Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 17. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9663 19. Wahlperiode 23.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Protschka, Franziska Gminder, Verena Hartmann, Peter Felser und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/8826 – Blauzungenkrankheit bei Rindern, Schafen und Ziegen – aktueller Stand und Maßnahmen zur Bekämpfung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ausgehend von Baden-Württemberg (Mitteilung des Ministeriums für ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2018, siehe https://bit.ly/2MGPH1Q) ist die Blauzungenkrankheit wieder ausgebrochen . Deutschland war seit 2012 frei von dieser Krankheit. Ein Ausbruch in den Jahren 2007 und 2008 war mit einer Zwangsimpfaktion bekämpft worden , bei der ca. 18 Millionen Impfdosen an Rinder verabreicht wurden (Mitteilung Friedrich-Löffler-Institut von 2010, www.openagrar.de/servlets/MCR FileNodeServlet/Document_derivate_00013696/Risikobewertung_Impfung_ BTV-8_091007.pdf). In engem zeitlichen Zusammenhang mit diesen Impfungen gab es in wenigen Betrieben plötzlich auftretende massive Krankheitsprobleme, stark steigende Zellzahlen in der Milch, Aborte, Störungen des zentralen Nervensystems, abgemagerte Tiere, die von manchen Tierärzten oder amtlichen Veterinären mit Selenmangel erklärt wurden, obwohl die Fütterung nicht verändert worden war und zusätzliche Selengaben keine Besserung brachten (www.tier-mensch.at/ diverses/schadensbericht.PDF, top agrar Österreich 12/2008, abrufbar bei www. tier-mensch.at/artikel/2009_01_06_blauzunge_Topagrar.pdf, Bauernstimme 11/2010, abrufbar bei www.bauernstimme.de/fileadmin/Dokumente/Verlag/ Bauernstimme.pdf/pdf-10/11-2010.pdf, Bauernstimme 5/2012, S. 18, abrufbar bei www.bauernstimme.de/fileadmin/Dokumente/Verlag/Bauernstimme.pdf/ pdf-12/05-2012.pdf und eine Fallsammlung der Rechtsanwaltskanzlei Schneider und Collegen in München von Landwirte-Klagen gegen diese Zwangsimpfung , dort v. a. S. 48, abrufbar bei www.schneider-collegen.de/media/BTV- 8_Teil2.pdf). Die betroffenen Landwirte fühlten sich von den Amtstierärzten und Tiergesundheitsdiensten allein gelassen und ein Zusammenhang mit der Impfung wurde geleugnet (ein Beispiel in der Petition Nr. 15/1826 an den Landtag von Baden- Württemberg, abrufbar bei www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/ dokumente/WP15/Drucksachen/3000/15_3268_D.pdf, Seite 26). Demgegenüber sagt die Vorschrift: „Alle Tierärzte sind entsprechend § 30 Absatz 3 der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9663 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Tierimpfstoff-Verordnung und nach den Berufsordnungen der Kammern zur Meldung von Nebenwirkungen verpflichtet“ (zitiert nach Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle 15. Jahrgang – 4/2008, S. 277). Die Aussagen den betroffenen Landwirten gegenüber kontrastieren mit einer Statistik, die von einem der mit diesen mutmaßlichen Impfschäden konfrontierten Tierärzte bei einem Symposium des Paul-Ehrlich-Instituts im Mai 2017 gezeigt wurde (https://verbraucherschutz.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/ Politik_und_Verwaltung/MS/LAV_Verbraucherschutz/veterinaermedizin/ veranstaltungen/symposium_fb4/zehntes/18_Nebenwirkungen_und_Impfschaeden_ bei_der_Blauzungenimpfung.pdf). Demnach wurden in den Jahren 2008 und 2009 annähernd 1 500 Meldungen zu Störungen bei Trächtigkeit und Geburt im Gefolge der Impfung gemacht, nach einer anderen Statistik (ebenda) 1 618 Meldungen insgesamt in den Jahren 2008 bis 2013. Von diesen Meldungen wurden bei 705 Fällen „ungenügende Informationen“ festgestellt. Trotzdem weigerten sich die Tiergesundheitsdienste in Bayern und Baden-Württemberg, kranke oder tote Tiere zu untersuchen (ebenda, Folie S. 15 und o. a. Petition). Es löst nach Ansicht der Fragesteller auch Fragen aus, warum in den Jahren 2008 und 2009 eine Pflichtimpfung angeordnet wurde, jetzt aber z. B. vom zuständigen Ministerium in Baden-Württemberg die Impfung nur noch empfohlen wird (https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/unser-service/presse-und-oeffentlichkeits arbeit/pressemitteilung/pid/startschuss-fuer-landesweite-impfkampagne-2019- in-markgroeningen/). Anders verfahren wurde mit Impfschäden bei der Impfung gegen die Bovine Virus Diarrhoe (BVD). Wegen der ebenfalls in den Jahren 2007 bis 2010 aufgetretenen Fälle von „Blutschwitzen“ bei Kälbern nach der Impfung der Mütter mit PregSure war von der Universität Gießen ein Forschungsprojekt aufgelegt worden, nach Kenntnis der Fragesteller „damals vom BMELF initiiert, auf Drängen von Klinikern, Aufsichtsbehörden, Impfstoffherstellern und Landwirten “ (persönliche Mitteilung eines an dem Forschungsprojekt beteiligten Wissenschaftlers ). Dieses Forschungsprojekt kam zum Ergebnis, dass das Blutschwitzen durch den verwendeten Impfstoff verursacht worden war (www. topagrar.com/rind/news/rind-news-blutschwitzen-neue-studie-bestaetigtzusammenhang -mit-pfizer-impfstoff-9366772.html). Die staatlichen Veterinärverwaltungen haben bezüglich Impfschäden ein schweres historisches Erbe zu tragen. Der Forscher Dr. Karl Strohmaier aus Tübingen , der maßgeblich zum Verbot der Maul- und Klauenseucheimpfungen beigetragen hat, schreibt am 11. Januar 1992 in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“: „Dieses Umdenken fiel besonders den Veterinärverwaltungen schwer, die in Fragen der Tierseuchenbekämpfung entscheiden. Viele Generationen von Studenten hatten auf den Veterinärhochschulen in Deutschland gelernt, dass nur durch Flächenimpfungen die Maul- und Klauenseuche bekämpft werden könne. Schon lange war bekannt, dass durch die Impfstoffherstellung und -anwendung Ausbrüche ausgelöst wurden und unerwünschte Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Allergien oder Aborte, auftraten. Trotzdem wurde die Impfung befürwortet . Als eine Nutzen-Kosten-Analyse der EG-Kommission, bei der auch die deutschen Verhältnisse untersucht worden waren, zu einem Votum gegen das weitere Impfen kam, widersprachen die Veterinärverwaltungen der Länder, die für den Tiergesundheitsdienst zuständig sind, und behaupteten, die Impfung habe sich bewährt. Beim Auftreten der Seuche 1987 in Großburgwedel direkt vor dem Tor eines Impfstoffwerkes, als im übrigen Europa kein Seuchenfall bekannt war, versteckte sich die Veterinärverwaltung in Hannover hinter der Angabe: ,Die Herkunft der Seuchenerreger konnte nicht eindeutig geklärt werden . Möglicherweise ist eine Einschleppung aus dem Ausland erfolgt.ʻ Mit dieser Verhaltensweise bewirkten die für die Bekämpfung Verantwortlichen, dass die Seuche in Europa bis in die jüngste Vergangenheit auftrat.“ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9663 1. Wie hoch war der finanzielle Beitrag des Bundes an die Universität Gießen zu dem Forschungsprojekt zum Thema Blutschwitzen in den Jahren bis zur Veröffentlichung 2011? Für das Forschungsprojekt „Ursachenermittlung der Bovinen Neonatalen Pancytopenie “ wurde für den Zeitraum vom 1. September 2010 (Projektbeginn) bis zum 28. Februar 2013 (Projektende) eine Bewilligungssumme in Höhe von 268 555,66 Euro zur Verfügung gestellt. 2. Welche Voraussetzungen müssten vorliegen, damit die Bundesregierung heute ein ähnliches Forschungsprojekt anregt und unterstützt, um die Nebenwirkungen der Impfungen gegen die Blauzungenkrankheit von 2008 bis heute untersuchen zu lassen, angesichts der Tatsache, dass es sich anfangs um behördlich angeordnete Zwangsimpfungen handelte und bis heute auch freiwillige Impfungen behördlich genehmigt werden müssen? Die Tierimpfstoffe gegen das Blauzungenvirus unterliegen, wie alle anderen Tierimpfstoffe gegen Tierseuchen, grundsätzlich dem Erfordernis der Zulassung. Die Zulassungsprüfungen umfassen dabei u. a. die Prüfung auf Qualität, Unbedenklichkeit und Sicherheit sowie Wirksamkeit sowie die Impfbedingungen. Die Antragsteller haben hierzu die erforderlichen und fundierten Daten vorzulegen. Nach Zulassung unterliegen auf dem Markt befindliche Tierimpfstoffe einer laufenden und systematischen Überwachung der Sicherheit. Ziel ist, unerwünschte Wirkungen zu entdecken, zu beurteilen und entsprechende Maßnahmen zur Risikominimierung ergreifen zu können. Bei Auffälligkeiten ist eine staatliche Forschungsprojektierung grundsätzlich nicht erforderlich, da die Zulassungsinhaber gefordert sind, Maßnahmen zu ergreifen. 3. Welche wissenschaftlichen oder praktischen Gründe führen dazu, dass im Unterschied zum Geschehen von 2007 bis 2012 die Bundesregierung und die zuständigen Bundesinstitute in Zusammenarbeit mit den Landesregierungen nicht eine allgemeine Impfpflicht anordnen? Das erstmalige Auftreten des Blauzungenvirus Serotyp 8 (BTV-8) im Jahr 2006 in Deutschland verursachte teils schwerwiegende Erkrankungen bei Wiederkäuern , insbesondere bei Schafen, mit der Folge eines erheblichen Leidens bei infizierten Tieren und großer wirtschaftlicher Schäden für die Landwirtschaft. Das Virus traf auf eine voll empfängliche, immuninkompetente Population, da zum Zeitpunkt des Auftretens von BTV-8 in Deutschland keine zugelassenen Impfstoffe gegen diesen Serotyp als Präventionsmaßnahme verfügbar waren. Aus fachlicher Sicht war die immunologische Prävention bei gleichzeitiger Anwendung von Repellentien, neben anderen Schutzmaßnahmen, wie Verbringungsverboten in freie Gebiete, fachlich das Mittel der Wahl zur Bekämpfung der Tierseuche . Auf Arbeitsebene haben die Dienststellen der EU-Kommission seinerzeit vorgeschlagen, alle empfänglichen domestizierten Wiederkäuer gegen BTV-8 impfen zu lassen. Nach umfassenden Untersuchungen der Unschädlichkeit und Wirksamkeit von verfügbaren Impfstoffen, die auch im Rahmen einer breit angelegten Pilotstudie in Zusammenarbeit zwischen Impfstoffherstellern, dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) und dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) durchgeführt wurden, wurde die Verwendung dieser Impfstoffe als bedeutendste Bekämpfungsmaßnahe rechtlich verpflichtend. Zeitgleich wurde von den Impfstoffherstellern die Zulassung der Impfstoffe beantragt , so dass in Deutschland zugelassene Impfstoffe gegen BTV-8 zur Verfügung stehen. Damit ist es jedem Tierhalter möglich, seine Population wirksam Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9663 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode gegen die Krankheit zu schützen. Die präventive Anwendung der Impfstoffe als effektive Maßnahme gegen die Tierseuche wird seither durch das FLI, die Ständige Impfkommission Veterinär (STiKoVet) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) empfohlen. Die zunächst verpflichtende Impfung wurde in ein freiwilliges Verfahren überführt , da der präventive Ansatz durch Impfung möglich wurde. Mit der Vorgehensweise wurde BTV-8 in Deutschland getilgt. Für den Erfolg war entscheidend, dass in den betroffenen Nachbarstaaten ebenfalls großflächig gegen BTV-8 geimpft wurde. Bei dem aktuellen BTV-8-Geschehen stellen sich einige Aspekte anders dar, insbesondere verursacht das kursierende BTV-8-Virus kaum klinische Symptome bei infizierten Rindern. Infolgedessen planen die betroffenen Nachbarstaaten voraussichtlich keine verpflichtenden Impfprogramme. Mit einem deutschen Alleingang im Sinne einer verpflichtenden Impfung wird sich eine Tilgung der Blauzungenkrankheit jedoch nicht erreichen lassen. Allerdings haben Tierhalter die Möglichkeit, ihre Tiere durch die empfohlene freiwillige Impfung vor BTV-8 zu schützen. Daher haben sich Bund und Länder mehrheitlich darauf verständigt , aufgrund der der derzeitigen Situation kein bundesweites verpflichtendes Impfprogramm durchzuführen. 4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussagen der Tierärzte, die auf dem Stendaler Symposium 2017 in einem Vortrag des Paul-Ehrlich-Instituts gemeinsam mit dem Tiergesundheitsdienst Baden-Württemberg gemacht wurden , wonach in den Jahren 2008 und 2009 fast 1 500 Meldungen zu Störungen bei Trächtigkeit und Geburt eingegangen sind, davon 800 Aborte, die von den beteiligten Tierärzten zu 85 Prozent als „nicht beurteilbar wegen ungenügender Information“ eingestuft wurden (https://verbraucherschutz. sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MS/LAV_ Verbraucherschutz/veterinaermedizin/veranstaltungen/symposium_fb4/zehntes/ 18_Nebenwirkungen_und_Impfschaeden_bei_der_Blauzungenimpfung.pdf, Folie Seite 15)? Unmittelbare Kenntnisse zum Stendaler Symposium 2017 liegen der Bundesregierung nicht vor. Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Institutes bezogen sich die in einem Vortrag genannten Meldungen auf Verdachtsfälle unerwünschter Wirkungen , d. h., es wurde der Verdacht geäußert, dass eine beobachtete Störung der Trächtigkeit und Geburt bei Rindern nach der Impfung zur Bekämpfung des Blauzungenvirus mit dem Impfstoff in Zusammenhang stehen könnte. Die anschließende fachliche Prüfung und Beurteilung dieser Meldungen ergab jedoch nur in wenigen Fällen einen möglichen oder wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen bestimmten Störungen und der Impfung gegen die Blauzungenerkrankung. Mögliche Ursachen für die zahlreichen Meldungen sowie das Vorgehen bei der fachlichen Beurteilung von Störungen der Trächtigkeit bei Rindern hat das Paul- Ehrlich-Institut in einem Fachartikel ausführlich erläutert (Cußler K, 2014: Abortgeschehen bei Rindern nach einer Impfung – Nebenwirkung oder zufälliges Ereignis?; Deutsches Tierärzteblatt 6/2014: 800-804). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9663 5. Wurde und wird den von einer behördlich angeordneten Zwangsimpfung betroffenen Landwirten ein Rechtsmittel nach § 839 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeboten, ähnlich der Pflicht zur Rechtsbehelfsbelehrung (z. B. wie in Belehrung über Rechtsbehelfe nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –, RdSchr. d. BMI v. 12.8.2013 – V II 1 – 132 120/6), aus dem sie a) die Adresse der Behörde erfahren könnten, die den Widerspruch oder die Beschwerde über Impfschäden annimmt und das b) die Verfahrensschritte, Bearbeitungsdauer und Prüfpflichten der Behörde festlegen würde? Die Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen obliegt, vorbehaltlich anderer Bestimmungen, den nach Landesrecht zuständigen Behörden. Das Verwaltungsverfahren und auch die Beantwortung der Frage, ob eine Pflicht zur Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung für den Erstbescheid besteht, richten sich insoweit nach Landesrecht . 6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Beweislast im Fall von Impfschäden in den Jahren 2008 und 2009 angesichts der Tatsache, dass es sich um eine behördlich angeordnete Impfung mit einem nicht zugelassenen Impfstoff handelte (siehe www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/umstrittene-blauzungenimpfung -minister-blasen-zum-geordneten-rueckzug-a-661154.html)? Hinsichtlich der Beweislastverteilung für das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Entschädigung ergeben sich keine Besonderheiten. § 66 des Tierseuchengesetzes sah, bzw. § 15 Nummer 5 des Tiergesundheitsgesetzes sieht jedoch eine Beweiserleichterung vor. So war nach § 66 des Tierseuchengesetzes unter anderem grundsätzlich ein Anspruch auf Entschädigung vorgesehen für Tiere, von denen anzunehmen war, dass sie auf Grund einer tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Impfung oder im Zusammenhang mit deren Durchführung getötet werden mussten oder verendet sind. § 15 Nummer 5 des Tiergesundheitsgesetzes sieht eine Entschädigung unter anderem grundsätzlich vor für Tiere, von denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie auf Grund einer tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Impfung oder im Zusammenhang mit deren Durchführung getötet werden mussten oder verendet sind und der Tod der Tiere innerhalb von 30 Tagen nach Durchführung einer, oder im Falle der Durchführung mehrerer Maßnahmen, nach Durchführung der letzten Maßnahme eingetreten ist. 7. Welche Entschädigungsleistungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung an von Tierverlusten durch Blutschwitzen betroffene Landwirte ab 2004 durch Tierseuchenkassen, Länder- oder Bundesbehörden bezahlt, z. B. an Landwirte aus der Gruppe IG-Blutschwitzer.de (abrufbar unter https:// web.archive.org/web/20161024020146/http://ig-blutschwitzer.de/impressum. html; bitte nach Jahr, Bundesland, Gesamtbetrag pro Bundesland, Zahl der Landwirte pro Bundesland auflisten)? Nach § 20 Absatz 1 des Tiergesundheitsgesetzes regeln die Länder, wer die Entschädigung gewährt und wie sie aufzubringen ist. Der Bundesregierung liegen daher hierzu keine Zahlen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9663 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Hält es die Bundesregierung für vertretbar, dass Solidarkassen wie die Tierseuchenkassen , die sich zu einem beträchtlichen Teil aus Zwangsbeiträgen von Tierhaltern finanzieren, zur Entschädigung für einen Impfschaden herangezogen werden, der durch eine behördlich angeordnete Pflichtimpfung entstanden ist? Wäre hier nicht vielmehr direkt die Behörde in der Schadenersatzpflicht nach dem Verursacherprinzip? Die Entschädigungsregelung nach dem Tiergesundheitsgesetz ist ein bewährter Teil des Gesamtsystems der staatlichen Tierseuchenbekämpfung und erfüllt besondere Funktionen. Bei der Entschädigung nach dem Tiergesundheitsgesetz handelt es sich um Ansprüche eigener Art, die der Gesetzgeber aus Billigkeitsund Zweckmäßigkeitsgründen gewährt, da sich Maßnahmen nach dem Tiergesundheitsgesetz regelmäßig gegen Störer im Sinne des Polizeirechts richten. Abweichend von dem allgemeinen polizeilichen Grundsatz, dass der Störer keinen Anspruch auf Entschädigung hat, erhalten Tierhalter auch dann, wenn sie (etwa wenn ihre Tiere von der Seuche befallen oder ansteckungsverdächtig sind) zu Zustandsstörern im Sinne des Polizeirechts geworden sind, gleichwohl eine Entschädigung, die sich auch bei erkrankten oder verendeten und damit wertlos gewordenen Tieren nach dem gemeinen Wert des Tieres ohne Rücksicht auf den Seuchenbefall richtet (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1997, III ZR 208/96). 9. Hält es die Bundesregierung wegen der aktuell wieder anlaufenden (freiwilligen ) Impfaktionen für geboten, die Krankheitsfälle im Gefolge der Impfaktion 2008 und 2009 aufzuarbeiten angesichts der Tatsache, dass einige Betriebe so schwer geschädigt wurden, dass auch nicht geimpfte Tiere (Rotwild ) möglicherweise durch Übertragung durch Wirtschaftsdünger geschädigt wurden und die Betriebe mit der Tierhaltung vollständig aufhören mussten (siehe die Quellen in Abschnitt 1 der Vorbemerkung der Fragesteller)? Auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3 wird verwiesen. 10. Wie beurteilt die Regierung staatliche Zwangsmaßnahmen gegen zuvor jahre- und jahrzehntelang erfolgreiche Tierhalter, denen die Krankheitserscheinungen der Tiere nach der Blauzungenimpfung als Tierquälerei und mangelhafte Sorgfalt ausgelegt wurden und die deshalb mit Strafen belegt wurden, obwohl die Krankheitsursachen der Tiere nicht von staatlicher Seite vollständig untersucht wurden und den Beteuerungen der betroffenen Tierhalter nicht geglaubt wurde (z. B. www.kreisbote.de/lokales/landsberg/ tierquaelerei-ertl-hof-sohn-bestreitet-vorwuerfe-weiterhin-5855289.html)? Die Durchführung des Tierschutzgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen obliegt vorbehaltlich anderer Bestimmungen den nach Landesrecht zuständigen Behörden. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die zuständigen Behörden in Fällen des Verdachts auf Tierquälerei oder anderer Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorschriften die zugrunde liegenden Sachverhalte umfassend aufklären und nur bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen belastende Maßnahmen vorsehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/9663 11. Haben die Bundesregierung und die staatlichen Forschungsanstalten die gewisse Parallelität der Vorgänge in der Hinsicht im Blick, dass beim Stendaler Symposium 2017 berichtet wird, dass bei der Herstellung des BTV-Impfstoffs hinsichtlich Herstellungskonzept, Zellbasis Baby-Hamster-Kidney-Zellen (BHK-Zellen) und Adjuvantien (Aluminiumhydroxid) ähnlich wie bei der Herstellung des MKS-Impfstoffs (Maul- und Klauenseuche) verfahren wird, diese Impfung jedoch laut einem eindrücklichen Bericht des damals maßgeblichen Forschers Dr. Karl Strohmaier in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ vom 17. Januar 1992 zum Jahresende 1991 aufgrund von Vorfällen bei der Impfstoffherstellung und Verschleppung des Erregers und dadurch verursachten Seuchenausbrüchen gestoppt wurde (https://verbraucherschutz. sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MS/LAV_ Verbraucherschutz/veterinaermedizin/veranstaltungen/symposium_fb4/zehntes/ 18_Nebenwirkungen_und_Impfschaeden_bei_der_Blauzungenimpfung.pdf; www.zeit.de/1992/04/infektioese-impfungen)? Unmittelbare Kenntnisse zum Stendaler Symposium 2017 liegen der Bundesregierung nicht vor. Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Institutes wurde in dem auf dem Stendaler Symposium 2017 gehaltenen Vortrag lediglich auf eine ähnliche Herstellung von MKS- und BTV-Impfstoffen hingewiesen, v. a. in Bezug auf die als Wirtszellsystem verwendete Baby-Hamster-Kidney-(BHK)-Zelllinie und das als Adjuvans verwendete Aluminiumhydroxid. Diese Zelllinie und das Adjuvans werden schon seit langem auch bei der Herstellung anderer veterinärmedizinischer Impfstoffe eingesetzt. Die Herstellungsprozesse von veterinärmedizinischen Impfstoffen entsprechen im Übrigen dem jeweils gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Technik. Flankierend schaffen die Umsetzung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Tierarzneimittel und die damit verbundene Einführung eines pharmazeutischen Qualitätssicherungssystems zusätzliche Sicherheit. Das Europäische Arzneibuch – eine Sammlung anerkannter pharmazeutischer Regeln über die Qualität, Prüfung, Lagerung, Abgabe und Bezeichnung von Arzneimitteln und den bei ihrer Herstellung verwendeten Stoffen – ist dabei Grundlage für die Herstellung und Prüfung von Tierarzneimitteln. 12. Hält es die Bundesregierung vor diesem Hintergrund für geboten, gerade die Betriebe zu untersuchen, die nach 2008 und 2009 Impfschäden gemeldet hatten , die sich jahrelang auf den betroffenen Betrieben quasi fortgepflanzt und angedauert hatten, unter Berücksichtigung des Hinweises, dass bei einem der betroffenen Betriebe eine beteiligte Tierärztin dem Landwirt geraten hat, die Gülle wegen einer möglichen Chlamydien-Infektion oder anderer möglicher Übertragungswege der Krankheitsursache im Betrieb nicht auszubringen (Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 16/5520)? Die Frage betrifft die Durchführung des Tiergesundheitsrechtes sowie des Tierschutzrechtes , die in der Zuständigkeit der Länder liegt. Grundsätzlich obliegt es der zuständigen Behörde entsprechend ihrer fachlichen Bewertung, Untersuchungen und Kontrollen auch anlassbezogen durchzuführen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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