Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 12. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9484 19. Wahlperiode 16.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Thomas Hacker, Katja Suding, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8820 – Einbeziehung des Medienbereichs in das Außenwirtschaftsrecht V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem 29. Dezember 2018 gilt das novellierte Außenwirtschaftsrecht. Die überarbeitete Außenwirtschaftsverordnung (AWV) ist in Kraft getreten, welche Änderungen insbesondere bei den §§ 55 ff. AWV vorgesehen hat. Die Verordnung ermöglicht der Bundesregierung die Prüfung, ob durch Beteiligungen von außerhalb der Europäischen Union ansässigen Firmen an deutschen Unternehmen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet wird. Bisher lag der für die Prüfung erforderliche Schwellenwert bei 25 Prozent, welcher nunmehr auf eine Beteiligung von mindestens 10 Prozent abgesenkt worden ist. Neu ist ebenfalls, dass in die Liste der benannten Unternehmen gemäß §§ 56 Absatz 1 Nummer 1 i. V. m. 55 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 AWV Medienunternehmen aufgenommen worden sind. 1. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Einbeziehung von Medienunternehmen in das Außenwirtschaftsrecht – konkret die Aufnahme von Medienunternehmen in § 55 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 AWV? Welche Argumente sprechen nach Ansicht der Bundesregierung für eine Erweiterung der AWV auf Medienunternehmen? Der Erwerb eines Medienunternehmens durch einen unionsfremden Investor war bereits vor der Novellierung des Außenwirtschaftsrechts bei Anteilserwerben ab 25 Prozent prüfbar. Bestimmte Unternehmen der Medienbranche, die mittels Rundfunk, Telemedien oder Druckerzeugnissen zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen und sich durch besondere Aktualität und Breitenwirkung auszeichnen , erfüllen eine Grundfunktion in einer demokratischen Gesellschaft und sind besonders schützenswert. Daher wurden sie in die Liste der besonders sicherheitsrelevanten Unternehmen in § 55 Absatz 1 Satz 2 der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) aufgenommen. Damit ist eine Prüfung von Erwerben durch Unternehmen aus Drittstaaten künftig bei Anteilserwerben ab 10 Prozent möglich. Ziel ist es, die Nutzung von Medien für Zwecke der strategischen Einflussnahme, mit der schädigend auf demokratische Prozesse eingewirkt werden soll, unterbinden zu können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9484 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Welche Haltung hat die Bundesregierung zur Senkung der Prüfschwelle auf 10 Prozent gemäß § 56 AWV im Allgemeinen und insbesondere bei Medienunternehmen ? Welche Argumente sprechen nach Ansicht der Bundesregierung für und gegen eine 10-Prozent-Schwelle? Mit der Absenkung der Prüfeintrittsschwelle von 25 auf 10 Prozent in bestimmten Sektoren wird die Prüfmöglichkeit bei Unternehmenserwerben im Bereich von verteidigungsrelevanten Unternehmen, kritischen Infrastrukturen oder bestimmten anderen zivilen sicherheitsrelevanten Infrastrukturen zielgerichtet erweitert. In vielen Konstellationen ist eine Einflussnahme auch unterhalb der Schwelle von 25 Prozent möglich. Von einer Einflussmöglichkeit des Investors auf das deutsche Unternehmen wird dabei in Anlehnung an die Benchmark-Definition der OECD aus dem Jahr 2008 bei Beteiligungen von mindestens 10 Prozent ausgegangen . Durch Absenkung der Prüfeintrittsschwelle auf 10 Prozent ist es möglich, frühzeitig festzustellen, ob durch den Erwerb eines sicherheitsrelevanten Unternehmens durch einen ausländischen bzw. unionsfremden Investor legitime Sicherheitsinteressen Deutschlands betroffen sind. Maßgebend für die Anwendung der abgesenkten Prüfeintrittsschwelle ist allein die Frage, ob das betreffende Unternehmen zu einer der Fallgruppen im Sinne von § 55 Absatz 1 Satz 2 bzw. § 60 Absatz 1 AWV gehört. 3. Inwiefern gefährdet aus Sicht der Bundesregierung eine zehnprozentige Unternehmensbeteiligung eines Unionsfremden an einem einzelnen inländischen Medienunternehmen die öffentliche Sicherheit und/oder Ordnung der Bundesrepublik Deutschland? Die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann gefährdet sein, wenn Medien für Zwecke der strategischen Einflussnahme, mit der schädigend auf demokratische Prozesse eingewirkt werden soll, genutzt werden. Durch die Absenkung der Prüfeintrittsschwelle auf 10 Prozent erhält die Bundesregierung die Möglichkeit, frühzeitig auf mögliche Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu reagieren. 4. Inwieweit misst die Bundesregierung der Benchmark-Definition der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD von 2008 bezüglich der 10-Prozent-Schwelle für Kontrollansprüche von Investoren noch Aktualität bei? Für die Beurteilung der Möglichkeit der Einflussnahme bei Anteilserwerben an einem Unternehmen ist die von der OECD festgelegte Abgrenzung zwischen Portfolio- und strategischen Direktinvestitionen weiterhin aktuell. 5. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung durch die Gesetzesnovellierung für den Medienstandort Deutschland sowohl kurz- als auch langfristig ? Die Bundesregierung erwartet keine kurz- oder langfristigen Auswirkungen der AWV-Novelle auf den Medienstandort Deutschland. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9484 6. Wie viele Personen sind im zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit der Prüfung entsprechend § 55 ff. AWV befasst? Die Anzahl der im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie an einer Investitionsprüfung beteiligten Personen lässt sich nicht abschließend quantifizieren, da je nach Fallgestaltung unterschiedliche Referate einbezogen werden. Daneben werden fachspezifisch weitere Bundesministerien und -behörden an der Prüfung beteiligt. In der im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie für Investitionsprüfungen zuständigen Arbeitseinheit sind derzeit vier Personen mit der Fallbearbeitung betraut. a) Werden durch die Neuaufnahme des Medienbereiches mehr Mitarbeiter zur Prüfung hinzugezogen? Falls ja, wie viele, und bis wann wird die Aufstockung erfolgen? Falls nein, warum nicht? b) Sofern Frage 6a positiv beantwortet worden ist, welche Qualifikationen besitzen die prüfenden Mitarbeiter, und sind spezielle Qualifikationen und Kenntnisse des Medienbereiches erforderlich? c) Welche finanziellen Auswirkungen werden durch die zusätzliche Prüfung von Medienunternehmen im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erwartet? Die Fragen 6a bis 6c werden gemeinsam beantwortet. Die Nennung des Medienbereichs in § 55 AWV ist nicht konstitutiv für die Durchführung von Investitionsprüfungen in diesem Bereich. Einschlägige Erwerbe konnten grundsätzlich auch vor der Änderung im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung (§§ 55 ff. AWV) geprüft werden, wenn die Prüfeintrittsschwelle von 25 Prozent erreicht war. Soweit die mit der expliziten Nennung verbundene Absenkung der Prüfeintrittsschwelle zu einer erhöhten Anzahl einschlägiger Prüfvorgänge führen sollte, wird die Bundesregierung eine Aufstockung des befassten Personals prüfen. d) Über welchen Zeitraum erstreckt sich eine solche Prüfung bisher, und sind durch die Neuaufnahme von Medienunternehmen in den Katalog des § 55 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 AWV zeitliche Verschiebungen hinsichtlich der Prüfdauer zu erwarten? Die maximale Dauer einer sektorübergreifenden Investitionsprüfung ergibt sich aus § 59 Absatz 1 Satz 1 AWV. Statistiken zur tatsächlichen Verfahrensdauer werden nicht geführt. Erfahrungen zu den Auswirkungen der Aufnahme von Medienunternehmen in den Katalog nach § 55 Absatz 1 Satz 2 AWV liegen nicht vor, weil seit Inkrafttreten der Änderung noch keine einschlägigen Prüfungen durchgeführt wurden. 7. In welchem Zusammenhang respektive Konkurrenzverhältnis steht die Prüfung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu sonstigen Prüfungen wie im Wettbewerbs-, Kartell- und Medienkonzentrationsrecht? Die außenwirtschaftliche Investitionsprüfung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wird unabhängig von den sonstigen Prüfungen im Rahmen der kartellrechtlichen Fusionskontrolle und der Medienkonzentrationskontrolle durchgeführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9484 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Sieht die Bundesregierung Überschneidungen mit den Aufgaben der Kommission zur Ermittlung der Konzentrationswirkung im Medienbereich (KEK)? Falls ja, wie lässt sich dies im Lichte des Föderalismus mit Blick auf die Kompetenzen der Länder für Kultur und Medien verfassungsrechtlich begründen ? Die Bundesregierung sieht keine Überschneidungen mit den Aufgaben der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). 9. Welche Voraussetzungen knüpft die Bundesregierung an die in § 55 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 AWV genannten Voraussetzungen, insbesondere in Bezug auf Medienunternehmen, welche aufgrund der besonderen Aktualität und Breitenwirkung zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen? 10. Welche Maßstäbe legt die Bundesregierung respektive das prüfende Bundesministerium für Wirtschaft und Energie an die jeweiligen unbestimmten Rechtsbegriffe an? Welche nationalen Anbieter von Rundfunk, Telemedien und Druckerzeugnissen fallen aktuell unter die Prüfregelung des § 55 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 AWV? 11. Was versteht die Bundesregierung unter dem etablierten Kriterium „Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ speziell in Bezug auf Medienunternehmen ? Die Fragen 9 bis 11 werden gemeinsam beantwortet. Mit der 12. Änderungsverordnung hat die Bundesregierung die Regelungen der AWV zur Prüfung des Erwerbs von inländischen Unternehmen durch unionsfremde Investoren an aktuelle Herausforderungen angepasst. Zu diesen Herausforderungen gehört auch die Manipulation der Meinungsbildung offener Gesellschaften durch Desinformation. Hierdurch kann das gesellschaftliche Miteinander negativ beeinflusst und in die Entscheidungsprozesse demokratisch verfasster Gesellschaften eingegriffen werden, was wiederum Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit haben kann. Vor diesem Hintergrund rechnet die Bundesregierung bestimmte Medienunternehmen, die durch ihre Aktualität und Breitenwirkung in besonderer Weise geeignet sind, zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen, den von § 55 Absatz 1 Satz 2 AWV als besonders sensibel qualifizierten Bereichen zu; ob ein konkretes Medienunternehmen diese Kriterien erfüllt und ob der Erwerb zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit führt, wird im Einzelfall geprüft. 12. Inwiefern sieht die Bundesregierung durch die Novellierung der AWV einen Vorgriff auf die am 14. Februar 2019 vom Europäischen Parlament gebilligte EU-Verordnung für einen europaweiten Rahmen zur Prüfung ausländischer Direktinvestitionen? Sieht die Bundesregierung Diskrepanzen zwischen dieser EU-Verordnung für ausländische Direktinvestitionen und der novellierten AWV? Artikel 4 der einschlägigen EU-Verordnung zur „Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union“ rechnet „die Freiheit und Pluralität der Medien“ den im Rahmen der Investitionsprüfung besonders berücksichtigungsfähigen Aspekten der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu. Diese Wertung hat die Bundesregierung mit dem neuge- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9484 schaffenen § 55 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 AWV aufgegriffen, konkretisiert und im Vorgriff auf das Inkrafttreten der EU-Verordnung am 10. April 2019 bereits in die AWV integriert. 13. Welche Rolle spielte der Versuch chinesischer Erwerber, 20 Prozent der Anteile an dem Unternehmen 50Hertz Transmission GmbH zu erwerben, für die Novellierung der AWV? Die Bundesregierung prüft fortlaufend, ob die außenwirtschaftsrechtlichen Instrumente an aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen angepasst werden müssen. Sie berücksichtigt dabei alle zur Verfügung stehenden Informationen. 14. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Regulierungen anderer Staaten hinsichtlich Eigentümerstrukturen im Medienbereich, vor allem hinsichtlich Beschränkungen in der Höhe der Anteilsstrukturen ausländischer Investoren ? Die Bundesregierung hat keine konkreten Erkenntnisse über die Berücksichtigung des Erwerbs von Medienunternehmen bei der Investitionsprüfung anderer Staaten, weist aber darauf hin, dass die einschlägige EU-Verordnung zur „Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union“ ab dem 10. April 2019 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar geltendes Recht ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333