Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 17. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9615 19. Wahlperiode 24.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bernd Baumann, Dr. Gottfried Curio, Jochen Haug, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/8948 – Aufforderung zur Offenlegung von AfD-Mitgliedschaften und -Kontakten bei Mitarbeitern des Bundesamtes für Verfassungsschutz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach einem Pressebericht vom 1. März 2019 hat Frau C. H., die Geheimschutzbeauftragte des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), die Mitarbeiterschaft der Behörde mit einem Rundschreiben vom 24. Januar 2019 dazu aufgefordert , der Geheimschutzstelle zu melden, ob sie Kontakte zur AfD unterhalten (www.welt.de/politik/deutschland/article189633761/Pruefverfahren- Verfassungsschuetzern-drohen-Konsequenzen-bei-AfD-Kontakten.html u. Focus 11/2019, S. 7). In dem Rundschreiben, welches der Presse vorliegt, heißt es, es sei für die Geheimschutzstelle relevant, „ob einzelne Amtsangehörige des BfV durch Kontakte zu AfD-Mitgliedern oder eine eigene Mitgliedschaft in dieser Partei in sicherheitsrelevante Konfliktsituationen geraten können“. Weiter heißt es darin: „Alle Amtsangehörigen werden daher gebeten zu prüfen, ob sich in ihrem persönlichen Umfeld Kontakte zu Angehörigen der AfD ergeben haben oder fortbestehen .“ Wenn dem so ist, dann sollen sich die Verfassungsschutzmitarbeiter laut dem Schreiben an die Geheimschutzstelle wenden, „um in einem vertrauensvollen Gespräch den jeweiligen Sachverhalt zu erörtern“ (www.bild.de/ politik/ausland/politik-ausland/interner-brief-verfassungsschutz-sucht-afdanhaenger -in-eigenen-reihen-60447262.bild.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9615 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Existenz des Rundschreibens der Geheimschutzstelle des Bundesamtes für Verfassungsschutz an die Mitarbeiter der Behörde betreffend der Mitgliedschaft in der AfD und Kontakten zu AfD-Mitgliedern? Ja. 2. Welchen Inhalt hat dieses Rundschreiben der Geheimschutzstelle? Es handelt sich um ein internes Informationsschreiben an die Belegschaft des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), mit der Bitte, bei möglich erscheinenden Interessenkonflikten das Beratungsangebot der Geheimschutzbetreuung des BfV in Anspruch zu nehmen. 3. Ist diese Maßnahme mit der Hausleitung des BfV, insbesondere mit dem BfV-Präsidenten Thomas Haldenwang, abgestimmt bzw. von ihr genehmigt worden? Ja. 4. Auf wessen Initiative ist diese Maßnahme erfolgt? Die Maßnahme ist auf Initiative der Geheimschutzbeauftragten des BfV erfolgt. 5. Auf welcher rechtlichen Grundlage ist diese Maßnahme erfolgt? Es handelt sich um ein Informationsschreiben, in dem auf bestehende Obliegenheiten hingewiesen wird, mögliche Interessenkonflikte bzw. Überschneidungen von dienstlichen und privaten Belangen anzuzeigen, um eine ordnungsgemäße und unparteiische Aufgabenerfüllung sicherzustellen. Das Schreiben erfolgte vor fürsorgerechtlichem Hintergrund und dient der Sensibilisierung. Die in dem Schreiben enthaltene, an die Beschäftigten des BfV gerichtete Bitte enthält keine Verpflichtung. 6. Wurde das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) über diese Maßnahme informiert, und falls ja, wann, und wer? Das BfV hat einen Entwurf des Schreibens im Rahmen einer Tagung der Amtsleiter des Verfassungsschutzverbundes am 23. Januar 2019 verteilt. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) war auf Fachreferatsebene vertreten. 7. Hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat diese Maßnahme gebilligt, und falls ja, wann, und durch wen, bzw. auf welcher Ebene? Das BMI billigt die Maßnahme der Geheimschutzbeauftragten des BfV; eine förmliche Bitte um Zustimmung des BMI zu dem beabsichtigten Vorgehen der BfV-internen Veröffentlichung des Schreibens am 24. Januar 2019 hat es nicht gegeben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9615 8. Ist das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat am weiteren Verlauf der Maßnahme beteiligt, und falls ja, wann, und durch wen, bzw. auf welcher Ebene? Nein, es handelt sich um eine BfV-interne Sensibilisierung durch die Geheimschutzbetreuung des BfV. 9. Gab es in der Vergangenheit vergleichbare Fälle, in denen BfV-Mitarbeiter aufgefordert wurden, ihre Kontakte zu (einfachen) Mitgliedern von Parteien offenzulegen, die vom BfV geprüft werden, und wenn ja, welche? a) Falls es in der Vergangenheit keinen vergleichbaren Fall gab, woraus ergibt sich in diesem Fall die Notwendigkeit zu der erstmalig getroffenen Maßnahme, insbesondere zur Aufforderung der Selbstoffenbarung von Kontakten zu einfachen AfD-Parteimitgliedern? b) Falls es in der Vergangenheit keinen vergleichbaren Fall gab, warum wurde diese Maßnahme nicht auch in Bezug auf andere Parteien getroffen, z. B. betreffend DIE LINKE. (bitte die Differenzierungsgründe und -erwägungen im Einzelnen konkret ausführen)? Die Fragen 9 bis 9b werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . In der Vergangenheit hat es eine vergleichbare Sensibilisierung hinsichtlich der Gruppierung der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ und der Scientology-Organisation gegeben. Die Entscheidung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wege eines Informationsschreibens zu sensibilisieren, wird je nach Lage des konkreten Falles – insbesondere , wenn neue Phänomene in das Blickfeld des BfV rücken – getroffen. Jeder Entscheidung, mit Blick auf alle Phänomenbereiche und andere Parteien, lag und liegt eine Einzelfallprüfung und -abwägung zugrunde, die sich generalisierenden Aussagen zu Differenzierungsgründen und -erwägungen entziehen. 10. Welche Arten von Bekanntschaften zu (einfachen) AfD-Mitgliedern sind aus Sicht des BfV aus welchem konkreten Grund sicherheitsrelevant? Sicherheitsrelevante Umstände sind auf Grundlage des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG), hier insbesondere § 5 Absatz 1 SÜG, zu bewerten und Gegenstand einer Erwägung im Einzelfall. 11. Welches Handlungskonzept verfolgt und realisiert die BfV-Geheimschutzstelle bzgl. etwaiger Rückmeldungen aus der Mitarbeiterschaft konkret? Das Beratungsangebot der Geheimschutzbetreuung des BfV dient zuvörderst der Unterstützung bei einem möglich erscheinenden Interessenkonflikt, der zwischen dienstlicher Loyalitätsverpflichtung und privatem Umfeld entstehen könnte. Ziel ist es, betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mögliche Lösungen dieser Konfliktsituationen aufzuzeigen. Aufgrund der Vielzahl möglicher Lebenssachverhalte müssen Handlungsoptionen zwingend in persönlichen, vertrauensvollen Gesprächen entwickelt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9615 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Sollen bzw. werden entsprechende Kontaktmeldungen im Hinblick auf das jeweilige AfD-Mitglied persönlich bzw. namentlich konkretisiert, dokumentiert und aktenkundig gemacht? 13. Werden bzw. sollen in diesem Verfahren benannte AfD-Mitglieder (wenn ja, von welcher Stelle, und mit welchen konkreten Maßnahmen) näher recherchiert bzw. aufgeklärt werden? Die Fragen 12 und 13 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine Speicherung personenbezogener Daten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften. Dies setzt in jedem Fall eine Einzelfallprüfung voraus. 14. Gab es aufgrund der Rückmeldungen von BfV-Mitarbeitern auf das Rundschreiben bereits Umsetzungen oder anderweitige Maßnahmen oder Konsequenzen , und falls ja, konkret welche, und in wie vielen Fällen? Nein. 15. Welche anderweitigen Reaktionen als die intendierten Rückmeldungen erfolgten auf das Rundschreiben aus der Mitarbeiterschaft des BfV? Keine. 16. Besteht die Aufforderung der Geheimschutzstelle an die BfV-Mitarbeiter weiterhin oder wurde sie nach den Reaktionen in Presse und Öffentlichkeit eingestellt, und falls ja, wann, wie und warum? Es handelt sich um ein weiterhin bestehendes Beratungsangebot an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfV. Ein Verzicht auf das unterbreitete Gesprächsangebot würde Sinn und Zweck der Geheimschutzbetreuung zuwiderlaufen . 17. Wie stellt der Präsident des BfV angesichts seiner eigenen Mitgliedschaft in einer mit der AfD konkurrierenden Partei seine neutrale Amtsführung sicher ? Für den Präsidenten gelten, wie für jeden anderen Beamten auch, die sich aus § 60 Absatz 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) ergebenden Grundpflichten. 18. Wie wirkt das BMI als Fach- und Dienstaufsicht allgemein auf die Gewährleistung einer neutralen Amtsführung des Präsidenten des BfV ein, und wie hat das BMI in diesem konkreten Fall agiert bzw. reagiert? Die Neutralitätspflicht ist als Grundpflicht des Berufsbeamtentums in § 60 BBG ausgestaltet. Sie gilt grundsätzlich für alle Bundesbeamten, wobei sie für politische Beamte – wie den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz – mit der Maßgabe zum Tragen kommt, dass diese ihre Amtsführung in fortdauernder Übereinstimmung mit den politischen Vorgaben der ministeriellen Leitung auszuüben haben. Mit Blick auf den aktuellen Sachverhalt beim BfV bestehen aus Sicht der Dienst- und Fachaufsicht keine Zweifel an der uneingeschränkten Erfüllung der beamtenrechtlichen Verpflichtungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9615 19. Haben der Präsident des BfV und die Vizepräsidenten des BfV Kontakte zu Mitgliedern von Parteien oder Parteigliederungen, die vom BfV geprüft oder beobachtet werden, und wenn ja, welche? Im Rahmen der dienstlichen Tätigkeit kann es zu Kontakten der Amtsleitung des BfV zu Mitgliedern aller Parteien kommen. 20. Welche Maßnahmen ergreift nach ihrem Handlungskonzept die Geheimschutzbeauftragte des BfV für diesen Fall, sind hier ebenfalls Um- bzw. Versetzungen eine Handlungsoption, und wenn nein, warum nicht? Das Beratungsangebot der Geheimschutzbeauftragten des BfV knüpft an eine mögliche AfD-Mitgliedschaft oder Nähe zur AfD von Beschäftigten des BfV an. Die in der Antwort zu Frage 19 genannten dienstlichen Kontakte der Amtsleitung des BfV sind damit nicht vergleichbar und bieten für entsprechende Maßnahmen keinen Anlass. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333