Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 21. Februar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/893 19. Wahlperiode 23.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Carina Konrad, Dr. Gero Clemens Hocker, Karlheinz Busen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/676 – Rahmenbedingungen für ein verbessertes Risikomanagement in der Land- und Forstwirtschaft V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach schweren Hagelschäden im Jahr 2014, folgenreichen Trockenschäden im Jahr 2015, den nicht minder verheerenden Frostschäden vom April 2017 und darauffolgenden regionalen Problemen mit herbstlicher Dauernässe in Norddeutschland und am Alpenrand sowie mit Blick auf die anhaltenden Preisvolatilitäten etwa bei Milch, Schweinefleisch oder Kernobst müssen nach Auffassung der Fragesteller die Rahmenbedingungen für ein wirksames und eigenverantwortliches Risikomanagement in den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft dauerhaft verbessert werden. Denn sowohl ein beschleunigter Klimawandel als auch globalisierte Agrarmärkte stellen die Branche vor existenzielle Herausforderungen . Insbesondere sollten bei Einkommen aus der Land- und Forstwirtschaft steuerrechtliche Ungleichbehandlungen zwischen Einzelunternehmen sowie Personen- und Kapitalgesellschaften beseitigt oder abgemildert werden . Bei den öffentlichen Rahmenbedingungen für ein zukunftssicherndes Risikomanagement in der Land- und Forstwirtschaft muss das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe stets im Zentrum der politischen Bemühungen stehen. Denn die wiederkehrende Gewährung öffentlicher Ad-hoc-Zahlungen, haushaltswirksamer Unwetterbeihilfen oder öffentlich bezuschusster Liquiditätsdarlehen nach Feststellung des Falls der Naturkatastrophe ist für Bund und Länder nicht nur teuer und verwaltungsintensiv, sondern der Allgemeinheit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ebenso wenig als dauerhafte Lösung vermittelbar wie dem unternehmerischen Berufsstand der Land- und Forstwirtschaft selbst. Neben steuerrechtlichen Möglichkeiten sind diesbezüglich auch verstärkt fördertechnische sowie versicherungs- und marktbasierte Instrumente der Risikominderung in den Fokus der Agrarpolitik zu rücken. Nicht zuletzt gilt es aber auch, Marktstrukturen , die eine stabilitätsfördernde marktwirtschaftliche Mengenregulierung durch den Preismechanismus beeinträchtigen, ordnungspolitisch zu korrigieren , um unfairen und riskanten Marktentwicklungen vorzubeugen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/893 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Der Umgang mit produktions- und marktbedingten Risiken ist Aufgabe des landwirtschaftlichen Unternehmers und zählt neben der Produktionstechnik und Kenntnis der Märkte zu den wichtigsten Aufgaben eines Landwirts. Die Bildung von Rücklagen, der Abschluss von Versicherungen, die Diversifizierung, vertragliche Bindungen entlang der Wertschöpfungskette und Preisabsicherung über Warenterminbörsen sind Möglichkeiten der Anpassung einer am Markt orientierten Landwirtschaft. Die Bundesregierung verfolgt einen marktorientierten Kurs in der Agrarpolitik. Daher sind im Risikomanagement zuvorderst privatwirtschaftliche Lösungsansätze gefordert. Staatliche Maßnahmen sollen nur in besonderen Situationen und Krisen erfolgen. Der Staat steht in der Verantwortung, in besonderen Situationen und Krisen, die den Einzelbetrieb überfordern würden, helfend zur Seite zu stehen . Mit den vorhandenen Instrumenten, wie den Tierseuchenkassen, den Marktmaßnahmen und im Falle von außergewöhnlichen Marktkrisen den speziellen Krisenmaßnahmen als Sicherheitsnetz sowie den staatlichen Ad-hoc-Hilfen für besondere Situationen steht hierfür ein ausreichendes Instrumentarium zur Verfügung . Auch die Direktzahlungen tragen zur Risikoabsicherung der Betriebe bei. Darüber hinaus gibt es in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verschiedene weitere Instrumente zum Risikomanagement. An erster Stelle sind hier die Möglichkeiten der staatlichen Förderung von Versicherungen, Fonds auf Gegenseitigkeit und dem Einkommensstabilisierungsinstrument im Rahmen der 2. Säule durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu nennen. Mit den Versicherungen und den Fonds auf Gegenseitigkeit können Risiken gegen widrige Witterungsverhältnisse, Tierseuchen und Pflanzenkrankheiten, Schädlingsbefall und Umweltvorfälle abgesichert werden , das Einkommensstabilisierungsinstrument deckt zusätzlich auch Preiseinbrüche ab. Die Versicherungsprämien bzw. Entschädigungszahlungen können bis zu 70 Prozent gefördert werden. Deutschland macht von diesen Möglichkeiten in der laufenden Förderperiode keinen Gebrauch, da eine entsprechende Förderung zulasten anderer Maßnahmen finanziert werden müsste. Für die Sonderkulturen Obst und Gemüse sowie Wein gibt es zudem im Rahmen der 1. Säule in der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) die Möglichkeit der Förderung von Ernteversicherungen. Die Finanzierung der Maßnahmen im Rahmen der Operationellen Programme erfolgt über einen Betriebsfonds, der zu je 50 Prozent aus EU-Mitteln und aus Mitteln der Erzeuger bzw. der Erzeugerorganisation für Obst und Gemüse finanziert wird. In Deutschland werden Ernteversicherungen nur gefördert, wenn sie unter dem Management der Erzeugerorganisation durchgeführt werden. Im Obst- und Gemüsebau werden üblicherweise Hagelversicherungen , abgeschlossen. Für Frostschäden muss angemerkt werden, dass es diesbezüglich bisher kein Angebot der Versicherungswirtschaft gibt. Bei Wein haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, über das Nationale Stützungsprogramm nach der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 Ernteversicherungen zu fördern . Die Länder müssen dann entscheiden, ob sie von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen. In Deutschland macht bisher nur Sachsen von dieser Möglichkeit Gebrauch. Das derzeit eingesetzte Instrumentarium wird zumindest bis 2020 als ausreichend erachtet. Zur Positionierung für die Zeit nach 2020 überprüft und aktualisiert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) derzeit mit den Ländern den „Bericht zum Krisen- und Risikomanagement in der Landwirtschaft “, der zur Herbst-AMK 2018 vorgelegt werden soll. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/893 1. Mit welchen Finanzvolumina haben nach Kenntnis der Bundesregierung der Bund und die 16 Länder in den vergangenen zehn Jahren haushaltswirksame Sonderbeihilfen, zinsverbilligte Liquiditätsdarlehen (z. B. der Landwirtschaftlichen Rentenbank) oder Tilgungszuschüsse im Zusammenhang mit preis- und witterungsbedingten Krisen in der Land- und Forstwirtschaft finanziert (Angaben nach Möglichkeit in tabellarischer Form)? Die der Bundesregierung vorliegenden Angaben können nachfolgender Tabelle entnommen werden. Informationen zu weiteren von den Ländern in witterungsund preisbedingten Krisen zur Verfügung gestellten Finanzhilfen liegen der Bundesregierung nicht vor. Jahr Unterstützungsmaßnahme / Programm Finanzierungsinstrument Finanzierungsvolumen Bemerkungen 2009 Liquiditätshilfeprogramm Zinsverbilligung von Liquiditätssicherungsdarle - hen der Landwirtschaftlichen Rentenbank rd. 16 Mio. Euro (Bundesmittel) Markt- und preisbedingte Krise 2010 Hilfsprogramm aus Grünlandmilchprogramm , Anhebung Zuschüsse LUV, und Liquiditätshilfeprogramm Grünlandprämie und Kuhprämie aus dem Grünlandmilchprogramm und Anhebung der Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung davon Teilbetrag von 100 Mio. € als Verstärkung aus dem Grünlandmilchprogramm Zinsverbilligung von Liquiditätssicherungsdarle - hen der Landwirtschaftlichen Renten-bank rd. 184 Mio. Euro (Bundesmittel) und 200 Mio. Euro (Bundesmittel) 25 Mio. Euro (Bundesmittel) Markt- und preisbedingte Krise 2011 Hilfsprogramm aus Grünlandmilchprogramm und Anhebung Zuschüsse LUV Grünland- und Kuhprämie und Anhebung der Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung rd. 183 Mio. € (Bundesmittel) 100 Mio. Euro Bundesmittel Markt- und preisbedingte Krise 2013 Hilfsprogramm (Sofortund Aufbauhilfe) zur Unterstützung der vom Hochwasser betroffenen Land- und Forstwirtschaft Aufbauhilfefonds rd. 213 Mio. Euro (Finanzierung durch Bund und Länder) witterungs-bedingte Krise 2016 Hilfsmaßnahme Verstärkung der Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung 78 Mio. Euro Bundesmittel preisbedingte Krise Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/893 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Jahr Unterstützungsmaßnahme / Programm Finanzierungsinstrument Finanzierungsvolumen Bemerkungen 2017 Bürgschaftsprogramm für Milchviehbetriebe Bürgschaft für Liquiditätshilfedarlehen der Landwirtschaftlichen Rentenbank Bereitstellung eines Gewährleistungsrahmens in Höhe von 150 Mio. Euro (aus dem Bundeshaushalt ) preisbedingte Krise, Programm läuft noch 2017 Verordnung zur Durchführung einer Sonderbeihilfe für bestimmte Milcherzeuger Gewährung einer außergewöhnlichen Anpassungsbeihilfe für Milcherzeuger, die ihre Kuhmilchanlieferungen im Vergleich des entsprechenden Vorjahreszeitraums (Bezugszeitraum ) mit einem dreimonatigem Beibehaltungszeitraum nicht gesteigert haben . EU-Plafonds insgesamt 350 Mio. Euro, davon für DEU rd. 58 Mio. Euro. Ergänzung durch Bundeshaushaltsmittel um weitere rd. 58 Mio. Euro. In DEU insgesamt tatsächlich ausgezahlt rd. 115,3 Mio. Euro. preisbedingte Krise 2017 Hilfsmaßnahme Verstärkung der Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung 78 Mio. Euro (Bundesmittel) preisbedingte Krise 2. Wie bewertet die Bundesregierung vor dem Hintergrund aktueller Liquiditätsengpässe in einigen landwirtschaftlichen Produktionszweigen und mit Blick auf eine entsprechende Ankündigung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in einer Mitteilung zum sogenannten „Milchgipfel “ im Jahr 2016 die Möglichkeit einer abermals befristeten Einführung eines steuerlichen Freibetrags zum Zwecke der Tilgung betrieblicher Schulden nach Vorbild der früheren Regelung in § 14a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes und in Höhe von bis zu 150 000 Euro (www.bauernverband. de/rukwied-kurzfristig-brauchen-landwirte-weitere-finanzielle-entlastungen)? Eine Einführung eines steuerlichen Freibetrages zum Zwecke der Tilgung betrieblicher Schulden ist derzeit nicht geplant. 3. Welche Kalkulationen oder fiskalischen Erfahrungswerte aus früheren Jahren sind der Bundesregierung diesbezüglich zu möglichen jährlichen Steuermindereinnahmen bekannt? Die jährlichen Steuermindereinnahmen aufgrund der Freibeträge gemäß §§ 14, 14a des Einkommensteuergesetzes (EStG) können der Anlage 2 des 17. Subventionsberichts der Bundesregierung (Bundesratsdrucksache 430/99) entnommen werden. Eine Aufgliederung in die einzelnen Vorschriften war in der Kürze der Zeit nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/893 4. Inwiefern teilt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Kritik des Bundesrechnungshofs die Auffassung, dass der steuermindernde und auf den Wirtschaftswert abstellende Investitionsabzugsbetrag für Betriebe der Landund Forstwirtschaft nach § 7g Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes nicht zuletzt mit Blick auf die Höfeordnung, das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte und das Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit eine angemessene und den Besonderheiten der Branche Rechnung tragende Sonderregelung darstellt (www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/bemerkungenjahresberichte /jahresberichte/2016/einzelplanbezogene-entwicklung-undpruefungsergebnisse /allgemeine-finanzverwaltung/2016-bemerkungen-nr- 61-investitionsabzugsbetrag-foerderung-auf-kleine-und-mittlere-betriebebeschraenken )? Die Bunderegierung prüft derzeit, inwieweit eine Anpassung der Regelung in § 7g EStG erforderlich ist. 5. Welche tatsächliche Glättungswirkung bzw. wirksame Steuervergünstigung erwartet die Bundesregierung infolge von § 32c des Einkommensteuergesetzes im gesetzlich festgelegten ersten Betrachtungszeitraum 2014 bis 2016 vor dem Hintergrund der infolge von Preis- und Witterungskrisen bedingten Einkommensausfälle bei der Mehrheit der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft ? Die prognostizierten Steuermindereinnahmen aus der Einführung der Tarifglättung nach § 32c EStG ergeben sich aus dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Erlass und zur Änderung marktordnungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes auf Bundestagsdrucksache 18/10237. Der Bundesregierung sind darüber hinaus keine konkreten Zahlen bekannt, da die Regelungen nach Artikel 5 des Gesetzes zum Erlass und zur Änderung marktordnungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3045) noch nicht in Kraft getreten sind und bei den noch nicht abgeschlossenen Veranlagungsarbeiten für das Kalenderjahr 2016 noch nicht berücksichtigt werden können. 6. Wie bewertet die Bundesregierung die alternative und in einer Entschließung des Bundesrats vom 17. Juni 2016 geforderte Einführung einer steuerbefreiten betrieblichen Risikoausgleichsrücklage für (bilanzierende) Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (siehe dazu: Bundesratsdrucksache 314/16)? Die Bundesregierung geht davon aus, dass durch das Gesetz zum Erlass und zur Änderung marktordnungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3045) dem Anliegen des Bundesrats Rechnung getragen wurde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/893 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Welche möglichen Modelle zur gesetzlichen Definition des Krisenfalls bzw. zur Möglichkeit der Auflösung einer solchen steuerbefreiten betrieblichen Risikoausgleichsrücklage sind der Bundesregierung bekannt, und wie bewertet sie diese verschiedenen Modelle? 8. Welcher zulässige Höchstbetrag wäre aus Sicht der Bundesregierung für eine solche steuerbefreite betriebliche Risikoausgleichsrücklage vorstellbar und angemessen? 9. Welche konkreten und modellbezogenen Kalkulationen zu möglichen jährlichen Steuermindereinnahmen infolge einer solchen steuerbefreiten betrieblichen Risikoausgleichsrücklage für (bilanzierende) Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sind der Bundesregierung bekannt? Die Fragen 7 bis 9 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das im Jahr 2011 im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft durchgeführte Forschungsprojekt der Universität Hohenheim „Diskussion und Bewertung der möglichen Einführung einer Risikoausgleichsrücklage zum Ausgleich von wetter- und marktbedingten Risiken in der Landwirtschaft“ kam zu dem Ergebnis, dass die Einführung einer Risikoausgleichsrücklage nicht zu den erwünschten Entlastungseffekten in der Landwirtschaft führen würde. Stattdessen wurde die Einführung einer mehrjährigen Gewinnglättungsregelung (Ansatz des Durchschnittsgewinns mehrerer Jahre bei der Einkommensteuer) vorgeschlagen. Die Bundesregierung hat daher den Ansatz einer Risikoausgleichsrücklage nicht weiter verfolgt. Die Bundesregierung plant keine Einführung einer steuerlichen Risikoausgleichsrücklage . Im Hinblick auf die Einführung der Tarifglättung nach § 32c EStG wurde auf die Ausgestaltung konkreter Modelle und Berechnungen zur Risikoausgleichsrücklage verzichtet. Zu Rücklagen mit gleichgerichteter Zielrichtung ist das Folgende bekannt: Für die Forstwirtschaft besteht nach § 3 Absatz 1 und 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes die Möglichkeit zur Bildung einer steuerfreien Rücklage unter gleichzeitiger Bildung eines betrieblichen Ausgleichsfonds. Die Möglichkeit den Ausgleichsfonds im Krisenfall in Anspruch zu nehmen, ist in § 3 Absatz 3 Forstschäden -Ausgleichsgesetz abschließend geregelt. Nach Auffassung der Bundesregierung haben sich diese langjährigen Regelungen für die Forstwirtschaft in der Praxis deshalb bewährt, weil die liquiden Mittel tatsächlich vorgehalten werden müssen und im Schadensfall tatsächlich zur Verfügung stehen. Die Zuführung und die Höchstgrenze für die steuerfreie Rücklage ergeben sich aus § 3 Absatz 1 Satz 3 und 4 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/893 10. Welche konkreten Vorschläge hat das Bundesministerium der Finanzen angesichts seiner Bewertung vom 8. Juni 2017, wonach eine steuerbefreite Risikoausgleichsrücklage für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft aufgrund ihres begrenzten Geltungsbereichs und entsprechender Abgrenzungsregelungen in der Praxis keine optimale Lösung darstelle und daher die „Weiterbzw . Neuentwicklung von Versicherungslösungen als eine zielführende Alternative zur Risikoausgleichsrücklage“ zu prüfen sei (siehe dazu: Drucksache 16/2153 des Landtags von Baden-Württemberg, Ziffer 3)? Mit der steuerfachlichen Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen vom 8. Juni 2017 wurde einer Bitte des Ministers für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg entsprochen. Sie berücksichtigte einerseits die steuerrechtlichen Probleme der von Baden-Württemberg angedachten Risikoausgleichsrücklage und andererseits die angedachte Weiterentwicklung von Versicherungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung bereits bestehender Möglichkeiten und Vergünstigungen im Steuerrecht. 11. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Versicherungsdichte bei den landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland in den Jahren 2006 bis 2016 entwickelt? Der Bundesregierung liegen keine Informationen zur Versicherungsdichte bei landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland vor. 12. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung dagegen, Trockenheit bzw. Dürre sowie Hochwasser als zusätzliche Kumulrisiken in die 2012 neugeschaffene Regelung zur Absenkung des Versicherungssteuersatzes für landwirtschaftliche Mehrgefahrenversicherungen auf 0,3 Promille der Versicherungssumme nach § 6 Absatz 2 Nummer 4 des Versicherungsteuergesetzes aufzunehmen? Das Risiko „Hochwasser“ ist bereits durch das gesetzliche Merkmal „Überschwemmung “ in der Begünstigungsregelung des § 6 Absatz 2 Nummer 4 i. V. m. § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Versicherungsteuergesetzes (VersStG) erfasst. Eine Aufnahme der „Dürre“ in den Katalog der wetterbedingten Elementargefahren würde diese den übrigen Witterungsrisiken gleichstellen. Nach dem Thünen- Report 30 „Agrarrelevante Extremwetterereignisse und Möglichkeiten von Risikomanagementsystemen “ aus dem Jahr 2015 ist bezüglich des Wetterereignisses „Dürre“ im Frühjahr und Sommer mit einer Zunahme heißer Tage zu rechnen. Eine Gleichstellung des Schadensrisikos „Dürre“ mit den bereits heute ermäßigt besteuerten Schadensrisiken wird seitens der Bundesregierung erst dann näher zu prüfen sein, wenn von der Versicherungswirtschaft entsprechende Versicherungsmöglichkeiten deutschlandweit angeboten werden. 13. Wie viele Anbieter von Mehrgefahrenversicherungen bieten in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung Versicherungsprodukte an, die neben einer unmittelbaren Absicherung gegen Starkregenschäden zugleich eine Absicherung gegen stehendes Wasser infolge von Starkregenereignissen enthalten ? Nach Auskunft aus der Versicherungswirtschaft wird eine derartige Versicherung derzeit von zwei Versicherungen angeboten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/893 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Wie erklärt die Bundesregierung das lückenhafte Versicherungsangebot mit Blick auf das Kumulrisiko Frost bei der Absicherung von Kernobst, Steinobst und Strauchbeeren (www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/ dokumente/WP16/Drucksachen/2000/16_2153_D.pdf)? Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Frostschäden in den genannten Kulturen in Verbindung mit den hohen zu versichernden monetären Erträgen je ha würde aus Sicht der Versicherungswirtschaft eine derart hohe Versicherungsprämie erfordern, die aus Sicht der betroffenen Erzeuger wirtschaftlich nicht vertretbar wäre. 15. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Regelung in § 6 Absatz 2 Nummer 4 des Versicherungsteuergesetzes auch auf Nutztierversicherungen ausgeweitet werden sollte? Die Bundesregierung plant keine Ausweitung des ermäßigten Versicherungsteuersatzes auf Nutztierversicherungen. 16. Wie viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union bezuschussen nach Kenntnis der Bundesregierung entweder im Rahmen der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik oder aber über nationale Public-Private-Partnership -Modelle betriebliche Prämienzahlungen für Ernteversicherungen (Angaben nach Möglichkeit in tabellarischer Form)? Mitgliedstaaten der EU mit einer Förderung von Ernteversicherungen sowie der Art der Finanzierung können folgender Tabelle entnommen werden: MS mit einer staatlichen Förderung von Ernteversicherungen davon: Finanzierung über den ELER davon: Finanzierung rein national ohne ELER Belgien X X Bulgarien X X Dänemark Deutschland Estland Finnland Frankreich X X Griechenland Irland Italien X X Kroatien X X Lettland X X Litauen X X Luxemburg X X Malta X X Niederlande X X Österreich X X Polen X X Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/893 MS mit einer staatlichen Förderung von Ernteversicherungen davon: Finanzierung über den ELER davon: Finanzierung rein national ohne ELER Portugal X X Rumänien Schweden Slovakei Slovenien Spanien X X Tschechien X X Ungarn X X Vereinigtes Königreich Zypern X X Quellen: BMEL, Botschaftsabfrage 2016, Isabel Bardaji, Alberto Carrido: „Research for Agri Committee – State of play of risk management tools implemented by member states during the period 2014-2020: National and European Frameworks“, 2016 (Studie im Auftrag des EP). 17. Wie bewertet die Bundesregierung die beiden oben genannten möglichen Varianten der Prämienunterstützung finanzpolitisch, ordnungspolitisch sowie hinsichtlich möglicher Marktverzerrungen und Allokationsverluste? Die beiden Möglichkeiten staatlicher Unterstützung sind in ihren Wirkungen vergleichbar , sie unterscheiden sich lediglich hinsichtlich der Finanzierung. Im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gibt es eine Kofinanzierung seitens der EU, während im anderen Fall eine rein nationale Finanzierung erfolgt. 18. Inwiefern sieht die Bundesregierung im Zusammenhang mit öffentlichen Prämienunterstützungen auch grundsätzlich mögliche Risiken (z. B. Mitnahmeeffekte der Versicherungswirtschaft oder Moral-Hazard-Anreize für landwirtschaftliche Betriebe hinsichtlich der Vernachlässigung einer risikovorsorgenden Betriebsführung)? Grundsätzlich besteht eine Gefahr, betriebliche Anpassungsmaßnahmen sowie privatwirtschaftliches Risikomanagement zurückzudrängen und potentiell unerwünschte risikoreiche Anbausysteme zu fördern. Mitnahmeeffekte bei Versicherungen können vermieden werden, indem eine knappe Obergrenze für einen staatlichen Zuschuss je Produktionseinheit festgesetzt wird, die den Wettbewerb zwischen den Versicherungsunternehmen erhält. An der Vermeidung von Moral-Hazard -Anreizen haben die Versicherungsunternehmen ein hohes Eigeninteresse, sie nutzen dafür vor allem entsprechende Selbstbehalte oder Schadensschwellen sowie Vertragsbedingungen zur Nutzung von risikoreduzierenden Techniken, z. B. Hagelschutznetze. Die Ergebnisse des vom BMEL initiierten Forschungsvorhabens „Agrarrelevante Extremwetterlagen und Möglichkeiten von Risikomanagementsystemen“ (Thünen Report 30, 2015) zeigen, dass es für die landwirtschaftlichen Betriebe eine Vielzahl von Strategien zum Umgang mit diesen Risiken gibt. Dies unterstreicht, dass staatliches Handeln eine einseitige Förderung ausgewählter Risikomanagementinstrumente vermeiden, und – bei Beschränkung auf die Handlungsfelder Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/893 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode mit Marktversagen – vergleichbare Fördersätze für unterschiedliche Risikomanagementinstrumente anstreben sollte. 19. Inwieweit teilt die Bundesregierung den Vorschlag des Umweltbundesamts, eine begrenzte, temporär degressiv gestaltete Prämienunterstützung für Ernteversicherungen in Deutschland zu prüfen (siehe dazu: Umweltbundesamt, Climate Change 16/2014)? Der Staat steht in der Verantwortung, in besonderen Situationen und Krisen, die den Einzelbetrieb überfordern würden, helfend zur Seite zu stehen. Das derzeit eingesetzte Instrumentarium wird zumindest bis zum Jahr 2020 als ausreichend erachtet. Zur Positionierung für die Zeit nach 2020 überprüft und aktualisiert das BMEL derzeit zusammen mit den Ländern den „Bericht zum Krisen- und Risikomanagement in der Landwirtschaft“, der zur Herbst-AMK 2018 vorgelegt werden soll. 20. Wie bewertet die Bundesregierung gegenwärtig die Zugangsbarrieren zu börslichen Warentermin- und Futureskontrakten für Agrarerzeugnisse aus Sicht eines durchschnittlichen landwirtschaftlichen Einzelunternehmens (z. B. mit Blick auf Börsengebühren, Brokergebühren, Initial Margin, Handelsvolumina , Handelslücken hinsichtlich bestimmter Agrarrohstoffe und der zweifelsohne erforderlichen vertieften Marktkenntnisse)? Der Umgang mit produktions- und marktbedingten Risiken ist eine der wichtigsten Aufgaben eines landwirtschaftlichen Unternehmers. Dazu kann auch die Risikoabsicherung über die Warenterminbörsen gehören. Für Einzelunternehmen sind die Anforderungen bezüglich des Know-hows, der Liquidität und des zeitlichen Aufwandes jedoch vergleichsweise groß, so dass die Absicherung vielmehr durch die Unternehmen der aufnehmenden Hand (z. B. Landhandel oder Molkereien ) durchgeführt werden sollte. Hier können spezialisierte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter zentral große Warenmengen am Terminmarkt absichern. 21. Welche genossenschaftlichen bzw. überbetrieblichen Ansätze sind der Bundesregierung mit Blick auf die oben genannten Zugangsbarrieren zu börslichen Warentermin- und Futureskontrakten für einzelne Betriebe bekannt? Im Bereich des Getreides und der Ölsaaten erfolgt die Absicherung an der Warenterminbörse in der Regel durch die Händler und ist bereits gut etabliert. Nur wenige Landwirtinnen und Landwirte sichern pflanzliche Erzeugnisse direkt über einen Broker an der Warenterminbörse ab. Bei Milch und Milchprodukten entwickeln sich erst jüngst Aktivitäten der aufnehmenden Hand, an den Warenterminbörsen für die Erzeugerinnen und Erzeuger aktiv zu werden. Ende des Jahres 2017 haben sowohl das Deutsche Milchkontor (DMK) als auch die Molkerei Hochwald Foods angekündigt, 2018 börsenabgesicherte Festpreisangebote für ihre Lieferanten zu machen. Grundlage sind der Butter-, der Magermilchpulver- und der Molkenpulverkontrakt an der Warenterminbörse EEX in Leipzig. Ebenfalls zum Jahresende hat die EEX Leipzig angekündigt, einen Rohmilch- Kontrakt einzuführen, der für die Erzeuger besser zu handhaben sein könnte. Dennoch spricht vieles für die Absicherung durch die Molkereien. Die Ausgestaltung und Akzeptanz dieses Angebotes bleiben zudem abzuwarten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/893 Ein entscheidender Faktor für den erleichterten Zugang der Marktbeteiligten zu Warenterminbörsen ist die Erlangung des nötigen Know-hows. Entsprechende Schulungen werden mittlerweile zahlreich angeboten. 22. Wie bewertet die Bundesregierung die zu erwartenden Auswirkungen der von der Europäischen Union eingeführten Clearing- und Meldepflicht für Over-the-Counter-Derivate auf die allgemeine Markttransparenz außerbörslicher Absicherungsgeschäfte des Agrarsektors? Unternehmen des Agrarsektors sind als sog. nichtfinanzielle Gegenparteien im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (EMIR) anzusehen. Die von ihnen abgeschlossenen Derivategeschäfte unterliegen der Meldepflicht dieser Verordnung . Die Anwendung der Meldepflicht auf die Derivategeschäfte von Unternehmen des Agrarsektors hat aus Sicht der Bundesregierung positive Auswirkungen auf die allgemeine Markttransparenz außerbörslicher Absicherungsgeschäfte dieser Unternehmen. Die eingeführten Clearingpflichten gelten bislang nur für bestimmte außerbörsliche Zins- und Kreditderivate. Sie finden keine Anwendung auf die von Unternehmen des Agrarsektors zur Absicherung der Preisrisiken von Agrarprodukten typischerweise abgeschlossenen Warentermingeschäfte. 23. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell der Anteil genossenschaftlicher Molkereien an der Rohmilcherfassung in Deutschland? Circa zwei Drittel der in Deutschland an Molkereien angelieferten Rohmilch wird nach Kenntnis der Bundesregierung von Molkereien verarbeitet, die dem Genossenschaftsbereich zuzurechnen sind. 24. Wie bewertet die Bundesregierung mit Blick auf die anhaltende Preisvolatilität im Milchsektor ordnungspolitisch das Lieferbeziehungsgeflecht aus der Andienungspflicht gemäß § 10 Absatz 2 der Verordnung zur Weiterentwicklung der Marktstruktur im Agrarbereich einerseits und der üblicherweise in den Genossenschaftssatzungen geregelten Abnahmeverpflichtung andererseits in Verbindung mit der oftmals nachlaufenden Bekanntgabe der jeweiligen Auszahlungspreise? Die Gestaltung der Bedingungen für die Lieferung von Rohmilch durch Milcherzeuger ist grundsätzlich Angelegenheit der Wirtschaftsbeteiligten. Dies betrifft sowohl genossenschaftliche Lieferbedingungen, wie die Lieferung von Rohmilch an Erzeugerorganisationen, sowie von diesen an Molkereien. Andienungs- und Abnahmepflicht sowie die Frage der Preisfestlegung sind verschiedene Aspekte der Lieferbedingungen. Es obliegt grundsätzlich den Wirtschaftsbeteiligten, die Rohmilchlieferbedingungen im Lichte der Verhältnisse nach Auslaufen der Milchquotenregelung zu prüfen und sie ggf. zu ändern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/893 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 25. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass das oben genannte Lieferbeziehungsgeflecht einer funktionierenden und risikomindernden marktwirtschaftlichen Mengenregulierung durch den Preismechanismus entgegensteht und somit angesichts des vergleichsweise hohen Anteils genossenschaftlicher Molkereien an der Rohmilcherfassung in Deutschland dazu geeignet ist, den aufgrund globaler Nachfrageentwicklungen ohnehin volatilen Milchmarkt zusätzlich zu destabilisieren? Aus Sicht der Bundesregierung bedarf es insbesondere einer stärkeren Nachfrageund Wertschöpfungsorientierung der Rohmilcherzeugung. Dies gilt unabhängig vom Anteil der genossenschaftlichen Milchverarbeitung. 26. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung mit Blick auf einschlägige Lieferbeziehungen über die freiwillige Erprobung alternativer Festpreismodelle in genossenschaftlichen Molkereien bzw. über einschlägige Pilotvorhaben (z. B. zeitlich befristete Vereinbarungen über Menge, Qualität und Festpreis)? Das Bundeskartellamt hat im Verfahren zu Lieferbedingungen für Rohmilch in seinem Sachstandspapier vom 13. März 2017 Festpreismodelle und Vereinbarungen über Liefermenge und -preis angeregt. Der Bundesregierung ist bekannt, dass in einigen Molkereien sogenannte Festpreismodelle geprüft bzw. angekündigt werden. Einige Molkereien wenden bereits Festpreismodelle an. Diese können einen Beitrag zur Verringerung der Preisvolatilität leisten. Die Akzeptanz dieser Modelle bei den Milcherzeugern und Molkereien bleibt weiter abzuwarten. 27. Welche legislativen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die jüngste Änderung von Artikel 148 Absatz 4 der Gemeinsamen Marktordnung im Bundesrecht anzuwenden und zu präzisieren? Das Agrarmarktstrukturrecht bietet entsprechende legislative Möglichkeiten. § 6a des Agrarmarktstrukturgesetzes dient der Durchführung unionsrechtlicher Bestimmungen über die Gestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Erzeugern und Verarbeitern. Soweit das Unionsrecht den Mitgliedstaaten die Möglichkeit bereits eröffnet, das entsprechende Unionsrecht anzuwenden, kann dies in einer Rechtsverordnung angeordnet werden. 28. Wie bewertet die Bundesregierung vor dem oben genannten Hintergrund die auch vom Bundeskartellamt im Endbericht zur Sektoruntersuchung Milch (B2-19/08) thematisierte Ausschließlichkeitswirkung langjähriger Kündigungsfristen von Molkereigenossenschaften? Die Verkürzung der Kündigungsfrist für die Verpflichtung zur Lieferung z. B. von zwei auf ein Jahr kann zu einer größeren Flexibilität der Milcherzeuger führen . Die diesbezügliche Entwicklung bleibt weiter zu beobachten. 29. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung gegen eine Herabsetzung bzw. rechtliche Beschränkung der nach § 65 Absatz 2 des Genossenschaftsgesetzes zulässigen Höchstkündigungsfrist? § 65 Absatz des Genossenschaftsgesetzes (GenG) regelt das Kündigungsrecht der Mitglieder von Genossenschaften, die sich in der Praxis durch eine enorme Vielfalt auszeichnen, und bietet eine den jeweiligen Bedürfnissen der Genossenschaft angepasste Möglichkeit der Regelung des Kündigungsrechts. Dies gilt auch für die Möglichkeit von der gesetzlichen Kündigungsfrist von drei Monaten durch Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/893 Satzung abzuweichen. Die Regelungen des GenG hinsichtlich der Kündigungsfristen betreffen allein die Mitgliedschaft in der Genossenschaft. Die Kündigungsfristen für Lieferbeziehungen, z. B. für Rohmilch, können davon unabhängig und abweichend vereinbart werden. 30. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung gegenwärtig, um im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ die Rahmenbedingungen für eine wirksame Förderung betrieblicher Investitionen in risikomindernde Technik zu optimieren (z. B. Hagelschutznetze oder Beregnungstechnik zur Prävention von Frost- und Trockenschäden)? Mit Hilfe des Agrarinvestitionsförderungsprogramms (AFP) können im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes “ (GAK) Investitionen landwirtschaftlicher Unternehmen gefördert werden – auch für risikomindernde Technik (bspw. für Bewässerungsanlagen). Das zentrale Ziel des AFP ist die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen , daneben werden auch Ziele wie Tier-, Verbraucher-, Umwelt- oder Klimaschutz berücksichtigt. Bund und Länder beschließen für die Förderung gemeinsam einen Rahmenplan. Für die Umsetzung der Förderung sind die Länder zuständig. Maschinen und Geräte der Außenwirtschaft sind im AFP, mit einer befristeten Ausnahme von neuen Maschinen und Geräten, die zu einer deutlichen Minderung von Emissionen bei der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern oder zu einer deutlichen Minderung von Umweltbelastungen bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder zu einer deutlichen Minderung von Umweltbelastungen durch gezielte Unkrautbekämpfung mittels neuartiger mechanischer Verfahren führen, von der Förderung ausgeschlossen. Der Bund betrachtet die im AFP bestehenden Möglichkeiten zur investiven Förderung für risikomindernde Technik als ausgewogen – insbesondere unter Berücksichtigung verschiedener zuvor genannter Förderziele. 31. Welche konkreten Finanzierungsbedarfe entstünden infolge solcher Optimierungen im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ gegebenenfalls im Einzelnen? Aus Sicht des Bundes verfügen die Länder im Rahmen der GAK über ausreichenden finanziellen Handlungsspielraum, um auch risikomindernde Investitionsmaßnahmen zu fördern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333