Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8852 19. Wahlperiode 29.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8401 – Vereinbarkeit eines Provisionsdeckel für die Vermittlung von Lebensversicherungen mit dem Grundgesetz und dem europäischen Recht V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung plant nach eigenen Angaben einen Provisionsdeckel für die Vermittlung von Lebensversicherungen (Bundestagsdrucksache 19/3424). Die Verfassungs- und Europarechtskonformität des geplanten Provisionsdeckels ist jedoch umstritten. So haben Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts a. D., und der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski Gutachten zu der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und dem europäischen Recht vorgelegt und eine Deckelung für verfassungs- und europarechtswidrig befunden (www.bundesverband-finanz dienstleistung.de/wp-content/uploads/2019/02/Prof.-Papier-Rechtsgutachtengesetzlicher -Provisionsdeckel.pdf & www.bundesverband-finanzdienstleistung. de/wp-content/uploads/2019/02/Prof.-Schwintowski-Rechtsgutachten- Provisionsdeckel-EU-Recht.pdf). 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung der tatsächlich von Versicherungen (bzw. von Verbrauchern bei der Versicherungsberatung ) an Versicherungsvermittler gezahlten Vergütungen für Versicherungsvermittlungen seit Inkrafttreten des Lebensversicherungsreformgesetzes an die unterschiedlichen Berufsgruppen oder -felder (z. B. Versicherungsvertreter , Ausschließlichkeitsvermittler, Mehrfachvertreter, Versicherungsmakler , Versicherungsberater)? 2. Wäre es für den Verbraucher nach Auffassung der Bundesregierung vorteilhafter , die in den Tarif einkalkulierten Kosten, die den Kunden direkt treffen, zu regulieren, anstatt der Provision des einzelnen Versicherungsvermittlers, die auf den Preis des Produktes direkt keinen Einfluss hat? 3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung der Vergütungen für Versicherungsvermittlungen seit Inkrafttreten des Lebensversicherungsreformgesetzes ? Die Fragen 1 bis 3 werden zusammen beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8852 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Hinsichtlich der Entwicklung der Vergütungen für Versicherungsvermittlungen verweist die Bundesregierung auf ihre Antwort zu Frage 5 in der Bundestagsdrucksache 19/7101. Der BaFin liegen darüber hinaus keine näheren Erkenntnisse zur Höhe der vereinbarten Vergütungen für Versicherungsvermittler vor. Im Rahmen der Evaluierung des LVRG hat sich gezeigt, dass durch die Senkung des Höchstzillmersatzes, der bereits heute die kalkulatorischen Kosten beschränkt , keine entsprechende Reduzierung der Abschlusskosten erreicht werden konnte. Die Abschlussprovisionen stellen eine wesentliche Kostenposition dar. Ihre Deckelung ist geeignet, die Aufwendungen der Unternehmen unmittelbarer zu reduzieren . 4. Hält die Bundesregierung an der Einführung eines gesetzlichen Provisionsdeckels im Bereich der Lebensversicherung fest? a) Falls ja, welchen Zeitplan verfolgt die Bundesregierung? b) Falls ja, in welcher Höhe plant die Bundesregierung eine solche Deckelung , und wie ist die nähere Ausgestaltung? c) Falls ja, soll eine entsprechende Deckelung nur für bestimmte Berufsgruppen oder -felder (z. B. Ausschließlichkeitsvermittler, Mehrfachvertreter , Versicherungsmakler, Versicherungsberater) gelten bzw. in der Höhe für die Berufsgruppen differenzieren? d) Falls ja, soll eine entsprechende Dokumentation nur für bestimmte Versicherungsprodukte gelten bzw. für die unterschiedlichen Versicherungsprodukte in der Höhe differenzieren? 5. Welche Kriterien sind nach Ansicht der Bundesregierung entscheidend, um die Höhe einer Provision als angemessen zu bewerten? Welche Gründe rechtfertigen nach Ansicht der Bundesregierung die Maßgeblichkeit gerade dieser Kriterien? 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie sich ein Provisionsdeckel auf die Zahl der Beschäftigten in der Versicherungsvermittlungsbranche auswirken würde (bitte nach Berufsgruppen aufschlüsseln)? 7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie sich ein Provisionsdeckel auf die Beratungsqualität für Versicherungsprodukte auswirken würde? Die Themen und Sachverhalte zu den Fragen 4 bis 7 sind Gegenstand laufender Vorarbeiten für ein geplantes Gesetzgebungsverfahren. Sie werden daher zusammen beantwortet. Wie von der Bundesregierung in ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 19/7101 bereits erläutert, beabsichtigt die Bundesregierung, einen gesetzlichen Provisionsdeckel (kein Provisionsverbot) für Lebens- und Restschuldversicherungen festzulegen, der etwaigen Fehlanreizen entgegenwirken und die weitere Senkung der Abschlusskosten unterstützen soll. Die Bundesregierung bereitet dazu gegenwärtig einen Gesetzentwurf vor. Eine Entscheidung über die Ausgestaltung des Provisionsdeckels einschließlich der konkreten Höhe ist noch nicht getroffen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8852 8. Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Prof. Dr. Papier (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller), dass Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler und Versicherungsberater höchst unterschiedliche Berufsfelder darstellten, deren Gleichbehandlung durch einen gesetzlichen Provisionsdeckel verfassungsrechtlich besonders rechtfertigungsbedürftig sei (bitte begründen)? 9. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Prof. Dr. Papier (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller), dass ein einheitlicher Provisionsdeckel einzelne Vertriebswege, insbesondere solche durch Versicherungsmakler und Versicherungsberater, besonders stark benachteiligen würde (bitte begründen)? 10. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Prof. Dr. Papier (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller), dass ein einheitlicher Provisionsdeckel für unterschiedliche Versicherungsprodukte ungeachtet ihrer Komplexität (wie beispielsweise Sterbegeldversicherungen oder Risikolebensversicherungen einerseits sowie fondsgebundene Rentenversicherungen andererseits) sachwidrig wäre (bitte begründen)? 11. Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Prof. Dr. Papier (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller), dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass sich Produkte, die im Vergleich zu anderen Produkten ähnlich, aber für Verbraucher schlechter sind, in signifikanter Weise stärker am Markt durchsetzen, weil höhere Provisionen für diese Produkte ausgelobt werden? Welche (möglicherweise abweichenden) Kenntnisse hat die Bundesregierung dazu? 12. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Prof. Dr. Papier (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller), dass ein Provisionsdeckel gegen Artikel 12 sowie Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) verstieße und somit verfassungswidrig sei (bitte begründen)? 13. Teilt die Bundesregierung die Auffassungen von Prof. Dr. Papier und Prof. Dr. Schwintowski (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller ), dass ein Provisionsdeckel Fehlanreize zulasten der Verbraucher setzen würde (bitte begründen) a) bezüglich der Beratungsqualität und Erhöhung der Kundenzufriedenheit b) sowie im Hinblick darauf, dass auch für den Versicherungsvermittler ein Anreiz nach dem derzeitigen Provisionssystem dafür besteht, dass der Kunde die gesamte Vertragslaufzeit ausnutzt, also auf eine vorzeitige Stornierung verzichtet? 14. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Prof. Dr. Schwintowski (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller), dass ein Provisionsdeckel zu einer Qualitätsabwärtsspirale führen würde (bitte begründen)? 15. Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Prof. Dr. Schwintowski (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller), dass ein Provisionsdeckel die Grundziele der Richtlinie (EU) 2016/97 (Insurance Distribution Directive , IDD) konterkarieren würde (bitte begründen)? 16. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Prof. Dr. Schwintowski (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller), dass ein Provisionsdeckel zugleich Provisionen unterhalb der Deckelung praktisch unmöglich machen und daher als Untergrenze für Provisionen wirken würde (bitte begründen )? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8852 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Prof. Dr. Schwintowski (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller), dass ein Provisionsdeckel gegen das Prinzip des freien und unverfälschten Wettbewerbs gemäß Artikel 119 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sowie die Niederlassungsfreiheit gemäß Artikel 56 AEUV verstößt (bitte begründen)? 18. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Prof. Dr. Schwintowski (vgl. Gutachten gemäß Vorbemerkung der Fragesteller), dass ein Provisionsdeckel , unterstellt, er verstieße gegen EU-Recht, von keinem Akteur in der Versicherungsbranche beachtet werden müsste (bitte begründen)? Die Fragen 8 bis 18 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Beide Gutachten wurden erstellt, ohne dass ihnen ein konkreter Gesetzentwurf zugrunde lag. Sie nehmen deshalb zu einer unterstellten und vermuteten Ausgestaltung des Provisionsdeckels Stellung. Aufgrund dieser hypothetischen Ausgangslage kommen die Gutachter zu Ergebnissen, die die Bundesregierung gerade wegen des hypothetischen Charakters nicht kommentiert. 19. Wie schätzt die Bundesregierung – unter dem Aspekt des weiterhin wünschenswerten Zugangs breiter Bevölkerungsschichten zu einer Altersvorsorgeberatung – den Umstand ein, dass es sich bei der Abschlussvergütung des Vermittlers um eine erfolgsabhängige Vergütung handelt, über die der Vermittler nach Einschätzung der Fragesteller wirtschaftlich betrachtet viele qualifizierte und kostenlose (weil ohne Abschluss gebliebene) Beratungen quersubventionieren muss? Ein provisionsgestützter Vertrieb wird auch künftig möglich bleiben. Die Notwendigkeit oder der Anreiz, ausreichend Vertragsabschlüsse herbeizuführen und damit ein erhöhtes Einkommen zu erzielen, ist geeignet, einen Konflikt mit der Pflicht des Vermittlers herbeizuführen, im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln. Vor diesem Hintergrund soll die Einführung eines Provisionsdeckels u. a. Fehlanreize durch besonders hohe erfolgsabhängige Vergütungselemente ausschließen. Dabei kommt es darauf an, dass im Hinblick auf die Höhe der Vergütung auch qualitative Elemente der Beratung berücksichtigt werden. Damit wird die wünschenswerte qualitativ hochwertige Beratung breiter Bevölkerungsschichten erhalten und gestärkt. 20. Lassen rückläufige Beschwerden von Verbrauchern über Versicherungsvermittler bzw. Versicherungsmakler und marginale Beschwerdequoten (siehe: aktueller Tätigkeitsbericht des Ombudsmanns für Versicherungen vom 1. Februar 2019 www.versicherungsombudsmann.de/wp-content/uploads/ T%C3%A4tigkeitsbericht_2018_VSBG.pdf) nach Auffassung der Bundesregierung dennoch darauf schließen, dass Fehlanreize durch zu hohe Vergütungen der Vermittler bestehen, die mit einem gesetzlichen Provisionsdeckel korrigiert werden können (bitte begründen)? Der angeführte Tätigkeitsbericht des Ombudsmanns für Versicherungen trifft keine Aussage über „rückläufige Beschwerden von Verbrauchern über Versicherungsvermittler /-makler und marginale Beschwerdequoten“. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333