Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 22. Februar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/915 19. Wahlperiode 26.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Annalena Baerbock, Lisa Badum, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/686 – Verfügbarkeit der Kohlekraftwerke in der Sicherheitsbereitschaft (Kohlereserve) V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Sommer 2016 hat die damalige Bundesregierung im Energiewirtschaftsgesetz (§ 13g EnWG) die „Sicherheitsbereitschaft“ für Kraftwerksanlagen geschaffen . Dadurch wurden Braunkohlekraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 2,7 Gigawatt unter Vertrag genommen (vgl. die Gesetzesbegründung zum Strommarktgesetz vom 26. Juli 2016, BGBl. I S. 1786; vgl. Bundestagsdrucksachen 18/7317 und 18/8915). Die stillzulegenden Anlagen dürfen ab dem Datum ihrer vorläufigen Stilllegung nicht mehr am Markt eingesetzt werden. Nach Ablauf von vier Jahren erfolgt ihre endgültige Stilllegung. Die Kosten tragen die Stromkunden über die Netzentgelte, wobei die Industrie durch die für sie geschaffenen Ausnahmen in § 19 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) gegenüber den Haushaltskunden teilbefreit ist. 1. Wie häufig wurden die bereits in Sicherheitsreserve befindlichen Kohlekraftwerke im Rahmen ihres Vertrages nach Kenntnis der Bundesregierung angefordert (bitte aufschlüsseln nach Kraftwerksblock, Datum und Dauer)? a) Wie stellte sich die Situation am Strommarkt zum jeweiligen Zeitpunkt der Anforderung sowie zum jeweiligen Zeitpunkt der Betriebsaufnahme dar? b) Wie lange dauerte jeweils die Zeitspanne zwischen Anforderung und vollständig hochgefahrenem Betrieb (bitte einzeln auflisten)? Die in der Sicherheitsbereitschaft befindlichen Kohlekraftwerke wurden noch nicht angefordert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/915 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Welche Summen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Kohlereserve bereits als Vergütung an die Kraftwerksbetreiber ausgezahlt (bitte einzeln nach Kraftwerk und Posten der Vergütung aufschlüsseln), und welchen Anteil trugen dabei die nichtprivilegierten Kunden (Haushaltskunden ) und die privilegierten Kunden (Industrie – nach § 19 Absatz 1 und 2 StromNEV)? Zurzeit werden durch die Übertragungsnetzbetreiber TenneT und Amprion lediglich Abschläge ausgezahlt. In den Erlösobergrenzen des Jahres 2017 haben die Übertragungsnetzbetreiber hierfür insgesamt einen Betrag i. H. v. 85 Mio. Euro angesetzt. Für das Jahr 2018 sind es insgesamt 149 Mio. Euro. Zahlungen an die Kraftwerksbetreiber erfolgen unter Vorbehalt bis zur abschließenden Festlegung der Vergütungshöhe durch die Bundesnetzagentur. Etwaige Überzahlungen sind sodann an die Netznutzer zurückzugeben. Welchen Anteil die nicht-privilegierten bzw. die privilegierten Netznutzer an den o. g. Abschlägen tragen, lässt sich nicht ermitteln. 3. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden nach Kenntnis der Bundesregierung infolge der Sicherheitsbereitschaft je Kraftwerk beschäftigt? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kraftwerken beschäftigt werden, die in der Sicherheitsbereitschaft sind. 4. Mit welchen konkreten Maßnahmen und nach welchen Kriterien kontrollieren die Bundesregierung bzw. ihr nachgeordnete Behörden die Verfügbarkeit der Kraftwerke wie auch die notwendige Kohlelogistik innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist, und wo werden diese Ergebnisse festgehalten (bitte unter Angabe, wann die Kontrollen in welchem Umfang stattgefunden haben)? 5. Gab es vonseiten der Bundesregierung diesbezügliche Beanstandungen gegenüber den Betreibern, und falls ja, welche, und wie oft? 6. Sind diese Ergebnisse öffentlich zugänglich, falls ja, wo, und falls nein, mit welcher Begründung nicht? Die Fragen 4, 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Die Bereitstellung der notwendigen Kohlelogistik innerhalb der in § 13g EnWG geregelten Fristen obliegt den Kraftwerksbetreibern. Die Rechtsfolgen, falls die stillzulegende Anlage nicht in den genannte Zeiten betriebsbereit gemacht werden bzw. Strom einspeisen kann, sind in § 13g Absatz 5 Satz 3 und Satz 4 EnWG geregelt. Danach verringert sich die Vergütung für die stillzulegende Anlage auf null bzw. um einen bestimmten Prozentsatz, je nachdem aus welchen Gründen die Anlage nicht rechtzeitig betriebsbereit gemacht werden bzw. Strom einspeisen kann. Dies muss von den Übertragungsnetzbetreibern geprüft werden. Im Streitfall entscheiden hierüber die Gerichte. Der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Akteure ihren gesetzlichen Pflichten nicht nachkommen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/915 7. Hat sich die Zeitspanne von zehn Tagen bis zur Betriebsbereitschaft bzw. von elf Tagen bis zur Nettonennleistung von Kohlekraftwerken in der Kohlereserve nach Auffassung der Bundesregierung als praxisgerecht und angemessen erwiesen angesichts des immer größer werdenden Anteils erneuerbarer Energien und der damit erforderlichen schnellen und flexiblen Fahrweise von Kraftwerken (bitte begründen)? Ja. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die in § 13g EnWG geregelten Fristen sachgerecht und geeignet sind. Sie stehen insbesondere im Einklang mit der Zielrichtung der Sicherheitsbereitschaft: Nach § 13g Absatz 2 EnWG dürfen die Betreiber von Übertragungsnetzen die Anlagen in der Sicherheitsbereitschaft nur für die Gewährleistung der Systemstabilität und nur als ultima ratio einsetzen, wenn keine anderen Maßnahmen zur Verfügung stehen, um die Extremsituation zu bewältigen (siehe dazu auch die Gesetzesbegründung zu § 13g Absatz 2 EnWG). Die Sicherheitsbereitschaft dient hingegen nicht der Erbringung von Regelleistung . Der „Strommarkt 2.0“ ist hinreichend flexibel, um diese selbst und marktwirtschaftlich zu organisieren. 8. Wird die volkswirtschaftliche Kosteneffektivität der Sicherheitsbereitschaft durch den steigenden Anteil der erneuerbaren Energien nach Auffassung der Bundesregierung herabgemindert, und falls ja, kann das Verfahren zu irgendeinem bereits eingetretenen oder zukünftigen Zeitpunkt als nicht mehr kostengerecht gelten, und könnte im Ergebnis daraus bei Änderung von § 13g des Energiewirtschaftsgesetzes auf die Vergütungsregelung verzichtet werden? Die Kosten der Sicherheitsbereitschaft und der steigende Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stehen in keinem Zusammenhang. Mit der in § 13g EnWG vorgesehenen Vergütung werden die Betreiber der Kraftwerke in der Sicherheitsbereitschaft für die Stilllegung und Vorhaltung der Kraftwerke entschädigt bzw. vergütet, unabhängig vom Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. 9. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die mitteldeutsche Rohbraunkohle laut Angabe des DEBRIV – Deutschen Braunkohlen-Industrie-Vereins e. V. („Braunkohle in Deutschland 2013“) einen Wassergehalt von 49 bis 53 Prozent aufweist, was jeden Ferntransport des Brennstoffs bei winterlichen Minustemperaturen in unbeheizten Kohlewagen erheblich erschweren müsste, und damit in der Folge die zehntägige Bereitschaft des Kraftwerks Buschhaus grundsätzlich in Frage stellt, und wie geht die Bundesregierung damit um? Die Bundesregierung hat mit den Betreibern erörtert, dass die Betreiber die Kraftwerke in der Sicherheitsbereitschaft innerhalb der in der Verständigung vom 2. November 2015 geregelten Zeit (vgl. Anlage 1 der Verständigung) betriebsbereit machen können und müssen. Die Betreiber haben mit der Unterzeichnung der Verständigung zugesichert, dass sie dazu in der Lage sind. Die Regelungen der Verständigung wurden dann in § 13g EnWG gesetzlich umgesetzt. Demnach obliegt die Einhaltung der in § 13g EnWG gesetzlich geregelten Anforderungen den Kraftwerksbetreibern. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Betreiber diese Anforderungen nicht einhalten könnten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/915 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wird die Bundesregierung durch aktive Löschung von EU-Emissionshandelssystem -(ETS)-Emissionsberechtigungen für stillgelegte Kraftwerke künftig darauf dringen, dass CO2-Einsparungen auch sofort wirksam werden ? Die Frage, ob und in welchem Umfang ETS-Zertifikate zum Ausgleich der gesetzlichen Verringerung der Kohleverstromung gelöscht werden sollen, stellt sich erst mit Inkrafttreten der novellierten Emissionshandels-Richtlinie. Eine Entscheidung dazu wurde von der Bundesregierung noch nicht getroffen. 11. Teilt die Bundesregierung die Analyse, wonach für eine Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks Buschhaus für den „Tagesverbrauch von 6 000 Tonnen rund 240 Kohlewagen über die Schiene geschickt werden müssten – pro Tag“ (www.welt.de/wirtschaft/article172690311/Braunkohle-Kraftwerke-als- Sicherheitsreserve-nur-bedingt-einsatzbereit.html) (bitte begründen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 12. In welchem Umfang beteiligt sich die Bundesregierung als Initiatorin der Kohlereserve an der Verringerung aller daraus erwachsenen Negativauswirkungen auf das wirtschaftliche und kommunale Umfeld der jeweiligen Kraftwerksstandorte ? Bei den Beratungen mit den Betreibern wurden sämtliche Auswirkungen der Sicherheitsbereitschaft diskutiert und abgeschätzt. Im Übrigen wurden die Länder und Verbände im Gesetzgebungsverfahren zu § 13g EnWG beteiligt (Länder- und Verbände-Anhörung) und es wurde die in jedem Gesetzgebungsverfahren vorgesehene Folgenabschätzung vorgenommen. Ein wesentlicher Aspekt war beispielsweise die Wärmeauskopplung aus Kraftwerksblöcken , die in die Sicherheitsbereitschaft überführt werden. Auch insoweit sind die Betreiber dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass sie ihren vertraglichen Verpflichtungen mit Dritten, einschließlich regionaler Einrichtungen, uneingeschränkt nachkommen, auch wenn Kraftwerksblöcke in die Sicherheitsbereitschaft überführt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333