Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 29. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8892 19. Wahlperiode 02.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Matthias Gastel, Oliver Krischer, Stefan Gelbhaar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/8476 – Konsequenzen unvollständig erhobener Daten zur Verkehrsleistung im Schienengüterverkehr durch das Statistische Bundesamt V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Statistische Bundesamt soll über Jahre hinweg unvollständige Daten zur Verkehrsleistung im Schienengüterverkehr erhoben haben (www.verkehrsforum.de/ de/presse/pressemitteilungen/2018-09-14-whistleblower-dvf), die Grundlage für die Verkehrsverflechtungsprognose 2030 sind. Die Verkehrsverflechtungsprognose 2030 ist wiederum die wesentliche Datenbasis für die wirtschaftliche und raumordnerische Bewertung von Infrastrukturprojekten im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans 2030 (BVWP) und damit entscheidendes Instrumentarium im Entscheidungsprozess kostenintensiver Infrastrukturprojekte. Konkret wies das Statistische Bundesamt im Vergleich zur Bundesnetzagentur niedrigere Werte bei der Verkehrsleistung des Schienengüterverkehrs aus. Beispielhaft für das Jahr 2016 ergibt sich folgende Differenz in den Erhebungen: Während das Statistische Bundesamt von einer Verkehrsleistung im Schienengüterverkehr von 116 Milliarden Tonnenkilometern ausgeht, legt die Bundesnetzagentur eine Verkehrsleistung von 126 Milliarden Tonnenkilometern für dasselbe Jahr zugrunde (www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/ Eisenbahn/Unternehmen_Institutionen/Veroeffentlichungen/Marktuntersuchungen/ MarktuntersuchungEisenbahnen/MarktuntersuchungEisenbahn2017.pdf?__blob= publicationFile&v=2). Neben möglichen Falschbewertungen von Schienenprojekten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung des Bundesverkehrswegeplans 2030, stellt sich aus Sicht der Fragesteller zudem die Frage, inwieweit Verkehrsprojekte auf dieser Grundlage unzureichend dimensioniert worden sind, und welche Auswirkungen die unvollständige Datenlage auf die Förderungen von Anlagen des Kombinierten Verkehrs sowie auf die Gleisanschlussförderung hat. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8892 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon erlangt, dass die vom Statistischen Bundesamt ausgewiesenen Daten über die Verkehrsleistung im Schienengüterverkehr fehlerhaft sind, und wenn ja, auf welche Weise? Die Bundesregierung hat im Rahmen von Expertensitzungen zur Erstellung der „Gleitenden Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr“ Kenntnis darüber erlangt, dass die vom Statistischen Bundesamt (StBA) ausgewiesenen Daten zum Schienengüterverkehr von denen der Bundesnetzagentur (BNetzA) abweichen. 2. War dem Statistischen Bundesamt bereits vor Kenntnisnahme der Bundesregierung bekannt, dass die Datenlage über die Verkehrsleistung im Schienengüterverkehr fehlerhaft ist, wie vom Deutschen Verkehrsforum beschrieben ? a) Wenn ja, wie erklärt die Bundesregierung, dass keine eigenständige Korrektur der Datenlage und keine Unterrichtung der Bundesregierung durch das Statistische Bundesamt sowie keine Stellungnahme der Bundesregierung dazu erfolgten? b) Wenn nein, wie erklärt die Bundesregierung, wie aus der Pressemitteilung des Deutschen Verkehrsforums vom 14. September 2018 hervorgeht, dass das Statistische Bundesamt bereits vor Kenntnisnahme der Bundesregierung über die fehlerhafte Datenlage unterrichtet wurde? Die Feststellung der statistischen Unschärfen in der Güterverkehrsstatistik der Eisenbahnen beruhte auf einem gemeinsamen iterativen Erkenntnisprozess. 3. Hat das Statistische Bundesamt nach Kenntnis der Bundesregierung die sich als fehlerhaft erwiesenen Daten über die Verkehrsleistung im Schienengüterverkehr in der Zwischenzeit korrigiert? Die festgestellten Untererfassungen sind seitens StBA durch eine Erweiterung des Berichtskreises beseitigt worden. Die Auswirkungen auf die Statistikergebnisse werden in den Veröffentlichungen des StBA erläutert. 4. Wurde nach Kenntnis der Bundesregierung das Erhebungsverfahren des Statistischen Bundesamts, das die Verkehrsmengen im Schienengüterverkehr erfasst, in der Zwischenzeit derart ausgeweitet, dass es in Zukunft alle Eisenbahnunternehmen , insbesondere auch ausländische Unternehmen, in die Berechnung aufnimmt? Das StBA hat zur Beseitigung der Untererfassung den Kreis auskunftsgebender Eisenbahnunternehmen (Berichtskreis) inzwischen erweitert. Dabei ist das Ziel, grundsätzlich alle Unternehmen in die Statistik einzubeziehen, die auf dem innerdeutschen Schienennetz Güter transportieren. Es gibt keine rechtliche Möglichkeit , gegenüber Unternehmen, die ausschließlich über einen Sitz im Ausland verfügen und in Deutschland keine Niederlassung haben, eine Auskunftspflicht durchzusetzen. Eine zusammenfassende Darstellung der skizzierten Probleme ist zudem im Bericht zur Gleitenden Mittelfristprognose – Kurzfristprognose Sommer 2018 (S. 31 ff.) enthalten (www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/kurzfristprognosegueter -personenverkehr-sommer-2018.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8892 5. Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Zugrundelegung einer fehlerhaften Datenlage für die Infrastrukturplanung des BVWP 2030? 6. Welche Auswirkungen hat die nach oben korrigierte Verkehrsleistung des Schienengüterverkehrs auf die Verkehrsverflechtungsprognose, die dem BVWP 2030 zugrunde liegt? 7. Stimmt die Bundesregierung der Einschätzung der Fragesteller zu, dass die Nichtberücksichtigung der veränderten Datengrundlage des Schienengüterverkehrs in der bisherigen Verkehrsverflechtungsprognose des BVWP 2030 zu systematischen Fehlprognosen führt, wodurch die Bewertung von Schienenprojekten , deren Nutzen sich vor allem aus dem Güterverkehr speist, regelmäßig zu niedrig ausfällt bzw. unter die Schwelle von 1 absinkt? Wenn nein, warum nicht? 9. Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Zugrundelegung einer fehlerhaften Datenlage für die Bewertung von Schienenprojekten im Rahmen des BVWP 2030? 10. Ist der Bundesregierung bekannt, wie weit die Zugrundelegung fehlerhafter Daten bei der Bewertung von Infrastrukturprojekten zeitlich zurück reicht? Wenn ja, wie weit reicht sie zurück? Wenn nein, bis wann kann die Aufklärung dessen erwartet werden? Die Fragen 5 bis 7, 9 und 10 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Dem BVWP 2030 und der Verkehrsprognose 2030, welche Grundlage für die Aufstellung des BVWP 2030 war, liegen nach Kenntnis der Bundesregierung keine fehlerhaften Daten aus dem Bereich der Eisenbahnstatistik zugrunde. Basisjahr der dem BVWP 2030 zugrundeliegenden Verkehrsprognose 2030 ist das Jahr 2010. Die angeführten Unschärfen in den vom StBA veröffentlichten Statistiken zum Eisenbahnverkehr beziehen sich auf die Jahre nach 2010. Insofern besteht kein Anlass, die Ergebnisse der Verkehrsprognose 2030 im Allgemeinen und der Verkehrsverflechtungsprognose 2030 im Speziellen sowie die Bewertungen für die Bundesverkehrswegeplanung in Frage zu stellen. 8. Beabsichtigt die Bundesregierung für die Verkehrsverflechtungsprognose des BVWP 2030, ausgehend von einem neuen Analyse-Nullfall, eine neue Netzumlegung und neue projektbezogene Planfälle zu berechnen, um die veränderte Datenlage adäquat zu berücksichtigen? Wenn nein, warum nicht? Der BVWP 2030 mündete in die drei vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Ausbaugesetze Schiene, Straße und Wasserstraße mit den jeweiligen Bedarfsplänen als Anlage. Im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Bedarfsplanüberprüfung wird eine neue Langfrist-Verkehrsprognose mit dem Basisjahr 2017 und dem Prognosehorizont 2035 erarbeitet. Hierfür werden die aktuellen verkehrlichen Entwicklungen ebenso wie aktuelle demografische und wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt. Die Verkehrsprognose 2035 umfasst neben dem Fachteil der Verkehrsverflechtungsprognose 2035 auch eine verkehrsträgerspezifische Netzumlegung Schiene (= Eisenbahnverkehrsprognose 2035). Auf Basis der aktualisierten Verkehrsmengenberechnung prüft das BMVI, ob der Bedarfsplan Schiene der zwischenzeitlich eingetretenen Wirtschafts- und Verkehrsentwicklung anzupassen ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8892 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Welche geplanten Infrastrukturmaßnahmen des Schienenverkehrs sind nach Kenntnis der Bundesregierung von der fehlerhaften Datenlage betroffen? 12. Stimmt die Bundesregierung der Einschätzung der Fragesteller zu, dass die veränderte Datenlage im Schienengüterverkehr insbesondere für die Vorhaben relevant sein kann, für die im Rahmen der Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) die Wirtschaftlichkeit knapp nicht nachgewiesen werden konnte, also ein Ergebnis geringfügig unter 1 erzielt werden konnte? 14. Stimmt die Bundesregierung der Einschätzung der Fragesteller zu, dass es angesichts der veränderten Datenlage angeraten ist, die Vorhaben mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von knapp unter 1 und starkem Bezug zum Schienengüterverkehr einer Neubewertung zu unterziehen? Wenn nein, warum nicht? 15. Wird die Bundesregierung die ABS Bremerhaven–Bremervörde–Rotenburg –Verden, die bisher nicht in den Vordringlichen Bedarf des BVWP 2030 aufgerückt ist und die im Schienengüterverkehr als Umfahrung für den Knoten Bremens dienen kann, auf Basis der veränderten Datenlage neu bewerten? Wenn nein, warum nicht? 16. Wie gedenkt die Bundesregierung, mögliche Falschbewertungen von Infrastrukturprojekten des Schienenverkehrs zu korrigieren? 17. Werden die am 6. November 2018 in den Vordringlichen Bedarf des BVWP 2030 aufgestiegenen Schienenprojekte einer auf Basis einer korrigierten Verkehrsverflechtungsprognose erneuten Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen ? 18. Beabsichtigt die Bundesregierung alsbald eine Neubewertung aller Schienenprojekte ? 19. Welche Schienenprojekte, die in den Vordringlichen Bedarf des BVWP 2030 aufgestiegen sind oder die sich bereits in Bau befinden, wurden auf Basis der falschen Datenlage unzureichend dimensioniert? Die Fragen 11, 12 und 14 bis 19 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Bewertung der Schieneninfrastrukturvorhaben wurde korrekt vorgenommen. Die vorübergehende Ungenauigkeit der Daten des StBA für die Phase nach 2010 hatte keine Auswirkungen auf die dem BVWP 2030 zugrunde liegende Verkehrsprognose 2030. Eine Überprüfung des Bedarfsplans wird im Rahmen der gesetzlich verankerten Bedarfsplanüberprüfung vorgenommen. Zu diesem Zweck wird ab dem kommenden Jahr eine neue Langfristprognose zur Verkehrsentwicklung mit dem Prognosehorizont 2035 erarbeitet. Hierbei werden die aktuellen verkehrlichen, demografischen und wirtschaftlichen Entwicklungen berücksichtigt. Da das StBA inzwischen seine Erhebungsmethodik an die veränderte Anbieterstruktur im Schienengüterverkehr angepasst hat, wird die neue Langfristprognose auf den korrigierten Verkehrsmengen aufsetzen. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 5 bis 7, 9 und 10 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/8892 13. Welche Vorhaben des Potentiellen Bedarfs haben bei der NKU einen Wert knapp unter 1 erreicht? Für nachfolgende Vorhaben des Potentiellen Bedarfs wurde im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Bewertung ein Nutzen-Kosten-Verhältnis kleiner 1,0 errechnet: Vorhaben NKV* ABS Bremerhaven – Bremervörde – Rotenburg 0 Korridor Mittelrhein: Zielnetz II 0,1 ABS Bad Bentheim – Löhne 0,5 ABS Nürnberg – Weiden – Hof / Grenze D/CZ 0,8 ABS Hochstadt-Marktzeuln – Hof 0,5 ABS Lübbenau – Cottbus – Görlitz 0,4 ABS Dresden – Görlitz – Grenze D/PL 0,7 ABS Ludwigshafen – Saarbrücken – Grenze D/F 0,3 NBS Rheydter Kurve -0,3 ABS Köln – Aachen 0,4 ABS Berlin – Neustrelitz – Stralsund 0,1 ABS Koblenz – Mainz (Umfahrung St. Goar – Oberwesel gemäß Variante „pink“) 0,05 ABS Cottbus – Forst (Lausitz) – Grenze D/PL (-Zary) 0,5 *Nutzen-Kosten-Verhältnis 20. Wie wird sich die neue Kenntnislage der Bundesregierung auf die Gleisanschlussförderung auswirken? Die neue Kenntnislage wird keine Auswirkungen auf die Gleisanschlussförderung haben, da diese auf dem Transportvolumen des Gleisanschlussnehmers und nicht auf den Daten des StBA basiert. 21. Wie wird sich die neue Kenntnislage der Bundesregierung auf die Förderung von Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs auswirken? Die neue Kenntnislage hat keine Auswirkungen auf die Förderung von Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs nichtbundeseigener Unternehmen. Die Prüfung, ob ein beantragtes Projekt eines privaten Investors gefördert werden soll, erfolgt aufgrund einer kleinräumigen Standortbegutachtung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333