Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 11. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9416 19. Wahlperiode 15.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Dürr, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8393 – Stellung von Unternehmensberatungen im Bundesministerium der Verteidigung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Einem Bericht des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ vom 25. Januar 2019 zufolge besteht ein enges Netzwerk zwischen Beratern des Beratungsunternehmens Accenture Dienstleistungen GmbH und dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg). Die Autoren sprechen von „Vetternwirtschaft im Verteidigungsministerium“ und erläutern dies anhand einer Vielzahl von Belegen (vgl. www.spiegel.de/plus/berateraffaere-wie-accenture-an-millionenauftraegekam -a-00000000-0002-0001-0000-000162036087). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung berichtet seit dem Jahr 2008 jährlich an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zu Ausgaben der Bundesverwaltung an externe Berater. Dieses erfolgt auf der Grundlage einer Definition des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), welche auf einen Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom 28. Juni 2006 zurückgeht. Danach ist eine externe Beratungsleistung „eine entgeltliche Leistung, die dem Ziel dient, im Hinblick auf konkrete Entscheidungssituationen des Auftraggebers praxisorientierte Handlungsempfehlungen zu entwickeln und zu bewerten, den Entscheidungsträgern zu vermitteln und ggf. ihre Umsetzung zu begleiten“. Von den externen Beratungsleistungen sind hingegen externe Unterstützungsleistungen abzugrenzen. Eine externe Unterstützungsleistung liegt demnach vor, wenn für unaufschiebbare Aufgaben des BMVg oder seines nachgeordneten Geschäftsbereiches Leistungen von Externen – insbesondere privatwirtschaftlichen Unternehmen – vorübergehend in Anspruch genommen werden. Dabei können diese Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen werden, wenn eigenes Personal nicht oder nicht rechtzeitig verfügbar ist und alle Möglichkeiten , die Aufgabe mit eigenem Personal zu erfüllen, erschöpft sind, wenn Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9416 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Arbeitsspitzen abgedeckt werden müssen, spezielles Know-how von Externen benötigt wird oder eigene Kräfte für Aufgaben des Geschäftsbereichs (GB) BMVg freigesetzt werden müssen für Aufgaben, die wegen ihres hoheitlichen Charakters nicht an Externe vergeben werden können. Bei den vielen komplexen Milliardenprojekten im GB BMVg ist der Bedarf der Bundeswehr an Expertenunterstützung unbestritten groß. Dabei gilt stets der Grundsatz, dass die Entscheidungskompetenz beim eigenen Personal verbleibt und keine hoheitlichen Aufgaben abgegeben werden. Diese externen Unterstützungsleistungen erstreckten sich im GB BMVg beispielsweise auf die Bereiche Wirtschaftsprüfung und juristische Expertise, Unterstützung bei (Wehr-)technischen Studien, Dienstleistungen im Kontext Nutzung und Digitalisierung, technische und wissenschaftliche Gutachten, Werkverträge und Kommissionen. Externe Unterstützungsleistungen sind in Ministerien – wie in anderen Großorganisationen auch – zwingend notwendig, um die komplexen Aufgaben zu bewältigen , für die nicht in jedem Fall eigene Expertise vorgehalten werden kann. Insbesondere in Modernisierungs- und Wachstumsphasen ist dies eine unverzichtbare Praxis aller Großorganisationen, um temporär notwendige oder fehlende Expertise bereitzuhalten. Dabei wird zum Teil auf mehrjährige Einzel- und Rahmenverträge zurückgegriffen. In den Rahmenverträgen werden bestimmte Finanzvolumina im Sinne einer Obergrenze vertraglich vereinbart. Diese Volumina werden allerdings in der Praxis regelmäßig nur in Teilen abgerufen. In Bezug auf das Projekt „Krisenfrüherkennung“ hat das Bundesamt für Ausrüstung , Informationstechnik und Nutzung die Firma IBM mit den zugehörigen Studienarbeiten und die Universität der Bundeswehr München mit deren wissenschaftlicher Begleitung beauftragt. Das betreffende Projekt zur IT-Unterstützung Krisenfrüherkennung besteht bis dato aus zwei (Forschungs- und Technologie-) Studien. Die beiden Studien in den Jahren 2017 bis 2019 zielen zum einen auf die Steigerung der Effizienz und Effektivität der Analysearbeit des Fachpersonals Krisenfrüherkennung im BMVg ab. Zum anderen soll mithilfe von Künstlicher Intelligenz die Prognosefähigkeit im BMVg in Bezug auf identifizierte weltweite Krisenpotenziale verbessert werden. Bisher sind die Ergebnisse aus den Studien erfolgversprechend und entsprechen den Erwartungen. Eine abschließende Bewertung kann erst nach Ende der zweiten Studie erfolgen. 1. Welche Beratungsunternehmen waren neben Accenture an dem Projekt „Krisenfrüherkennung“ beteiligt? Die Studienaufträge wurden an das Unternehmen IBM vergeben. IBM beauftragte Accenture in eigener Verantwortung im Unterauftrag. 2. Welche weiteren Beratungsunternehmen haben sich auf die Ausschreibung beworben? Neben IBM haben sich keine weiteren Unternehmen im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens beworben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9416 3. Aus welchen konkreten Gründen hat die Beratungsgesellschaft Accenture den Auftrag für das Projekt „Krisenfrüherkennung“ erhalten? Das Projekt „Krisenfrüherkennung“ ist noch nicht vergeben worden. Die bisherigen Studienaufträge wurden an das Unternehmen IBM vergeben. Die IBM beauftragte Accenture in eigener Verantwortung im Unterauftrag. Hierzu gab es keine Vorgabe seitens der Vergabestelle. 4. Wie war die damalige Rüstungsstaatssekretärin in die Auftragsvergabe eingebunden ? Staatssekretärin Dr. Suder war in die Auftragsvergabe der Studienaufträge nicht eingebunden. 5. Welche konkreten Ziele wurden mit dem Projekt „Krisenfrüherkennung“ verfolgt? Mit dem softwarebasierten Vorhaben „Krisenfrüherkennung“ soll das BMVg befähigt werden, krisenhafte Entwicklungen in militärisch relevanten Zusammenhängen frühzeitig zu erkennen, um den erforderlichen zeitlichen Vorlauf für Handlungsempfehlungen zu deren Bewältigung zu schaffen. Der erste Studienvertrag hatte das Ziel, die Machbarkeit eines solchen Systems nachzuweisen. Der aktuelle Studienvertrag vertieft das Thema „Krisenfrüherkennung“ fachlich, um Realisierungsrisiken zu erkennen. 6. Wie bewertet die Bundesregierung die Nähe zwischen Beratern und Beratungsunternehmen zur Führungsspitze des BMVg vor dem Hintergrund, dass diese Beziehung in dem Artikel des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ als „strong client intimacy at the c-level“ und somit als Möglichkeit, „die Wettbewerber outperformen“ zu können, beschrieben wurde? 7. Wie bewertet die Bundesregierung, und hält sie es für richtig, dass private Unternehmen „Brückenköpfe“ in Bundesministerien errichten, so wie es der Bericht des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ nahelegt? 8. Wie bewertet die Bundesregierung die Vergabe von Aufträgen zur „Digitalisierung des Planungsprozesses“ an Accenture auf der Grundlage des Bekanntwerdens von persönlichen Kontakten des Abteilungsleiters im Bereich Planung mit besagtem Unternehmen, basierend auf dem Bericht des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“? Die Fragen 6 bis 8 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Das BMVg vergibt externe Beratungs- und Unterstützungsleistungen ausschließlich nach sachlichen Kriterien. Es gibt keinerlei Erkenntnisse, dass etwaige persönliche Kennverhältnisse Vorhaben in sachfremder Weise beeinflusst haben. 9. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass Accenture über den Rahmenvertrag mit der Wiesbadener Firma System Vertrieb Alexander (SVA) Aufträge mit einem Volumen von 19,7 Mio. Euro erhalten hat? Nein. Der Bundesregierung liegen zu Auftragsvolumen von Unterbeauftragungen der SVA keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9416 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass 2017 im BMVg die Einführung eines sog. Produktlebenszyklusmanagement geprüft wurde? a) Welche Rolle spielte die damalige Rüstungsstaatsekretärin bei der Initiierung und Vergabe dieses Projekts? Die Fragen 10 und 10a werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. 2017 wurde die Einführung eines Produktlebenszyklusmanagements insbesondere in den Abteilungen Planung und Ausrüstung geprüft. Frau Dr. Suder war die für dieses Projekt zuständige Staatssekretärin. b) Wie wäre aus Sicht der Bundesregierung die rechtlich und organisatorisch korrekte Initiierung und Vergabe dieses Projekts, insbesondere hinsichtlich der Rolle der Vergabestelle, gewesen? Die Beauftragung von externen Beratungs- und Unterstützungsleistungen durch öffentliche Auftraggeber hat unter Anwendung des im jeweiligen Einzelfall einschlägigen Vergaberechts sowie der haushaltsrechtlichen Vorschriften zu erfolgen . 11. Gab es eine öffentliche Ausschreibung zum Produktlebenszyklusmanagement , über die Accenture sich bewerben musste, um im Rahmen des Projekts Aufträge erteilt zu bekommen? a) Wenn ja, welche weiteren Angebote sind auf diese Ausschreibung hin eingegangen, und was hat den Ausschlag zugunsten von Accenture gegeben ? b) Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 11 bis 11b werden gemeinsam beantwortet. Eine Ausschreibung erfolgte nicht. Die Leistungen wurden aus einem bestehenden Rahmenvertrag abgerufen. 12. Wie bewertet die Bundesregierung die Darstellung des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“, wonach Accenture die Vergabe des Auftrags zum Produktlebenszyklusmanagement über den Rahmenvertrag mit der Firma SVA selbst initiiert hat? 13. Wie bewertet die Bundesregierung, dass nach Darstellung des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ im unternehmensweit zugänglichen Intranet des Unternehmens Accenture vertrauliche Informationen über Rüstungsprojekte der Bundeswehr verbreitet wurden? a) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang ergriffen, um zu vermeiden, dass externe Berater in dieser Weise vertrauliche Informationen der Bundeswehr, auch an ausländische Akteure, preisgeben? b) Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung künftig dagegen zu ergreifen , dass externe Berater in dieser Weise vertrauliche Informationen der Bundeswehr, auch an ausländische Akteure, preisgeben? Die Fragen 12 bis 13b werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9416 Soweit Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit Stellen der öffentlichen Verwaltung Zugang zu geheimhaltungsbedürftigen Informationen erhalten, sind diese verpflichtet, sich an die einschlägigen Vorgaben und Regularien, insbesondere der Verschlusssachenanweisung, zu halten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333