dem Höchststeuersatz. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8837 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Wie hoch war das Einkommensteueraufkommen derjenigen, die im Jahr 2017 zumindest für einen Teil ihres Einkommens den Spitzensteuersatz (42 Prozent) zahlten? 12. Wie hoch war das Einkommensteueraufkommen derjenigen, die im Jahr 2017 zumindest für einen Teil ihres Einkommens den Höchststeuersatz (45 Prozent) zahlten? Die Fragen 11 und 12 werden zusammen beantwortet. Das Einkommensteueraufkommen aller Steuerpflichtigen, die mit Teilen ihres zu versteuernden Einkommens mindestens dem Spitzensteuersatz unterworfen werden , beträgt im Jahr 2017 rund 140,0 Mrd. Euro. Davon entfallen rund 37,4 Mrd. Euro auf Steuerpflichtige, die mit Teilen ihres zu versteuernden Einkommens dem Höchststeuersatz unterliegen. 13. Wie viele Menschen zahlten im Jahr 2018 den Spitzensteuersatz (42 Prozent ), und wie viele den Höchststeuersatz (45 Prozent)? Nach Schätzung der Bundesregierung auf der Grundlage eines Modells auf der Grundlage der fortgeschriebenen amtlichen Lohn- und Einkommensteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes werden im Jahr 2018 rd. 4,1 Millionen Personen mit Teilen ihres zu versteuernden Einkommens dem Spitzensteuersatz unterworfen . Davon unterliegen rund 163 000 Personen dem Höchststeuersatz. 14. Wie hoch war das Einkommensteueraufkommen derjenigen, die im Jahr 2018 zumindest für einen Teil ihres Einkommens den Spitzensteuersatz (42 Prozent) zahlten? 15. Wie hoch war das Einkommensteueraufkommen derjenigen, die im Jahr 2018 zumindest für einen Teil ihres Einkommens den Höchststeuersatz (45 Prozent) zahlten? Die Fragen 14 und 15 werden zusammen beantwortet. Das Einkommensteueraufkommen aller Steuerpflichtigen, die mit Teilen ihres zu versteuernden Einkommens mindestens dem Spitzensteuersatz unterworfen werden , beträgt im Jahr 2018 rund 149,3 Mrd. Euro. Davon entfallen rund 39,8 Mrd. Euro auf Steuerpflichtige, die mit Teilen ihres zu versteuernden Einkommens dem Höchststeuersatz unterliegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333