Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9178 19. Wahlperiode 08.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Hessel, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8659 – Auswirkungen der verfassungswidrigen Regelungen innerhalb der Biersteuer auf mittelständische Brauereien V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Bundesverfassungsgericht hat im Dezember 2018 festgestellt, dass die Änderung der Biersteuer, die seit 2004 für kleine und mittelständische Brauereien gilt, verfassungswidrig ist. Jahrelang haben die betroffenen Brauereien erhebliche Summen zu viel gezahlt. Entsprechende Rückzahlungen an die betroffenen Brauereien sind nicht geplant. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2018 Änderungen des Biersteuergesetzes (BierstG) und des Einkommensteuergesetzes auf Basis des sog. Koch/Steinbrück-Papiers aus dem Jahr 2004 wegen Mängeln im Gesetzgebungsverfahren für verfassungswidrig erklärt. Inhaltlich geht es in den Entscheidungen um die Kompetenzen des Vermittlungsausschusses . Das Bundesverfassungsgericht verweist hier auf seine bisherige Rechtsprechung . In dem die Änderungen des BierstG betreffenden Gesetzgebungsverfahren zum Haushaltsbegleitgesetz (HBegLG) 2004 konnte das sogenannte Koch/Steinbrück- Papier aufgrund der Art seiner Einführung und seiner Behandlung im parlamentarischen Verfahrensgang nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keine Grundlage für die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagenen Änderungen des BierstG sein. Das BierstG wurde am 15. Juli 2009 geändert. Für die Jahre 2004 bis 2010 sprach das BVerfG eine Weitergeltungsanordnung des § 2 Absatz 2 BierStG in der Fassung des Artikel 15 des HBegLG 2004 vom 29. Dezember 2003 aus. Somit findet er trotz seiner formellen Verfassungswidrigkeit für diesen Zeitraum Anwendung. Seit dem 1. April 2010 greift der formell und materiell rechtmäßige § 2 Absatz 2 BierStG in der Fassung des Artikel 4 des Vierten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 15. Juli 2009. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9178 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, wie viele kleine und mittlere Brauereien von der verfassungswidrigen Biersteuer betroffen sind bzw. waren (bitte nach Bundesländern auflisten)? Die Anzahl kleiner und mittlerer Brauereien, die von den Auswirkungen des HBegLG 2004 betroffen waren, stellt sich für die Jahre 2004 bis 2010 wie folgt dar: Bundesland Brauereien bis 200.000 hl Baden-Württemberg 175 Bayern 611 Berlin 16 Brandenburg 20 Bremen 2 Hamburg 3 Hessen 62 Mecklenburg-Vorpommern 18 Niedersachsen 46 Nordrhein-Westfalen 105 Rheinland-Pfalz 38 Saarland 13 Sachsen 48 Sachsen-Anhalt 20 Schleswig Holstein 12 Thüringen 41 2. Wie hoch war die durchschnittliche finanzielle Belastung für die betroffenen Brauereien, a) aufgelistet nach Jahren und b) aufgelistet nach Bundesländern? Für betroffene Unternehmen entstand die Biersteuer in folgender Höhe: Bundesland 2010 (anteilig) 2009 2008 2007 2006 2005 2004 Baden-Wuerttemberg 25.024,04 € 104.506,40 € 97.719,25 € 106.424,89 € 103.718,13 € 110.259,82 € 117.972,29 € Bayern 20.833,02 € 82.842,57 € 88.569,11 € 92.084,61 € 97.628,07 € 97.435,15 € 102.853,30 € Berlin 1.089,75 € 15.215,41 € 15.304,94 € 20.119,29 € 20.840,53 € 28.767,50 € 32.479,36 € Brandenburg 3.199,75 € 27.514,41 € 51.921,86 € 66.839,09 € 31.087,72 € 41.811,50 € 34.443,05 € Bremen 925,75 € 3.662,50 € 3.749,50 € 4.107,00 € 3.816,50 € 2.764,00 € 2.225,25 € Hamburg 1.047,92 € 4.621,33 € 4.905,67 € 5.185,67 € 4.702,33 € 6.892,50 € 6.961,50 € Hessen 24.313,28 € 87.582,31 € 84.583,80 € 108.212,95 € 110.224,55 € 86.938,35 € 96.253,47 € Mecklenburg-Vorpommern 10.439,66 € 36.347,16 € 41.801,50 € 65.635,41 € 51.852,28 € 45.658,28 € 41.521,94 € Niedersachsen 9.913,58 € 57.823,08 € 62.747,38 € 72.264,20 € 98.107,72 € 96.063,90 € 108.988,00 € Nordrhein-Westfalen 24.047,00 € 95.375,01 € 102.821,60 € 88.527,37 € 99.015,88 € 110.636,68 € 134.294,32 € Rheinland-Pfalz 30.564,51 € 147.366,00 € 131.140,30 € 70.340,87 € 82.416,46 € 93.299,73 € 97.799,67 € Saarland 3.737,37 € 14.262,29 € 17.544,50 € 16.281,86 € 16.306,67 € 17.392,79 € 21.041,17 € Sachsen 37.771,09 € 157.173,14 € 151.594,06 € 146.417,43 € 145.464,85 € 139.610,02 € 149.562,61 € SachsenAnhalt 3.623,98 € 14.295,65 € 13.473,57 € 15.370,91 € 31.145,67 € 31.792,11 € 32.149,24 € Schleswig Holstein 29.823,40 € 125.420,00 € 128.903,58 € 141.316,30 € 112.057,69 € 126.480,58 € 191.118,67 € Thueringen 33.835,24 € 156.019,08 € 163.999,84 € 172.156,15 € 168.219,10 € 176.189,29 € 147.885,02 € Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9178 Hinsichtlich anderer finanzieller Belastungen als der Biersteuer liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 3. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor über finanzielle Einbußen seit 2004 der kleinen und mittleren Brauereien durch die Zahlungen der verfassungswidrigen Biersteuer, a) aufgelistet nach Jahren und b) aufgelistet nach Bundesländern? Für den Zeitraum von Januar 2004 bis März 2010 wurden hinsichtlich des HBegLG 2004 folgende Steuermehreinnahmen verzeichnet: 4. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über mögliche Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der verfassungswidrigen Biersteuer vor, a) aufgelistet nach Jahren und b) aufgelistet nach Bundesländern? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 5. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, wie viele kleine und mittlere Brauereien seit 2004 Insolvenz angemeldet haben (bitte nach Bundesländern auflisten)? Bis zum Jahr 2014 wurden grundsätzlich keine Daten über Brauereien, die Insolvenz angemeldet haben, in der Bundeszollverwaltung erhoben. Für die Jahre 2014 bis 2018 ergeben sich die folgenden Zahlen: Jahr Ergebnis 2014 10 2015 33 2016 116 2017 17 2018 10 Steuermehreinnahmen Bundesländer 2004 in € 2005 in € 2006 in € 2007 in € 2008 in € 2009 in € 2010 in € Baden-Württemberg 739.199,90 668.269,16 663.755,23 683.593,50 655.749,26 691.678,48 165.572,67 Bayern 2.431.821,33 2.296.194,30 2.268.090,19 2.192.660,69 2.114.872,21 2.004.726,93 513.755,64 Berlin/ Brandenburg 44.019,47 45.927,39 48.123,14 105.348,94 83.079,12 29.857,48 3.248,05 Hessen 230.745,10 209.007,88 266.137,87 259.212,60 195.498,32 181.914,83 53.039,00 Mecklenburg-Vorpommern 19.013,14 23.920,68 28.613,58 27.008,28 28.719,71 25.021,67 6.948,18 Niedersachsen/ Bremen 138.267,46 136.616,77 146.591,75 123.718,52 117.767,80 111.651,84 20.271,48 Nordrhein-Westfalen 502.675,52 429.425,83 340.747,83 312.832,06 384.221,91 324.393,76 86.312,40 Rheinland-Pfalz/Saarland 146.625,96 144.340,09 136.482,88 116.334,56 219.349,45 206.423,94 50.190,89 Sachsen 246.068,93 244.424,04 251.526,89 250.673,80 258.741,07 270.166,67 62.753,21 Sachsen-Anhalt 20.255,04 25.345,36 25.441,07 14.852,65 11.502,62 11.534,37 3.094,06 Schleswig-Holstein/Hamburg 58.257,47 52.490,53 50.889,63 49.646,25 53.388,07 55.339,47 13.251,36 Thüringen 221.106,67 265.101,33 253.912,77 250.492,10 225.699,68 221.099,69 51.770,76 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9178 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Eine Aufschlüsselung der Unternehmensinsolvenzen, bei denen die Insolvenz ausschließlich auf die Auswirkungen des HBegLG 2004 zurückzuführen ist, ist nicht möglich. 6. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, ob es aufgrund der verfassungswidrigen Biersteuer zu Unternehmenszusammenschlüssen gekommen ist (bitte nach Bundesländern auflisten)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 7. Wie viele Familienunternehmen waren von der verfassungswidrigen Biersteuer betroffen (bitte nach Bundesländern auflisten)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 8. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über Marktveränderungen seit 2004 im Brauereisektor vor (bitte nach Bundesländern auflisten)? Die Anzahl der kleinen und mittleren Brauereien hat sich von 1 281 Unternehmen im Jahr 2004 auf 1 539 Unternehmen bis zum Jahr 2018 erhöht. Dies entspricht einer Steigerung von ca. 20 Prozent. 9. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über Umsatzrückgänge bei kleinen und mittleren Betrieben seit 2004 vor (bitte nach Bundesländern auflisten )? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 10. Plant die Bundesregierung eine geänderte Biersteuermengenstaffel, um durch einen ermäßigten Biersteuersatz die Wettbewerbsfähigkeit und das Überleben von kleinen und mittleren Brauereien zu sichern? Die Bundesregierung plant aktuell keine Änderung hinsichtlich der derzeit geltenden ermäßigten Steuersätze. Durch Anwendung der gültigen Biersteuermengenstaffel besteht für Brauereien in Abhängigkeit von der Gesamtjahreserzeugung die Möglichkeit, die Höhe der Steuer im Vergleich zum Regelsteuersatz um bis zu 44 Prozent zu reduzieren. Die Biersteuer beträgt für einen Hektoliter (hl) Bier 0,787 Euro je Grad Plato. Für einen Liter Bier (z. B. Pils oder Kölsch) mit einem Stammwürzegehalt von 12 Grad Plato entsteht die Biersteuer in Höhe von 0,094 Euro. 11. Plant die Bundesregierung einen finanziellen Ausgleich oder eine andere Form der Kompensation für die verfassungswidrig zu viel gezahlten Steuern der kleinen und mittleren Brauereien? Da das BVerfG eine Weitergeltungsanordnung des § 2 Absatz 2 BierStG in der Fassung des Artikel 15 des HBegLG 2004 vom 29. Dezember 2003 ausgesprochen hat und seit dem 1. April 2010 der formell und materiell rechtmäßige § 2 Absatz 2 BierStG greift, plant die Bundesregierung keinen finanziellen Ausgleich oder eine andere Form der Kompensation. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9178 12. Plant die Bundesregierung einen finanziellen Ausgleich oder eine andere Form der Kompensation für die entstandenen Verfahrenskosten? Es ist seitens der Bundesregierung keine gesonderte Erstattung der Verfahrenskosten vorgesehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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