Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 16. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9559 19. Wahlperiode 18.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Heike Hänsel, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/9048 – EU-Interpol-Kooperationsabkommen wegen Konflikten mit dem Interoperabilitätspaket V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Europäische Union plant ein neues Abkommen mit der Polizeiorganisation Interpol (Ratsdokument CM 1969/19). Nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller geht es dabei um unterschiedliche Regelungen zum Datenschutz hinsichtlich einer Abfrage der Interpol-Datenbank für gestohlene oder als vermisst gemeldete Ausweisdokumente (SLTD) und der Interpol-Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten (TDAWN) im Rahmen des sogenannten Interoperabilitätspakets. Die SLTD soll gemäß den Bestimmungen des Schengener Grenzkodexes bei Kontrollen an den EU-Außengrenzen systematisch abgefragt werden (Kommissionsdokument COM(2018) 478 final). Auch im Rahmen des noch zu errichtenden Europäischen Reiseinformations - und Reisegenehmigungs-Systems (ETIAS) soll jede Reiseanmeldung mit der Interpol-SLTD-Datenbank abgeglichen werden. Hierzu wird ein noch zu errichtendes „europäisches Suchportal“ (ESP) genutzt, das den zuständigen Behörden parallele Abfragen in mehreren EU-Informationssystemen ermöglicht. Dabei können sowohl biografische als auch biometrische Daten abgefragt werden (https://ec.europa.eu/germany/news/20171212- terrorabwehr_de). Die datenhaltende Behörde wird dabei nicht über etwaige Treffer informiert. Die Interpol-Regularien sehen dies jedoch vor. Nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller soll diese Rechtsunsicherheit in dem EU-Interpol-Kooperationsabkommen behoben werden. Dabei geht es insbesondere um technische Fragen. Ausweislich des Ratsdokuments CM 1969/19 existiert hierzu ein Briefwechsel von Interpol und den EU-Mitgliedstaaten . Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller müssten entweder die Regularien für die ETIAS-Verordnung oder die Datenverarbeitungsregeln von Interpol geändert werden. Ein Mandat für entsprechende Verhandlungen mit Interpol erhielt die Kommission bislang nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9559 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Interpol-Datenbanken werden bei einer polizeilichen Überprüfung oder einer Grenzkontrolle in der Europäischen Union systematisch abgefragt, und unter welchen Umständen betrifft dies auch die Interpol-Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten (TDAWN)? Bei der Grenzkontrolle in Deutschland wird die Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente (SLTD) bei Ausreisen in und Einreisen aus Drittstaaten nach der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) abgefragt . Sofern bei einer anderweitigen polizeilichen Überprüfung die Bundespolizei eine Sachfahndungsabfrage vornimmt, erfolgt grundsätzlich auch ein Abgleich mit der Interpol-Datenbank SLTD. Zu Maßnahmen der Polizeien der Länder kann die Bundesregierung keine Aussage treffen. 2. Welche Interpol-Datenbanken werden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des sogenannten Interoperabilitätspakets (etwa mithilfe des „europäischen Suchportals“) oder zur Risikoanalyse von Reisenden (etwa im Rahmen der EU-PNR-Richtlinie) abgefragt? In den Entwürfen der Interoperabilitätsverordnungen ist die Möglichkeit vorgesehen , die Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente (SLTD) und die Interpol-Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten (TDAWN) mittels des „europäischen Suchportals“ (ESP) abzufragen. Das ESP stellt dabei lediglich eine harmonisierte technische Zugangsebene dar und wird an den Zugriffsrechten und Zugangsvoraussetzungen zu den über das ESP abgefragten Datenbanken und Informationssystemen nichts ändern. Die EU-PNR-Richtlinie wurde in Deutschland durch das Fluggastdatengesetz (FlugDaG) umgesetzt, nach dem die Abfrage von Datenbeständen zulässig ist, die der Fahndung oder Ausschreibung von Personen oder Sachen dienen (§ 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 FlugDaG). Derzeit werden durch die deutsche Fluggastdatenzentralstelle in diesem Rahmen keine Interpol-Datenbanken abgefragt. 3. Welche Regelungen enthält das Interoperabilitätspaket nach Kenntnis der Bundesregierung hinsichtlich der Information der datenhaltenden Behörde im Falle eines Treffers? Die Interoperabilitätsverordnungen sehen vor, dass Abfragen der Interpol-Datenbanken so erfolgen, dass dem für die Interpol-Ausschreibung Verantwortlichen keine Informationen offengelegt werden. a) Inwiefern weicht diese Regelung von den Interpol-Regularien ab? Ob eine Abweichung zwischen der geplanten Regelung und Interpol-Regularien bestünde, ist nach Kenntnis der Bundesregierung Gegenstand von Gesprächen der Europäischen Kommission mit Interpol. b) In welchen Fällen ist laut den Interpol-Regularien die Unterrichtung der datenhaltenden Behörde über einen Treffer vorgeschrieben? Der Artikel 104 Absatz 2 der aktuellen Datenverarbeitungsregeln von Interpol sieht eine Benachrichtigung der datenhaltenden Stelle bei positiven Trefferergebnissen (positive query result) vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9559 4. Wird sich die Bundesregierung in den Trilog-Verhandlungen für eine Änderung des Interoperabilitätspakets einsetzen, damit die datenhaltende Behörde (speziell Interpol) im Falle eines Treffers informiert wird, und wenn nicht, warum nicht? In den Trilog-Verhandlungen für die Interoperabilitätsverordnungen ist mittlerweile mit Zustimmung der Bundesregierung eine politische Einigung erzielt worden . Zum Verhandlungsergebnis wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Was ist der Bundesregierung über ein geplantes neues Abkommen der Europäischen Union mit der Polizeiorganisation Interpol bekannt (Ratsdokument CM 1969/19)? Der Bundesregierung ist bekannt, dass die Option eines solchen Abkommens erörtert wird. 6. Wie könnte eine etwaige Rechtsunsicherheit hinsichtlich der unterschiedlichen Regelungen des Interoperabilitätspakets und von Interpol aus Sicht der Bundesregierung überbrückt werden? Auf die Antworten zu den Fragen 3a, 5 und 7 wird verwiesen. Da die Interoperabilitäts -Verordnungen noch nicht in Kraft getreten sind und im Übrigen auch noch technisch und operativ umgesetzt werden müssen, stellt sich überdies die Frage nach einer Überbrückung etwaiger Rechtsunsicherheiten derzeit nicht. a) Welche Inhalte sollte ein EU-Interpol-Kooperationsabkommen aus Sicht der Bundesregierung betreffen? b) Welche technischen Fragen sollte das Abkommen behandeln? Die Fragen 6a und 6b werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. 7. Unter welchen Umständen hält es die Bundesregierung für zielführend oder überhaupt denkbar, die Datenverarbeitungsregeln von Interpol zu ändern oder eine Ausnahme zu erbitten? Änderungen der Datenverarbeitungsregeln von Interpol beschließt die Generalversammlung von Interpol. Aus Sicht der Bundesregierung ist dies, abhängig vom Ergebnis der Gespräche zwischen der Europäischen Kommission mit Interpol, grundsätzlich denkbar. Aus Sicht der Bundesregierung wäre dabei zu berücksichtigen , dass Änderungsvorschläge in der Generalversammlung von Interpol mehrheitsfähig sein müssen. 8. Welche Treffen der Europäischen Union haben nach Kenntnis der Bundesregierung bislang mit Interpol in dieser Angelegenheit stattgefunden, welche sind geplant, und wer nimmt daran teil? Der Bundesregierung ist bekannt, dass sich die Europäische Kommission jedenfalls im Sommer 2018, im Dezember 2018 beim EU-Interpol-Treffen für hochrangige Beamte und im März 2019 auch in dieser Angelegenheit mit Interpol getroffen hat. Ein weiteres Treffen zwischen der Europäischen Kommission und Interpol ist nach Kenntnis der Bundesregierung für die zweite Aprilhälfte 2019 geplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9559 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Verfügt die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung über ein Mandat für Verhandlungen mit Interpol? Falls nicht, wann soll dieses Mandat erteilt werden, und was sollte dieses aus Sicht der Bundesregierung konkret beinhalten? Die Europäische Kommission verfügt bislang nicht über ein Mandat zur Verhandlung eines Abkommens nach Artikel 218 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) mit Interpol. Der Bundesregierung ist auch nicht bekannt, ob und wann ein solches Mandat erteilt wird, da aktuell noch nicht einmal der Entwurf für ein solches Mandat vorliegt. Auf die Antwort zu Frage 3a wird verwiesen. Das Initiativrecht, Empfehlungen für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen vorzulegen, liegt bei der Europäischen Kommission. Die Bundesregierung hat noch keine Position zu konkreten Inhalten eines etwaigen Mandats. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333