Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 5. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9176 19. Wahlperiode 09.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Till Mansmann, Michael Theurer, Jens Beeck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8653 – Dauerhafte Entfristung der 70-Tage-Regelung bei kurzfristiger Beschäftigung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zum Ende des Jahres 2018 sollte die Befristung der 70-Tage-Regelung (§ 115 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – SGB IV) bei kurzfristigen Beschäftigungen ursprünglich auslaufen. Dies hätte nach Ansicht der Fragesteller zu massiven Problemen insbesondere auch bei landwirtschaftlichen Betrieben, die unter anderem Saisonarbeitskräfte beschäftigen, geführt. Die maximal zulässige Dauer einer kurzfristigen Beschäftigung ohne Sozialversicherungspflicht hätte danach 50 Arbeitstage oder längstens zwei Monate (§ 8 Absatz 1 Nummer 2 SGB IV) betragen. Noch am 25. Juli 2018 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in einer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/3626 erklärt, dass keine Absicht bestehe, die 70-Tage-Regelung dauerhaft zu entfristen. Als Begründung führt das Bundesministerium in der Antwort an: „[D]ie Frage der Reichweite von Ausnahmen von der Sozialversicherungs- Pflicht betrifft nicht allein Betriebe und Unternehmen, sondern auch Beschäftigte und letztlich die gesamte Versichertengemeinschaft. Von einer fortgesetzten Ausweitung der zeitlichen Schwellen der kurzfristigen Beschäftigung wären diejenigen Beschäftigten betroffen, deren Tätigkeit über einen längeren Zeitraum ohne adäquate soziale Absicherung bliebe. Abhängig Beschäftigte sind aber grundsätzlich auf den Sozialversicherungsschutz angewiesen. Ausnahmen müssen eng begrenzt bleiben.“ Ferner antwortet das Bundesministerium, „dass die Übergangsregelung ein einmaliges Anpassungserfordernis der Unternehmen bei Einführung des gesetzlichen Mindestlohns flankierte.“ Mittlerweile hat die Bundesregierung nach Einschätzung der Fragesteller ihre ursprüngliche Haltung geändert und sich den Forderungen der Fraktion der FDP angeschlossen (vgl. § 115 SGB IV – geänderte Fassung). Dies begrüßen die Fragesteller insbesondere im Interesse hunderttausender mittelständischer Betriebe in Deutschland ausdrücklich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9176 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Worin bestehen nach Ansicht der Bundesregierung die zentralen Vorteile der 70-Tage-Regelung, und sieht sie einen Widerspruch zwischen ihrer neuen Haltung und ihrer Aussage, dass die Entfristung der 70-Tage-Regelung möglicherweise zu einer generellen Ausweitung der versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung in Form der kurzfristigen Beschäftigung führt – Bundestagsdrucksache 19/3626, S. 1 – (bitte sowohl generell als auch mit Blick auf die Bürokratiekostenersparnis für die betroffenen Betriebe beantworten )? Für viele Betriebe stellt die Möglichkeit, saisonale Arbeitskräfte für drei Monate ohne aufwendigen Personalwechsel kurzfristig beschäftigen zu können, eine Entlastung dar. Das gilt insbesondere im Sonderkulturbereich der Landwirtschaft und im Hotel- und Gaststättengewerbe, da Saisonarbeit in diesen Bereichen einen besonders hohen Stellenwert hat. In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Entfristung der 70- Tage-Regelung bei kurzfristiger Beschäftigung“ auf Bundestagsdrucksache 19/3626, S. 1 wurde aus Beschlussempfehlung und Bericht zum Tarifautonomiestärkungsgesetz vom 2. Juli 2014 zitiert, wonach die zeitlichen Grenzen der kurzfristigen Beschäftigung übergangsweise eingeführt wurden, „damit dies nicht zu einer generellen Ausweitung der versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung führt“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/2010, S. 37). Seit Einführung dieser Übergangsregelung zum 1. Januar 2015 wurden jedoch keine sozialpolitisch bedenklichen Entwicklungen festgestellt, die einer Entfristung der erhöhten Zeitgrenzen entgegenstehen würden. Die Anzahl der kurzfristigen Beschäftigungen hat sich in diesem Zeitraum kaum verändert. Vor diesem Hintergrund hat sich die Bundesregierung für eine dauerhafte Anhebung der Zeitgrenzen für eine kurzfristige Beschäftigung auf drei Monate oder 70 Arbeitstage entschieden. 2. Wann, und wie wird die Bundesregierung die „Wirkungs- bzw. Begleitforschung “ zur 70-Tage-Regelung durchführen, zumal es sich jetzt nicht mehr um eine befristete Übergangsvorschrift handelt (bitte detailliert darlegen)? Eine „Wirkungs- und Begleitforschung“ zu dieser Regelung ist nicht vorgesehen. 3. Welche anderen Entscheidungsgründe haben dazu geführt, die 70-Tage-Regelung zu verstetigen, wenn man berücksichtigt, dass die Bundesregierung laut eigener Aussage ihr Handeln „nicht an Wünschen einzelner Interessengruppen “ ausrichtet – Bundestagsdrucksache 19/3626 – (bitte ausführlich aufführen)? Die Entscheidungsgründe sind der Antwort zu Frage 1 zu entnehmen. 4. Warum sieht die Bundesregierung diejenigen Beschäftigten, „deren Tätigkeit über einen längeren Zeitraum ohne adäquate soziale Absicherung bleibt“, von einer „fortgesetzten Ausweitung der zeitlichen Schwellen der kurzfristigen Beschäftigung“ jetzt nicht mehr als betroffen an? Grundsätzlich gelten Personen, die in Deutschland ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt ausüben, als sozial schutzbedürftig und unterliegen daher der Sozialversicherungspflicht. Eine Ausnahme besteht für kurzfristig Beschäftigte , die in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei sind. Hintergrund dieser Ausnahme ist, dass eine Beschäftigung nur dann in den Schutz der Sozialversicherung einbezogen werden soll, wenn sie nach Art und Umfang zur Sicherung des Lebensunterhalts grundsätzlich geeignet ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9176 Nur gelegentlich ausgeübte Beschäftigungen sind grundsätzlich von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung und daher – mit Ausnahme der gesetzlichen Unfallversicherung – sozialversicherungsfrei. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, soweit die Beschäftigung von vornherein auf nicht mehr als drei Monate oder insgesamt 70 Arbeitstage im Kalenderjahr begrenzt ist und – sofern das Arbeitsentgelt im Monat 450 Euro überschreitet – diese Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Die Gründe für die dauerhafte Anhebung der zeitlichen Grenzen der kurzfristigen Beschäftigung von zwei Monaten oder 50 Arbeitstagen auf drei Monate oder 70 Arbeitstage zum 1. Januar 2019 sind der Antwort zu Frage 1 zu entnehmen. Diese Anhebung der Zeitgrenzen wird aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht für noch vertretbar gehalten, weil bei einem Monatsverdienst in Höhe von mehr als 450 Euro die Regelungen für kurzfristige Beschäftigung nur Anwendung finden , soweit die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Eine Beschäftigung wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht berufsmäßig ausgeübt, wenn der dadurch erzielte Verdienst nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung für die Beschäftigte oder den Beschäftigten ist. Damit ist sichergestellt, dass zeitlich befristete Beschäftigungen, die berufsmäßig ausgeübt werden, adäquat sozial abgesichert werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333