Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 17. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9654 19. Wahlperiode 23.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Neumann, Michael Theurer, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/9094 – Ansiedlung einer Batteriezellproduktion in der Lausitz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Rahmen der Debatte zur Strukturentwicklung fordert die Bundesregierung von den betroffenen Regionen zu Recht besondere Bemühungen und Ideen. Insbesondere die Lausitz hat aktuell mit der Initiative #WelcomeTesla (siehe www.welcome-tesla.com) ein beispielhaftes Engagement vorzuweisen, das den Weg in eine neue Wertschöpfungskette für die Region mit einem Nukleus aus Fertigung sowie Forschung und Entwicklung ebnen kann. 125 000 Unterstützer aus unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen geben der Initiative eine länderübergreifende Legitimation. Dieser Ansatz für ein neues, industrielles Cluster in einem hochinnovativen Zukunftsfeld erfüllt viele der in den Berichten der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ aufgezeigten Aspekte für einen erfolgreichen Strukturwandel auf herausragende Art und Weise. Die Ansiedlung einer „ggf. auch länderübergreifenden, europäischen Zellenproduktion für die nächste Batteriegeneration “ hat als Projekt Nummer 1 der Projektvorschläge Strukturentwicklung in Brandenburg prominent Eingang in die Überlegungen der Kommission gefunden. Auch die Eckpunkte des Batteriezellkonzepts zum Aufbau einer Fertigung in der Lausitz, welches vom BMWi im Oktober 2018 in die parlamentarische Beratung gebracht wurde, bestätigen dies. Dort heißt es zum Aufbau von Kompetenzen im Bereich Batterien: „dennoch haben sich in den Technologieregionen Ostdeutschlands einige bemerkenswerte Clusterstrukturen entwickelt. Konkret wurden in den vergangenen 10 Jahren insgesamt 39 Forschungs- und Entwicklungsprojekte für Speichertechnologien […] mit einem Fördervolumen von insgesamt rd. 18 Mio. Euro gefördert […].“ Leider umfasst das Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) wenig konkrete Aussagen zum Aufbau einer Fertigung in der Lausitz. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9654 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Mittels welcher konkreten Maßnahmen bemüht sich die Bundesregierung um die Ansiedlung einer Batteriezellproduktion in der Lausitz (z. B. durch Contemporary Amperex Technology – CATL –, Tesla Gigafactory Europe oder ähnliche industrielle Ansiedlungen)? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat am 28. Februar 2019 eine Förderbekanntmachung publiziert, auf deren Basis sich interessierte Investoren um eine Ansiedlung einer Zellfertigung z. B. auch in der Lausitz bewerben können. Das Ausschreibungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die von CATL angekündigte Fabrik in Thüringen soll in der Endausbaustufe 14 Gigawattstunden Produktionskapazität für Batterien aufweisen. Die Firma Tesla hat ihre Überlegungen zur Ansiedlung einer weiteren Zellfertigung weltweit noch nicht abgeschlossen. 2. Sofern bereits konkrete Verhandlungen geführt werden, wie weit sind diese gediehen, und wer ist seitens der Bundesregierung im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie der Ansprechpartner für Investoren? Auf der Basis der ersten Verfahrensstufe der Förderbekanntmachung des BMWi werden derzeit Gespräche geführt. Alle Investoren, die Förderskizzen eingereicht hatten, haben die Möglichkeit erhalten, diese weiter zu präzisieren. Ein das Verfahren unterstützender Projektträger wird in einem noch andauernden Verfahren ermittelt und voraussichtlich ab Mai bekannt gegeben. 3. Wurden bislang seitens der Bundesregierung klare Rahmenbedingungen für die Erarbeitung von Standortkonzepten für eine Batteriefabrik definiert? Falls ja, durch wen wurden diese erarbeitet, und wie lauten diese im Detail? Falls nein, warum ist dies bislang nicht erfolgt? Die Kriterien sind in der Förderbekanntmachung des BMWi erörtert. Da der Förderrahmen in Übereinstimmung mit den von der Europäischen Kommission eröffneten Möglichkeiten der „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) aufgestellt wurde, orientieren sich die Kriterien an der Mitteilung der Europäischen Kommission zu den Kriterien für die Würdigung der Vereinbarkeit von staatlichen Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamen europäischen Interesse mit dem Binnenmarkt (2014/C 188/02). Dabei soll durch die potentiell zu fördernden Arbeitsgemeinschaften die Wertschöpfungskette berücksichtigt werden. Diese reicht von der Gewinnung der Ressourcen und den Elektroden-Materialien über die eigentliche Batteriezellproduktion bis zur Integration der Zellen und der nachhaltigen und umweltverträglichen Wiederverwendung und Entsorgung. Ein derartiges wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (Important Project of Common European Interest, IPCEI) zur Batteriezellfertigung muss sich dementsprechend durch einen hohen Innovationsgehalt, d. h. durch einen erheblichen Anteil an Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auszeichnen . Zudem sind positive Spill-Over-Effekte auf den Binnenmarkt (z. B. systemrelevante Auswirkungen auf mehreren Ebenen der Wertschöpfungskette oder den vor- bzw. nachgelagerten Märkten, bzw. Verwendungen in anderen Wirtschaftszweigen) und auf die europäische Gesellschaft erforderlich, um so einen wesentlichen Beitrag zum Wachstum, zur Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der EU zu leisten. Die nach Beendigung der Förderung herzustellenden Batteriezellen sollen durch exzellente Leistungsdaten sowie durch eine nachhaltige und umweltverträgliche Fertigung ausgezeichnet sein, die Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9654 sich dadurch gegenüber Wettbewerbern abheben und Wettbewerbsvorteile generieren . Die Vorteile des Vorhabens dürfen jedoch nicht auf die Unternehmen oder den betreffenden Sektor beschränkt sein, sondern müssen von größerer Relevanz sein. Zudem sollen sie klar und auf eine konkrete und erkennbare Art und Weise definiert sein. An diesen Vorhaben sollen sich Unternehmen aus mehreren EU- Mitgliedstaaten im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft beteiligen und es ist in Deutschland durchzuführen. 4. Wie steht es um die Bemühungen der Bundesregierung zur Ansiedlung einer europäischen bzw. einer deutschen Batteriefabrik nebst kompletter Wertschöpfungskette ? Die Gespräche lassen einen erfolgreichen Ausgang erwarten. 5. Da die Lausitz laut Bekenntnis der Bundesregierung bei industriellen Ansiedlungen im Fokus steht, besteht im Falle der Ansiedlung einer Batteriefabrik ein politisches Bekenntnis der Bundesregierung, ein solches Vorhaben in der Lausitz zu priorisieren? Interessierte Investoren hatten auf der Basis der Förderbekanntmachung des BMWi die Möglichkeit, Vorschläge für Investitionsvorhaben entlang der gesamten Wertschöpfungskette einzureichen. 6. Wenn entscheidender ein Standortvorteil im europäischen und nationalen Wettbewerb ein Planungsbeschleunigungsgesetz auch für industrielle Ansiedlungen in der Lausitz sein kann, wie es auch von der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ empfohlen und in parlamentarischen Gutachten für realisierbar erachtet wird, befindet sich ein solches Gesetz in Vorbereitung? Falls ja, wer steuert seitens der Bundesregierung den Prozess, und wann kann es für die Region praktisch anwendbar sein? Die Bundesregierung erarbeitet unter Federführung des BMWi derzeit die Eckpunkte für ein „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“. Dabei prüft die Bundesregierung auch die Möglichkeiten für eine projektbezogene Planungsbeschleunigung für konkrete Infrastrukturmaßnahmen in den betroffenen Regionen. 7. Wie verhält sich das Bundeswirtschaftsministerium zu den Zielen der sozialen Bewegung #WelcomeTesla, die den Ministerpräsidenten Brandenburgs und Sachsens am 31. Januar 2019 Listen mit rund 125 000 Unterschriften für eine Produktionsansiedlung übergeben hat? 8. Welche Einrichtungen des Bundes wären hier sinnvolle Multiplikatoren und Unterstützer? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Aus Gründen der Wettbewerbsneutralität kann dem Wunsch, eine Unterstützung zugunsten einer speziellen Firma auszusprechen, nicht nachgekommen werden. Unabhängig davon bildet das Lausitzer Revier einen Schwerpunkt des Abschlussberichts der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“. Sie hat sich dabei intensiv und wiederholt insbesondere mit der dortigen Arbeitsmarktlage und der dort vorhandenen Innovationskraft befasst. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9654 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Kommission hat in ihrem Abschlussbericht den Anspruch, die Lausitz als Energie-, Industrie- und Innovationsregion zu stärken und weiterzuentwickeln, fest verankert und Strategien aufgezeigt, an die im Zuge der weiteren Strukturentwicklung angeknüpft werden kann. Die Region wird darin unterstützt, mit Partnern und Investoren eine in die Zukunft gerichtete Wirtschaft mit neuer Wertschöpfung aufzubauen. 9. Da laut Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in Deutschland ein Institut für Speichertechnologien eingerichtet werden soll und hierfür auch die Lausitz in Betracht gezogen wird, wann und wo ist die Errichtung des Instituts geplant? Eine wissenschaftsgeleitete Diskussion hat ergeben, dass eine solche Institutsgründung die bereits kompetent und vielfältig besetzte Forschungslandschaft in Deutschland nicht mehr bereichern würde. Stattdessen wurde die Notwendigkeit erkannt, Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Speicher- und Batterietechnologien innerhalb und außerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft besser zu koordinieren und durch eine Forschungsfabrik Batteriezellfertigung zu erweitern, die auf die Entstehung einer derzeit nicht vorhandenen deutschen bzw. europäischen Serienfertigung von Batteriezellen hinwirken soll. Zur Umsetzung der Energiewende und aufgrund einer Analyse der Forschungslandschaft hat die Fraunhofer-Gesellschaft deshalb ein Konzept für die Gründung eines „Fraunhofer -Instituts für Energieinfrastruktur und Geothermie“ erarbeitet, das mit mehreren Standorten in Nordrhein-Westfahlen, Cottbus und Zittau umgesetzt werden soll. 10. Da das Institut als Fraunhofer-Institut vorgesehen ist, was zu einem Verdrängungseffekt bei der notwendigen Einwerbung von Drittmitteln führen kann, ist aus Sicht der Bundesregierung in Gebieten wie der Lausitz die regional und strukturell sinnvollere Ausfinanzierung als Helmholtz-Institut möglich? Falls ja, welche Bedingungen wären dafür zu erfüllen? Die Forschungseinrichtungen unterscheiden sich missionsorientiert: Die Fraunhofer -Gesellschaft hat den Fokus auf der angewandten, wirtschaftsnahen Forschung zur Stärkung der Innovationskraft. Helmholtz-Institute stellen eine Möglichkeit dar, eine bereits bestehende dauerhafte enge Zusammenarbeit auf spezifischen Themenfeldern, die sowohl für das beteiligte Helmholtz-Zentrum, als auch für die beteiligte Universität besonderes Gewicht haben, durch die Gründung einer Außenstelle des Helmholtz-Zentrums auf dem Campus der Universität zu stärken. Es handelt sich dabei nicht um ein regelmäßiges Instrument, zumal es zusätzliche Finanzmittel bindet. Über die Etablierung eines neuen Helmholtz- Instituts wird im Senat der Helmholtz-Gemeinschaft auf Grundlage eines strukturierten , wissenschaftsgeleiteten Auswahlprozesses entschieden. Derzeit ist nach Kenntnis der Bundesregierung keine Auswahlrunde geplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9654 11. Ist vor dem Hintergrund, dass der Bund durch Artikel 104b des Grundgesetzes ermächtigt ist, Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden bzw. Gemeindeverbände zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums zu leisten, die Gewährung dieser Finanzhilfen jedoch u. a. voraussetzt, dass eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Verwendungszweck vorliegt, ein Gesetz zur besonderen Unterstützung der Produktion bzw. Forschung im Bereich der Speichertechnologien , insbesondere in der Batterieproduktion bzw. Batteriezellproduktion vorgesehen? Falls ja, wann ist mit dem Vorliegen des Gesetzentwurfs zu rechnen? Falls nein, aus welchen Gründen sieht die Bundesregierung keinen Bedarf? Die Finanzierung besonders bedeutsamer Investitionen der Länder und Gemeinden durch Finanzhilfen nach Artikel 104b des Grundgesetzes setzt voraus, dass die Investitionsprojekte in einem Bereich erfolgen, für den der Bund eine Gesetzgebungskompetenz hat, unabhängig von der Inanspruchnahme. Das BMWi hat eine Förderbekanntmachung im Bereich der industriellen Fertigung für mobile und stationäre Batteriespeicher (Batteriezellfertigung) publiziert. Dafür sind im Haushalt des BMWi eine Milliarde Euro reserviert. Die Allokation der Finanzmittel wird im geltenden Rechtsrahmen und auf Basis eines wettbewerblichen Verfahrens ermittelt. Zusätzlicher Gesetze bedarf es dafür nicht. 12. Welche Schritte werden von den Lausitzer Akteuren erwartet, um die Batterieproduktion und Speicherforschung als industrielles Cluster für die Region zu definieren? Für die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen sind grundsätzlich die jeweiligen Länder zuständig. Es ist ihre Aufgabe mit den lokalen Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft regionale Entwicklungsstrategien zu konzipieren und umzusetzen. Die Länder sind entsprechend auch die richtigen Ansprechpartner für Akteure, die an der regionalen Profilbildung mitwirken wollen. Der Bund unterstützt diesen Prozess finanziell in einem vorgegebenen Rahmen. Er nimmt aber keinen Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung einzelner Projekte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333