Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 26. Februar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/939 19. Wahlperiode 27.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Rüdiger Lucassen, Gerold Otten und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/711 – Informationsaustausch mit dem NATO-Partner Türkei V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem 14. Januar 2018 greifen Einheiten der türkischen Armee mutmaßliche Stellungen kurdischer Milizen im Bezirk Afrin im Norden Syriens an. Seit dem 20. Januar 2018 führt die türkische Armee zudem eine Bodenoffensive im Bezirk Afrin durch (www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/bodenoffensive-afrinkurden -tuerkei-syrien-eu-staaten-besorgnis). Das erklärte Ziel der türkischen Regierung sind die Zerschlagung der kurdischen „Volksverteidigungseinheiten YPG“ sowie die Zerschlagung von Einheiten der Terrororganisation „Islamischer Staat“ („IS“) in diesem Teil des syrischen Staatsgebiets. In einem Schreiben an die Vereinten Nationen beruft sich die Türkei auf Artikel 51 der UN- Charta (www.dw.com/de/t%C3%BCrkei-beruft-sich-auf-selbstverteidigung/a- 18606740). Im Rahmen des Einsatzes Counter Daesh bzw. der Operation Inherent Resolve beteiligt sich die Bundesregierung mit Tornado-Aufklärungsflugzeugen, Tankflugzeugen für die Luft-Luft-Betankung von Kampfflugzeugen, mit Personal in Stäben und Hauptquartieren sowie an Bord von AWACS-Luftraumüberwachungsflugzeugen der NATO im Kampf gegen den IS auf syrischem Staatsgebiet (www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/start/team/eins/syrien/!ut/p/z1/hU67 DoIwFP0WB9beG4j42KoORBhM8AFdTJFaMLUltYKfb42TicaznWcOMCi Aad63krvWaK48L1l8XEyzbRbOwnAVpxHSJNmly3wfISIc_gWYt_EHKE JeCyj9xuT3xhhyYMAuvOcP0hnrlHCEn14PoWy4rpXYmBN9C2tgUpnqfZ3q KppKYFachRWW3K2XG-e62zzAAIdhINIYqQSpRYDfGo25OSg-gtBdiwGj seozOnoCjcfIog!!/dz/d5/L2dBISEvZ0FBIS9nQSEh/#Z7_B8LTL2922D6K30 AHHUKCSV3005). Die NATO-Partner Türkei und Deutschland beteiligen sich damit beide am Kampf gegen die Terrormiliz IS auf syrischem Staatsgebiet. Türkische Streitkräfte gehen im Rahmen der „Operation Olivenzweig“ zudem militärisch gegen Milizen der kurdischen „Volkverteidigungseinheiten“ vor (www.linksfraktion. de/themen/nachrichten/detail/das-ist-ein-irrsinn-der-gestoppt-werden-muss/). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/939 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie bewertet die Bundesregierung die militärische Offensive der Türkei im Raum Afrin? Die Bundesregierung ist nach wie vor sehr besorgt über den militärischen Konflikt im Norden Syriens. Sie setzt sich daher gemeinsam mit internationalen Partnern dafür ein, dass eine weitere Eskalation vermieden, humanitärer Zugang ermöglicht und die Zivilbevölkerung geschützt wird. Die Sicherheitsinteressen der Türkei müssen Beachtung finden; allerdings dürfen politische Verhandlungen für Frieden und Stabilität in Syrien nicht durch weitere militärische Auseinandersetzungen gefährdet werden. 2. Sieht die Bundesregierung die türkische Militäroffensive im Raum Afrin völkerrechtlich durch Artikel 51 der UN-Charta gedeckt? Die Türkei hat am 22. Januar 2018 den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen darüber informiert, dass sie ihre am 20. Januar 2018 begonnene Operation auf das völkerrechtliche Selbstverteidigungsrecht stützt. Sie beruft sich dabei darauf, dass ihre Sicherheit durch andauernde terroristische Angriffe aus Syrien auf die türkische Grenze bedroht sei. Die Türkei erklärt, dass sie mit ihrer Operation dieser terroristischen Bedrohung auf der Grundlage des Selbstverteidigungsrechts begegne. Ob ein konkretes militärisches Vorgehen im Einklang mit dem Völkerrecht steht, lässt sich immer nur in Kenntnis aller relevanten Umstände beurteilen. Es fehlt der Bundesregierung jedoch an der vollständigen Kenntnis der Tatsachengrundlage , die für eine abschließende völkerrechtliche Bewertung in dieser Situation erforderlich wäre. 3. Kann das türkische Militär nach Kenntnis der Bundesregierung auf Aufklärungsergebnisse zurückgreifen, die durch deutsche Tornado-Aufklärungsflugzeuge gewonnen werden? Alle Staaten, die als Teil der Operation Inherent Resolve (OIR) der internationalen Anti-IS-Koalition an dem Informationsraum teilhaben, in den die deutschen Aufklärungsprodukte nach der Auswertung und Prüfung auf Mandatskonformität durch deutsche Offiziere mit der VS-Einstufung und dem Freigabevermerk „SECRET//RELEASABLE TO USA, IRKS For Anti DAESH Operation only“ (IRKS – Inherent Resolve Kinetic Strike) eingestellt werden, können auf diese Informationen zugreifen. Hierzu gehört auch die Türkei. 4. Kann das türkische Militär nach Kenntnis der Bundesregierung auf Aufklärungsergebnisse zurückgreifen, die durch AWACS-Luftraumüberwachungsflugzeuge der NATO gewonnen werden? Im Rahmen der NATO-AWACS-Flüge zur Unterstützung der internationalen Anti-IS-Koalition werden ausschließlich für OIR Informationen zum Luftlagebild , z. B. Position, Flughöhe, Fluggeschwindigkeit und Richtung anderer Luftfahrzeuge , bereitgestellt. Auf dieses Lagebild hat als Mitglied der Anti-IS-Koalition auch die Türkei, die mit Personal im Hauptquartier für Luftoperationen – dem sog. Combined Air Operation Center – in Al Udeid in Katar präsent ist, Zugriff . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/939 5. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass Aufklärungsergebnisse, die unter Beteiligung deutscher Bundeswehrsoldaten gewonnen werden, nicht zum Kampf gegen Einheiten der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG verwendet werden? Um die mandatskonforme Verwendung der Aufklärungsprodukte der Bundeswehr sicherzustellen, werden diese vor der Weitergabe in den Informationsraum der OIR mit der VS-Einstufung und dem Freigabevermerk „SECRET// RELEASABLE TO USA, IRKS For Anti DAESH Operation only“ versehen. Die deutschen Tornados haben seit Beginn des Jahres 2018 über den Gebieten der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG im Raum Afrin keine Aufklärungsflüge durchgeführt. Die Konformität der Tornado-Einsätze mit dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 12. Dezember 2017 zur Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation des sog. „Islamischen Staats“ wird zudem von der Beauftragung bis zur Weiterleitung der Aufklärungsprodukte in den Informationsraum OIR von deutschen Offizieren – dem sog. Red Card Holder und dem sog. Releasing Officer – überwacht. Darüber hinaus hat die Bundesregierung zu dieser Thematik bereits mehrfach Stellung genommen, u. a. auf Bundestagsdrucksache 18/12026. 6. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass Waffen, die im Rahmen der Ausbildungsunterstützung an die kurdischen Peschmerga-Einheiten im Nord- Irak geliefert wurden, in diesem Konflikt nicht eingesetzt werden? Die Bundesregierung prüft die Sicherung des Endverbleibs jeweils im Einzelfall im Hinblick auf die konkret zu liefernden Güter. Die Regionalregierung der Region Kurdistan-Irak hat sich in einer Endverbleibserklärung verpflichtet, das gelieferte Material ausschließlich im Einklang mit dem Völkerrecht und insbesondere dem humanitären Völkerrecht einzusetzen. Die Regionalregierung der Region Kurdistan-Irak wurde wiederholt auf die Notwendigkeit der Einhaltung dieser Verpflichtungen hingewiesen. Hinweise auf eventuelle Verstöße gegen diese Verpflichtung nimmt die Bundesregierung sehr ernst und geht ihnen – im Dialog mit der kurdischen Regionalregierung sowie durch eigene Untersuchungen – nach. Darüber hinaus hat die Bundesregierung zu dieser Thematik bereits mehrfach Stellung genommen, u. a. auf den Bundestagsdrucksachen 18/12170 und 18/4028. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333