Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 12. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9489 19. Wahlperiode 16.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Luksic, Frank Sitta, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/8698 – Bergbaubedingte Schäden an der kommunalen Infrastruktur und weitere Herausforderungen für die Kommunen im Saarland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Steinkohlebergbau im Saarland führte in zahlreichen Kommunen zu Schäden an der kommunalen Infrastruktur. Auch nach dem Ende des Steinkohlebergbaus an der Saar müssen die Kommunen viele Herausforderungen bewältigen. Im Jahre 2007 schlossen die Länder Nordrhein-Westfalen und das Saarland sowie die RAG-Stiftung einen Erblastenvertrag zur Übernahme der Ewigkeitskosten des Steinkohlebergbaus. Im selben Jahr trat das Steinkohlefinanzierungsgesetz in Kraft. Unter anderem wurde in diesen Verträgen die Finanzierung von sogenannten Ewigkeitskosten geregelt. 30 saarländische Bürgermeister, drei Landräte, der Regionalverbandsdirektor des Regionalverbands Saarbrücken sowie der Saarländische Städte- und Gemeindetag haben im Februar 2019 einen offenen Brief an die Bundesregierung gesendet, in dem sie eine Gleichbehandlung der Kommunen in Steinkohleabbauregionen mit den Kommunen in Braunkohlerevieren fordern, für die die Kohlekommission entsprechende Maßnahmen erarbeitet und der Bundesregierung vorgeschlagen hat. Nach Auffassung der Unterzeichner des offenen Briefes wurden solche konkreten Maßnahmen und Vereinbarungen mit dem Ende des Steinkohlebergbaus zu Lasten der betroffenen Kommunen nicht getroffen. Sie fordern nun Arbeitskreise unter Moderation des Instituts für ZukunftsEnergie - und Stoffstromsysteme (IZES) einzurichten, die Vorschläge in den Bereichen Strukturwandel und Zukunftsperspektive sowie Altbergbau und Grubenflutung entwickeln sollen, damit die Steinkohleregion gleichwertige Bedingungen bei der Bewältigung von Bergbaufolgen und Strukturwandel haben wie die Braunkohlereviere (www.igab-saar.de/2019/02/09/exklusiv-offener-brief-saar laendischer-buergermeister/) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9489 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Sieht die Bundesregierung aktuell eine Gleichstellung der vom Steinkohlebergbau betroffenen Kommunen mit den im Abschlussbericht der Kohlekommission vorgeschlagenen Maßnahmen für die Kommunen in Braunkohlebergbaurevieren und wenn ja, wie begründet sie diese Auffassung konkret? Grundsätzlich gilt, dass die Steinkohlewirtschaft für die jeweiligen Kreise aus strukturpolitischer Sicht in der Regel eine geringere Bedeutung hat als die regional stärker konzentrierte Braunkohle für die Reviere. Vor diesem Hintergrund prüft die Bundesregierung derzeit Kriterien und Schwellenwerte, die zur Ermittlung der im Abschlussbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ genannten „erheblichen Relevanz“ der Steinkohlewirtschaft auf Kreisebene herangezogen werden können. In diesem Zusammenhang werden derzeit u. a. auch Gespräche mit betroffenen Ländern geführt. Eine endgültige Entscheidung ist jedoch noch nicht gefallen. 2. Inwieweit sind nach Auffassung der Bundesregierung mögliche Schäden durch eine mögliche Grubenflutung durch Einstellen der Pumpen als Ewigkeitslasten anzusehen und deren Regulierung damit durch den Erblastenvertrag gedeckt? Die RAG AG bleibt auch nach der Einstellung der subventionierten Steinkohlengewinnung zum 31. Dezember 2018 bergrechtlich verpflichtetes Unternehmen für die Bewältigung der Bergbaualtlasten und die Regulierung von (auch flutungsbedingten ) Bergschäden im Sinne des Bundesberggesetzes. Die Finanzierung erfolgt aus den bei der RAG AG gebildeten Rückstellungen. Zur finanziellen Absicherung wurde zwischen der RAG AG und der Eigentümerin der RAG AG, der RAG-Stiftung, am 24. September 2007 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen, der auch nach Beendigung der Steinkohlengewinnung gilt. 3. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag saarländischer Bürgermeister , Arbeitskreise unter Moderation des Instituts für ZukunftsEnergieund Stoffstromsysteme (IZES) einzurichten, die Vorschläge in den Bereichen Strukturwandel und Zukunftsperspektive sowie Altbergbau und Grubenflutung entwickeln sollen, damit die Steinkohleregion gleichwertige Bedingungen bei der Bewältigung von Bergbaufolgen und Strukturwandel haben wie die Braunkohlereviere? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, den Vorschlag zu bewerten. 4. Welche konkreten Folgen hätte eine Entlassung oder teilweise Entlassung der RAG aus der Bergaufsicht nach Auffassung der Bundesregierung für den rechtlichen Anspruch auf Forderungen für Schadensregulierung und andere Kosten der Ewigkeitslasten? Nach der im Grundgesetz festgelegten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ist ausschließlich das jeweilige Land für die Genehmigung und Aufsicht von Vorhaben zur Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen zuständig. Dies betrifft auch Fragen der Bergaufsicht. Die Bundesregierung hat keine eigenen Erkenntnisse von Anträgen zur Entlassung von Bergwerken bzw. ehemaligen Bergwerken im Saarland aus der Bergaufsicht. Das Bundesberggesetz (BbergG) enthält Regelungen für die Haftung für Bergschäden; dazu gehört auch die Bergschadensvermutung (§ 120 BBergG), die die von Bergschäden Betroffenen durch Beweiserleichterungen privilegiert. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass die verbindliche Interpretation des Rechts Sache der Gerichte ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9489 5. Welche Rechtsansprüche haben nach Auffassung der Bundesregierung deutsche Gemeinden gegen ausländische Bergbaugesellschaften, die in Grenznähe abgebaut haben, wenn durch diesen Abbau Schäden an der Infrastruktur deutscher Kommunen entstanden sind? Die Regulierung von Schäden, die im Rahmen bergbaulicher Aktivitäten ausländischer Bergbauunternehmen auf deutschem Hoheitsgebiet eintreten, richtet sich grundsätzlich nach deutschem Recht (Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 864/2007, ABl. EG 2007, L 199, S. 40; Artikel 6 der Anlage 26 des Vertrages vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage, BGBl. 1956 II S. 1787). Sofern ein deliktischer Anspruch auf einer Umweltschädigung im Sinne von Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 beruht, steht es dem Geschädigten nach dieser Regelung frei, seinen Anspruch stattdessen auf das Recht des Staates zu stützen , in dem die schädigende Handlung vorgenommen worden ist. 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Überlegungen einer Klage der Gemeinde Großrosseln gegen einen französischen Bergwerksbetreiber und über die Gründe, weshalb die Klage nicht eingereicht wurde (www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/bergbauschaeden _nassweiler100.html)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über vermehrte Vernässungen an Gebäuden in Gebieten, in denen Gruben geflutet wurden und inwieweit gelten solche Vernässungen als Bergschäden? Über vermehrte Vernässungen liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Inwieweit Vernässungen Bergschäden sind, ist im Einzelfall unter Prüfung der Voraussetzungen des § 114 BBergG zu prüfen. Die Bergschadensregulierung erfolgt im Verhältnis zwischen dem Bergbaubetroffenen und dem Anspruchsgegner . 8. Welche Folgen könnte ein Bruch des bestehenden Hochdruckdamms zwischen den Wasserprovinzen an der Saar nach Kenntnis der Bundesregierung für die Geologie in dem Gebiet haben? 9. Wer wäre nach Auffassung der Bundesregierung für die Regulierung möglicher Schäden in Folge eines Dammbruchs verantwortlich? Die Fragen 8 und 9 werden gemeinsam beantwortet. Der Hochdruckdamm zwischen den Wasserprovinzen des Saarlandes wurde durch die zuständige saarländische Bergbehörde genehmigt. Wenn die Voraussetzungen für die Bergschadenshaftung vorliegen, sind die unter die Haftung fallenden Schäden grundsätzlich durch den Verursacher bzw. seinen Rechtsnachfolger zu regulieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9489 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wie bewertet die Bundesregierung bestehende Bergschadenskataster in Deutschland im Hinblick auf Schadensregulierung und Schadensprävention? 11. Wie bewertet die Bundesregierung die Einführung eines Bergschadenskatasters für die Steinkohleregionen durch den Bund, in dem Gefährdungspotenziale des Untergrunds, Schadensfälle und weitere Vorkommnisse zentral dargestellt werden sollen, und welche Vorteile hätte ein solches Kataster für den rechtlichen Anspruch auf Forderungen für Schadensregulierung und Schadensprävention? Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet. Bergschadensregulierung erfolgt im zivilrechtlichen Innenverhältnis zwischen dem bergbaubetreibenden Unternehmen und den Bergbaubetroffenen. Die öffentliche Hand ist hier zur strikten Neutralität verpflichtet. Insofern liegen der Bundesregierung auch keine flächendeckenden bzw. objektkonkreten Informationen und Daten vor. Eine eigenständige Erhebung, Bewertung und Veröffentlichung entsprechender Daten durch die Bundesregierung ist nicht vorgesehen. 12. Inwieweit besteht nach Auffassung der Bundesregierung ein Entschädigungsanspruch für Erkrankungen, die durch Bergschäden mittelbar oder unmittelbar beeinflusst oder ausgelöst wurden, beispielsweise durch eindringendes Radon? Das radioaktive Edelgas Radon entsteht im Erdreich durch den Zerfall von Uran und Thorium. Radon ist mit seinen Zerfallsprodukten nach dem Tabakrauchen die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs in Deutschland ist. Etwa 5 Prozent der Lungenkrebsfälle in Deutschland werden mit Radon und seinen Zerfallsprodukten assoziiert. Vor diesem Hintergrund wurden im neuen Strahlenschutzgesetz erstmals Referenzwerte für Radon in Aufenthaltsräumen und an Arbeitsplätzen von jeweils 300 Becquerel pro Kubikmeter festgelegt. Ein Referenzwert ist kein Grenzwert. Er dient als Maßstab für die Angemessenheit von Maßnahmen. Somit ist ein Referenzwert ein Instrument zur Optimierung des Strahlenschutzes. In der Regel tritt Radon mit seinen Zerfallsprodukten in der Außenluft in sehr niedrigen und nicht gesundheitsgefährdenden Konzentrationen auf. Ob ein einzelner Fall von Lungenkrebs durch Tabakrauchen, Radon oder durch eine andere Ursache ausgelöst wurde, lässt sich derzeit biologisch nicht feststellen. Es gibt kein radonspezifisches Lungenkarzinom. Unabhängig davon ist nach der im Grundgesetz festgelegten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ausschließlich das jeweilige Land für die Genehmigung und Aufsicht von Vorhaben zur Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen zuständig. Die zuständigen Landesbehörden haben dabei auch zu prüfen und sicherzustellen, dass die gesetzlich erforderlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung vorliegen und die Schutzziele einschließlich der Vermeidung von Erkrankungen eingehalten werden. Ob ein Entschädigungsanspruch für konkrete Erkrankungen vorliegt, ist im Einzelfall bei Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der Entschädigungsansprüche festzustellen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9489 13. Inwieweit sind Erkrankungen, die durch Radon ausgelöst wurden, welches durch Bergschäden in Häuser oder Wohnung gelangte, nach Auffassung der Bundesregierung in der Bergschadenshaftung im Sinne von § 114 Absatz 1 BBergG inbegriffen? Es wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen. 14. Inwieweit ist nach Auffassung der Bundesregierung die Anbringung von Radonmessgeräten in Gebäuden in ehemaligen Steinkohleabbaugebieten eine aufgrund des Erblastenvertrags von der RAG zu erbringende Leistung? Ausschließlicher Zweck und Gegenstand des in 2007 durch die Länder Nordrhein -Westfalen und Saarland mit der RAG-Stiftung geschlossenen Erblastenvertrages ist die Gewährleistung der gegenüber Dritten bestehenden Verpflichtungen der RAG AG zur Durchführung der Ewigkeitslasten des Bergbaus (Maßnahmen der Grubenwasserhaltung, der Grundwasserreinigung an kontaminierten Standorten sowie der Oberflächenwasserregulierung/Poldermaßnahmen) durch die Länder für den Fall, dass das Vermögen der RAG-Stiftung zur Finanzierung der Ewigkeitslasten ab dem Zeitpunkt der Einstellung des subventionierten Steinkohlenbergbaus nicht ausreicht (§ 1 Absatz 1 des Erblastenvertrages). Sollten die Länder aus dieser Gewährleistung in Anspruch genommen werden, gewährt der Bund nach Ziffer 3 b) der Rahmenvereinbarung „Sozialverträgliche Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus in Deutschland“ ein Drittel der zu leistenden Beträge. 15. Welche konkrete Summe ist nach Auffassung der Bundesregierung für den Strukturwandel im Saarland notwendig? 16. Inwieweit ist diese Summe im Bundeshaushalt abgebildet? Die Fragen 15 und 16 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 17. Inwieweit ist es nach Auffassung der Bundesregierung rechtlich möglich, die bei einer möglichen Grubenflutung durch Einstellen der Pumpen eingesparten Mittel zur Unterstützung des Strukturwandels in den betroffenen Kommunen einzusetzen? Mögliche bei einer Grubenflutung eingesparte Mittel sind ausschließlich nach dem Zweck des Erblastenvertrages und der Satzung der die Ewigkeitslasten finanzierenden RAG-Stiftung verwendbar. Dazu zählt eine Unterstützung des Strukturwandels nicht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333