Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 16. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9595 19. Wahlperiode 23.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Niema Movassat, Caren Lay, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/8516 – Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen nach Artikel 15 des Grundgesetzes in Zeiten von Wohnungsnot V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Grundgesetz ist ein Auftrag an alle Staatsgewalten, seine Werte und Inhalte mit Leben zu füllen. Es ist aus Sicht der Fragesteller besonders auffällig, dass die Vergesellschaftungsnorm des Artikels 15 des Grundgesetzes (GG) noch nie Anwendung gefunden hat. Die Entstehungsgeschichte dieser Norm zeigt, dass ihr Eingang in das Grundgesetz von einem breiten Konsens innerhalb aller politischen Kräfte des parlamentarischen Rates getragen wurde. Artikel 15 GG lautet wie folgt: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.“ Die Norm ermächtigt also den Gesetzgeber, durch Gesetz Güter zu vergesellschaften (zum Themenkomplex: Ausarbeitung, Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages: WD 3 – 3000 – 445/18). Diese verfassungsrechtliche Ermächtigung wird insbesondere innerhalb der Berliner Stadtgesellschaft kontrovers diskutiert. Die Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ strebt ein entsprechendes Volksbegehren an. Der Initiative schwebt die Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen ab einer Größe von 3 000 Wohnungen vor (www.dwenteignen.de). Diese sollen in Gemeineigentum bzw. Gemeinwirtschaft und somit in eine nicht gewinnorientierte Bewirtschaftungsform überführt werden. Für die Fragestellerinnen und Fragesteller stellt sich die Wohnungsnot in deutschen Ballungsräumen als eine der bedeutendsten sozialen Fragen der Gegenwart dar. Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung beziffert die Anzahl der fehlenden bezahlbaren Wohnungen in deutschen Großstädten auf rund zwei Millionen (www.boeckler.de/impuls_2018_07_7.pdf). Es ist nach Ansicht der Fragesteller fraglich, ob die Bundesregierung in Betracht zieht, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um der Wohnungsnot in den Ballungs- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9595 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode räumen effektiv entgegenzuwirken. Insbesondere gilt es, eine rechtssichere Vergesellschaftung von großen Wohnungskonzernen nach Artikel 15 GG zu überprüfen , um einkommensarme Mieterinnen und Mieter effektiv vor Mietsteigerungen und Verdrängung zu schützen. Die Unternehmen, auf welche die Berliner Initiative zielt, sind in aller Regel börsennotiert und nutzen ihr Eigentum an den Wohnungen, um erhebliche Gewinne auf Kosten der Mieterinnen und Mieter zu erzielen. Die „Vonovia SE“ weist rund 400 000 Wohnungen in ihrem Bestand auf (www.vonovia.de/ueber-vonovia/ueber-uns/uebersicht). Die „Deutsche Wohnen SE“ hat einen Bestand von 163 100 Wohneinheiten (www. deutsche-wohnen.com/ueber-uns/unternehmen/immobilien-portfolio/). Diese renditeorientierten Unternehmen sind die größten Vermieter in Deutschland. Die Vonovia SE gehört dabei zu der dividendenstärkeren Hälfte der DAX-Unternehmen . Im Jahr 2018 schüttete sie pro Aktie eine Dividende von 1,32 Euro aus, womit ihre Dividendenrendite 3,24 Prozent betrug. Die Vonovia SE schüttete für das Geschäftsjahr 2017 Dividenden in Höhe von 640 333 090,32 Euro aus (https://investoren.vonovia.de/vonovia/pdf/hv2018/Dividende_2018_ Dividendenbekanntmachung_DE.pdf), die Dividendenausschüttung der Deutsche Wohnen SE betrug 283 735 775,20 Euro (https://ir.deutsche-wohnen.com/ dewohnen/assets/pdf/hv2018/20180618_Dividendenbekanntmachung.pdf). Dabei greifen die Konzerne nach Medienberichten auch auf moralisch und teils auch rechtlich zweifelhafte Methoden zurück (www.spiegel.de/wirtschaft/ unternehmen/vonovia-wie-der-wohnungskonzern-seine-mieter-schroepfta -1238110.html). Vor diesem Hintergrund stellt sich aus Sicht der Fragesteller die Frage, inwieweit der Sozialstaat, die Wohnungsbewirtschaftung dem „freien Markt“ und rein umsatz- und renditeorientierten Unternehmen ohne Regulierung „überlassen “ sollte. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Internationalen Pakt über wirtschaftliche , soziale und kulturelle Rechte (= IPwskR, im Folgenden nur: „UN-Sozialpakt “) 1973 ratifiziert. Artikel 11 IPwskR erhebt das Recht auf Wohnen zu einem Menschenrecht. Auch aus anderen Regelwerken leitet sich ein Menschenrecht auf Wohnen ab, etwa aus Artikel 16 der Europäischen Sozialcharta sowie Artikel 31 der revidierten Europäischen Sozialcharta. Diese menschenrechtliche Dimension des Rechts auf Wohnen zeigt, dass es sich bei Wohnraum um kein gewöhnliches marktwirtschaftliches Produkt handelt, sondern der Staat vielmehr für die Gewährleistung Sorge zu tragen hat. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Auch aus Sicht der Bundesregierung zählt die Wohnungsversorgung zu den bedeutendsten sozialen Fragen. Die Bundesregierung hält allerdings die Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen bestimmter Anbieter nicht für das richtige Mittel, bestehende Engpässe auf den Wohnungsmärkten abzubauen und auf eine Dämpfung des im Wesentlichen knappheitsbedingten Mietenanstiegs hinzuwirken . Die Wohnungspolitik in Deutschland beruht vielmehr auf dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft. Auf der Grundlage dieses Konzepts ist es nach dem Krieg gelungen, die staatliche Bewirtschaftung des Altbauwohnungsbestands schrittweise abzubauen (sog. Lücke Plan) und nach dem Beitritt den ehemals volkseigenen Wohnungsbestandes der DDR in die marktwirtschaftliche Ordnung und die staatlich festgesetzten Mieten in das Vergleichsmietensystem zu überführen . Nach diesem Konzept der sozialen Marktwirtschaft, das sich auch auf dem Wohnungssektor im Wesentlichen bewährt hat, ist es Aufgabe des Staates gute und verlässliche Rahmenbedingungen für die Akteure auf den Wohnungs- und Bo- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9595 denmärkten zu setzen. Dies schafft Planungssicherheit und ist zentrale Voraussetzung für eine quantitativ und qualitativ hochwertige Wohnraumversorgung breiter Bevölkerungsschichten entsprechend ihrer eigenen Wünsche und Zahlungsbereitschaft . Zur sozialen Marktwirtschaft gehört aber selbstverständlich auch der soziale Ausgleich . Insbesondere muss der Staat mit geeigneten Instrumenten dafür sorgen, dass auch einkommensschwächere und sozial benachteiligte Haushalte angemessen wohnen können. Die soziale Absicherung des Wohnens stützt sich im Wesentlichen auf drei Säulen : Förderung von Maßnahmen im Rahmen der Sozialen Wohnraumförderung der Länder (sogenannte „Objektförderung“), soziale Absicherung einkommensschwächerer Haushalte mit Wohngeld und der Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende sowie der Sozialhilfe (sogenannte „Subjektförderung “), Schutz vor willkürlichen Kündigungen und übermäßigen Mieterhöhungen durch das soziale Wohnraummietrecht. Um den Wohnungsbau zu intensivieren und die Bezahlbarkeit des Wohnens zu sichern, hat die Bundesregierung eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, die bereits Erfolge zeigen. Im Ergebnis haben die Wohnungsanbieter mit einer beachtlichen Steigerung der Bautätigkeit auf die deutlich gestiegene Wohnungsnachfrage reagiert. Die Anzahl genehmigter Wohnungen hat sich seit dem Tiefpunkt im Jahr 2008 verdoppelt. Dieser Anstieg ist fast ausschließlich auf Wohnungen im Geschosswohnungsbau zurückzuführen: Die für den Mietwohnungsbau entscheidenden Genehmigungen von Wohnungen in Mehrfamilienhäuser haben sich seit dem Jahr 2008 sogar verdreifacht . Die Baufertigstellungen sind seit dem Tiefpunkt der Fertigstellungen im Jahr 2009 ebenfalls sehr deutlich gestiegen. Das Niveau konnte im Jahr 2017 auf 285 000 Wohnungen und damit um rund 80 Prozent erhöht werden. Der Anteil der Geschosswohnungen an neu gebauten Wohnungen hat sich dabei in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht – bis auf 57 Prozent im Jahr 2017. Es ist gleichwohl nicht zu verkennen, dass die Wohnungsmarktsituation in den besonders nachgefragten Regionen nach wie vor eine erhebliche Anspannung erkennen lässt. Eine Ursache hierfür ist die spürbare Zeitverzögerung, mit der Bestandsmärkte wie der Wohnungsmarkt auf Nachfrageüberhänge reagieren. Daher hat die Bundesregierung seit März 2018 eine Vielzahl von weiteren Maßnahmen eingeleitet, um den Wohnungsbau zu intensivieren und die Bezahlbarkeit des Wohnens zu sichern. Beim Wohngipfel im September sind die entscheidenden Weichen für die Wohnungspolitik dieser Legislaturperiode gestellt worden: Bund, Länder und Kommunen haben gemeinsam ein umfassendes Maßnahmenbündel zur Stärkung des Wohnungsneubaus und zur Sicherung bezahlbaren Wohnens auf den Weg gebracht. Eine Vergesellschaftung nach Artikel 15 des Grundgesetzes (GG) wäre für das Ziel, ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, kontraproduktiv. Eine solche Maßnahme würde zum einen private Investoren verunsichern und zum anderen den finanziellen Spielraum von Kommunen und kommunaler Wohnungsunternehmen für Neubauvorhaben drastisch reduzieren. Beides würde die erwartete Fortsetzung des positiven Trends bei der Bautätigkeit gefährden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9595 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass einer Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen mit einer Größenordnung von über 3 000 Wohneinheiten nach Artikel 15 GG keine rechtlich unüberwindbaren Hindernisse gegenüberstehen, und falls nein, warum nicht? Diese Frage stellt sich der Bundesregierung nicht (vgl. Vorbemerkung der Bundesregierung ). 2. Erachtet die Bundesregierung die Möglichkeit einer Vergesellschaftung nach Artikel 15 GG in Anbetracht der Wohnungsnot in deutschen Ballungsräumen für ein Mittel, durch welches der fortwährende Preisanstieg der Mieten in deutschen Ballungsräumen eingedämmt werden könnte? Falls nein, warum nicht? Nein, der Anstieg der Angebotsmieten in den Ballungsräumen ist auf die hohe Nachfrage nach Wohnraum in diesen Regionen zurück zu führen. Dieser Nachfrage kann nur durch Ausweitung des Wohnungsangebots Rechnung getragen werden. Durch die Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen werden keine neuen Wohnungen geschaffen bzw. die Schaffung von neuen Wohnungen erschwert . Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 3. Wie erklärt sich die Bundesregierung die Tatsache, dass seit Bestehen des Grundgesetzes der Artikel 15 GG, anders als Artikel 14 GG, nie als Rechtsgrundlage für eine Vergesellschaftung – weder auf Bundes- noch auf Landesebene – Anwendung gefunden hat? Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen . 4. Welcher subjektiv-rechtliche Stellenwert kommt dem menschlichen Bedürfnis der Staatsbürger auf eine Wohnung nach Ansicht der Bundesregierung zu (bitte hier insbesondere die staatliche Schutzpflicht des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG und das Sozialstaatsgebot berücksichtigen)? Im Grundgesetz ist kein subjektives Recht auf Verschaffung einer Wohnung verankert . Ein solches subjektives Recht ergibt sich auch nicht aus Europa- oder Völkerrecht (siehe dazu die Antwort zu Frage 5). Das Recht, eine einfachrechtlich zugeordnete Wohnung zu behalten, ist demgegenüber für Eigentümer und für Nutzer – insbesondere auch für Mieter – durch Artikel 14 Absatz 1 GG geschützt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1993, 1 BvR 208/93, Rn. 19 ff.). Darüber hinaus schließt das Sozialstaatsprinzip nach Artikel 20 Absatz 1 GG, in Verbindung mit dem Schutz der Menschenwürde, die Verpflichtung des Staates mit ein, auch für eine angemessene Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum Sorge zu tragen. Daraus hat das Bundesverfassungsgericht ein subjektives Recht des Einzelnen abgeleitet, dass ihm der Staat die lebensnotwendigen Bedürfnisse – darunter eine Unterkunft – sicherstellt, wenn ihm die eigenverantwortliche Sicherung seines Lebensunterhalts nicht möglich ist. Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung einen Gestaltungsspielraum. Er hat dazu Regelungen im Sozialrecht, zur sozialen Wohnraumförderung, das Wohngeldgesetz , ein soziales Mietrecht und Regelungen im Ordnungsrecht (Unterbrin- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9595 gung von durch Obdachlosigkeit bedrohten Menschen in Wohnungen bzw. Gemeinschaftsunterkünften ) erlassen. Diese (einfachen) Gesetze sehen zum Teil Ansprüche und damit subjektive Rechte vor. Der Schutzpflicht des Staates hinsichtlich des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit wird durch die ordnungsrechtliche Pflicht zur Unterbringung von unfreiwillig Obdachlosen entsprochen. Dieser Anspruch richtet sich nicht auf Verschaffung einer dauerhaften Wohnung, sondern ihm wird durch die Verschaffung einer vorübergehenden Unterkunft einfacher Art entsprochen, die Schutz vor dem Wetter bietet und Raum für die notwendigen Lebensbedürfnisse lässt. Ein solcher Anspruch kommt vor allem in der Übergangszeit bis zur Klärung der den Betroffenen zustehenden sozialrechtlichen Ansprüche in Betracht (Verwaltungsgericht (VG) Berlin, Beschluss vom 18. Oktober 2017, 23 L 747.17, Rn. 4, mit Verweis auf Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg vom 11. April 2016, OVG 1 S 1.16 u. a., Rn. 8 – jeweils zitiert nach juris). 5. Erkennt die Bundesregierung aufgrund der Verankerung des „right to housing “ (bereits in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948) im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) das Recht auf Wohnen als ein subjektives Recht seiner Staatsbürger an (Artikel 11 IPwskR)? a) An welche Verpflichtungen sieht sich die Bundesregierung aufgrund der Ratifizierung des UN-Sozialpakts im Hinblick auf dessen Artikel 11 gebunden ? In Deutschland sind die Regelungen des Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WSK-Pakt) aufgrund des hierzu gemäß Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 erlassenen Vertragsgesetzes unmittelbar geltendes Recht, das bei der Auslegung und Anwendung des deutschen Rechts zu beachten ist. Der WSK-Pakt verpflichtet die Vertragsstaaten im Rahmen der verfügbaren Ressourcen verschiedene Maßnahmen zu ergreifen, um die Inanspruchnahme der genannten Menschenrechte progressive sicherzustellen, dies ist in Artikel 2 (1) des WSK- Paktes explizit wie folgt geregelt: „Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenarbeit, insbesondere wirtschaftlicher und technischer Art, unter Ausschöpfung aller seiner Möglichkeiten Maßnahmen zu treffen, um nach und nach mit allen geeigneten Mitteln, vor allem durch gesetzgeberische Maßnahmen, die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichen.“ Die Bundesregierung steht zu ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen aus dem WSK-Pakt und den damit einhergehenden staatlichen Aufgaben, beispielsweise im Bereich des sozialen Wohnungsbaus. Es entspricht jedoch weder der Staatspraxis noch der Rechtsüberzeugung der Vertragsstaaten , dass aus Artikel 11 des WSK-Paktes ein subjektives, gerichtlich durchsetzbares Recht auf eine Wohnung folgt. Auch die Bundesregierung ist nicht dieser Auffassung. In einem konkreten Einzelfall ist die Anwendung des „right to housing“ bei der Auslegung des nationalen Rechts Aufgabe der unabhängigen deutschen Gerichte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9595 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Erachtet es die Bundesregierung für möglich, aufgrund der menschenrechtlichen Dimension des Rechts auf Wohnen – als Ultima Ratio – Markteingriffe, wie etwa eine Vergesellschaftung nach Artikel 15 GG, vornehmen zu müssen? c) Falls nein, warum nicht? Die Frage stellt sich für die Bundesregierung nicht (vgl. insoweit die Vorbemerkung der Bundesregierung). 6. Welche Gründe sprechen nach Auffassung der Bundesregierung für eine Vergesellschaftung von Wohnraum nach Artikel 15 GG vor dem Hintergrund einer Abwägung der Eigentumsrechte großer Wohnkonzerne auf der einen und des öffentlichen Interesses an bezahlbarem Wohnraum für die Bürgerinnen und Bürger (auch in angespannten Wohnungsmärkten) auf der anderen Seite? Diese Frage stellt sich der Bundesregierung nicht (vgl. insoweit die Vorbemerkung der Bundesregierung). 7. Teilt die Bundesregierung die Rechtsansicht, dass die Entschädigungspflicht des Artikel 15 GG anders als die des Artikel 14 GG lediglich „Billigkeitscharakter “ haben muss (so Seifert/Hömig (Antoni), GG Artikel 15, Rdnr. 6; Ridder, VVDStRL 10 (1952), S. 124 (144  ff.); Weber, NJW 1950, 401 (402))? a) Könnte diese Tatsache Einfluss auf die Bewertung der Bundesregierung zum Mittel und der Möglichkeit von Vergesellschaftungen von großen Wohnkonzernen nach Artikel 15 GG haben? b) Falls nein, warum nicht? Die Fragen 7 bis 7b werden gemeinsam beantwortet. Wie in der Vorbemerkung der Bundesregierung ausgeführt, verfolgt die Bunderegierung einen grundlegend anderen Ansatz. Für die Bunderegierung stellt sich diese Frage daher nicht. 8. Ist nach der Rechtsauffassung der Bundesregierung eine Entschädigung für die Vergesellschaftung von Wohnraum nach Artikel 15 GG unterhalb des Verkehrswerts möglich, und wenn nein, warum nicht? Diese Frage stellt sich für die Bundesregierung nicht; auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 9. Kann nach Ansicht der Bundesregierung die Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit ein gesetzlicher Rahmen sein, um nach Anwendung des Artikel 15 GG Wohnraum rechtssicher „in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft“ zu überführen? Die preisgünstige Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen ist grundsätzlich kein gemeinnütziger Zweck. Dagegen spricht nicht nur, dass in einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung die Produktion und der Vertrieb von Gütern und Dienstleistungen vorrangig eine Aufgabe der privatwirtschaftlichen Betätigung der Unternehmen darstellt. Vielmehr ist auch zu beachten, dass die Steuervergünstigungen wegen Gemeinnützigkeit ihre Grenze im Wettbewerbsgedanken finden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/9595 Allgemein weist die Bundesregierung darauf hin, dass die mit der früheren Wohnungsgemeinnützigkeit verbundenen erheblichen Nachteile Grund für die Abschaffung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zum Ablauf des 31. Dezember 1989 gewesen sind. U. a. kontraproduktiv war das Modell der Kostenmiete (kalkulatorische Miete, die zur Erstattung sämtlicher Kosten zzgl. einer vorgegebenen Eigenkapitalrendite von vier Prozent erforderlich ist). Mit der Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals war eine Renditegarantie verbunden. Es bestand kein Anreiz zum wirtschaftlichen Handeln und kostensparenden Bauen. Effizienzgewinne wurden durch geringere Subventionen bestraft. Wegen unwirtschaftlichen Handelns waren Kostenmieten teilweise höher als Marktmieten. Insgesamt standen Aufwand und Nutzen nicht ein einem vernünftigen Verhältnis. 10. Welche anderen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, große Wohnungskonzerne auf eine sozial verträgliche Bewirtschaftung ihrer Bestände zu verpflichten? 11. Welche Gesetzesinitiativen plant die Bundesregierung, um große Wohnungskonzerne auf eine sozial verträgliche Bewirtschaftung ihrer Bestände, oder auf gemeinwohlorientierte Ziele zu verpflichten? Die Frage 10 und 11 werden zusammen beantwortet. Das soziale Wohnraummietrecht sorgt für einen zivilrechtlichen Schutz der Mieterinnen und Mieter und bringt die Interessen der beiden Vertragsparteien in einen angemessenen Ausgleich. Es ist parallel zum stufenweisen Abbau der Wohnungszwangswirtschaft eingeführt worden. Neben den allgemeinen Vorschriften für Mietverhältnisse (§§ 535 bis 548 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) gelten heute die speziellen Vorschriften für Wohnraummietverhältnisse (§§ 549 bis 577a BGB), die dem Wohnraummieter einen besonderen Schutz vor Kündigung (§§ 573 ff. BGB) und bei Mieterhöhung (§§ 557 ff. BGB) gewähren. Schließlich legt das Mietrecht dem Vermieter die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache während der gesamten Mietdauer auf (§ 535 Absatz 1 Satz 2 BGB). Entsprechende Maßnahmen sind durch Miete abgegolten. Von diesen mieterschützenden Vorschriften darf in der Regel nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden. Mit dem am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Mietrechtsanpassungsgesetz sind weitere Regelungen zum Schutz der Mieter eingeführt worden. Zum einen ist der Satz, mit dem die Miete nach einer Modernisierung erhöht werden kann, bundesweit von jährlich elf Prozent auf acht Prozent der für die Modernisierung aufgewendeten Kosten abgesenkt worden. Zum anderen wurde eine absolute Kappungsgrenze für die Mieterhöhung nach einer Modernisierung eingeführt. Darüber hinaus können Vermieter, die in der Absicht, einen Mieter zur Beendigung des Mietverhältnisses zu veranlassen, eine bauliche Veränderung in missbräuchlicher Weise durchführen, mit einer Geldbuße von bis zu 100 000 Euro geahndet werden. Zur Verbesserung der Rechtssicherheit von Mietspiegeln sind Änderungen im Mietspiegelrecht geplant. Das Ergebnispapier des Wohngipfels vom 21. September 2018 sieht vor, den Betrachtungszeitraum für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete von vier auf sechs Jahre zu verlängern. Die Vereinbarung soll im Jahr 2019 umgesetzt werden. Darüber hinaus sieht der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode vom 12. März 2018 vor, die Mietpreisbremse auf Geeignetheit und Wirksamkeit zu bewerten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9595 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode und dabei auch die praktische Bedeutung und die Erkenntnisse aus der Rechtsprechung zu berücksichtigen. Zwischenzeitlich hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin die Wirkungen der Mietpreisbremse evaluiert und diese Untersuchung Ende des Jahres 2018 vorgelegt. Vor diesem Hintergrund wird derzeit die Frage der Verlängerung der Mietpreisbremse geprüft. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333