Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 4. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9180 19. Wahlperiode 08.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Clemens Hocker, Frank Sitta, Carina Konrad, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8699 – Auswirkungen des EU-Mercosur-Assoziierungsabkommens auf die Landwirtschaft V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen der EU mit den Mercosur -Staaten (Mercosur = Gemeinsamer Markt Südamerikas) Argentinien, Brasilien , Uruguay und Paraguay wurden bereits im Jahr 2000 aufgenommen, sind jedoch 2004 zunächst aufgrund zu großer Unterschiede in den Vorstellungen der Verhandlungsparteien unterbrochen und erst 2010 wiederaufgenommen worden (www.ifo.de/de/w/rN6wq6dE). Die EU-Kommission strebt nun einen erfolgreichen Abschluss bis zur Europawahl im Mai 2019 an (www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-8-2018-004781- ASW_EN.html). Laut EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sei die Endphase der Verhandlungen erreicht. Zuletzt habe es vor allem beim Marktzugang für Waren und Dienstleistungen entscheidende Fortschritte gegeben. Doch einige schwierige Fragen bestünden weiterhin. Dazu gehöre zum Beispiel der Marktzugang für europäische Molkereiprodukte und ein angemessener Schutz der EU-Herkunftsbezeichnungen. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Europäische Union (EU) verhandelt mit dem MERCOSUR über ein Assoziierungsabkommen mit Freihandelsteil. Da davon ausgegangen wird, dass sich die Fragen dieser Kleinen Anfrage auf den Freihandelsteil des Abkommens beziehen, nehmen die Antworten im Folgenden auch auf diesen Bezug. 1. Für welche landwirtschaftlichen Produkte sieht das Abkommen nach Kenntnis der Bundesregierung nach jetzigem Stand Veränderungen bei Handelsbeschränkungen (z. B. Zölle und Importquoten) vor, und um welche Veränderungen handelt es sich im Einzelnen (bitte für die EU und die Mercosur- Staaten getrennt angeben)? Die Verhandlungen zum Abkommen streben u. a. eine umfassende und gegenseitige Liberalisierung des gesamten Güterhandels, auch des Handels von landwirtschaftlichen Produkten, an. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9180 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Sensibilitäten bestimmter Güter werden dabei in den Verhandlungen berücksichtigt . So soll zum Beispiel der EU-Marktzugang für Agrarprodukte nicht vollständig liberalisiert werden: Für sensible Agrarprodukte kann das Abkommen, wie in anderen Freihandelsabkommen auch, Quoten vorsehen. Durch diese werden sensible Agrarbereiche geschützt, da nur eine limitierte Menge der jeweiligen Produkte zollermäßigt in die EU eingeführt werden kann. Für Mengen, die über die Quote hinausgehen, gilt der Zollsatz gemäß Meistbegünstigungsprinzip (Most-Favoured-Nation (MFN)) der Welthandelsorganisation (WTO). Dieser in der WTO angewandte Zoll gilt für alle WTO-Mitglieder gleichsam. Ausnahmen bestehen für unilaterale Präferenzen für weniger entwickelte Länder sowie für Handelsabkommen. Der MFN-Zollsatz wird auch heute schon angewandt. Da die Verhandlungen über das Abkommen noch nicht abgeschlossen sind, kann die Bundesregierung keine Aussagen zu den vorgesehenen Zöllen und Importquoten treffen. 2. Für welche landwirtschaftlichen Produkte wird es nach Kenntnis der Bundesregierung nach jetzigem Stand weiterhin Schutzmaßnahmen beim Import geben, und um welche Schutzmaßnahmen handelt es sich im Einzelnen (bitte für die EU und die Mercosur-Staaten getrennt angeben)? Grundsätzlich gehören für Deutschland insbesondere Fleisch, Ethanol und Zucker zu den sensiblen Produkten, auch im Verhältnis zum MERCOSUR. Zu den detaillierten Sensibilitäten der EU-Mitgliedstaaten und des MERCOSUR, denen im Abkommen Rechnung getragen werden sollen, liegen der Bundesregierung keine verifizierten Informationen vor. Sensiblen Handelsinteressen können grundsätzlich in Freihandelsabkommen durch vollständige Ausnahmen, verlängerte Übergangsfristen und Zollquoten sowie bilaterale Schutzmaßnahmen Rechnung getragen werden. Üblicherweise gelten auch die WTO-Schutzklauseln weiter fort. Da die Verhandlungen über das Abkommen noch nicht abgeschlossen sind, kann die Bundesregierung keine Aussagen zu den konkret vorgesehenen Regelungen und den betroffenen Produkten treffen. 3. Welche Differenzen bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen den Verhandlungspartnern beim Marktzugang für europäische Molkereiprodukte ? Die Verhandlungen über eine Marktöffnung des MERCOSUR für Molkereiprodukte dauern noch an. Nach Kenntnis der Bundesregierung strebt die EU eine umfangreiche Marktöffnung für Molkereiprodukte an. 4. Welche durch das Abkommen ausgelösten physischen und monetären Veränderungen erwartet die Bundesregierung beim Umfang des Imports und Exports landwirtschaftlicher Produkte in den Mercosur-Staaten, in der EU und in Deutschland (bitte nach landwirtschaftlichen Produkten unterteilen)? Da das Ergebnis des Abkommens noch nicht vorliegt, kann die Bundesregierung keine konkreten Aussagen zu den Auswirkungen treffen. Während die EU insbesondere an einer Verbesserung des Marktzugangs für ihre Industriegüter und verarbeitete Agrargüter interessiert ist, liegt ein Großteil der Interessen des MERCOSUR im Zugang zum europäischen Agrarmarkt. Aufgrund dieser Interessenlage erwartet die Bundesregierung im Agrarbereich einen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/xxxx Anstieg des Exportvolumens auf Seiten des MERCOSUR und im Industriebereich einen Anstieg des Exportvolumens auf Seiten der EU. Das Ausmaß der Veränderungen des Handelsvolumens wird jedoch vom Liberalisierungsgrad des finalen Abkommens abhängen. Daher muss in den Verhandlungen ein angemessener Ausgleich zwischen den offensiven Agrarinteressen des MERCOSUR, den offensiven Industrieinteressen der EU, und den agrarpolitischen Zielen der EU gefunden werden (siehe auch Antwort zu den Fragen 1 bis 3). 5. Welche durch das Abkommen ausgelösten Auswirkungen erwartet die Bundesregierung beim Wirtschaftswachstum und bei der Beschäftigung in der Landwirtschaft sowie in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweigen in der EU und in Deutschland? Da bislang noch keine abschließenden Ergebnisse vorliegen, gibt es auch hierzu lediglich Modellierungsergebnisse mit eingeschränkter Aussagekraft. Die Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Europäischen Kommission hat eine Studie zu den Auswirkungen erstellt (Impact assessment of a possible free trade agreement (FTA) between the EU and MERCOSUR: A microeconomic approach based on farm accountancy datanetwork (FADN) data). Sie ist unter https://ec.europa.eu/agriculture/sites/agriculture/files/trade-analysis/ impact-assessment/mercosur-fta-impact-fadn_en.pdf veröffentlicht. Weitere Ergebnisse werden von der Folgenabschätzung („Sustainability Impact Assessement ”) erwartet. Siehe hierzu http://trade.ec.europa.eu/doclib/html/156631.htm. 6. Spielen die unterschiedlichen Standards der Verhandlungspartner im Lebensmittelbereich nach Kenntnis der Bundesregierung bei den Verhandlungen eine Rolle, und welche konkreten Verabredungen wurden ggf. bisher hierzu getroffen? 7. In welchem Umfang sollen nach jetzigem Stand nach Kenntnis der Bundesregierung die hohen Standards der EU im Lebensmittelbereich von den Mercosur -Staaten übernommen werden? Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Bei der Bewertung von Standards ist zu unterscheiden zwischen Produkt- und Produktionsstandards. Erzeugnisse, die in die EU importiert werden, müssen immer die Produktstandards der EU einhalten, auch wenn ein Freihandelsabkommen mit dem Ursprungsland besteht. In Freihandelsabkommen werden üblicherweise entsprechende Vereinbarungen hierfür getroffen. Produkte, die aus dem MERCOSUR in die EU importiert werden, müssen also heute als auch künftig die Qualitäts- und Sicherheitsstandards der EU erfüllen. Die Art und Weise, wie Produkte erzeugt werden (Produktionsstandard), sind davon nicht erfasst. Die Rahmenbedingungen der Produktion werden in Freihandelsabkommen in den Nachhaltigkeitskapiteln vereinbart. Diese schreiben üblicherweise die Einhaltung der internationalen Umwelt- und Arbeitsschutzabkommen vor und formulieren bestimmte Anforderungen z. B. zu nachhaltiger Forstwirtschaft und Fischerei. Konkrete Produktionsstandards werden dort nicht festgelegt . Führen abweichende Produktionsbedingungen zu Wettbewerbsverzerrungen, die über übliche Standortunterschiede hinausgehen (wie z. B. Tierschutz), wird dies bei der Frage der Festlegung sensibler Produkte mit berücksichtigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9180 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Da die Verhandlungen über das Abkommen noch nicht abgeschlossen sind, kann die Bundesregierung keine Aussagen zu den konkreten Vereinbarungen treffen. 8. Inwieweit wird der Schutz und die Förderung traditioneller und regionaler Lebensmittelerzeugnisse mittels geschützter Herkunftsangaben wie den EU- Kennzeichnungen „g. U.“ (geschützte Ursprungsbezeichnung), „g. g. A“ (geschützte geographische Angabe) und „g. t. S.“ (garantiert traditionelle Spezialität) nach jetzigem Stand nach Kenntnis der Bundesregierung in das Assoziierungsabkommen integriert? Ziel der EU in den Verhandlungen ist ein verbesserter Schutz für geographische Herkunftsangaben aus der EU im MERCOSUR. Bei den Verhandlungen wird zu berücksichtigen sein, dass Generationen von Auswanderern „ihre“ Rezepte und Produktionsweisen in die neue Heimat mitgenommen haben und die Produkte dort unter den traditionellen Namen vermarkten. Der Schutz der genannten Bezeichnungen in der EU bleibt unverändert. D. h. Erzeuger aus dem MERCOSUR können ihre Erzeugnisse auch künftig nicht unter diesen Bezeichnungen auf den EU-Markt bringen. 9. Inwieweit entspricht der Schutz und die Förderung traditioneller und regionaler Lebensmittelerzeugnisse mittels geschützter Herkunftsangaben im Assoziierungsabkommen nach Kenntnis der Bundesregierung den Regelungen des internationalen Handelsrechts der Welthandelsorganisation WTO, und wo geht das Assoziierungsabkommen ggf. darüber hinaus? Der von der EU angestrebte Schutz geht über den durch das WTO-Recht gewährten Schutz hinaus, insbesondere was den Schutz unabhängig vom Nachweis einer Irreführung angeht. 10. Befürwortet die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass die mit neuen Züchtungsmethoden gezüchteten Pflanzen, in die keine artfremde DNA eingefügt wurde, in den meisten Nicht-EU-Ländern von der Gentechnikregulierung ausgenommen bleiben und dass Argentinien und Brasilien zu den größten GVO-Produzenten (GVO = Gentechnisch veränderter Organismus) weltweit gehören, eine Novellierung des EU-Gentechnikrechts, um eine Harmonisierung mit Rechtssystemen außerhalb der EU anzustreben? Die Meinungsbildung hierzu innerhalb der Bundesregierung ist nicht abgeschlossen . 11. Geht die Bundesregierung davon aus, dass das EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen noch vor der Europawahl im Mai 2019 zum Abschluss kommt? Die Bundesregierung unterstützt den zeitnahen Abschluss der Verhandlungen über ein ambitioniertes und ausgewogenes Abkommen der EU mit dem MERCOSUR. Ein Zeitpunkt für den voraussichtlichen Abschluss der Verhandlungen lässt sich momentan nicht abschätzen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333