Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 24. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9721 19. Wahlperiode 26.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Thomas Hacker, Katja Suding, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/9068 – Frequenzbereiche für drahtlose Produktionsmittel V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Kultur- und Kreativwirtschaft benutzt und braucht drahtlose Produktionsmittel für sogenannte PMSE (Programme Making and Special Events). Hierzu gehören Funkmikrofone oder auch In-Ear-Monitoring-Systeme, welche bei den vielfältigsten Programmen und Veranstaltungen wie Live-Konzerten, Talk- Shows, Sportveranstaltungen, Tagungen oder auch Musicals Verwendung finden . Diese drahtlosen Produktionsmittel brauchen ausreichende Frequenzbereiche , um einerseits überhaupt eingesetzt werden zu können und andererseits, um tonale Qualität sicherzustellen. Aufgrund der „Digitalen Dividenden I und II“ haben die Anwender von drahtlosen Produktionsmitteln wichtige Frequenzbereiche an den Mobilfunk abgeben müssen. Voraussetzung für kulturelle und kreative Pluralität ist jedoch, dass Vielfalt – auch in technischer und infrastruktureller Hinsicht – ermöglicht wird. Hierzu gehören einerseits die Bedarfe nach Mobilfunkfrequenzen genauso wie die Bedarfe nach Rundfunk- und PMSE-Frequenzbereichen. Diese technischen Fragen sind aus Sicht der Fragesteller vor dem Hintergrund von 5G und den jährlichen Weltfunkkonferenzen aktueller denn je. 1. Welchen Stellenwert haben drahtlose Produktionsmittel im PMSE-Bereich für die Bundesregierung? Drahtlose Produktionsmittel (PMSE), sowohl für den Audio- als auch für den Videobereich , sind essentiell u. a. für die Kultur-, Rundfunk- und Kreativunternehmen sowie die Unterhaltungsbranche. Die Kultur- und Kreativwirtschaft gehört zu den wachstumsstärksten Branchen der Weltwirtschaft. Sie bietet Chancen für mehr Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum und Innovation. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9721 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie bewertet die Bundesregierung die bestehenden Frequenzen für drahtlose Produktionsmittel grundsätzlich sowie im Lichte der digitalen Dividenden I (800 MHz-Band), II (700 MHz-Band) und eventuell III (600 MHz-Band)? Die vorhandenen Frequenzen für drahtlose Produktionsmittel reichen bislang aus. Bei der Umwidmung von Frequenzbereichen oberhalb 694 MHz (Digitale Dividende 1 und 2) wurden die Belange der drahtlosen Produktionstechnik berücksichtigt . Insgesamt nimmt die Spektrumsnachfrage sowohl durch drahtlose Produktionsmittel als auch durch andere Dienste kontinuierlich zu. Deswegen wurden in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit Branchenvertretern neue Frequenzbereiche oberhalb 1 GHz für drahtlose Produktionsmittel identifiziert und zugeteilt. In internationalen Gremien werden weitere Frequenzbereiche untersucht. Zusätzlich wird die Entwicklung der verwendbaren Technologien begleitet, um eine Nutzung der Kernbereiche durch drahtlose Produktionsmittel zukünftig sicherzustellen . In Bezug auf mögliche Perspektiven der Frequenznutzung im UHF-Band (470- 694 MHz) ist auf europäischer Ebene vorgesehen, diese ab 2025 einem Überprüfungsprozess zu unterziehen. Dabei werden auch die Frequenzbedarfe drahtloser Produktionsmittel berücksichtigt werden. Davon unabhängig sieht die Weltfunkkonferenz 2023 (WRC-23) eine Überprüfung der Bedarfe verschiedener Funkdienste (insbesondere des Rundfunk- und des Mobilfunkdienstes) und der internationalen Regulierungsmaßnahmen im Frequenzband 470-960 MHz vor. Der Frequenzbedarf im Bereich 470-694 MHz für den Rundfunk und rundfunknahe Dienste ist dabei zu berücksichtigen. 3. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um sicherzustellen, dass hinreichend passende Frequenzen für den Einsatz von drahtlosen Produktionsmitteln in Deutschland und Europa bereitgestellt werden? Die Bundesregierung nimmt diese Aufgabe mit Unterstützung der Bundesnetzagentur kontinuierlich wahr und vertritt auf europäischer und internationaler Ebene sowie in den zuständigen Standardisierungsorganisationen die Interessen und Bedarfe der PMSE-Industrie. 4. Welche Haltung hat die Bundesregierung zur Nutzung von drahtlosen Produktionsmitteln im Kernspektrum von 470 bis 694 MHz für die Zukunft? Hat die Bundesregierung einen Zeitplan hinsichtlich der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit von drahtlosem Equipment? Sind der Bundesregierung in diesem Zusammenhang Zeitpläne, Haltungen und Bekenntnisse anderer Staaten zum Erhalt der Funktionsfähigkeit von drahtlosen Produktionsmitteln im Kernspektrum bekannt? Deutschland setzt sich in den entsprechenden Gremien – bspw. bei der Weltfunkkonferenz (WRC) – der Internationalen Fernmeldeunion konsequent für die Belange der PMSE-Nutzer ein. Es ist bekannt, dass andere Regionen wie z. B. die USA im Frequenzbereich 470-694 MHz bereits Mobilfunk zulassen. Andere Staaten verfolgen eine klarere Fokussierung auf eine internationale Bereitstellung des Frequenzbereichs bereits ab 2023. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9721 5. Können nach Ansicht der Bundesregierung Ersatzfrequenzen für die Nutzung von drahtlosen Produktionsmitteln bereitgestellt werden? Falls ja, welche könnten das sein, und innerhalb welchen Zeitraumes wären diese Frequenzen nutzbar? Falls nein, weshalb nicht? In den letzten Jahren wurden unter anderem die Frequenzbereiche 1350- 1400 MHz und 1518-1525 MHz für Audio-PMSE gewidmet. In den europäischen Gremien wird auf deutsche Initiative hin über weitere Frequenzbereiche (z. B. 960-1164 MHz, MHz 1525-1559) beraten. Im EU-Binnenmarkt und im Interesse der Hersteller von drahtlosen Produktionsmitteln werden europäische Lösungen angestrebt, damit entsprechendes Equipment EU-weit einsetzbar ist. Darüber hinaus werden zurzeit Vorschläge auf Ebene der Internationen Fernmeldeunion beraten , die die weltweite Harmonisierung von PMSE unterstützen. 6. Wie bewertet die Bundesregierung die bisher fehlende Harmonisierung der Frequenzbereiche innerhalb Europas? Sieht die Bundesregierung Chancen für eine Harmonisierung? Falls ja, wie, wann, und durch wen sollen diese Harmonisierungschancen ergriffen werden? Falls nein, weshalb ist aus Sicht der Bundesregierung eine Harmonisierung innerhalb Europas nicht umsetzbar? Eine europäische Harmonisierung der Frequenzbereiche ist vor dem Hintergrund des EU-Binnenmarktes wichtig und richtig. Auf Ebene der EU gibt es für drahtlose Produktionstechnik die Durchführungsbeschlüsse 2014/641/EU (Audio- PMSE innerhalb 821-832 MHz und 1785-1805 MHz) und (EU) 2016/339 (Video- PMSE innerhalb 2010-2025 MHz) zur Harmonisierung von Frequenzbereichen. Darüber hinaus arbeiten Gremien der CEPT (europäische Konferenz der Postund Fernmeldeverwaltungen) schon seit vielen Jahren an einer weiteren Harmonisierung für drahtlose Produktionstechnik. So gibt es die ERC-Empfehlung 25-10 für drahtlose Produktionstechnik und die ERC Empfehlung 70-03 für Funkanlagen mit geringer Reichweite, die auch Funkmikrofone umfasst. Im Bereich PMSE werden in Deutschland darüber hinaus weitere Frequenzbereiche bereitgestellt . 7. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Radio Spectrum Policy Group (RSPG) bei? Welche Vor- und Nachteile sieht die Bundesregierung in der RSPG grundsätzlich und insbesondere bei der Harmonisierung von Frequenzbereichen? Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, Kompetenzen zur Frequenzregulierung auf die europäische Ebene zu verlagern? Die Hohe Gruppe für Frequenzpolitik (Radio spectrum Policy Group – RSPG) bildet den politischen Rahmen für strategische Diskussionen im Bereich der Frequenzpolitik . Ihre Stellungnahmen bilden in der Regel die Grundlage für Durchführungsbeschlüsse zur Harmonisierung von Frequenzbereichen im Funkfrequenzausschuss (RSC). Sie ist ein hochrangiges Gremium von Regierungssachverständigen , welches die Europäische Kommission bei der Entwicklung der Frequenzpolitik beratend unterstützt. Ziel der Bundesregierung ist es, die Gruppe Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9721 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode entsprechend den Vorgaben des neuen europäischen Telekommunikationsrechtsrahmens (TK-Kodex/European Electronic Communications Code) zu stärken und somit auf die spektrumspolitische/strategische Aufgabe als EU-Gruppe insgesamt auszurichten. 8. Sind der Bundesregierung Hinweise respektive Bestrebungen bekannt, dass bereits bei der diesjährigen Weltfunkkonferenz im November 2019 eine Zuweisung des 600 MHz-Bandes an Mobilfunkanbieter angestrebt wird? Falls ja, wird die Bundesregierung diese Bestrebungen unterstützen? Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse zu Bestrebungen für eine Änderung der Zuweisungssituation im 600 MHz Band bzw. dem Frequenzbereich 470-694 MHz bei der Weltfunkkonferenz 2019 vor. Im Rahmen des europäischen Vorbereitungsprozesses wurde einstimmig der Konsens aus der Konferenz von 2015 unterstützt. Dieser beinhaltet eine neutrale und vorfestlegungsfreie Untersuchung der Nutzung des Frequenzbereichs 470-694 MHz nach der WRC 2019 in Vorbereitung der Weltfunkkonferenz 2023. Diesem Vorgehen hatten die Vertreter der PMSE-Industrie, des Rundfunks und des Mobilfunks in Deutschland zugestimmt. 9. Welche Haltung hat die Bundesregierung zu der weltweiten Regelung, dass jedes drahtlose Produktionsgerät lediglich 200 kHz für sich beanspruchen darf? 10. Sind der Bundesregierung Bestrebungen bekannt oder werden selbst Bestrebungen unternommen, um diese 200 kHz-Regelung aufzugeben? Falls ja, bitte Protagonisten und Zeiträume benennen? Falls nein, weshalb gibt es keine Unternehmungen zur Aufgabe der 200 kHz- Regelung? Die Fragen 9 und 10 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Ursprung dieser Regelung liegt im Bereich der Standardisierung von Endgeräten . Die Bundesnetzagentur hat entsprechende Beschränkungen vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung neuer breitbandiger Technologien aufgehoben und wird weitere aufheben. Deutschland setzt sich in internationalen Gremien für eine entsprechende Freigabe ein. 11. Ist der Bundesregierung bekannt, ob der Übertragungsstandard 5G auch die Digitalisierung von Produktions-, Veranstaltungs- und Konferenztechnik erlaubt ? Hersteller von PMSE-Equipment arbeiten an neuen digitalen Produkten, die mit Frequenzressourcen noch sparsamer umgehen. Geringe Latenz, zeitliche Synchronität und Verlässlichkeit sind die ausschlaggebenden Qualitätskriterien, die die PMSE-Branche an die Nutzung von Kommunikationslösungen stellt. Die Integration von PMSE in den Funkstandard 5G ist technisch und ökonomisch herausfordernd . Auf der „Pro Light and Sound“ Messe wurde bestätigt, dass „5G“ derzeit für die Branche technisch noch keine einsatzfähigen Lösungen bietet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9721 12. Welche Erkenntnisse werden aus dem vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur geförderten Forschungsprojekt PMSE-xG gewonnen , und haben die Ergebnisse Einfluss auf die Zukunft drahtloser Produktionsmittel ? Das PMSE-xG Projekt sollte die Frage nach dem Potenzial des 5G-Standards zur Effizienzsteigerung der Frequenznutzung durch PMSE-Anwender beantworten. Fazit war, dass dieser Effekt in der Kombination aus 5G-Technologie und neuen Lösungsansätzen zur gemeinsamen Nutzung von Spektrum bzw. zum angemessenen Infrastruktursharing (IMT-Bänder betreffend) erzielt werden könnte. Voraussetzung wäre jedoch, dass sich technische Voraussetzungen beim 5G-Standard (hohe Anforderungen an Latenz und Zeitsynchronität bei Mitnutzung anderer Netze) mit entsprechend attraktiven Geschäftsmodellen treffen. Mit dem Projekt ist somit auch eine grundsätzliche Arbeit darüber gelungen, die technische und wirtschaftliche Machbarkeit zu erörtern, ob und inwieweit Mobilfunk und PMSE-Anwendungen integriert betrieben werden können. Durch das Projekt konnten frühzeitig die Anforderungen der PMSE-Branche an 5G identifiziert und in die Standardisierungsarbeit eingebracht werden. Das Projekt und die Beteiligten konnten ein Netzwerk an Experten aufbauen, das in den entsprechenden Gremien mitwirkt. Das PMSE-xG Projekt hatte zudem enorme Strahlkraft auf die produzierende Industrie, da sich im Verlauf des Forschungsprojekts gezeigt hatte, dass Bedarfe und Anforderungen der PMSE-Industrie denen der produzierenden Industrie vergleichbar sind. Damit wurden die ursprünglichen Erwartungen an das Projekt sogar übertroffen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333