Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8886 19. Wahlperiode 02.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theurer, Thomas Kemmerich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8452 – Besteuerungsregeln im Kunsthandel V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Kunstmarkt in Deutschland erreichte im Jahr 2017 einen Umsatz von ca. 1,5 Mrd. Euro. Dies macht allerdings nur weniger als 2,5 Prozent des weltweiten Kunstmarktes aus, der im Jahr 2017 etwa 64 Mrd. Euro erreichte. Der weitaus größte Teil des Handels konzentriert sich auf die drei Länder USA, China und Großbritannien. Dies war in früheren Zeiten anders. In Deutschland hatte sich im 19. und 20. Jahrhundert aufgrund der wirtschaftlichen Stärke eine besondere Sammlertradition entwickelt. Das Kaufverhalten dieser Sammler hat sich nach Kenntnis der Fragesteller aber in der letzten Zeit verändert. Sie kaufen weniger in deutschen Galerien und mehr im Ausland ein. Durch die Änderungen der Umsatzsteuerregelungen im Kunstbereich im Jahr 2014 und den Anwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18. Dezember 2014 sind nach Kenntnis der Fragesteller bei Galeristen und Kunsthändlern Irritationen über die korrekten Steuersätze entstanden. Sammler, die den Eindruck hatten, im Ausland günstiger kaufen zu können, haben sich umorientiert. Diese Entwicklungen haben Galerien in ihrem Bestand gefährdet. Kleinere und mittelständische Galerien mit einem Umsatz von unter 0,5 Mio. Euro pro Jahr müssen Umsatzverluste hinnehmen, obwohl der Gesamtmarkt wächst. Im Jahr 2017 gab es – nach den Zahlen des Bundesverbandes Deutscher Galerien und Kunsthändler – erstmals seit Beginn der Erhebungen mehr Schließungen von Galerien in Deutschland als Neueröffnungen (www.welt.de/print/ die_welt/kultur/article174647963/Der-Kunsthandel-hat-wieder-mehr-Gewinner-als- Verlierer.html). 1. Wann wird die Differenzbesteuerung, wann die Gesamtdifferenzbesteuerung und wann die Pauschalmargenbesteuerung angewandt? Beim Handel mit Kunstgegenständen hat der Unternehmer die Möglichkeit bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 25a Absatz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) oder nach Abgabe der Erklärung nach § 25a Absatz 2 UStG zur Differenzbesteuerung zu optieren und hat dadurch nur noch die sogenannte Marge, d. h. den Unterschiedsbetrag von Verkaufs- und Einkaufspreis, zu versteuern. Im Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8886 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bereich des Kunsthandels ergeben sich für den Unternehmer zusätzliche Besonderheiten : Der Wiederverkäufer von Kunstgegenständen kann unter bestimmten Umständen auch dann zur Differenzbesteuerung optieren, wenn er die Gegenstände selbst eingeführt hat. Zusätzlich ist bei Kunstgegenständen die Differenzbesteuerung auch anwendbar, wenn deren Lieferung an ihn steuerpflichtig war und nicht von einem Wiederverkäufer erfolgte. Somit ergibt sich für erworbene Kunstgegenstände stets die Möglichkeit zur Anwendung der Differenzbesteuerung . Die Gesamtdifferenzbesteuerung (§ 25a Absatz 4 UStG) trägt dem Umstand Rechnung, dass bei einer Vielzahl von Gegenständen (z. B. Ankauf von Sammlungen oder Nachlässen), die ein Kunsthändler/Galerist erwirbt, die Ermittlung der Differenz für jeden einzelnen Gegenstand sehr aufwändig sein kann. Bei Gegenständen , deren jeweiliger Einkaufpreis den Betrag von 500 Euro nicht übersteigt , kann daher aus Vereinfachungsgründen die Bemessungsgrundlage nach der Gesamtdifferenz ermittelt werden. Dabei wird für sämtliche Gegenstände, die in einem Besteuerungszeitraum veräußert werden, die Summe der Verkaufspreise ermittelt und der Summe der entsprechenden Einkaufspreise dieses Zeitraums gegenüber gestellt. Für den Fall, dass der Einkaufspreis eines Kunstgegenstands nicht zu ermitteln oder unbedeutend ist, wird abweichend von dem regelmäßigen anzusetzenden Differenzbetrag 30 Prozent des Verkaufspreises angesetzt (Pauschalmargenbesteuerung ). Da die Umsatzsteuer nicht zur Bemessungsgrundlage gehört, ist sie aus der Pauschalmarge herauszurechnen. 2. Ist daran gedacht, die steuerliche Sonderbehandlung der Fotokunst (Anlage 2 zu § 12 Nummer 53 des Umsatzsteuergesetzes – UStG) abzuschaffen, und wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung wird prüfen, ob die umsatzsteuerliche Behandlung von Fotokunst zu ändern ist. Die sog. Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) bietet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, von einem Künstler aufgenommene Fotografien bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen als Kunstgegenstände zu behandeln , deren Lieferung ermäßigt besteuert werden kann. Begünstigungsfähig sind jedoch nur Umsätze, die vom Urheber des Kunstwerks selbst, seinem Rechtsnachfolger oder bestimmten anderen Unternehmern ausgeführt werden. Nach Artikel 103 Absatz 2 Buchstabe b MwStSystRL darf es sich bei diesen anderen Unternehmern jedoch nicht um Wiederverkäufer (z. B. Kunsthändler oder Galeristen ) handeln. Deren Umsätze mit Fotokunst unterliegen in jedem Fall dem vollen Umsatzsteuersatz. 3. Wie unterscheidet sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Umsatzbesteuerung in Deutschland von der Umsatzbesteuerung im EU-Ausland? Das Umsatzsteuerrecht ist innerhalb der Europäischen Union insbesondere durch die MwStSystRL weitestgehend harmonisiert. Die MwStSystRL gewährt den Mitgliedstaaten jedoch in einigen Bereichen wie z. B. im Bereich der Steuerermäßigungen einen gewissen Gestaltungsspielraum. Allerdings dürfen die Mitgliedstaaten auch bei der Ausnutzung dieses Gestaltungspielraumes nicht die in der MwStSystRL festgelegten Grenzen überschreiten. Die Bundesregierung verfügt über keine Übersicht, aus der hervorgeht, ob und in welchem Umfang die Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8886 anderen Mitgliedstaaten von den in der MwStSystRL vorgesehenen Gestaltungsspielräumen Gebrauch machen. Daher können die Unterschiede zu den Regelungsregimen in den anderen Mitgliedstaaten nicht dargestellt werden. 4. Wie hat sich die Änderung der Umsatzsteuerregelungen im Kunstbereich im Jahr 2014 auf den Markt ausgewirkt? Hierzu liegen der Bundesregierung keine belastbaren konkreten Informationen vor. 5. Wie bewertet die Bundesregierung die Umsetzung des Anwendungserlasses des BMF vom 18. Dezember 2014 in den Ländern? Probleme bei der Umsetzung des BMF-Schreibens vom 18. Dezember 2014 in den Ländern sind der Bundesregierung nicht bekannt. 6. Wird sich die Bundesregierung im Dialog mit den Ländern für die häufigere Anwendung der Pauschalmargenbesteuerung gemäß § 25a Absatz 3 Satz 2 UStG – nach französischem Vorbild – einsetzen, und wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit mehr, sich bei den Ländern für eine Ausweitung der Anwendung der Pauschalmargenbesteuerung nach französischem Vorbild einzusetzen. Die Länder haben entsprechende Initiativen des Bundes in der Vergangenheit einhellig abgelehnt. 7. Inwiefern teilt die Bundesregierung den Eindruck der Fragesteller, dass die massive Ungleichheit der Umsatzbesteuerung von Kunstverkäufen durch Urheber einerseits (7 Prozent) und Galerien andererseits (19 Prozent) zu schweren Verwerfungen und Verunsicherungen zwischen Künstlern, Galerien und Kunstkäufern geführt und den sog. Atelierverkäufen Vorschub geleistet hat? Der Bundesregierung liegen hierzu im Einzelnen keine Informationen vor. 8. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass nach Einschätzung der Fragesteller alle gegenwärtigen Regelungen in der Summe dazu geführt haben, dass sich die wirtschaftliche Situation der Galerien erheblich verschlechtert und zu einem regelrechten „Galeriensterben“ geführt hat? Hierzu liegen der Bundesregierung keine konkreten Zahlen vor. Die Bundesregierung teilt allerdings die Einschätzung, dass die europarechtlich im Frühjahr 2013 zwingend gewesene Beschränkung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Kunstgegenstände (Vertragsverletzungsverfahren aus dem Jahr 2012) zu Einbußen im Kunsthandel führte. 9. Wie bewertet die Bundesregierung insbesondere die Situation im Wettbewerb mit dem deutschsprachigen EU-Ausland (Österreich) sowie mit der kunstmarktstarken Schweiz? Der Bundesregierung ist bewusst, dass insbesondere in der Schweiz andere steuerrechtliche Rahmenbedingungen für den Kunstmarkt gelten, die nicht zuletzt darauf beruhen, dass diese nicht EU-Mitglied ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8886 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wie will die Bundesregierung die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Galerien und Kunsthändler im internationalen Handel sicherstellen? Die Bundesregierung wird sich weiter auf europäischer Ebene für die umfassende ermäßigte Umsatzbesteuerung im Handel mit Kunstgegenständen einsetzen, um so in Deutschland die Rückkehr zum ermäßigten Steuersatz zu ermöglichen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333