Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9676 19. Wahlperiode 25.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Alexander Ulrich, Jörg Cezanne, Fabio De Masi, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/9201 – Schadenshaftung an Privat-Pkw der Zivilbeschäftigten auf US-Militärbasen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Tausende Zivilbeschäftigte auf US-Militärbasen in Deutschland sind zum Erreichen ihres Arbeitsplatzes auf den sehr weitläufigen Militärgeländen auf ihren Privat-Pkw angewiesen. Dabei kann es zu fremd- bzw. militärisch verursachten Schäden an den Privat-Pkw der Beschäftigten kommen. Ungeklärt ist derzeit die Regulierung eingetretener Schäden am Eigentum ortsansässiger Beschäftigter der US-Streitkräfte, die durch Dienst- bzw. Militärfahrzeuge der US-Armee verursacht werden. Auch bei klarer Fremdverursachung erfolgt hier für Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen keine Schadensregulierung . Die Arbeitgeberin verweigert die Schadensbegleichung mit Verweis auf das NATO-Truppenstatut (NTS) (www.nato.int/cps/en/natohq/official_ texts_17265.htm), nach dem die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) bzw. die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die Schadensregulierung vornimmt. Seit drei Jahren verweigert die BImA – nach jahrzehntelanger anderer Praxis – aber ebenfalls die Schadensregulierung. Die Zuständigkeit wird seither mit der Begründung verneint, dass die Zivilbeschäftigten bei den Streitkräften Militärangehörige und keine „Dritten“ seien. Im November 2018 urteilte jedoch das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main, dass die Klägerin „Dritte“ im Sinne des NATO-Truppenstatuts und dementsprechend entschädigungsberechtigt sei: „Die Klägerin als zivile Arbeitnehmerin (Artikel IX Absatz 4 der NTS) ist weder Truppenmitglied noch als deutsche Staatsangehörige Mitglied des zivilen Gefolges nach der Legaldefinition gemäß Artikel I Absatz 1 lit. b) NTS […]“ (Urteil des OLG Frankfurt am Main, 1 U 185/17). Auch in zwei weiteren Instanzen entschieden die Oberlandesgerichte gegen die BImA und zugunsten der geschädigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Urteil des OLG Nürnberg, 4 U 2346/17; Urteil des OLG Koblenz , 12 U 44/18). Trotzdem ist nicht zu erwarten, dass die BImA angesichts dieser Entscheidungen ihre Praxis ändert. Die seit drei Jahren ausgeübte Praxis von BImA und BMF ist höchst problematisch . Anstatt nach dem Wortlaut des Tarifvertrages oder Gesetzes oder eines erstinstanzlichen Urteils zu verfahren, lässt die BImA zahlreiche Prozessketten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9676 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode auf Kosten der Beschädigten und der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen lostreten , die auch zur Überlastung der Gerichte führen. Das kann für die Beschäftigten zudem existenzgefährdend sein, da sie auf ihr Auto angewiesen sind, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. 1. Auf welchen rechtlichen Grundlagen basieren nach Auffassung der Bundesregierung die Haftungsfragen bei eingetretenen Schäden an Privat-Pkw der nach inländischem Arbeitsrecht bzw. Tarifvertrag (TV AL II) Zivilbeschäftigten , verursacht durch Dienst- und Militärfahrzeuge der US-Armee auf US- Militärbasen in der Bundesrepublik Deutschland? Rechtsgrundlage für Anträge an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) auf Regulierung von Schäden, die die Streitkräfte eines NATO-Entsendestaats im Gebiet eines Aufnahmestaates in Ausübung des Dienstes Dritten zufügen , ist Artikel VIII Absatz 5 des NATO-Truppenstatuts (NTS). Diese Regelung sieht vor, dass der Aufnahmestaat den/die Geschädigte(n) nach dem Recht des Aufnahmestaats entschädigt und anschließend vom Entsendestaat eine Erstattung erhält. Die Höhe der Erstattung richtet sich nach dem Grad der Verantwortlichkeit des Entsendestaates. Bei alleiniger Verantwortlichkeit eines Entsendestaats für den Schaden beträgt diese Erstattung 75 Prozent der vom Aufnahmestaat gezahlten Entschädigung. Für eingetretene Schäden an Privat-PKW der nach deutschem Arbeitsrecht bzw. Tarifvertrag (TV AL II) Zivilbeschäftigten kommt grundsätzlich auch eine Haftung des Arbeitgebers wegen Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis in Betracht. Für die Geltendmachung solcher Ansprüche ist der Arbeitsgerichtsweg eröffnet (LAG Hamm, Beschluss vom 27. Dezember 2018, 2 Ta 268/18). Wird der Schaden nicht in Ausübung des Dienstes zugefügt, stehen den genannten Zivilbeschäftigten die allgemeinen außervertraglichen Haftungsansprüche des deutschen Rechts zu, in die nach Maßgabe des Artikel VIII Absatz 6 NTS der Entsendestaat eintreten kann. 2. Wer haftet nach Auffassung der Bundesregierung aktuell bei eingetretenen Schäden am Eigentum ortsansässiger Beschäftigter der US-Streitkräfte, verursacht durch Dienst- und Militärfahrzeuge der US-Armee auf US-Militärbasen in der Bundesrepublik Deutschland? Die Frage der Haftung für die angesprochenen Schäden lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt davon ab, wen der/die Geschädigte in Anspruch nimmt. Sofern ein(e) Geschädigte(r) einen Antrag nach Artikel VIII Absatz 5 NTS stellt, prüft die BImA auf der Grundlage der deutschen Gesetze und unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung, ob dem/r Geschädigten ein Entschädigungsanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland zusteht. Ob ein Antrag begründet ist und eine Entschädigung geleistet wird, bestimmt sich nach den tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Einzelfalls. Ist der Schaden durch eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers oder eines seiner Erfüllungsgehilfen verursacht worden, kommt eine vertragliche Haftung des Arbeitgebers in Betracht. Wird der Schaden nicht in Ausübung des Dienstes verursacht , können die allgemeinen außervertraglichen Ansprüche des deutschen Rechts bestehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9676 3. Wer haftet nach Auffassung der Bundesregierung aktuell bei eingetretenen Schäden am Eigentum von Personen, die sich auf dem Kasernengelände von US-Militärbasen in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und nicht Teil der Truppe oder des zivilen Gefolges bzw. unbeteiligte Dritte sind, also neben den ortsansässigen Beschäftigten auch externe Handwerkerinnen und Handwerker oder Besucherinnen und Besucher? Auch bei Anträgen externer Handwerker(innen) und Besucher(innen) hängt die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland im Verfahren nach Artikel VIII Absatz 5 NTS eine Entschädigung leistet, von den Umständen des Einzelfalls ab. Denkbar sind auch allgemeine zivilrechtliche Ansprüche wegen Verletzung einer Pflicht aus dem Vertragsverhältnis sowie außervertragliche Haftungsansprüche. 4. In wie vielen Fällen von Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen, verursacht durch Dienst- und Militärfahrzeuge der US-Armee auf dem Kasernengelände von US-Militärbasen, hat die BImA nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten drei Jahren gezahlt (bitte nach Ort und Datum auflisten )? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die BImA im angefragten Zeitraum in zwei Fällen eine Entschädigung für Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen ziviler Beschäftigter der amerikanischen Streitkräfte auf einem US-Kasernengelände gezahlt: Ort der US-Liegenschaft Schadensdatum 1 Wiesbaden 7. Juni 2016 2 Vilseck 21. Oktober 2016 5. In wie vielen Fällen von Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen, verursacht durch Dienst- und Militärfahrzeuge der US-Armee auf dem Kasernengelände von US-Militärbasen, hat die BImA nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten drei Jahren nicht gezahlt (bitte nach Ort und Datum auflisten)? Die BImA hat im angefragten Zeitraum – aus unterschiedlichen rechtlichen Gründen – in 25 Fällen Entschädigungen für Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen ziviler Beschäftigter auf einem US-Kasernengelände abgelehnt: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9676 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ort der US-Liegenschaft Schadensdatum 1 Wiesbaden-Mainz-Kastel 20. Mai 2016 2 Grafenwöhr 6. Juni 2016 3 Vilseck 7. Juni 2016 4 Spangdahlem 11. Juli 2016 5 Kaiserslautern 10. August 2016 6 Ramstein 16. September 2016 7 Grafenwöhr 2. Februar 2017 8 Garmisch-Partenkirchen 3. Februar 2017 9 Baumholder 4. Juni 2017 10 Ramstein 12. Juni 2017 11 Air Base Ramstein 12. Juni 2017 12 Kaiserslautern 14. Juni 2017 13 Grafenwöhr 14. Juni 2017 14 Wiesbaden 12. Oktober 2017 15 Grafenwöhr 26. November 2017 16 Ramstein 17. Januar 2018 17 Stuttgart 18. Januar 2018 18 Spangdahlem 13. März 2018 19 Grafenwöhr 20. März 2018 20 Wiesbaden 17. April 2018 21 Vilseck 18. Mai 2018 22 Spangdahlem 6. Juni 2018 23 Kaiserslautern 22. August 2018 24 Ramstein 31. August 2018 25 Kaiserslautern 12. Februar 2019 6. Wie viele Fälle von Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen, verursacht durch Dienst- und Militärfahrzeuge der US-Armee auf dem Kasernengelände von US-Militärbasen, sind der Bundesregierung bekannt, in denen die Geschädigten in den letzten drei Jahren privat für den Schaden aufkommen mussten (bitte nach Ort und Datum auflisten)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9676 7. Sieht sich die BImA nach Kenntnis der Bundesregierung nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main vom November 2018, das besagt , dass die Klägerin Dritte im Sinne des NATO-Truppenstatuts und dementsprechend entschädigungsberechtigt sei, in der Pflicht, für eingetretene Schäden an Privat-Pkw der Zivilbeschäftigten, verursacht durch Dienst- und Militärfahrzeuge der US-Armee auf Militärbasen in der Bundesrepublik Deutschland, aufzukommen? In dem rechtskräftig durch das Oberlandesgericht Frankfurt entschiedenen Fall sieht sich die BImA selbstverständlich in der Pflicht, die ausgeurteilte Zahlung zu leisten. Vor dem Hintergrund der in den Einzelheiten voneinander abweichenden Schadensfällen und der uneinheitlichen Rechtsprechung können geltend gemachte Schäden jedoch bislang grundsätzlich nicht pauschal anerkannt werden. Die daher durchgeführte Einzelfallprüfung der BImA ist mit erheblichem bürokratischem Aufwand verbunden, der nicht im Verhältnis zu der Anzahl der Schadensfälle steht und führt zudem zu einer fehlenden Rechtssicherheit für die Beschäftigten . Die Bundesregierung führt Gespräche, wie mit der uneinheitlichen Rechtsprechung weiter verfahren werden kann. Zum Beispiel hat die Parlamentarische Staatssekretärin Bettina Hagedorn am 29. Januar 2019 ein Gespräch mit der BImA, dem Vorsitzenden der HBV der US-Airforce sowie dem örtlichen Bundestagsabgeordneten Gustav Herzog geführt. Ein weiteres Urteil des OLG Zweibrücken steht derzeit noch aus. a) Für den Fall, dass sich die BImA nicht in der Pflicht sieht, für eingetretene Schäden an Privat-Pkw der Zivilbeschäftigten, verursacht durch Dienstund Militärfahrzeuge der US-Armee auf Militärbasen in der Bundesrepublik Deutschland, aufzukommen, wie begründet die Bundesregierung das? Die Gründe für die Ablehnung eines Antrags auf Entschädigung differieren je nach Einzelfall. Soweit es um den rechtlichen Gesichtspunkt der Eigenschaft eines(r) Geschädigten als „Dritter“ im Sinne des NTS geht, der in der Vorbemerkung der Anfrage angesprochen wird, vertritt die BImA die Auffassung, dass diese Dritteneigenschaft zu verneinen ist, falls der/die Geschädigte in einem besonderen Näheverhältnis zu den Streitkräften steht und der Schaden im Zusammenhang mit diesem Näheverhältnis entstanden ist. Diese Rechtauffassung der BImA findet ihre Stütze in Entscheidungen des LG Zweibrücken sowie des LG Stuttgart. b) Für den Fall, dass sich die BImA nicht in der Pflicht sieht, für eingetretene Schäden an Privat-Pkw der Zivilbeschäftigten, verursacht durch Dienstund Militärfahrzeuge der US-Armee auf Militärbasen in der Bundesrepublik Deutschland, aufzukommen, wer sollte nach Meinung der Bundesregierung , mit welcher Begründung, dann für den Schaden aufkommen? Die BImA prüft die Frage, ob nach dem NTS ein Anspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland besteht. Hinsichtlich weiterer in Betracht kommender rechtlicher Grundlagen für die Erstattung der Schäden wird auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333