Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 8. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9208 19. Wahlperiode 09.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8696 – Bayerische Digitalsteuer V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die „WirtschaftsWoche“ (WiWo) vom 15. Februar 2019, S. 33 veröffentlichte einen Bericht „Google-Bändiger“, wonach die bayerischen Finanzbeamten auf Grundlage des geltenden Rechts einen aus ihrer Sicht zulässigen Weg gefunden hätten, „den deutschen Staat unbürokratisch an all den Milliardeneinnahmen von Google und Facebook zu beteiligen“. Die Betriebsprüfer im Finanzamt München III seien dazu übergegangen, Betriebsausgaben für Suchmaschinenwerbung an ausländische Marketinganbieter mit einer „Sonderabgabe“ zu belasten . Ein Unternehmen, das zum Beispiel bei Google Werbung schaltet, solle nun eine 15-prozentige sogenannte Quellensteuer zahlen. 10 Mio. Euro für digitale Werbung machten also zusätzlich 1,5 Mio. Euro für den Fiskus. Nach dem Vortrag der bayerischen Finanzenbeamten solle das Unternehmen diesen Betrag aber lediglich vorstrecken und sich das Geld dann bei Google zurückholen . Der Leiter der Münchner Betriebsprüfer habe der „WiWo“ zufolge erklärt, die Aufwendungen für eine Suchmaschinenwerbung seien nicht als normale (Betriebs -)Ausgaben, sondern als Entgelt für die Nutzung von Algorithmen zu werten , um beispielsweise bei Google attraktiver platziert zu werden. Diese Einstufung führe zu der steuerrechtlichen Konsequenz, dass der § 50a Absatz 1 Ziffer 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) greife, der für Lizenzzahlungen ins Ausland eine Quellensteuer i. H. v. 15 Prozent vorsehe. Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unterliegen ebenso wie Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die im Inland weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz haben, mit ihren inländischen Einkünften i. S. d. § 49 EStG der beschränkten Steuerpflicht (§ 1 Absatz 4 EStG bzw. § 2 Nummer 1 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG), wenn sie nicht nach § 1 Absatz 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder sie nicht nach § 1 Absatz 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind. Bei den in § 50a Absatz 1 EStG aufgezählten Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger (Vergütungsgläubiger) wird die Einkommen- oder Körperschaftsteuer im Wege des Steuerabzugs erhoben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9208 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Steuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung i. S. d. § 50a Absatz 1 EStG dem Gläubiger zufließt. In diesem Zeitpunkt hat der Schuldner der Vergütung – hier das inländische Unternehmen, welches an Google Zahlungen für Werbeleistungen zahlt – den Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers (Steuerschuldner) vorzunehmen. Das inländische Unternehmen hat die innerhalb eines Kalendervierteljahres einbehaltene Steuer jeweils bis zum Zehnten des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abzuführen (§ 50a Absatz 5 Satz 1 bis 3 EStG). Das BZSt hat zum Jahresbeginn 2014 die Zuständigkeit für das Steuerabzugsund Veranlagungsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen übernommen. Zuvor waren hierfür die Finanzbehörden der Länder zuständig. Die „WiWo“ berichtet ferner, die von der Münchner Steuerverwaltung vertretene Ansicht zur Einschlägigkeit des § 50a Absatz 1 Nummer 3 EStG, werde von den abführungsverpflichteten inländischen Unternehmen und der Beraterschaft nicht geteilt. Die Berater stuften es zudem als schwierig ein, dass die inländischen Unternehmen in der Lage seien, „sich die Steuer bei Google zurückzuholen “. Weiter wird berichtet, das Bundesministerium der Finanzen beobachte diesen Prozess lediglich und verweise darauf, dass es hierzu „noch keine abgestimmte Auffassung der Finanzverwaltung des Bund und der Länder“ gebe. 1. Wie bewertet die Bundesregierung die nach dem Bericht der „WiWo“ von der Bayerischen Finanzverwaltung bzw. von der Münchner Finanzverwaltung vertretene Ansicht im Hinblick auf die Einschlägigkeit des § 50a EStG auf Zahlungen inländischer Unternehmen an Google, Facebook oder ähnliche Digitalkonzerne für entsprechende Werbeleistungen bzw. Nutzungen des jeweiligen Algorithmus? a) Teilt die Bundesregierung diese Ansicht, und wenn ja, aus welchen Gründen ? b) Wenn nein, aus welchen Gründen nicht? Die Bundesregierung vertritt ebenso wie die obersten Finanzbehörden der Länder als Ergebnis der fachlichen Abstimmung zu dieser Frage die Auffassung, dass Vergütungen, die inländische Unternehmen an ausländische Plattformbetreiber und Internetdienstleister für die Platzierung oder Vermittlung von elektronischer Werbung auf Internetseiten zahlen, nicht dem Steuerabzug nach § 50a Absatz 1 Nummer 3 EStG unterliegen. Solche Zahlungen werden für die Erbringung einer nicht zum Steuerabzug nach § 50a Absatz 1 Nummer 3 EStG verpflichtenden Dienstleistung geleistet. Es liegt insoweit weder eine steuerabzugspflichtige zeitlich begrenzte Rechteüberlassung nach § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f EStG vor noch eine zum Steuerabzug verpflichtende Vergütung für die Nutzung von Know-how nach § 49 Absatz 1 Nummer 9 EStG. 2. In wie vielen Fällen hat die Bayerische Finanzverwaltung nach Kenntnis der Bundesregierung von inländischen Unternehmen in besagten Konstellationen die Zahlung der Steuer nach § 50a EStG a) gefordert, b) erhoben und vollstreckt? Der Bundesregierung liegen dazu keine konkreten Informationen vor. Auf die Pressemitteilung Nr. 053 des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat vom 14. März 2019 wird hingewiesen (www.stmflh.bayern.de/internet/ stmf/aktuelles/pressemitteilungen/23847/index.htm). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9208 3. Ist der Bundesregierung bekannt, in welcher Gesamthöhe in besagten Konstellationen seitens der Bayerischen Finanzverwaltung Zahlungsforderungen gegenüber inländischen Unternehmen erhoben wurden? Nein. 4. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass weiter Länder in besagten Konstellationen ähnlich verfahren bzw. planen, dies zu tun? Wenn ja, welche Länder sind bzw. wären das? Nach Kenntnis der Bundesregierung wird von den Finanzbehörden des Bundes und aller Länder nunmehr einheitlich die oben zu Frage 1 aufgeführte Auffassung vertreten. 5. Teilt die Bundesregierung den Optimismus der Bayerischen Finanzverwaltung , die inländischen Unternehmen könnten die auf Grundlage des § 50a EStG geleisteten Beträge von den steuerpflichtigen, im Ausland ansässigen Digitalunternehmen zurückholen? Aufgrund der von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vertretenen Auffassung stellt sich diese Frage nicht. 6. Wie viele Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen eine entsprechende Rückerstattung durch ausländische Digitalunternehmen erfolgt ist? Der Bundesregierung sind keine Fälle bekannt. 7. Ist der von der „WiWo“ berichtete Vorgang bereits Gegenstand von Sitzungen der Referatsleiterinnen und Referatsleiter zur Einkommensteuer bzw. der Körperschaftsteuer von Bund und Ländern gewesen? a) Wenn ja, bei welchen Sitzungen wurde die Anwendung des § 50a EStG in diesem Zusammenhang erörtert (bitte jeweiliges Datum nennen)? b) Wenn ja, wurde bereits der Versuch unternommen, eine abgestimmte Auffassung der Finanzverwaltungen von Bund und Ländern herbeizuführen ? Wenn ja, aus welchen Gründen ist dies bisher gescheitert? Wie viele und welche Länder haben sich in den Sitzungen der Referatsleiterinnen und Referatsleiter zur Einkommensteuer bzw. der Körperschaftsteuer für, und wie viele, und welche Länder haben sich gegen die Anwendung des § 50a EStG ausgesprochen? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9208 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode c) Wenn nein, aus welchen Gründen wurde nach Kenntnis bzw. Einschätzung der Bundesregierung bisher noch kein Versuch unternommen, eine abgestimmte Auffassung der Finanzverwaltungen von Bund und Ländern herbeizuführen? Hält die Bundesregierung es für zielführend, wenn es in der beschriebenen Konstellation – mindestens im Rahmen der Betriebsprüfungen – zu einer unterschiedlichen Verwaltungspraxis bei der Anwendung des § 50a EStG käme? Inwieweit hält es die Bundesregierung für möglich, dass über die Zuständigkeit des BZSt für das Steuerabzugs- und Veranlagungsverfahren eine Vereinheitlichung bei der bundesweiten Handhabung des § 50a EStG erreicht werden kann? Die Frage ist auf der Sitzung der für die Einkommensteuer zuständigen Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vom 12. bis 14. März 2019 mit dem oben zu Frage 1 angeführten Ergebnis erörtert worden. Über das Abstimmungsverhalten der Länder kann keine Auskunft erteilt werden. Nach der Geschäftsordnung zur Regelung der Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern nach § 21a Absatz 1 FVG sind die Sitzungen nicht öffentlich. 8. Ist es richtig, dass das Bundesministerium der Finanzen – wie von der „WiWo“ berichtet, bei der Frage der Anwendung des § 50a EStG nach der Formel „Lieber 15 Prozent von x, als 3 Prozent von nix“ vorzugehen beabsichtigt ? Nein. 9. Wie fügt sich die Ansicht der Bayerischen bzw. Münchner Steuerverwaltung in das Konzept der Europäischen Kommission nach einer – zuletzt deutlich abgesteckten – Digitalsteuer auf Onlinewerbeerlöse ein bzw. wie könnte sich dies darin einfügen? Mit Blick auf die zu Frage 1 angeführte Auffassung der Finanzverwaltung stellt sich diese Frage nicht. 10. Wie fügt sich die Ansicht der Bayerischen bzw. Münchner Steuerverwaltung in das offenbar von Deutschland und ggf. auch Frankreich bevorzugte Konzept für eine Mindestbesteuerung ein, bzw. wie könnte sich dies darin einfügen ? Diese Ansicht fügt sich in das Konzept insoweit ein, als ein Steuerabzug dann vorzunehmen wäre, wenn die Vergütungen beim Empfänger nicht angemessen besteuert werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333