Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 23. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9725 19. Wahlperiode 25.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Busen, Frank Sitta, Dr. Gero Clemens Hocker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/9105 – Umsetzung des staatlichen Tierwohlkennzeichens V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat am 6. Februar 2019 die Kriterien für das staatliche Tierwohllabel für die Tierart „Schwein“ vorgestellt. Die Ansprüche des Labels liegen klar oberhalb der gesetzlichen Mindestanforderungen. Bereits in der Eingangsstufe sollen 20 Prozent mehr Platz als beim gesetzlichen Standard vorgeschrieben werden. Die Teilnahme am Label soll auf Freiwilligkeit beruhen und das Label soll sich über den Markt finanzieren. Dafür benötige es laut der zuständigen Bundesministerin „eine höhere Wertschätzung“ der Verbraucher für Fleischprodukte. Im Gegensatz zum Haltungskompass des Handels, erfasst das staatliche Tierwohllabel den Zeitraum von der Geburt bis zur Schlachtung der Tiere. Laut einer aktuellen Umfrage mit mehr als 800 Agrarbetrieben will fast ein Drittel aufgrund wirtschaftlicher Bedingungen und einer Vielzahl von Auflagen die Schweinehaltung einstellen. Zukünftige Nutzer des staatlichen Tierwohllabels sehen sich mit enormen Umbaukosten und baugenehmigungsrechtlichen Hürden konfrontiert. Grundsätzlich ist die Initiative des Bundesministeriums zur Verbesserung des Tierwohls nach Ansicht der Fragesteller zu begrüßen. Angesichts zusätzlicher Kosten von 10 bis 12 Euro pro Schwein in der Eingangsstufe und der weiterhin bestehenden Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Initiativen des Handels sowie Fleischprodukten aus dem europäischen Ausland steht jedoch zu befürchten , dass eine alleinige Refinanzierung über den Markt nicht gelingen wird. Zeitgleich sind große Finanzierungslücken im Bundeshaushalt zu schließen. Die notwendige Haushaltsdisziplin wird nach Einschätzung der Fragesteller zusätzliche Ausgaben für Zukunftsaufgaben kaum ermöglichen (www.wn.de/ Muensterland/3660690-Schweinemast-Immer-mehr-Betriebe-denken-ans- Aufhoeren). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9725 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Können, vor dem Hintergrund der Aussage der Bundesregierung vom 7. Juni 2018 „[…] Die genaue Höhe der Fördersätze [pro Tier bzw. Stallplatz] kann erst nach Festlegung der Ausgestaltung der drei Stufen des staatlichen Tierwohlkennzeichens festgelegt werden und bedarf einer Genehmigung der Europäischen Kommission“ (Bundestagsdrucksache 19/2652, S. 3) und bezugnehmend auf die Pressekonferenz des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 6. Februar 2019, die geplanten Fördersätze je Haltungsstufe und Tier (bzw. Mastschwein bzw. Ferkel) bekanntgegeben werden , und wurde vor dem Hintergrund des ambitionierten Zeitplanes der Bundesregierung bereits bei der EU-Kommission die Genehmigung beantragt? Die Höhe der variablen Mehrkosten wird derzeit berechnet. Nach Feststehen der rechtlichen Grundlagen für das Tierwohlkennzeichen kann eine Genehmigung bei der Europäischen Kommission für die geplante Förderung beantragt werden. 2. Welcher Anteil der von der Bundesregierung für den ländlichen Raum mehrfach in Aussicht gestellten zusätzlichen 1,5 Mrd. Euro für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum bis 2022 ist auch vor dem Hintergrund der Aussage der Bundesregierung vom 7. Juni 2018 „[…] Gleichwohl plant das BMEL gemeinsam mit den Ländern eine flankierende Förderung von teilnehmenden Landwirten [beim staatlichen Tierwohlkennzeichen] im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK)“ (Bundestagsdrucksache 19/2652, S. 3) für tierwohlsteigernde Maßnahmen im Zusammenhang mit dem staatlichen Tierwohlkennzeichen jährlich vorgesehen? a) Welcher Anteil der 1,5 Mrd. Euro ist für tierwohlsteigernde Maßnahmen im Zusammenhang mit dem staatlichen Tierwohlkennzeichen jährlich vorgesehen? b) Wie hoch ist der tatsächliche Mittelaufwuchs im Haushalt 2019 bzw. der geplante Mittelaufwuchs in den kommenden Haushaltsjahren für tierwohlsteigernde Maßnahmen im Zusammenhang mit dem staatlichen Tierwohlkennzeichen im neuen Förderbereich „Besonders nachhaltige und tiergerechte Haltungsverfahren“ (vgl. Bundestagsdrucksache 19/2562, S. 3)? c) Wie hoch ist der tatsächliche Mittelaufwuchs im Haushalt 2019 bzw. der geplante Mittelaufwuchs in den kommenden Haushaltsjahren für tierwohlsteigernde Maßnahmen im Zusammenhang mit dem staatlichen Tierwohlkennzeichen im Förderbereich „Markt- und standortangepasste sowie umweltgerechte Landbewirtschaftung einschließlich Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege“ (vgl. Bundestagsdrucksache 19/2562, S. 3)? d) Wie hoch sind die tatsächlichen Mittel im Haushalt 2019 bzw. die geplanten Mittel in den kommenden Haushaltsjahren im neuen Förderbereich zur Entschädigung höherer Arbeitsaufwendungen in Verbindung mit dem staatlichen Tierwohlkennzeichen (vgl. Bundestagsdrucksache 19/2562, S. 3)? e) Mit welcher Anzahl an über das staatliche Tierwohlkennzeichen vermarkteten Tieren rechnet die Bundesregierung jährlich, und auf Basis welcher Berechnungen kommen die für die Umsetzung bereitgestellten Mittel zustande ? Die Fragen 2a bis 2e werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die im Koalitionsvertrag für den Bereich Ländliche Räume/Landwirtschaft zusätzlich vorgesehenen 1,5 Mrd. Euro werden in den Haushalten 2018 bis 2021 für verschiedene Maßnahmen im Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9725 und Landwirtschaft (BMEL) veranschlagt. In den Haushalten 2018 und 2019 des BMEL sind Teile dieser Mittel unter anderem auch für Maßnahmen zur Markteinführung des Tierwohlkennzeichens und für andere tierwohlsteigernde Maßnahmen veranschlagt. Grundsätzlich werden die Bundesmittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) den Ländern nicht zweckgebunden zur Verfügung gestellt. Es ist Sache der Länder, ob und in welchem Umfang Mittel für welche Maßnahmen eingesetzt werden. Eine Zweckbindung erfolgt nur für die Sonderrahmenpläne der GAK und im Ausnahmefall für bestimmte Maßnahmen des regulären Rahmenplans. Für das Jahr 2019 gibt es im Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) keine Zweckbindung und folglich keinen Mittelaufwuchs für die genannten Förderbereiche. Die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die Jahre 2020 ff. ist Gegenstand des derzeit laufenden Verfahrens zur Aufstellung des Regierungsentwurfs zum Haushalt 2020. Vor diesem Hintergrund ist auch der Anteil der Mittel für tierwohlsteigernde Maßnahmen an den insgesamt für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum bis 2022 vorgesehenen Mitteln derzeit nicht zu quantifizieren. 3. Welcher Anteil der betrieblich verursachten Kosten – wie etwa Stallumbauten – ist jeweils im Rahmen der Förderung zum staatlichen Tierwohlkennzeichen gemäß Frage 2 förderfähig? Bauliche Investitionen zur Erfüllung der Kriterien des staatlichen Tierwohlkennzeichens sind grundsätzlich im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) förderfähig. Mittels der GAK-Maßnahme „Agrarinvestitionsförderungsprogramm“ kann derzeit für Stallneu - und -umbauten ein Zuschuss von bis zu 40 Prozent des förderfähigen Investitionsvolumens gewährt werden. Über den GAK-Fördergrundsatz „Beratung “ können Beratungsleistungen zur Verbesserung des Tierwohles mit bis zu 1 500 Euro je Beratung unterstützt werden. Zudem prüft die Bundesregierung zurzeit eine befristete Förderung der entstehenden variablen Mehrkosten durch die Teilnahme an der Tierwohlkennzeichnung. 4. Welche Anforderungen müssen die Betriebe jeweils erfüllen, um in den Genuss der Fördermaßnahmen gemäß Frage 3 bzw. Frage 2 zu gelangen? Für investive Maßnahmen ist die Förderung grundsätzlich auf Kleinst-, kleine und mittlere landwirtschaftliche Unternehmen im Sinne des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 beschränkt. 5. Welche Voraussetzungen plant die Bundesregierung gemäß § 7 Absatz 2 des Entwurfes für das Tierwohlkennzeichengesetzes, wodurch das BMEL ermächtigt , „Voraussetzungen für die Zulassung von Kontrollstellen“ ohne Zustimmung des Bundesrates zu treffen, zu erlassen? Die genauen Anforderungen an die Zulassung der Kontrollstellen werden im Entwurf der Tierwohlkennzeichenverordnung konkretisiert. Sie sollen unter anderem die Qualifikation und Erfahrung des Personals, die technische und finanzielle Ausstattung der Kontrollstelle und den Nachweis der Akkreditierung der Kontrollstelle nach der Europäischen Norm DIN EN ISO/IEC 17065:2012 umfassen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9725 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Welche privaten Unternehmen oder Behörden sind nach Auffassung der Bundesregierung bzw. des zuständigen Bundesministeriums entsprechend zu Frage 5 geeignet, die Voraussetzungen zu erfüllen? Alle Einrichtungen, die die im Tierwohlkennzeichengesetz bzw. in der Tierwohlkennzeichenverordnung vorgesehenen Anforderungen erfüllen, können von der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) als Kontrollstelle zugelassen werden (siehe auch Antwort zu Frage 5). 7. Welche privaten Unternehmen oder Behörden kommen nach den Fragen 5 bzw. 6 für die einzelnen Haltungsstufen näher in Betracht, und mit welchen privaten Unternehmen oder Behörden befindet sich die Bundesregierung bereits im Austausch? Die Bundesregierung konsultiert die entsprechenden Verbände im Rahmen der Beteiligungsverfahren zum Tierwohlkennzeichengesetz und zur Tierwohlkennzeichenverordnung . Vertreter von Verbänden und Unternehmen waren auch an den Stakeholdertreffen im Rahmen der Erarbeitung der Kriterien und der Organisation und Struktur des Tierwohlkennzeichens beteiligt. 8. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den betrieblichen Aufwand der Kontrollen für die Kennzeichennutzer ein (bitte nach Produzenten und Verarbeitern differenzieren)? Der Aufwand wird unter anderem von der Betriebsgröße abhängen. Wenn bei den Kontrollstellen die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, können Kontrollen zur Einhaltung der Anforderungen nach dem Tierwohlkennzeichengesetz gemeinsam mit bereits stattfindenden Kontrolltätigkeiten durchgeführt werden (z. B. Audits im Rahmen der Teilnahme am QS-System, der Brancheninitiative Tierwohl oder Öko-Kontrollen). 9. Wie hoch schätzt die Bundesregierung eine angemessene Vergütung pro Kennzeichennutzer und pro vermarktetemTier (Mastschwein bzw. Ferkel) ein, wenn bereits den Kontrollstellen gemäß § 5 Absatz 3 des Entwurfs zum Tierwohlkennzeichengesetz eine „angemessene Vergütung“ zugestanden wird? Ziel ist es, dass der Landwirt seinen Mehraufwand und seinen Gewinn für die höherwertigere Haltung der Tiere am Markt erwirtschaftet, denn mehr Tierwohl wird nicht kostenneutral zu erreichen sein. Berechnungen haben ergeben, dass in der Stufe 1 pro Mastschwein Mehrkosten von ca. 12,46 Euro entstehen. In die Preisbildung ist die Bundesregierung nicht involviert. 10. Plant die Bundesregierung die Umlage der „angemessenen Vergütung“ auf die Kennzeichennutzer? Die Vergütung der Leistungen der Kontrollstellen ist Gegenstand der privatrechtlichen Vereinbarung zwischen den teilnehmenden Unternehmen und den Kontrollstellen . Bereits jetzt müssen landwirtschaftliche Unternehmen Kontrollen in bestimmten Qualitätsprogrammen finanzieren. Zurzeit wird geprüft, ob auch Mehrkosten der Landwirte für die zusätzlichen Kontrollen gefördert werden können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9725 11. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass sich das staatliche Tierwohlkennzeichen trotz der vielfältigen Fördermöglichkeiten entsprechend der Aussagen des BMEL „über den Markt“ (vgl. Bundestagsdrucksache 19/2562, S. 3) finanzieren soll? 12. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass nach Auffassung der Fragesteller künftig alle Steuerzahler über die eingeräumten Fördermaßnahmen das staatliche Tierwohlkennzeichen als ein freiwilliges Premiumsegment mitfinanzieren werden? Die Fragen 11 und 12 werden aufgrund ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Der gesellschaftlich geforderte Wandel in der Landwirtschaft soll auch in Zukunft – national wie europäisch – finanziell gefördert werden. Landwirtschaftliche Betriebe sollen für gesellschaftliche Leistungen (z. B. in den Bereichen Umwelt -, Tier-, Natur- und Klimaschutz) einen angemessenen Ausgleich erhalten. 13. Wie bewertet die Bundesregierung die tierwohlfördernden Maßnahmen des staatlichen Tierwohlkennzeichens, insbesondere den Zugang zu Freiluft, die im Vergleich zur Haltung in geschlossenen Ställen zu gesteigerten, diffusen (Ammoniak-)Immissionen führen, im Zielkonflikt mit dem Umweltschutz, und insbesondere im Hinblick auf die noch ins deutsche Recht umzusetzende NEC-Richtlinie (NEC = National Emission Ceilings), die eine Reduktion der Ammoniak-Emissionen von rund 30 Prozent bis zum Jahr 2030 vorsieht? Die tierwohlfördernden Maßnahmen des staatlichen Tierwohlkennzeichens führen nur in ganz bestimmten Fällen zu gesteigerten diffusen Emissionen und zu höheren Immissionen als geschlossene Ställe. In diesem Fall können erhöhte diffuse Ammoniakimmissionen in die Umwelt auftreten. Hier gilt es, die Belange einer von weiten Kreisen der Gesellschaft geforderten tierwohlgerechteren Haltung mit den Belangen des Umweltschutzes, der auch den Schutz vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Luftschadstoffe umfasst, zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Es ist Ziel der Bundesregierung, gleichzeitig das Tierwohl zu fördern und Emissionen zu reduzieren. Die Forschung zur Optimierung tierwohlgerechter Ställe – auch in Bezug auf Emissionen – wird hierzu wichtige Erkenntnisse liefern und sie ist noch nicht abgeschlossen. 14. Plant die Bundesregierung genehmigungsrechtliche Erleichterungen für den Bau von tierwohlgerechten Ställen, die den Anforderungen des staatlichen Tierwohlkennzeichens, insbesondere dem Zugang zu Freiluft, entsprechen? Bei der aktuellen Novellierung der „Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft“ (TA Luft), die Vorsorgeanforderungen für große, immissionsschutzrechtlich genehmigungs-bedürftige Tierhaltungsanlagen enthält, ist eine Öffnungsklausel für tiergerechte Haltungsverfahren vorgesehen. Diese ermöglicht es den Genehmigungsbehörden, bei Haltungsverfahren, die dem Tierwohl dienen, von den allgemein gültigen Anforderungen abzuweichen, wenn deren Anwendung nicht möglich ist. Für qualitätsgesicherte Haltungsverfahren, die nachweislich dem Tierwohl dienen, wird eine Expertengruppe einberufen, die konkretisierende , vollzugsfähige Kriterien festlegen soll, um die Anforderungen an den Umweltschutz mit den Anforderungen an das Tierwohl in optimierender Weise in Übereinstimmung zu bringen. Die Koalitionsparteien haben im Koalitionsvertrag vereinbart, einen Bestandsschutz für Änderungen bestehender Tierhaltungsanlagen zu Tierwohlzwecken zu schaffen. Dies hat folgenden Hintergrund: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9725 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ein Teil der bestehenden Tierhaltungsanlagen im Außenbereich kann aufgrund inzwischen geänderter bauplanungsrechtlicher Vorschriften nicht ohne einen Bebauungsplan geändert werden. Es handelt sich dabei um die Tierhaltungsanlagen, die nicht den Begriff der Landwirtschaftlichen Anlage im Sinne des § 201 BauGB erfüllen und aufgrund ihrer Tierplatzzahl nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung einer standortbezogenen Vorprüfung bedürfen. Änderungen dieser Anlagen bedürfen seit dem Jahr 2013 eines Bebauungsplans. Die Gründe, die seinerzeit zu dieser Regelung geführt haben, bestehen fort. Es gibt jedoch auch bauliche Änderungen solcher Anlagen, die ausschließlich der Verbesserung des Tierwohls dienen und den Tierbestand nicht vergrößern. Auch diese Änderungen können nach dem geltenden Recht nur mit einem Bebauungsplan erfolgen. Die Folge ist oft, dass die Änderungen unterbleiben und die Anlage weiterhin mit dem niedrigeren Tierwohlstandard betrieben wird, obwohl der Betreiber Verbesserungen anstrebt. Die zuständigen Bundesministerien beraten gegenwärtig noch darüber, wie die genannte Bestimmung des Koalitionsvertrages in geeigneter Weise unter sachgerechter Abwägung der betroffenen Belange umgesetzt werden kann. 15. Wie soll sich die „Integration eines Systems zur Ermittlung eines Tiergesundheitsindex “ gemäß dem Eckpunktepapier des BMEL zur Verabschiedung einer Tierwohlkennzeichen-Verordnung vom 31. Mai 2018 nach den Vorstellungen der Bundesregierung vollziehen, und wie soll der genannte Index berechnet werden? 16. Welche Instanzen werden nach den Wünschen der Bundesregierung die zur Berechnung eines Tiergesundheitsindexes notwendigen Daten zuliefern? 17. Wird die Integration des Tiergesundheitsindexes nach den Vorstellungen der Bundesregierung einen Einfluss auf den Preis bzw. die Förderung pro Tier (Mastschwein bzw. Ferkel) haben? Die Fragen 15 bis 17 werden aufgrund ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Eines der einzuhaltenden Kriterien für die Teilnahme am Tierwohlkennzeichen betrifft die Teilnahme an einem System zur Erfassung von Befunden, die Rückschlüsse auf die Tiergesundheit und das Tierwohl geben (z. B. eine Schlachtbefunddatenerfassung ), um einen Tiergesundheitsindex abzuleiten. Damit soll die Wirksamkeit von Tierwohlmaßnahmen beurteilt und perspektivisch auch eine Vergleichbarkeit unter den teilnehmenden Betrieben hergestellt werden können (Tiergesundheitsbenchmarking). Entsprechende Systeme sind bereits heute an vielen Schlachthöfen etabliert. Zum Beispiel haben sich nach Aussage der Initiative Tierwohl 137 an der Initiative beteiligte Schlachtbetriebe dazu verpflichtet, an den Schlachtbändern sogenannte Befunddaten zu erfassen und an eine zentrale Datenbank zu übermitteln. Amtliche Veterinäre am Schlachthof erfassen dazu u. a. Informationen zu Gelenkentzündungen und äußeren Verletzungen. So kommen bereits heute Daten von über 80 Prozent aller in Deutschland geschlachteter Schweine zusammen. Auch im Bereich des Ökologischen Landbaus gibt es bereits ähnliche Erfassungssysteme. Die Forderung nach einer Teilnahme an einem System zur Erfassung von Befunden , die Rückschlüsse auf die Tiergesundheit und das Tierwohl geben, trägt zu dem entstehenden Mehraufwand bei, stellt aber nicht das kostenträchtigste Kriterium dar. Im Übrigen ist die Bundesregierung nicht in die Preisbildung für die Kennzeichenprodukte involviert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/9725 18. Wie bewertet die Bundesregierung den Import von Ferkeln aus dem Ausland hinsichtlich der Einhaltung der Standards des staatlichen Tierwohlkennzeichens entlang der gesamten Wertschöpfungskette? Die Erzeugung von Ferkeln aus dem Ausland für eine Vermarktung von Produkten unter dem staatlichen Tierwohlkennzeichen unterliegt den gleichen Anforderungen wie von Ferkeln im Inland. 19. Plant die Bundesregierung, Initiativen für einheitliche Tierwohlstandards auf europäischer Ebene anzustoßen? Die Bundesregierung setzt sich fortlaufend für einheitliche und hohe Tierwohlstandards auf europäischer Ebene ein. Unter anderem hat sie gemeinsam mit weiteren Mitgliedstaaten die Europäische Kommission aufgefordert, für weitere Nutztierarten europäische Mindeststandards zu regeln und die EU-Tierschutzvorschriften in Bezug auf Tiertransporte zu überarbeiten. Zudem ist die Bundesregierung auf der EU-Tierschutzplattform und in deren Untergruppen vertreten. 20. Weshalb verzichtet die Bundesregierung darauf, in der vorgesehenen Struktur des staatlichen Tierwohlkennzeichens Lebensmittel, die nach Öko-Basis- Verordnung VO (EG) Nr. 834/2007 erzeugt wurden, in einer separaten Haltungsstufe zu berücksichtigen und so ökologisch erzeugte Lebensmittel zu integrieren? 21. Inwieweit deckt nach Ansicht der Bundesregierung bereits die Öko-Basis- Verordnung VO (EG) Nr. 834/2007 die Haltungsstufe 3 des staatlichen Tierwohlkennzeichens für Schweine ab? 22. Rechnet die Bundesregierung mit Verdrängungseffekten von Lebensmitteln nach Öko-Basis-Verordnung VO (EG) Nr. 834/2007 durch Produkte aus der Haltungsstufe 3 des staatlichen Tierwohlkennzeichens? Die Fragen 20 bis 22 werden aufgrund ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Die drei Stufen des staatlichen Tierwohlkennzeichens zielen ausschließlich auf höhere Tierschutzstandards ab. Gesellschaftliche Leistungen, die von Biobetrieben zusätzlich erbracht werden, werden bei den höheren Anforderungen an das Tierwohl im Tierwohlkennzeichen nicht berücksichtigt. Insofern sollen auch konventionell wirtschaftende Betriebe, die die Tierwohlanforderung der höchsten Stufe erfüllen, das Kennzeichen nutzen können. Bei einigen Kriterien, wie dem Platz und der Mindestdauer der Säugephase, übertreffen die Kriterien der Öko-Basis-Verordnung (EG) Nr. 834/2007 die Anforderungen des Tierwohlkennzeichens. Andere Tierwohlkriterien des Kennzeichens, wie höhere Standards für Transport und Schlachtung, Teilnahme an einem System zur Erfassung von Tierschutz- und Tiergesundheitsdaten oder regelmäßige Teilnahme an einer tierschutzbezogenen Fortbildung, sind nach Öko-Basis-Verordnung VO (EG) Nr. 834/2007 nicht reguliert. Die zusätzlichen gesellschaftlichen Leistungen im Rahmen des Ökologischen Landbaus werden auf den Produkten durch das Anbringen des obligatorischen EU-Bio-Zeichens o-der anderer nationaler Logos (z. B. das staatliche Biosiegel) zum Ausdruck gebracht wer-den. Ob oder in welchem Umfang es ggf. zu Verdrängungseffekten kommen wird, ist auch vor dem Hintergrund, dass der ökologische Landbau neben dem Tierschutz auch andere Leistungen erbringt, derzeit nicht abzuschätzen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333