Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 23. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9723 19. Wahlperiode 25.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Judith Skudelny, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/9089 – Kühl- und Kältemittel in Klimaanlagen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Kühlmittel werden vielseitig eingesetzt, ob in der industriellen Kühlung, zur stationären Kühlung von Wohnräumen oder mobil im Auto. Dabei ist die Genese der Kühlmittel bereits einen weiten Weg gegangen. Von der Stoffgruppe der Chlorfluorkohlenwasserstoffe über die Fluorchlorkohlenwasserstoffe und Flurkohlenwasserstoffe wurden die Fluorolefinwasserstoffe (HFOs) entwickelt. Mit jeder Generation wurden das Ozonabbaupotential und das Treibhausgaspotential gemindert. Bei den HFOs, dessen prominentester Vertreter wohl das in Autoklimaanlagen verwendete R1234yf ist, besteht weder eine klima-schädigende Wirkung, da das Treibhausgaspotential bei 4 liegt, noch eine ozonschichtschädigende Wirkung (Honeywell, „Hintergrund und Überblick N41 und andere Fluorolefinwasserstoffe“, November 2018). Im Gegensatz zu anderen Kältemitteln wie CO2 sind die HFOs günstiger und energieeffizienter. Jedoch stehen die HFOs in der Kritik, da beim Abbau Trifluoracetat (TFA) entsteht. TFA ist nicht toxisch aber persistent, es reichert sich in der Umwelt an. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Aufgrund ihrer schädigenden Wirkung auf die Ozonschicht dürfen Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und teilfluorierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe (HFCKW) nach der Verordnung (EU) Nr. 1005/2009 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, nicht mehr als Kältemittel verwendet werden. Als Ersatzstoffe stehen grundsätzlich chlorfreie teilfluorierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) zur Verfügung, aber auch nicht halogenierte Alternativen kommen in Betracht. HFKW weisen überwiegend ein erhebliches Treibhauspotenzial auf. Zu dieser Gruppe zählen allerdings auch die ungesättigten Fluorkohlenwasserstoffe (uHFKW), die vor allem im amerikanischen Raum auch als Hydrofluorolefine (HFO) bezeichnet werden und ein wesentlich geringeres Treibhauspotenzial aufweisen . Einige dieser Stoffe, darunter R1234yf, unterliegen Berichtspflichten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9723 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode nach Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 517/2014 über fluorierte Treibhausgase . Diese Stoffe sind bereits länger bekannt, sie werden aber erst in den letzten Jahren für den Einsatz als Kältemittel hergestellt. Darüber hinaus steht eine Vielzahl nicht halogenierter Alternativen zur Verfügung . In vielen Anwendungen, insbesondere in Kühlschränken, wurden die FCKW und HFCKW schon in den 1990er Jahren durch Kohlenwasserstoffe ersetzt . In Industriekälteanlagen werden schon lange Ammoniak oder Kohlendioxid (CO2) verwendet. Mittlerweile stehen auch für weitere Anwendungen Anlagenkonzepte mit halogenfreien Kältemitteln zur Verfügung, z. B. für Supermarktkälteanlagen , steckerfertige Kühltruhen, Pkw und Busse. Allgemeine Aussagen zur Kosten- und Energieeffizienz von einzelnen Kältemitteln als solchen können nicht getroffen werden, vielmehr können diese Aspekte nur im Hinblick auf spezifische Kälteanwendungen und Anlagenkonzepte sinnvoll und nachvollziehbar diskutiert werden. 1. Gibt es nach Informationen der Bundesregierung natürlich vorkommendes Trifluoracetat, und wenn ja, wo kommt dieses TFA vor? 2. Sind der Bundesregierung Ursachen bzw. Quellen des natürlich vorkommenden TFA bekannt, und wenn ja, welche sind das? Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor, dass sie von der Verwendung des Kühlmittels R1234yf auf der Seite des Umweltbundesamtes (UBA) so konsequent abrät (www.umweltbundesamt. de/themen/auf-umweltfreundliche-kaeltemittel-umsteigen)? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Zu den natürlichen Quellen von Trifluoressigsäure (TFA) liegen der Bundesregierung bisher nur Anhaltspunkte vor. Nach Auffassung der Bundesregierung führt die in Frage 8 zitierte Studie von Henne et al. 20121 keinen Nachweis zu „natürlich vorkommenden TFA“ an. Bei dieser Studie handelt es sich um eine aufwendige Modellierung zur Abschätzung der TFA-Mengen, die aus dem Eintrag von Emissionen von Pkw-Anlagen in Europa zu erwarten sind, wenn alle Pkw-Klimaanlagen mit R1234yf befüllt würden. Diese Studie berichtet anhand von Literaturquellen, dass in sehr altem Grundwasser (über 2 000 Jahre), in Eisbohrkernen und in altem Quellwasser keine Nachweise von TFA gefunden wurden. Demgegenüber wurde in einigen jüngeren, aber vorindustriellen Firnproben aus der Antarktis (von Sydow et al. 2000)2 und in ca. 700 Jahre alten Wasserproben (Jordan et al. 1999)3 TFA in geringen Konzentrationen gefunden. Punktuelle TFA-Messungen im Meereswasser ergaben Konzentrationen unter 10 Nanogramm pro Liter im pazifischer Ozean und bis zu 200 Nanogramm pro Liter im Atlantik (Scott et al. 20054; Jordan et al. 1999). Vertikale TFA-Profile in der Nähe hydrothermaler Spalten im Meeresboden führten zu der Vermutung, 1 (Henne et al. 2012) Henne et al.: Future Emissions and Atmospheric Fate of HFC-1234yf from Mobile Air Conditioners in Europe. Environ. Sci. Technol. 2012, 46, 1650-1658. 2 (von Sydow et al. 2000) L. M. von Sydow, Grimvall, A. B., Borén, H. B., Laniewski, K., Nielsen, A. T., Natural background levels of trifluoroacetate in rain and snow. Environ. Sci. Technol. 2000, 34 (15), 3115-3118. 3 (Jordan et al. 1999) Jordan, A., Frank, H., Trifluoroacetate in the environment. Evidence for sources other than HFC/HCFCs. Environ. Sci. Technol. 1999, 33 (4), 522-527. 4 (Scott et al. 2005) Scott, B.F., Macdonald, R. W., Kannan, K., Fisk, A., Witter, A., Yamashita, N., Durham, L., Spencer, C., Muir, D.C.G., 2005a. Trifluoroacetate profiles in the arctic, atlantic, and pacific oceans. Environ. Sci. Technol. 2005, 39 (17), 6555-6560. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9723 dass diese als mögliche TFA-Quelle in Frage kommen könnten (Scott et al. 2005). Zum absoluten Mengenbeitrag dieser möglichen natürlichen Vorkommen liegen der Bundesregierung keine Hinweise vor. Nach Kenntnis der Bundesregierung begründet das Umweltbundesamt (UBA) seine kritische Beurteilung des Kältemittels R1234yf unter anderem mit der Zunahme der Konzentration von uHFKW in der Atmosphäre. Es bezieht sich insbesondere auf Messungen der schweizerischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), die auch in Frage 10 erwähnt werden (Empa 2018)5. Die Zunahme dieser Stoffe begründet die Besorgnis eines Anstiegs auch des Zerfallsproduktes TFA in der Atmosphäre und des entsprechenden Eintrags in die Umwelt . Diese Besorgnis wurde zuletzt auch vom TEAP-RTOC in seinem Vierjahresbericht 2018 bestätigt6. R1234yf ist in der Atmosphäre sehr instabil und bildet bei einer Lebenszeit von ca. 2 Wochen in der Atmosphäre nahezu 100 Prozent der persistenten TFA, die schädlich für bestimmte Algen ist. Das TFA-Bildungspotential von R134a, das bereits bei dessen Einführung in der 1990er Jahren kritisch gesehen wurde, beträgt 7 Prozent bis maximal 20 Prozent bei einer Lebenszeit von 14 Jahren. Das heißt, dass sich die TFA-Eintragsmenge mit R1234yf gegenüber R134a mehr als verfünffacht. Darüber hinaus wird TFA aus R1234yf in kürzeren Zeiträumen, d. h. in höheren Frachten in die Umwelt eingetragen. Henne et al.(2012) berechnet für die EU etwa 18 600 Tonnen TFA pro Jahr, die bei hundertprozentiger Ausstattung der Pkw mit R1234yf in die Umwelt emittiert werden. R1234yf wird aber neben Pkw auch in anderen Kälteanwendungen, oft als R134a-Ersatz, angeboten und in steigenden Mengen verwendet. Heute ist TFA sowohl in Quellwasser und Oberflächenwasser als auch in Seen und Flüssen in weit höherer Konzentration als früher, bis in den Mikrogrammbereich, nachgewiesen, so dass in der Fachliteratur klar von anthropogen verursachten zusätzlichen TFA-Einträgen ausgegangen wird 7 8 9 10. Nach Kenntnis der Bundesregierung sieht das UBA das Kältemittel R1234yf auch aufgrund weiterer Eigenschaften kritisch. R1234yf ist brennbar und bildet im Brandfall giftige, stark ätzende Flusssäure. Das Umweltbundesamt hat mit dem Bericht über anwendungsnahe Untersuchungen zum Entzündungsverhalten von R1234yf („Ignition behaviour of 1234yf“) vom 22. Juni 2010, den die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) im Auftrag erarbeitet hatte, früh auf die Entzündlichkeit hingewiesen. 5 (Empa 2018) Kontinuierliche Messung von Nicht-CO2-Treibhausgasen auf dem Jungfraujoch“ (HALCLIM-2015-18). Schlussbericht August 2018. URL: www.empa.ch/documents/56101/190047/HALCLIM-6-Schlussbericht. 6 (RTOC 2018) Montreal Protocol on Substances that Deplete the Ozone Layer, 2018 Report of the Refrigeration. Air Condition and Heat Pumps Technical Options Committee 2018 Assessment http://conf.montreal-protocol.org/meeting/oewg/oewg-41/presession/Background% 20Documents%20are%20available%20in%20English%20only/RTOC-assessment-report-2018.pdf 7 (Kazil et al. 2014), J.S. Kazil et al.: Deposition and rainwater concentrations of trifluoroacetic acid in the United States from the use of HFO-1234yf, J. Geophys. Res. Atmos., 119, 14,059–14,079, doi:10.1002/2014JD022058. 8 (Zhai et al. 2015) Z. Zhai et al.: A 17-fold increase of trifluoroacetic acid in landscape waters of Beijing, China during the last decade, Chemosphere, Vol. 129, 110–117, June 2015. doi: www.sciencedirect.com/science/article/pii/S004565351401100X. Sources, fates, toxicity, and risks of trifluoroacetic acid and its salts: Relevance to substances regulated under the Montreal and Kyoto Protocols 9 (Solomon et al. 2016) K.R. Solomon et al, (2016) Sources, fates, toxicity, and risks of trifluoroacetic acid and its salts: Relevance to substances regulated under the Montreal and Kyoto Protocols, Journal of Toxicology and Environmental Health, Part B, 19:7, 289-304, DOI: 10.1080/10937404.2016.1175981 10 (Jordan et al. 1999) Trifluoroacetate in the Environment. Evidence for Sources Other Than HFC/HCFCs Environ. Sci. Technol., 1999, 33 (4), pp 522–527, DOI: 10.1021/es980674y Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9723 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Spätere Versuche der Industrie im Jahr 2012 an Pkw bestätigten, dass R1234yf im Pkw zu Bränden führen kann. Einzelheiten zu den Brandversuchen sind auf der Seite des Umweltbundesamtes zu finden11. Die Herstellung von R1234yf ist aufwendig, es wird Flussspat (CaF2) benötigt, das auf der Liste der 20 kritischen Rohstoffe der EU steht. Die exakte Produktionsroute und auch Informationen über Zwischenprodukte sind nicht offengelegt. 3. Hat die Bundesregierung Grund zu der Annahme, dass die TFA-Konzentration in Ballungszentren höher ist als im ländlichen Raum, und welche Gründe liegen dafür vor? Nach Auffassung der Bundesregierung können je nach Quelle und Eintragspfad sowohl in Ballungszentren als auch im ländlichen Raum hohe TFA-Konzentrationen auftreten. Neuere Messungen in einigen Ländern von TFA in Gewässern zeigen unterschiedliche Eintragsquellen, etwa aus Industriebetrieben und aus der Landwirtschaft als Abbauprodukt bestimmter Pflanzenschutzmittel. Auch kann TFA als Abbauprodukt von Medikamenten über den Abwasserpfad in die Gewässer gelangen. Weitere Einträge von TFA erfolgen aus der Atmosphäre über Niederschläge , die Abbauprodukte von fluorierten Verbindungen wie zum Beispiel Kälte-, Schäumungs- oder Narkosemittel enthalten und die örtlich in Menge und Häufigkeit unterschiedlich hoch sein können. 4. Hat die Bundesregierung Informationen zur Ursache der TFA-Belastung des Neckars, und wenn ja, welche sind das? 5. Hat die Bundesregierung Informationen, weshalb sich die TFA-Messwerte nach der Mündung des Neckars in den Rhein sprunghaft erhöhen? Die Fragen 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Untersuchungen des Technologiezentrums Wasser (TZW) des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e. V. – Technisch-wissenschaftlicher Verein (DVGW) ergaben TFA-Konzentrationen von bis zu 100 Mikrogramm pro Liter im Neckar. Durch Längsbeprobungen entlang des Neckars wurde als Verursacher ein Produzent fluorierter Chemikalien identifiziert. Die zuständigen Behörden des Landes haben mittlerweile Maßnahmen zur Senkung des TFA-Eintrags ergriffen . Durch prozesstechnische und zusätzliche Abwasserbehandlungsmaßnahmen konnte die TFA-Fracht im Werksabwasser um 90 Prozent reduziert werden. Messungen oberhalb der Neckarmündung in Basel und Karlsruhe sowie unterhalb der Neckarmündung in Mainz legen nach Auffassung der Bundesregierung nahe, dass die hohen TFA-Messwerte der unterhalb der Neckarmündung liegenden Rheinabschnitte auf die vorgenannten TFA-Gewässerkonzentrationen im Neckar zurückzuführen sind 12,13. 11 URL: www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/produkte/fluorierte-treibhausgase-fckw/anwendungsbereicheemissionsminderung /autoklimaanlagen-fluorierten-kaeltemitteln#textpart-1. 12 (Scheurer et al. 2017) M. Scheurer et al.: Small, mobile, persistent: Trifluoracetate in the water cycle - Overlooked sources, pathways, and consequences for drinking water supply. Water Research 126 (2017) 460-471. 13 (Brauch et al. 2017) H.-J. Brauch et al.: Vorkommen und Bedeutung von Trifluoracetat (TFA) für die Wasserversorgung, TZW aktuell, Ausgabe 42, 04/2017, S. 02. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9723 6. Hält die Bundesregierung es für sinnvoll, das Thema TFA in die Abwasserbehandlung miteinzubeziehen, und wenn ja, welche möglichen Abscheidungswege hält die Bundesregierung für realistisch? Die in Wasserwerken üblicherweise angewandten Behandlungstechniken wie Ozonierung und Aktivkohleadsorption sind nicht in der Lage, TFA effektiv zu entfernen. Durch die Ozonierung könnte sich sogar zusätzliches TFA aus entsprechenden Vorläuferverbindungen, wie zum Beispiel bestimmten Pharmaka, bilden (Scheurer et al. 2017). Zwar könnte TFA grundsätzlich durch Ionenaustausch oder Umkehrosmose aus kontaminiertem Wasser entfernt werden, wobei die Umkehrosmose effektiver ist. Beide Techniken sind jedoch in Bezug auf ökonomische und ökologische Kriterien noch nicht abschließend bewertet (Scheurer et al 2017). Im Lichte eines vorsorgenden Umweltschutzes sieht es die Bundesregierung daher als zielführend an, den Eintrag persistenter Stoffe in die Umwelt, wie TFA und seine Vorläuferverbindungen, so weit wie möglich an der Quelle zu verringern . 7. Gibt es derzeit Forschungsvorhaben der Bundesregierung zu Fluorolefinwasserstoffen und ihren Metaboliten, und wenn ja, wann ist mit den Ergebnissen zu rechnen? Die Bundesregierung fördert derzeit das Forschungsprojekt „Persistente Abbauprodukte halogenierter Treib- und Kältemittel in der Umwelt: Art, Umweltkonzentrationen und Verbleib unter besonderer Berücksichtigung neuer halogenierter Ersatzstoffe mit kleinem Treibhauspotential“ zu den heutigen und zukünftig zu erwartenden Einsatzmengen mit Schwerpunkt im Kälte-Klima-Sektor. Die Ergebnisse werden mit Abschluss des Vorhabens im Jahr 2020 erwartet. 8. Hat die Bundesregierung Informationen darüber, warum TFA vom Umweltbundesamt als schädigend eingestuft wird, obwohl Studien große Mengen natürlich vorkommenden TFA nachweisen konnten (vgl. Henne et al (2012): „Future Emissions and Atmospheric Fate of HFC-1234yf from Mobile Air- Conditioners in Europe“; in: Environmental Science & Technology)? Der Bundesregierung ist kein wissenschaftlicher Nachweis bekannt, dass TFA in großen Mengen natürlich gebildet wird (siehe auch Antwort zu den Fragen 1 und 2). Hinsichtlich der Bewertung der Wirkungen von TFA auf Umwelt und Gesundheit wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 9. Hat die Bundesregierung Informationen darüber, warum das Umweltbundesamt Empfehlungen für einzelne Kühlmittel gibt, ohne nach Ansicht der Fragesteller dabei technologieoffen zu bleiben? Nach Kenntnis der Bundesregierung beinhalten die Kältemittelempfehlungen des Umweltbundesamtes eine Bandbreite möglicher klimafreundlicher Alternativen für unterschiedliche Anwendungen. Hinsichtlich der Bewertung des Kältemittels R1234yf wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9723 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Hat die Bundesregierung Informationen darüber, wie das UBA zu der Aussage „Die aktuellen Auswertungen der Empa-Messungen bis Ende 2017 zeigen nun, dass die neuen Stoffe immer öfter und in höheren Konzentrationen in der Atmosphäre nachweisbar sind“ kommt, wenn die Eidgenössische Materialprüfungs - und Forschungsanstalt (Empa) Konzentrationen von ppq (parts per quadrillion, Empa-Bericht Seite 14). angibt und selbst angibt, dass die Interpretation solch geringer Werte schwierig zu bewerten ist? Die Aussage des UBA entspricht nach Kenntnis der Bundesregierung den Aussagen der Empa in ihrem Abschlussbericht über „Kontinuierliche Messung von Nicht-CO2-Treibhausgasen auf dem Jungfraujoch“14 anhand der nachstehenden Grafik, heute seien in praktisch allen Proben messbare Konzentrationen von R1234yf vorhanden (S. 3) und Ereignisse mit detektierbarem R1234yf hätten seit 2013 in Häufigkeit und Größe deutlich zugenommen (S. 27). Konzentrationen von HFKW-1234yf, welches in der Atmosphäre weltweit zum ersten Mal auf dem Jungfraujoch gemessen wurde. (c) Empa 2018 Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 11. Auf welchen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht nach Informationen der Bundesregierung die Aussage des Umweltbundesamtes, dass steigende TFA-Emissionen entstünden, wenn alle PKW in Europa auf R1234yf umgerüstet werden? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 12. Wie hoch ist nach Informationen der Bundesregierung die Leckagerate einer PKW-Klimaanlage, und überschreiten Klimaanlagen, wie sie in Deutschland in den PKW verbaut werden, dadurch europäische Grenzwerte? Halogenierte Kältemittel aus Pkw-Klimaanlagen werden während der Herstellung , des Betriebs und der Entsorgung der Fahrzeuge emittiert. Bei der Erstbefüllung von Pkw-Klimaanlagen im Werk entweichen nur geringe Mengen, durch- 14 „Kontinuierliche Messung von Nicht-CO2-Treibhausgasen auf dem Jungfraujoch“ (HALCLIM-2015-18). Schlussbericht August 2018. URL: www.empa.ch/documents/56101/190047/HALCLIM-6-Schlussbericht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/9723 schnittlich 3 Gramm Kältemittel pro Anlage. Während der Nutzungsphase werden durch reguläre Leckagen, irreguläre Verluste bei Unfällen sowie bei Service und Wartung durchschnittlich 10 Prozent der Füllmenge pro Jahr freigesetzt. Der Emissionsfaktor der Entsorgung betrug im Jahr 2017 18 Prozent. Die Angaben basieren auf den Werten für die Emissionsberichterstattung an das Sekretariat der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC). Für die Leckagerate neuer Pkw-Klimaanlagen mit Kältemitteln, die ein Treibhauspotential über GWP 150 haben, gelten seit 2008 Grenzwerte für die EG-Typgenehmigung . Die Richtlinie 2006/40/EG über Emissionen aus Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen begrenzt Leckageraten auf höchstens 40 Gramm Kältemittel pro Jahr für Systeme mit einem Verdampfer bzw. 60 Gramm Kältemittel pro Jahr für Systeme mit zwei Verdampfern. Ein harmonisierter Leckage-Erkennungstest ist in der Verordnung (EG) Nr. 706/2007 der Kommission zur Festlegung eines harmonisierten Verfahrens für die Messung von Leckagen festgelegt worden. Seit 2008 darf keine EG-Typgenehmigung für Pkw, die Klimaanlagen mit Kältemitteln , die ein Treibhauspotential über GWP 150 haben, ohne die Vorlage des entsprechenden Tests erteilt werden. Für Pkw-Klimaanlagen mit Kältemitteln mit Typgenehmigungen vor 2008 und Klimaanlagen mit Kältemitteln mit einem GWP bis 150 gibt es keine europäischen Leckage-Grenzwerte. 13. Warum wird das Kältemittel CO2 vom UBA empfohlen, wenn Studien zufolge CO2-Kältemittel weniger effizient sind, was einen Mehrverbrauch fossiler Brennstoffe bedeutet, und es damit klimaschädigender ist? Grundsätzlich können Aussagen zur Energieeffizienz nicht auf ein Kältemittel als solches bezogen werden. Bewertet werden kann jeweils nur eine spezifische Kälteanwendung bzw. ein entsprechendes Anlagenkonzept. Der Bundesregierung ist eine Vielzahl von Kälteanwendungen bekannt, die mit halogenfreien Kältemitteln betrieben werden und die eine hohe Energieeffizienz aufweisen. Beispielsweise ist für Kälteanwendungen im Supermarkt das Kältemittel CO2 in den meisten Betriebszuständen thermodynamisch gut geeignet. Hochgerechnet auf das gesamte Betriebsjahr konnten bereits im Jahr 2008 CO2-Standardanlagen (sog. Booster) sehr energieeffizient betrieben werden. Eine Studie im Auftrag des UBA kam damals zu dem Ergebnis, dass CO2-Anlagen im Vergleich zu konventionellen Anlagen mit HFKW-Kältemitteln Energieeinsparpotentiale von 5 bis 10 Prozent bieten (Rhiemeier 2008)15. Mit den heute zur Verfügung stehenden neuen technischen Entwicklungen bei CO2-Anlagen, zum Beispiel der Ejektortechnik , sind trotz des erhöhten technischen Aufwands die Einsparpotentiale sogar noch erheblich größer. Zur Effizienz von Pkw-Klimaanlagen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 14. Laufen derzeit Verhandlungen auf EU-Ebene nach Informationen der Bundesregierung mit Bezug auf Zulassungen oder Ausschleusungen von Bestandteilen von Kältemitteln? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über laufende Verhandlungen auf EU-Ebene über eine Zulassungspflicht oder eine Beschränkung für Kältemittel -Bestandteile vor. 15 (Rhiemeier 2008) J.-M. Rhiemeier et al.: Vergleichende Bewertung der Klimarelevanz von Kälteanlagen und -geräten für den Supermarkt . Dessau-Roßlau, UBA Reihe Climate Change 12/2008, August 2008. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333