Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern für Bau und Heimat vom 11. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9419 19. Wahlperiode 15.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sören Pellmann, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/8745 – Situation von Geflüchteten mit Behinderungen im Asylverfahren V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Gemäß der EU-Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013) gehören Geflüchtete mit Behinderungen zur Gruppe der besonders Schutzbedürftigen . Diese Personen müssen während des Asylverfahrens ihren Bedürfnissen entsprechend untergebracht und versorgt werden (ebd.). Außerdem müssen sie entsprechend der EU-Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013) in Bezug auf das Asylverfahren mit besonderen Verfahrensgarantien ausgestattet werden. Den Schutzsuchenden muss aufgrund ihrer besonderen Situation Unterstützung gewährt werden, um sicherzustellen, dass sie die Gründe für ihren Asylantrag vollumfänglich darlegen können (ebd.). In der Praxis erleben Geflüchtete jedoch vielfältige Ausschlüsse durch Lagerunterbringung , einen eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung, Sozialleistungen , Bildungsangeboten usw. Dies betrifft geflüchtete Menschen mit Behinderungen in besonderer Weise: Häufig ist eine angemessene medizinische Versorgung und soziale Unterstützung und Betreuung für sie nicht sichergestellt , darüber hinaus fehlt es an barrierefreien Kommunikationsformen und Unterkünften (www.zeit.de/2017/43/fluechtlingsheim-fluechtlinge-lager-bambergaufnahmeeinrichtung -oberfranken/komplettansicht). Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verpflichtet staatliche Stellen dazu, die Rechte von geflüchteten Menschen mit Behinderungen zu verwirklichen. Dem Institut für Menschenrechte zufolge kommen Bund, Länder und Kommunen dem jedoch nur unzureichend nach (www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_ upload/Publikationen/POSITION/Position_16_Gefluechtete_mit_Behinderungen. pdf). Während Missstände bzw. Handlungsnotwendigkeiten in Bezug auf die Unterbringungs - und Versorgungssituation von Geflüchteten mit Behinderungen bereits diskutiert werden (vgl. ebd.), werden die besonderen Anforderungen an die Asylanhörung bzw. die Durchführung der Asylverfahren von Menschen mit Behinderungen bislang nach Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller nicht ausreichend thematisiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9419 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die Anforderungen bezüglich besonderer Schutzbedürftigkeit und einhergehender Verfahrensgarantien gemäß Artikel 29 der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/ 32/EU vom 26. Juni 2013) umzusetzen? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bildet die Mitarbeitenden für die jeweiligen Arbeitsbereiche im Asylverfahren entsprechend aus. Die Entscheiderinnen und Entscheider des BAMF nehmen an verpflichtenden Schulungen , den EASO-ETC-Grundmodulen Schutzgewährung, Gesprächsführungstechniken und Beweiswürdigung, teil. Die Module des European Training Curriculums orientieren sich inhaltlich u. a. an Erwägungsgrund 29 der Asylverfahrensrichtlinie . Darüber hinaus beinhaltet auch die Dienstanweisung des BAMF entsprechende Regelungen. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 10, 15 und 16 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN „Zur Lage von geflüchteten Menschen mit Behinderungen“ auf Bundestagsdrucksache 18/11603 verwiesen. 2. Wer ist für die Feststellung besonderer Schutzbedürftigkeit im Asylverfahren zuständig? Zu welchem Zeitpunkt des Asylverfahrens findet die Feststellung statt? 3. Welche staatlichen Stellen sind in ein solches Feststellungsverfahren involviert ? Auf welcher rechtlichen Grundlage übernehmen ggf. nichtstaatliche Stellen diese Feststellung? Die Fragen 2 und 3 werden im Zusammenhang beantwortet. Das BAMF achtet in jedem Stadium des Asylverfahrens auf etwaige Vulnerabilitäten der Schutzsuchenden und trifft die jeweils erforderlichen Maßnahmen zu deren Berücksichtigung. Ein förmliches Feststellungsverfahren ist in Bezug auf das Asylverfahren nicht etabliert. Im Rahmen der allgemeinen und individuellen Asylverfahrensberatung (AVB), die derzeit in den AnkER-Einrichtungen pilotiert wird, ist die Identifizierung von Personen mit besonderen Bedarfen eine der Aufgaben . So können besondere Bedarfe, die noch nicht im Rahmen der Aufnahme identifiziert wurden, bereits frühzeitig, d. h. ggf. auch vor Antragstellung, identifiziert werden. Die Asylverfahrensberater können – mit schriftlichem Einverständnis der Beratenen – Informationen zu Vulnerabilitäten an das Asylverfahrenssekretariat bzw. den Entscheidungsbereich und an Dritte weiterleiten, damit diese im weiteren Verfahrensverlauf berücksichtigt werden können. Zudem erteilt die AVB Hinweise auf und Verweise an andere Beratungsangebote Dritter (z. B. Wohlfahrtsverbände). 4. Wie sind die zuständigen Personen qualifiziert, und welche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen gibt es? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 5. Welche Rechtsfolgen ergeben sich aus der Feststellung? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. Im Übrigen gewährt das BAMF die Verfahrensgarantien, die die Verfahrensrichtlinie für vulnerable Personen vorsieht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9419 6. Wie erhalten Entscheiderinnen und Entscheider des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Informationen über die besondere Schutzbedürftigkeit von Asylsuchenden? Das BAMF kann im Rahmen von Mitteilungen gemäß § 8 Absatz 1b des Asylgesetzes oder unmittelbar durch Schutzsuchende bzw. deren Bevollmächtigte Kenntnis von einer etwaigen Schutzbedürftigkeit erlangen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. 7. Welche Feststellungsverfahren gibt es für die Schutzkategorie „Behinderung “? a) Wie und von wem wird sogenannte geistige Behinderung festgestellt? b) Wie und von wem wird körperliche Behinderung festgestellt? c) Wie und von wem wird seelische Behinderung festgestellt? Die Fragen 7 bis 7c werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. 8. Wie operationalisiert das BAMF den Terminus „besondere Verfahrensgarantien “? a) Welche besonderen Verfahrensgarantien werden konkret Menschen mit körperlichen Behinderungen zugesprochen? b) Welche besonderen Verfahrensgarantien werden konkret Menschen mit sogenannten geistigen Behinderungen zugesprochen? c) Welche besonderen Verfahrensgarantien werden konkret Menschen mit seelischen Behinderungen zugesprochen? d) Welche Verfahrensgarantien werden konkret Menschen zugesprochen, bei denen zwei oder drei der in den Fragen 8a bis 8c genannten Behinderungsformen in Kombination festgestellt werden? Die Fragen 8 bis 8d werden gemeinsam beantwortet. Behinderungen können in allen Stadien des Asylverfahrens in unterschiedlicher Art und Weise sowie Intensität auftreten und müssen entsprechend berücksichtigt werden. Dies ist durch das BAMF für den jeweiligen Einzelfall gesondert zu entscheiden und umzusetzen. Die Bundesregierung kann daher keine allgemeinen Aussagen im Sinne der Fragestellungen treffen. 9. Wie häufig wurden seit Inkrafttreten der EU-Asylverfahrensrichtlinie und der EU-Asylaufnahmerichtlinie besondere Verfahrensgarantien wegen Behinderung zugesprochen (bitte nach Jahren aufschlüsseln und zwischen den unterschiedlichen Verfahrensgarantien differenzieren)? 10. In wie vielen Fällen wurden trotz Feststellung einer besonderen Schutzbedürftigkeit wegen Behinderung keine besonderen Verfahrensgarantien zugesprochen (bitte nach Jahren aufschlüsseln), und warum wurde in diesen Fällen so vorgegangen? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Im Rahmen des Asylverfahrens werden Behinderungen/Beeinträchtigungen von Schutzsuchenden nicht statistisch erfasst. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9419 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Werden besondere Verfahrensgarantien aktenkundig vermerkt, und wenn nein, warum nicht? Die Teilnahme rechtlicher Vertreter oder Beistände an der Anhörung sowie die Beteiligung von Sonderbeauftragten oder Dolmetschenden mit bestimmten Qualifikationen am Asylverfahren werden aktenkundig gemacht. Soweit besondere Maßnahmen ergriffen werden müssen (z. B. Einschaltung eines medizinischen Dienstes), werden gemäß der Dienstanweisung des BAMF auch diese vermerkt. Die Sicherstellung der Gewährung von Verfahrensgarantien durch regelmäßig rein organisatorische Maßnahmen (z. B. Zugang zum Gebäude, vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Zur Lage von geflüchteten Menschen mit Behinderungen “ auf Bundestagsdrucksache 18/11603) wird nicht gesondert vermerkt. Soweit erforderlich, werden im Bedarfsfall zur Gewährleistung der Barrierefreiheit außerdem geeignete Maßnahmen, wie eine Verlegung des Anhörungsraumes, ergriffen. 12. Wie erfolgt der Austausch zwischen Bund und Ländern im Falle der Feststellung von besonderer Schutzbedürftigkeit und der Erforderlichkeit von besonderen Verfahrensgarantien bzw. von besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme? Die Feststellung von besonderen Verfahrensgarantien ist bereits Aufgabe der für die Aufnahme und Betreuung von Schutzsuchenden verantwortlichen Stellen (Informationsverpflichtung § 8 Absatz 1b AsylG). Soweit das BAMF Kenntnis von Umständen erhält, die die Gewährung von Garantien nach der Aufnahme- oder Verfahrensrichtlinie bedingen, kann das BAMF nach entsprechender Entbindung von der Schweigepflicht durch die Schutzsuchenden die jeweils zuständigen Stellen unterrichten. 13. Wie erfolgt die Ermittlung der Fluchtgründe bei Personen, die nicht handlungsfähig im Sinne von § 12 des Asylgesetzes sind? Gemäß §§ 15, 24 des Asylgesetzes sind Asylantragsteller grundsätzlich verpflichtet , bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und alle Tatsachen vorzutragen , die für die Entscheidung im Verfahren relevant sind. Soweit Asylantragsteller selbst nicht dazu in der Lage sind oder handlungsunfähig sind, obliegt es den jeweiligen rechtlichen Vertretern, den Asylantrag hinreichend zu begründen. Gemäß § 24 Absatz 1 Satz 1 des Asylgesetzes klärt zwar das BAMF den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise (Amtsermittlungsgrundsatz), allerdings in Wechselwirkung mit den Mitwirkungspflichten der Asylantragsteller. Bei unbegleiteten minderjährigen Asylantragstellern findet die Anhörung durch einen entsprechenden Sonderbeauftragten erst nach einer vorangegangenen Vormundbestellung und in dessen Anwesenheit statt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9419 14. Wie ermittelt das BAMF vorliegende Beeinträchtigungen, mit denen die Fluchtgründe und Fluchtgeschichte möglicherweise nicht konsistent dargelegt werden können? Etwaige Beeinträchtigungen, die eine konsistente Darstellung erschweren oder unmöglich machen, können nur insoweit festgestellt werden, als dies für medizinisch nicht vorgebildete Personen möglich ist oder entsprechende Atteste vorgelegt werden. 15. Inwieweit finden Anhörungen des BAMF in leichter Sprache oder in Gebärdensprache statt? Soweit Bedarf an leichter oder Gebärden-Sprache besteht, wird dies entweder unmittelbar durch die Anhörenden oder aber entsprechend qualifizierte Dolmetschende sichergestellt. 16. Wie wird sichergestellt, dass Antragstellerinnen und Antragsteller mit Behinderungen gemäß Artikel 29 der EU-Asylverfahrensrichtlinie „eine angemessene Unterstützung erhalten, einschließlich ausreichend Zeit, um die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie das Verfahren effektiv in Anspruch nehmen und die zur Begründung ihres Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Angaben machen können“? Wie wird dabei „ausreichend Zeit“ operationalisiert? Benötigen Schutzsuchende vor einer Anhörung z. B. Zeit zur Stabilisierung oder sind sie wegen einer Traumatisierung nicht in der Lage, an einer Anhörung teilzunehmen , muss dies durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden. Je nach Prognose des behandelnden Arztes wird eine entsprechende Wiedervorlage zur Prüfung der Ladungsfähigkeit gesetzt. Im laufenden Verfahren werden in den dafür vorgesehenen Fällen Sonderbeauftragte eingesetzt. Im Übrigen werden die Mitarbeitenden des BAMF durch die Dienstanweisung darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Anhörung grundsätzlich die gegenwärtige physische und psychische Verfassung des Asylantragstellers zu berücksichtigen ist. 17. Was passiert, wenn eine körperliche bzw. seelische bzw. sogenannte geistige Behinderung erst nach einem negativ beschiedenen Asylverfahren festgestellt wird, die möglicherweise die Gewährung besonderer Verfahrensgarantien hätte nach sich ziehen müssen? Welche Möglichkeiten haben Betroffene in einer solchen Situation, unter Gewährung besonderer Verfahrensgarantien ggf. erneut angehört zu werden ? Hat die Nichtberücksichtigung einer Verfahrensgarantie in relevanten Fällen dazu geführt, dass eine schutzsuchende Person ihre Rechte nicht im erforderlichen Umfang ausüben konnte und ist dies entscheidungsrelevant, kann bis zum Eintritt der Bestandskraft auf einen entsprechenden Vortrag hin die Sach- und Rechtslage geprüft werden. Erfolgt die Feststellung nach bestands- oder rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens, steht die Möglichkeit der Stellung eines Folgeantrags offen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9419 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. Für welche Kategorien besonderer Schutzbedürftigkeit gibt es beim BAMF Sonderbeauftragte? Wie viele Sonderbeauftragte gibt es insgesamt (bitte nach Kategorien aufschlüsseln )? a) Gibt es Sonderbeauftragte für „Behinderung“ als einer Kategorie besonderer Schutzbedürftigkeit, und wenn nein, sind Sonderbeauftragte für Menschen mit Behinderungen in Planung? b) Falls es diese bislang nicht gibt: Sind Sonderbeauftragte für Menschen mit Behinderung in Planung? c) Inwieweit wird dabei zwischen unterschiedlichen Formen und Kombinationen von Behinderung differenziert? d) Werden Asylverfahren von Geflüchteten mit Behinderungen in spezifischen Außenstellen bearbeitet, weil es ggf. nur dort entsprechend ausgebildete Sonderbeauftragte gibt, oder stehen diese bundesweit zur Verfügung ? Die Fragen 18 bis 18d werden gemeinsam beantwortet. Im BAMF werden Sonderbeauftragte für folgende vulnerable Personengruppen eingesetzt (Stand: 15. Februar 2019) Unbegleitete Minderjährige 401 Opfer von Menschenhandel 153 Traumatisierte und Folteropfer 225 Geschlechtsspezifisch Verfolgte 217 Die Berücksichtigung von Behinderungen/Beeinträchtigungen von Schutzsuchenden obliegt allen Mitarbeitenden des BAMF und bedarf daher keines gesonderten Einsatzes von Sonderbeauftragten. Das BAMF plant daher gegenwärtig nicht die Ausbildung, bzw. den Einsatz von Sonderbeauftragten für Menschen mit Behinderungen/Beeinträchtigungen. 19. Wie werden die Sonderbeauftragten für besonders schutzbedürftige Geflüchtete beim BAMF qualifiziert? Welche Inhalte werden in ggf. stattfindenden Schulungen für Sonderbeauftragte für besonders schutzbedürftige Geflüchtete vermittelt? a) Welche Inhalte werden in Bezug auf Behinderung vermittelt? b) Wie umfangreich sind eventuell stattfindende Schulungen, und wie viele Zeitstunden umfassen sie? c) Wer schult die Sonderbeauftragten? Welche Rolle nehmen dabei Menschen mit Behinderungen ein? Die Fragen 19 bis 19c werden gemeinsam beantwortet. Neben den drei EASO-ETC-Grundmodulen nehmen die Sonderbeauftragten an dem EASO-ETC-Aufbaumodul „Befragung besonders schutzbedürftiger Personen “ teil. Zu den Inhalten gehören u. a. die Vorbereitung der Räumlichkeiten, dass diese behindertengerecht gestaltet werden, die Sensibilisierung zum Thema Behinderung als Verfolgungsgrund, die Berücksichtigung von besonderen Verhaltensweisen und eine verständliche Formulierung der Fragen während der Anhörung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/9419 EASO-ETC-Module setzen sich generell aus einer ca. 20-30-stündigen E-learning -Phase und einer zweitägigen Präsenzschulung zusammen. Zusätzlich erhalten die Sonderbeauftragten eine 1,5-tägige Basisschulung. Die Schulungsmaßnahmen werden von erfahrenen und geschulten Mitarbeitenden des BAMF in Zusammenarbeit mit externen Expertinnen und Experten (u. a. Ärzte und Psychologen) durchgeführt. Die Berücksichtigung von und der Umgang mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen werden innerhalb der Schulungsmaßnahmen vermittelt. 20. Inwieweit findet eine Evaluation der Tätigkeit der Sonderbeauftragten statt? Wie häufig geschieht dies ggf.? Welche Rolle nehmen dabei Menschen mit Behinderungen ein? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 14 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Zur Lage von geflüchteten Menschen mit Behinderungen“ auf Bundestagsdrucksache 18/11603 verwiesen. 21. Welche Maßnahmen ergreift das BAMF, um Geflüchtete über besondere Schutzbedürftigkeit und besondere Verfahrensgarantien zu informieren? Welche Informationskanäle werden dabei genutzt? Werden die Informationen in barrierefreier Form wie beispielsweise in Brailleschrift, Gebärdensprache, leichter Sprache zur Verfügung gestellt? Soweit bei Antragstellung bekannt oder offensichtlich Behinderungen/Beeinträchtigungen vorliegen, werden geeignete Maßnahmen unmittelbar ergriffen oder vorgesehen bzw. Betroffene direkt nach möglichen besonderen Bedürfnissen /Bedarfen befragt. Auf die Möglichkeit der Wahl des Geschlechts anhörender /dolmetschender Personen wird auch in Informationsschriften hingewiesen. Soweit Sinnesbeeinträchtigungen vorliegen wird dabei auf diese Rücksicht genommen . Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 9 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN „Zur Lage von geflüchteten Menschen mit Behinderungen“ auf Bundestagsdrucksache 18/11603 verwiesen. Zudem wird auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. 22. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich der Rolle gesetzlicher Betreuerinnen und Betreuer für Geflüchtete mit Behinderungen im Rahmen der Asylverfahrensanhörung? Welche Befugnisse und Fürsorgepflichten haben sie? a) Inwieweit sind gesetzliche Betreuerinnen und Betreuer nach Kenntnis der Bundesregierung in der Lage, stellvertretend für Asylsuchende deren Fluchtgründe bzw. Fluchtgeschichten darzustellen? In wie vielen Fällen haben sie dies seit 2013 getan? b) Wie häufig haben seit 2013 gesetzliche Betreuerinnen und Betreuer bzw. Angehörige die rechtliche Betreuung von Geflüchteten mit Behinderungen übernommen? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9419 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode c) In wie vielen Fällen haben ehrenamtliche Kräfte die Unterstützung von Geflüchteten mit Behinderungen übernommen? Inwieweit hält die Bundesregierung es für sinnvoll und notwendig, Geflüchteten mit Behinderungen im Rahmen des Teilhaberechts auch bedarfsdeckende und vollständig einkommens- und vermögensunabhängige Teilhabeleistungen wie beispielsweise Assistenz zu garantieren? Die Fragen 22 bis 22c werden gemeinsam beantwortet. Das BAMF erfasst weder die Vertretung Schutzsuchender durch Betreuer noch die Unterstützung durch Ehrenamtliche. Auch den Justizstatistiken sind entsprechende Angaben nicht zu entnehmen; statistische Angaben können daher nicht erfolgen. Die Befugnisse gesetzlicher Betreuer/Betreuerinnen werden durch das anordnende Gericht definiert. Ob und inwieweit Betreuer in der Lage sind, Fluchtgründe bzw. Fluchtschicksale vertretend schlüssig vorzutragen, dürfte einzelfallbezogen unterschiedlich sein. Detailkenntnisse liegen der Bundesregierung hierzu nicht vor. Ob Leistungsansprüche zur Teilhabe, wie beispielsweise Assistenz , nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) bestehen, richtet sich nach dem jeweils geltenden Leistungsgesetz des zuständigen Rehabilitationsträgers . Dabei muss eine Zugehörigkeit zum leistungsberechtigten Personenkreis bestehen. 23. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die EU-Asylverfahrensrichtlinie und die EU-Asylaufnahmerichtlinie vollständig umzusetzen? a) Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die unzureichende Datenlage zu geflüchteten Menschen mit Behinderungen zu beheben? b) Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Unterstützung der Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder, um die personellen Mehrbedarfe zur Feststellung der besonderen Schutzbedürftigkeit durch geeignetes bzw. angemessen geschultes Personal abzusichern? c) Welche weiteren Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Umsetzung der EU-Asylverfahrensrichtlinie und der EU-Asylaufnahmerichtlinie in den Ländern zu unterstützen und zu überwachen? d) Inwiefern steht die nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller bisher fehlende Umsetzung dieser Verfahrensrichtlinien in Konflikt zur UN-Behindertenrechtskonvention, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Umsetzung bzw. Einhaltung dieser Verfahrensrichtlinien zu garantieren? Die Fragen 23 bis 23d werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 2 bis 6 sowie 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Zur Lage von geflüchteten Menschen mit Behinderungen“ auf Bundestagsdrucksache 18/11603 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/9419 24. Inwieweit sind der Bundesregierung länderspezifische Unterschiede beim Umgang mit besonders schutzbedürftigen Geflüchteten (hier Behinderung) bekannt? Inwiefern unterstützt die Bundesregierung bereits jetzt die Länder bei der Umsetzung der EU-Asylverfahrensrichtlinie? Die Bundesregierung besitzt keine näheren Kenntnisse hinsichtlich länderspezifischer Unterschiede. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 4 und 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN „Zur Lage von geflüchteten Menschen mit Behinderungen“ auf Bundestagsdrucksache 18/11603 verwiesen. 25. Wie viele geflüchtete Menschen mit Behinderungen wurden seit 2013 abgeschoben (bitte nach Bundesländern und Jahren aufschlüsseln)? Inwieweit stehen diese Abschiebungen im Einklang mit dem nationalen und internationalen Recht? Eine statistische Erfassung der Daten im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht. Im Übrigen obliegt der Vollzug von Abschiebungen der Verantwortung der Landesbehörden . Soweit die Bundespolizei betroffen ist, unterscheidet sich der Umgang mit behinderten Menschen im Grundsatz nicht vom Umgang mit anderen Betroffenen . Konkret richteten sich die Maßnahmen nach den Umständen des Einzelfalles und den den Behörden vorliegenden Informationen, soweit die Behinderung im Einzelfall nicht offensichtlich ist. 26. Welche Vorkehrungen werden getroffen, um bei Abschiebungen von Geflüchteten mit Behinderungen deren Menschenwürde und Menschenrechte zu garantieren? Inwieweit sind der Bundesregierung Beschwerden über den Umgang mit Geflüchteten im Zuge von Abschiebungen bekannt? Nach § 71 des Aufenthaltsgesetzes sind die Ausländerbehörden der Länder für die Durchführung der Abschiebung von ausreisepflichtigen Personen zuständig. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Ausländerbehörden bei der Abschiebung von vulnerablen Personen mit der erforderlichen Sensibilität herangehen . Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über Beschwerden beim Umgang mit Geflüchteten mit Behinderungen im Zuge von Abschiebungen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333