Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9614 19. Wahlperiode 24.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kay Gottschalk, Albrecht Glaser, Franziska Gminder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/9111 – Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Eine wesentliche Voraussetzung für die Beteiligung des Bundes an einem privatrechtlich organisierten Unternehmen wie der Commerzbank AG ist nach § 65 Absatz 1 Nummer 1 der Bundeshaushaltsordnung das Vorliegen eines wichtigen Bundesinteresses. Der Bund hält über den Finanzmarktstabilisierungsfonds einen Anteil von 15,6 Prozent an der Commerzbank. Der Finanzmarktstabilisierungsfonds wurde im Jahr 2008 errichtet. Ziel – und damit wichtiges Bundesinteresse – ist es, das Vertrauen in das Finanzsystem wiederherzustellen und den Finanzsektor zu stabilisieren (Beteiligungsbericht des Bundes 2017 vom 20. Februar 2018, Seite 48). Der Bund ist größter Einzelaktionär der Commerzbank (www.commerzbank.de/de/hauptnavigation/aktionaere/aktie/ aktionaersstruktur/aktionaere.html). Der Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz und der für Banken zuständige Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen Dr. Jörg Kukies sollen die Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank AG und der Commerzbank dazu gedrängt haben, ein Zusammengehen der beiden Banken zu prüfen. Innerhalb der nächsten Wochen, am besten vor der Europawahl Ende Mai 2019, erwarte man in Berlin eine Reaktion der beiden (WELT AM SONNTAG vom 10. März 2019, S. 31). Die Deutsche Bank und die Commerzbank haben am 17. März 2019 nach getrennten Sitzungen ihrer Vorstände in Frankfurt am Main mitgeteilt, dass sie mit formellen Fusionsgesprächen beginnen (www.faz.net/aktuell/wirtschaft/offiziellefusionsgespraeche -zwischen-deutscher-und-commerzbank-16093386.html). Die Auswirkungen einer möglichen Fusion sind erheblich. Die Gewerkschaft Verdi geht davon aus, dass „mindestens 10 000 weitere Arbeitsplätze akut gefährdet wären – zuzüglich der darüber hinaus perspektivisch wegfallenden Arbeitsplätze , weil die Fusion die an das neue Institut gestellten Wachstumserwartungen aus heutiger Sicht nicht erfüllen wird“. Das sind noch vorsichtige Schätzungen . Investoren taxieren den drohenden Stellenabbau eher auf 30 000 Arbeitsplätze oder mehr (www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/ deutsche-bank-und-commerzbank-gewerkschaften-lehnen-bankenfusion-ab-scharfekritik -an-scholz/24094912.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9614 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank würde im Fall einer Fusion darauf bestehen, dass die möglichen Kosteneinsparungen zügig und konsequent angegangen werden. Analysten gehen davon aus, dass durch den Zusammenschluss der beiden Geldhäuser bis zu 40 Prozent der Kosten der Commerzbank wegfallen könnten (www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/ grossbanken-zusammenschluss-deutsche-bank-und-commerzbank-loten-inoffiziellfusion -aus/24085332.html). Nach Angaben aus Finanzkreisen signalisierte die Bundesregierung am 16. März 2019, dass sie einer harten Restrukturierung und einem umfangreichen Stellenabbau nicht im Wege stehen würde (Handelsblatt vom 18. März 2019, S. 4). Sollten sich die Deutsche Bank und die Commerzbank unter dem Dach einer Holding zusammenschließen, müssten die unter dem Dach der Holding eingebrachten Einheiten der Banken ihre stillen Reserven neu bewerten und die Gewinne daraus versteuern (WELT AM SONNTAG vom 10. März 2019, S. 31). In einem solchen Konstrukt würden auch Kapitallöcher wieder sichtbar und müssten gegebenenfalls gestopft werden. Die Commerzbank hält zahlreiche Staatsanleihen von eher geringerer Qualität, die Deutsche Bank sitzt auf einem Berg komplexer Derivate (www.faz.net/aktuell/wirtschaft/offiziellefusionsgespraeche -zwischen-deutscher-und-commerzbank-16093386.html). 1. Hält die Bundesregierung eine global agierende Großbank in Deutschland für erforderlich, und wenn ja, mit welcher konkreten Zielrichtung? Die Frage wird so verstanden, dass hier nach dem Interesse der Bundesregierung in Bezug auf den deutschen Finanzmarkt gefragt wird. Große und international aktive europäische Banken unterliegen auch dem internationalen Wettbewerb in der Bankenindustrie. Im internationalen Wettbewerb besteht die Herausforderung für Banken insbesondere darin, ihr Kundengeschäft in Europa zu erhalten und auszubauen. In Europa und darüber hinaus grenzüberschreitend tätige Finanzinstitute und Banken, die ihr Geschäftsmodell auch und insbesondere auf die Versorgung europäischer Unternehmen mit Finanzdienstleistungen ausrichten wollen, sollten daher nach Ansicht der Bundesregierung unter anderem ein risikoadäquates Geschäftsmodell verfolgen, welches die produktive Verwendung der Mittel von europäischen Sparern, des Kapitals von europäischen Unternehmen und anderen Kapitalgebern im europäischen und internationalen Raum gewährleistet und insbesondere letztere in Bezug auf ihre europäischen und globalen Tätigkeiten und Projekte unterstützt. Dies kommt letztlich auch der deutschen Realwirtschaft zugute. Grundsätzlich wird die volkswirtschaftliche Entwicklung in Deutschland maßgeblich auch von einem funktionsfähigen und stabilen Bankensystem gestützt, welches die Versorgung der Realwirtschaft mit Finanzierungsinstrumenten sicherstellen kann. Ein starker Bankensektor ist daher im volkswirtschaftlichen Interesse Deutschlands. Die aktuell schwache Ertragslage ist eine große Herausforderung für den deutschen Finanzsektor. Daher ist es aus Sicht der Bundesregierung wichtig, dass Banken ihre Geschäftsmodelle überprüfen und bei Bedarf anpassen , um auch langfristig eine positive wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zu unterstützen. Die deutsche Realwirtschaft mit dem Mittelstand als zentraler Stütze der deutschen Volkswirtschaft hat sich historisch gemeinsam mit dem Bankensystem und seiner spezifischen Struktur in Deutschland entwickelt. Dieses Zusammenspiel von Realwirtschaft und Finanzwirtschaft mit dem dreigliedrigen Bankensystem bildet eine wesentliche Grundlage für wirtschaftliches Wachstum in Deutschland. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9614 Auch in Zukunft wird es wichtig sein, dass die differenzierte und international aktive deutsche Realwirtschaft mit einem ebenso differenzierten und internationalen Angebot an Finanzdienstleistungen versorgt wird. 2. Hat das Bundesministerium der Finanzen direkt bzw. indirekt Einfluss genommen auf das Einleiten von Sondierungen zwischen den beiden Banken? 3. Beteiligt sich die Bundesregierung an den Gesprächen zwischen den beiden Banken zu einem möglichen Unternehmenszusammenschluss? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. Das Bundesministerium der Finanzen hat weder direkt noch indirekt Einfluss genommen auf das Einleiten von Sondierungen zwischen den beiden Banken. Die beiden Banken haben sich gemäß ihren ad hoc-Mitteilungen vom 17. März 2019 darauf verständigt, ergebnisoffene Gespräche über einen eventuellen Zusammenschluss aufzunehmen. Die Bundesregierung hat dies zur Kenntnis genommen . Es handelt sich um die Entscheidung zweier privatwirtschaftlicher Unternehmen, die bekanntgegeben haben, dass sie ergebnisoffen in Gespräche über eine engere Kooperation einsteigen wollen. Privatwirtschaftliche Unternehmen treffen ihre Entscheidungen in eigener Verantwortung. 4. Betrachtet die Bundesregierung mögliche Effekte aus einem Unternehmenszusammenschluss auf das Personal sowie die Kostenstruktur, und sieht sie vor, Einfluss zu nehmen, insbesondere auf einen Arbeitsplatzabbau? Der Bundesregierung liegen nicht die Daten über alle möglicherweise anfallenden Kosten oder Konsequenzen eines möglichen Fusionsprozesses bezüglich der in Rede stehenden Institute vor. Darüber hinaus ergibt sich die betriebswirtschaftliche Situation von Instituten nach einem Zusammenschluss erst als Ergebnis des vorgelagerten Bewertungsund Entscheidungsprozesses. Die betriebswirtschaftliche Situation ist abhängig von den im Verlauf eines solchen Prozesses getroffenen Bewertungen und den darauf aufbauenden privatwirtschaftlichen Unternehmensentscheidungen der verantwortlichen Institutsleitungen. Insoweit sind die Ergebnisse von etwaigen Fusionsprozessen auch von der Bundesregierung nicht vorhersehbar. Davon unbenommen beteiligt sich die Bundesregierung nicht an Spekulationen in Bezug auf mögliche Konsequenzen von offenen Entscheidungen privatwirtschaftlich tätiger Unternehmen und nimmt zu entsprechenden Spekulationen keine Stellung. Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 5. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung einen Zeitplan für einen möglichen Unternehmenszusammenschluss, und wenn ja, welche Meilensteine sind vorgesehen? Die Aufstellung eines konkreten Zeitplans läge in der Verantwortung der handelnden Unternehmen und ihrer Organe. Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde bisher kein Zeitplan von den Unternehmen veröffentlicht. Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9614 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Spielt die in Presseberichten genannte Europawahl nach Kenntnis der Bundesregierung eine Rolle für den möglichen Unternehmenszusammenschluss (WELT AM SONNTAG vom 10. März 2019, S. 31)? Wenn ja, welche? Die Bundesregierung beteiligt sich nicht an solchen Spekulationen und nimmt zu den Berichten in der Presse nicht Stellung. Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 7. Bejaht die Bundesregierung weiterhin das nach § 65 Absatz 1 Nummer 1 der Bundeshaushaltsordnung erforderliche wichtige Bundesinteresse für eine Beteiligung an der Commerzbank? 8. Geht die Bundesregierung davon aus, dass sich der vom Bund angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt (§ 65 Absatz 1 Nummer 1 der Bundeshaushaltsordnung)?  9. Welche Alternativen wurden bzw. werden in Erwägung gezogen?  10. Sieht die Bundesregierung die Voraussetzungen des § 65 Absatz 1 Nummer 1 der Bundeshaushaltsordnung für eine Beteiligung des Bundes auch bei einem möglichen Unternehmenszusammenschluss als erfüllt an? Die Fragen 7 bis 10 werden zusammen wie folgt beantwortet. Die Commerzbank AG und die Deutsche Bank AG haben sich gemäß ihren ad hoc-Mitteilungen vom 17. März 2019 darauf verständigt, ergebnisoffene Gespräche über einen eventuellen Zusammenschluss aufzunehmen. Zu Spekulationen und hypothetischen Fragestellungen in Bezug auf den Ausgang dieser Gespräche äußert sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht. Darüber hinaus gilt, dass über den Umgang mit der auf Basis der Regelungen des § 7 des Finanzmarktstabilisierungsfondgesetzes (FMStFG) eingegangenen Beteiligung des Finanzmarktstabilisierungsfonds an der Commerzbank gemäß § 4 Absatz 1 FMStFG ein interministerieller Lenkungsausschuss aus Vertretern des Bundesministeriums der Finanzen, des Bundeskanzleramtes, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz sowie einem Vertreter der Bundesländer auf Vorschlag der Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur GmbH entscheiden würde. 11. Gibt es Planungen im Bundesministerium der Finanzen, das aktuelle Holding -Recht zu ändern, und wenn ja, welche?  Änderungen sind derzeit nicht geplant (siehe auch Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/8406). Im Übrigen ist anzumerken, dass Fragen nach etwaigen Plänen der Bundesregierung grundsätzlich laufende Vorgänge betreffen können, so dass der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung betroffen wäre. Aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 124, 78 [120f]; BVerfGE 137, 185 [234]) folgt ein Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung , der einen auch parlamentarisch grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt. Die Kontrollkompetenz des Deutschen Bundestages bezieht sich grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333