Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 5. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9486 19. Wahlperiode 16.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sandra Weeser, Michael Theurer, Reinhard Houben, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8682 – Schweizer Pumpspeicherkraftwerke für den europäischen Strombinnenmarkt V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit einem zunehmenden Anteil volatiler Energieerzeugung in Deutschland und Europa steigt gleichzeitig die Nachfrage nach Lösungen, um Strom weiterhin dauerhaft und sicher verfügbar zu machen. Der Bau der dringend benötigten Übertragungsnetze wird noch Jahre andauern und die Umsetzung innovativer Speichertechnologien kommt nur langsam voran. Jährliche Kosten in Milliardenhöhe für Eingriffe in das Stromnetz sind die Folge dieses Infrastrukturproblems (vgl. www.energate-messenger.de/news/183959/eingriffe-zur-netzstabilitaetsteigen -an). Umso gefragter sind pragmatische Lösungsansätze, die die Versorgungssicherheit auch in den kommenden Jahren gewährleisten und Kosten reduzieren können. Eine der effizientesten Möglichkeiten zur Speicherung von Strom bieten Pumpspeicherkraftwerke . In der dafür prädestinierten Topologie des Schweizer Alpenraumes existieren 13 solcher Anlagen. Deren installierte Leistung beträgt aktuell 2 600 MW und wird sich in diesem Jahr auf voraussichtlich 3 500 MW erhöhen (vgl. www.alpiq.com/de/alpiq-gruppe/ueber-alpiq/aktuelleproduktionszahlen /). Neben den topologischen Vorteilen für diese Technologie bietet auch die geographische Lage der Schweiz in der Mitte Westeuropas optimale Voraussetzungen, um das Potenzial ihrer Erzeugungsanlagen in den EU- Energiebinnenmarkt einzubinden. Aufgrund politischer und regulatorischer Beschränkungen kann das energiewirtschaftliche Potenzial schweizerischer Pumpspeicherkraftwerke auf europäischer Ebene bislang nicht ausgeschöpft werden (vgl. www.uvek.admin.ch/ uvek/de/home/energie/stromabkommen-mit-eu.html). Für eine Integration in den EU-Energiebinnenmarkt bedarf es nach Ansicht der Fragesteller eines Stromabkommens zwischen der EU und der Schweiz. Doch auch unabhängig von der Frage eines solchen Abkommens kann eine bessere Einbindung in den deutschen Strommarkt für beide Seiten von großem Nutzen sein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9486 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung hinsichtlich der zukünftigen Rolle von Speichertechnologien in der deutschen und europäischen Energieversorgung ? Dem Strommarkt und für den Netzbetrieb stehen verschiedene Flexibilitätsoptionen zur Verfügung, um Erzeugung und Verbrauch jederzeit zu synchronisieren. Speicher wie Pumpspeicherkraftwerke und Batteriespeicher gehören zu diesen Flexibilitätsoptionen genauso wie zum Beispiel der grenzüberschreitende Stromhandel , die Flexibilität bei Erzeugung und Verbrauch sowie der Netzausbau. Um die Stromkosten für Verbraucherinnen und Verbraucher zu minimieren ist es sinnvoll, einen technologieneutralen Wettbewerb der Flexibilitätsoptionen sicherzustellen . Im Strommarkt ist es Aufgabe der Verantwortlichen im Markt und im Netzbetrieb, die ökonomisch bzw. technisch geeignetsten Flexibilitätsoptionen zu nutzen. Neben Speichern gehören dazu auch der grenzüberschreitende Stromhandel sowie die Flexibilität bei (konventioneller) Erzeugung und Verbrauch. 2. Welcher Ausbaupfad für Speichertechnologien ist nach Einschätzung der Bundesregierung bis 2030 nötig, um das im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vorgesehene Ausbauziel von 65 Prozent erneuerbaren Energien zu erreichen (www.bundesregierung.de/resource/blob/975224/ 847984/5b8bc23590d4cb2892b31c987ad672b7/2018-03-14-koalitionsvertragdata .pdf?download=1, S. 71; bitte nach Technologien, Jahren und Speicherkapazitäten aufschlüsseln)? Mit zunehmenden Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung in Deutschland steigt auch der Bedarf, das Stromsystem insgesamt flexibler zu gestalten . Hierzu leisten auch Energiespeicher einen Beitrag. Nach verschiedenen Studien im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und anhand vorliegender Untersuchungen zur Versorgungssicherheit besteht bis zu einem Anteil von ca. 60 Prozent an fluktuierender erneuerbarer Erzeugung voraussichtlich kein systemischer Zusatzbedarf an Stromspeichern. Bei höheren Anteilen erneuerbarer Energien an der Stromversorgung in Deutschland kann sich ein solcher Bedarf ergeben. Allerdings ist es auch in diesem Fall in erster Linie Aufgabe der Akteure im Markt und im Netzbetrieb, das aus ökonomischer bzw. technischer Sicht geeignetste Betriebsmittel zu wählen. Daher ist vor allem Forschung und Entwicklung bedeutsam, so dass solche Techniken rechtzeitig bis zur Einsatzreife gelangen und bei entsprechender Nachfrage durch die Akteure in den jeweiligen Märkten eingesetzt werden können. Die Bundesregierung hat im Rahmen der gemeinsamen Förderinitiative Energiespeicher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung eine breite Palette an Speichertechnologien gefördert , um durch Forschung und Entwicklung dazu beizutragen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat außerdem die Forschung an Materialien für Batteriezellen oder für andere Speichertechnologien der Zukunft im Rahmen weiterer Initiativen gefördert („Materialforschung für die Energiewende“ und „Batterie 2020“). Die Förderung von Forschung und Entwicklung für Speichertechnologien wird im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung fortgesetzt. Weiterhin hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über das KfW-Förderprogramm Erneuerbare Energien „Speicher“ bis Ende 2018 die Markteinführung von sog. Heimspeichern gefördert. Eine Speicherförderung erfolgt auch aktuell ggf. im Rahmen der jeweiligen Ressorthoheit. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9486 3. Wie schätzt die Bundesregierung die Bedeutung der besonderen topologischen und geographischen Gegebenheiten der Schweiz für den zukünftigen EU-Energiebinnenmarkt ein? Siehe die Antwort zu Frage 7. 4. Wie viele Pumpspeicherkraftwerke gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland, und wie schätzt die Bundesregierung ihre Bedeutung und Wirtschaftlichkeit ein? 5. Wie schätzt die Bundesregierung generell den zukünftigen Beitrag von inund ausländischen Pumpspeicherkraftwerken – auch im Verhältnis zu anderen Speichertechnologien – im Stromsystem ein? Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet. In Deutschland existieren zurzeit Pumpspeicherkraftwerke an 23 Standorten mit einer Gesamtleistung von 6 357 MW. Zusätzlich speisen sieben Pumpspeicherkraftwerke in Luxemburg und Österreich mit einer Gesamtleistung von 3 455 MW direkt ins deutsche Netz ein. Die Wirtschaftlichkeit von Pumpspeichern unterliegt in erster Linie dem Marktgeschehen , da es sich um Anlagen in privatem Besitz handelt. Die Bundesregierung kann die Wirtschaftlichkeit daher nicht im Einzelnen einschätzen. Allerdings ist bekannt, dass sich das Geschäftsmodell von Pumpspeichern durch die verbreitete Installation von Photovoltaikanlagen verändert hat, da die Verbrauchsspitze während der Mittagsstunden zunehmend durch diese Anlagen bedient wird und entsprechende Preisspitzen in der Mittagszeit abgenommen haben. Im Gegenzug treten die Preisspitzen jetzt regelmäßig morgens und abends auf, während die Preise mittags und nachts niedrig sind (sogenannte M-Kurve der Preise im Tagesverlauf). Dieser Effekt wird sich mit weiterem Zubau der Photovoltaik verstärken. Dadurch bietet sich für Pumpspeicher die Möglichkeit, die morgendlichen und abendlichen Verbrauchsspitzen zu bedienen. Unabhängig davon können Pumpspeicher notwendige Systemdienstleistungen erbringen . Der entsprechende Bedarf lässt sich allerdings auch durch andere technische Einrichtungen bzw. Flexibilitätsoptionen sicherstellen. 6. Wie bewertet die Bundesregierung die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Schweiz im Bereich der Energiewirtschaft bzw. Energiepolitik? Die Bundesregierung erachtet die Zusammenarbeit mit der Schweiz im Bereich der Energiewirtschaft bzw. Energiepolitik als wichtig. 7. Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag einer engeren Einbeziehung schweizerischer Energieerzeugungs- bzw. Speicheranlagen in den deutschen Strommarkt? Die Bundesregierung unterstützt die Einbindung der Schweiz in den gemeinsamen Stromhandel. Laut Monitoringbericht der Bundesnetzagentur stehen an der Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland relativ umfangreiche Import- und Exportkapazitäten zur Verfügung (www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/ Downloads/DE/Allgemeines/Bundesnetzagentur/Publikationen/Berichte/2018/ Monitoringbericht_Energie2018.pdf?__blob=publicationFile&v=5). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9486 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Aufgrund der topologischen Gegebenheiten verfügt die Schweiz über eine größere Anzahl von Pumpspeicherkraftwerken, die als Flexiblitätsoptionen am Markt teilnehmen können und einen Beitrag zum Ausgleich in den Stunden leisten können, in denen kein Wind weht und keine Sonne scheint. Ein Stromabkommen mit der Schweiz könnte eine engere Einbeziehung der Schweiz in den europäischen Binnenmarkt ermöglichen. 8. Für wann rechnet die Bundesregierung mit einem Zustandekommen des Stromabkommens zwischen der Europäischen Union und der Schweiz, und was sind die Gründe, die dies bislang verhindern (vgl. www.uvek.admin.ch/ uvek/de/home/energie/stromabkommen-mit-eu.html)? 9. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um sich auf europäischer Ebene für ein baldiges Zustandekommen des seit 2007 in Verhandlungen befindlichen Stromabkommens zwischen der Europäischen Union und der Schweiz einzusetzen? Die Fragen 8 und 9 werden gemeinsam beantwortet. Seit Mitte Januar 2019 befindet sich die Schweiz in einem innerstaatlichen Konsultationsprozess zur Auslotung der innenpolitischen Akzeptanz des mit der EU ausgehandelten Institutionellen Rahmenabkommens. Dieser Prozess soll bis Mitte 2019 abgeschlossen sein. Die EU wartet auf eine klare Aussage der Schweiz zum Institutionellen Rahmenabkommen, bevor weitere Verhandlungen zum Stromabkommen geführt werden können. Ein Stromabkommen zwischen der EU und der Schweiz liegt angesichts der Bedeutung der Schweiz für den Strommarkt in Europa grundsätzlich im Interesse der Bundesregierung. Die Verhandlungsführung liegt auf Seiten der EU bzw. der EU-Kommission. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333