Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 26. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9745 19. Wahlperiode 29.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Ralf Nolte, Martin Hess, Gerold Otten, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/9045 – Suspendierung eines Oberstleutnants des KSK vom Dienst V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Wie die „Bild“ am 7. Februar 2019 berichtete, soll ein Oberstleutnant des Kommando Spezialkräfte (KSK) wegen „Rechtsextremismus“ vom Dienst suspendiert worden sein (www.bild.de/bild-plus/news/inland/news-inland/kskoberstleutnant -suspendiert-rechtsextremist-bei-elitesoldaten-60017730,view =conversionToLogin.bild.html). Weiterhin geht aus Presseberichten hervor, dass der Soldat sich in sozialen Netzwerken verfassungsfeindlich geäußert haben soll und dieser schon seit einiger Zeit vom Bundesamt für den militärischen Abschirmdienst (MAD) beobachtet wird (www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-elite-soldatdaniel -k-wegen-reichsbuerger-verdacht-suspendiert-a-1252217.html). 1. Welche konkreten Sachverhalte führten nach Kenntnis der Bundesregierung zur Suspendierung des Soldaten? Der betroffene Offizier genießt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG). Die Bundesregierung kann ohne Zustimmung des Betroffenen keine Auskunft zu etwaigen disziplinaren Ermittlungen und Maßnahmen geben. Dies gebietet der Schutz der Persönlichkeitsrechte und folgt insoweit auch aus § 9 der Wehrdisziplinarordnung (WDO). 2. Gegen welche Rechtsnormen des Soldatengesetzes hat der Soldat verstoßen, und mit welchen konkreten Handlungen sollen diese Verstöße verbunden sein? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9745 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Hat sich der Soldat zu Zielen verfassungsfeindlicher Organisationen oder Personen bekannt? Wenn ja, in welcher Form? Soweit sich die Frage auf mögliche disziplinare Ermittlungen bezieht, wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu möglicherweise laufenden operativen Maßnahmen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) kann aus Gründen des Staatswohls keine Auskunft erteilt werden, da Arbeitsmethoden, Vorgehensweisen und Aufklärungsprofile der Nachrichtendienste im Hinblick auf die künftige Aufgabenerfüllung besonders schutzbedürftig sind. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten zu nachrichtendienstlichen Operationen ließe Rückschlüsse auf aktuelle Aufklärungsschwerpunkte und die nachrichtendienstliche Erkenntnislage zu. Dies insbesondere dann, wenn es sich um noch laufende nachrichtendienstliche Beobachtungen handelt. Aus der Abwägung der verfassungsrechtlich garantierten Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten mit den negativen Folgen für die künftige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörden sowie den daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland folgt, dass auch eine Beantwortung unter VS-Einstufung, die in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar wäre, ausscheidet. Im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie hält die Bundesregierung die Informationen der angefragten Art für so sensibel, dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann. 4. Falls der Soldat zu verfassungsfeindlichen Personen oder Organisationen Kontakt gehabt hat, wie war dieser Kontakt geartet? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 5. Wann fand die jüngste Sicherheitsüberprüfung Stufe 3 (SÜ 3) des Soldaten statt, und hat er diese erfolgreich absolviert? Die Frage zielt auf personenbezogene Daten des betroffenen Soldaten. Dieser genießt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG, weshalb die Bundesregierung ohne dessen Zustimmung hierzu keine Auskunft geben darf. Dies gebietet der Schutz der Persönlichkeitsrechte und folgt aus § 29 Absatz 3 des Soldatengesetzes (SG). 6. Für welche Vergehen wurden in der Vergangenheit Dienstausübungs- und Uniformtrageverbote verhangen (bitte drei konkrete Beispiele nennen)? Ein Verbot, die Uniform zu tragen, kann als Nebenmaßnahme zu einem Verbot der Ausübung des Dienstes (§ 22 SG) ausgesprochen werden. Gleiches ist möglich als Nebenmaßnahme im Rahmen der vorläufigen Dienstenthebung (§ 126 WDO). Dabei handelt es sich jeweils um eine Einzelfallentscheidung des hierfür zuständigen Disziplinarvorgesetzten bzw. der zuständigen Einleitungsbehörde. Beispiele, anlässlich derer ein Verbot der Ausübung des Dienstes ausgesprochen wurde, waren u. a. Äußerungen in sozialen Netzwerken, die erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue des Soldaten erkennen lassen, gemeinschaftlich began- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9745 gene Körperverletzungsdelikte vor dem Dienstantritt oder die mehrfache Beleidigung und Körperverletzungen gegenüber der Ehefrau und Begehung von Betrugsstraftaten . 7. In welcher Weise darf ein Bundeswehrsoldat nach Ansicht der Bundesregierung eine eigene politische Meinung haben bzw. diese insbesondere in sozialen Medien äußern, sofern kein Bezug zur Bundeswehr erkennbar ist? Nach § 6 SG haben Soldatinnen und Soldaten die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jede andere Staatsbürgerin oder jeder andere Staatsbürger. Ihre Rechte werden im Rahmen der Erfordernisse des militärischen Dienstes durch ihre gesetzlich begründeten Pflichten beschränkt. Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Rechte anderer Personen beginnen oder mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtsgüter zu beachten oder zu wahren sind. Verfassungsrang hat dabei insbesondere auch die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte (Bundesverfassungsgerichtsentscheidung [BVerfGE] 48, 127, 159 f.). § 8 SG bestimmt, dass Soldatinnen und Soldaten inner- und außerdienstlich die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anerkennen und durch ihr gesamtes Verhalten für ihre Einhaltung eintreten müssen. Die politische Tätigkeit von Soldatinnen und Soldaten wird durch § 15 SG eingeschränkt . Demnach dürfen sich Soldatinnen und Soldaten im Dienst nicht zugunsten oder zuungunsten einer bestimmten politischen Richtung betätigen. Das Recht der Soldatinnen und Soldaten, im Gespräch mit Kameradinnen und Kameraden ihre eigene Meinung zu äußern, bleibt dabei unberührt (§ 15 Absatz 1 SG). Zudem dürfen Soldatinnen und Soldaten nach § 15 Absatz 4 SG inner- und außerdienstlich als Vorgesetzte ihre Untergebenen nicht für oder gegen eine politische Meinung beeinflussen. Innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen findet während der Freizeit das Recht auf freie Meinungsäußerung seine Schranken in den Grundregeln der Kameradschaft. Soldatinnen und Soldaten haben sich dabei so zu verhalten, dass die Gemeinsamkeit des Dienstes nicht ernstlich gestört wird, wobei sie insbesondere nicht als Werber für eine politische Gruppe wirken dürfen, indem sie Ansprachen halten, Schriften verteilen oder als Vertreter einer politischen Organisation arbeiten. Die gegenseitige Achtung darf nicht gefährdet werden (vgl. § 15 Absatz 2 SG). Offiziere und Unteroffiziere haben zudem innerhalb und außerhalb des Dienstes bei ihren Äußerungen die Zurückhaltung zu wahren, die erforderlich ist, um das Vertrauen als Vorgesetzte zu erhalten. Diese Regelungen gelten ebenfalls bei Äußerungen in sozialen Medien. 8. Wie viele Bundeswehrsoldaten bedienen sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Begrifflichkeit der politischen Linken bzw. bewegen sich in dieser Gedankenwelt? Gegen wie viele Soldaten wurde deshalb ermittelt? Der Begriff „politische Linke“ ist weder in der Wissenschaft noch durch die Verfassungsschutzbehörden einheitlich definiert. Unabhängig davon erfolgt in der Bundeswehr keine statistische Erfassung dahingehend , welche Begrifflichkeiten Soldaten verwenden. Darüber hinaus entziehen sich „Bewegungen in der Gedankenwelt“ als geistige Tätigkeit der Wahrnehmung durch den Dienstherrn. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9745 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 9. Haben sich Vergehen, die dem Soldaten vorgeworfen werden, im Zeitraum der SÜ 3 ereignet? Wenn ja, warum wird eine Soldat, der zuvor eine SÜ 3 erhalten hat, nun direkt vom Dienst suspendiert? Das Verbot der Ausübung des Dienstes ist unabhängig vom Ergebnis oder von der Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung. Maßgeblich ist gemäß § 22 SG ein zwingender dienstlicher Grund. Hierzu zählt beispielsweise die Begehung eines schweren Dienstvergehens oder einer schweren Straftat oder eine Gefahr für das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit. Soweit die Frage auf den konkreten Fall abzielt, kann die Bundesregierung ohne Zustimmung des betroffenen Offiziers keine Auskunft zu etwaigen disziplinaren Ermittlungen erteilen, da der betroffene Offizier das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG genießt. 10. Hat der MAD nach Kenntnis der Bundesregierung ein persönliches Gespräch mit dem Soldaten geführt? Wenn nein, warum nicht? 11. Hat der Soldat nach Kenntnis der Bundesregierung um ein Gespräch mit dem MAD gebeten? Wenn ja, wann? 12. Führte der Soldat seine sozialen Netzwerke, wie Facebook, privat oder stellte er in diesen einen dienstlichen Bezug her? 13. Inwiefern hat sich der Soldat verfassungsfeindlich in den sozialen Netzwerken geäußert? Die fragen 10 bis 13 werden zusammen beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 14. Werden dem Soldaten nach Kenntnis der Bundesregierung neben Äußerungen auch „Likes“ auf Facebook zur Last gelegt? Wenn ja, welche „Likes“ sind das, und inwiefern richten sich die Bestrebungen der jeweiligen Akteure gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung (FDGO)? Soweit die Frage auf etwaige disziplinare Ermittlungen oder Maßnahmen abstellt, wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen; soweit sie sich auf mögliche nachrichtendienstliche Ermittlungen oder Erkenntnisse bezieht, wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 15. Sind nach Auffassung der Bundesregierung die Äußerungen des Soldaten im privaten Rahmen nicht von dem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt? Wenn ja, um welche konkreten Aussagen handelt es sich dabei? Hinsichtlich der grundsätzlichen Aspekte gelten die Ausführungen in der Antwort zu Frage 7 entsprechend. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9745 Im Hinblick auf den konkreten Fall wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 16. Wird der Soldat verdächtigt, der Reichsbürgerbewegung nahe zu stehen? Wenn ja, warum? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 17. Wie definiert die Bundesregierung die „Neue Rechte“ und die „politische Rechte“ sowie deren Ziele? Der Begriff „Neue Rechte“ ist weder in der Wissenschaft noch durch die Verfassungsschutzbehörden einheitlich definiert. Die Unbestimmtheit des Begriffs „Neue Rechte“ lässt es daher nicht zu, die dieser Strömung allgemein zugeordneten Akteure nur deshalb im rechtsextremistischen Spektrum zu verorten. Der Begriff „Politische Rechte“ ist kein Arbeitsbegriff des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV). 18. Welche Organisationen und Personen werden von der Bundesregierung der „Neuen Rechten“ zugordnet? Die bloße Zuordnung zu dem weder trennscharf noch einheitlich definierten Begriff „Neue Rechte“ begründet noch keine Verfassungsschutzrelevanz, sondern – darüber hinaus – nur der Nachweis tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG). Dies trifft etwa auf die der „Neuen Rechten“ zuzuordnende „Identitäre Bewegung Deutschland“ zu, bei der tatsächliche Anhaltspunkte für eine rechtsextremistische Bestrebung vorliegen und insofern die Voraussetzungen für eine Bearbeitung durch das BfV im Rahmen eines Verdachtsfalls gegeben sind. 19. Ist Sympathie mit der „Neuen Rechten“ nach Auffassung der Bundesregierung von der Meinungsfreiheit unserer pluralistischen Gesellschaft gedeckt? Die Schranken der Meinungsfreiheit ergeben sich aus Artikel 5 Absatz 2 GG. Sympathiebekundungen für eine politische Strömung wie der – uneinheitlich definierten – „Neuen Rechten“ erreichen die in Artikel 5 Absatz 2 GG genannten Schranken grundsätzlich nicht. 20. Ist von Seiten des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) geplant, den Mitarbeitern des Geschäftsbereichs eine Handreichung zur Verfügung zu stellen, die Aufschluss darüber gibt, welche Seiten, Gruppen, Organisationen , Personen und Aussagen in den sozialen Medien geliked werden dürfen ? Angesichts der zunehmenden Selbstverständlichkeit der Nutzung Sozialer Medien erfolgt derzeit durch das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) ergänzend zur Vorschrift A-600-5 „Soziale Medien in der Informationsarbeit“ die Erarbeitung einer Handlungshilfe für Angehörige der Bundeswehr zum verantwortungsvollen und regelkonformen Umgang mit den Sozialen Medien. Darüber hinaus ist beabsichtigt, dass Unterrichtsmaterialien, digitale Informations- und Lernangebote zum Umgang mit den Sozialen Medien eine solche Handlungshilfe begleiten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9745 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ferner leistet der MAD durch seine themen- und anlassbezogen erscheinenden „MAD-Informationen“, durch Vorträge bei Dienststellen und Einheiten der Bundeswehr sowie Unterrichtungen von Dienststellenleitern und Disziplinarvorgesetzten Aufklärungsarbeit und Prävention zu allen Phänomenbereichen der Extremismusabwehr . 21. Ist ein Abonnieren oder Lesen des „Ciceros“, der „Jungen Freiheit“ oder von „Tichys Einblick“ durch Soldaten dienstlich problematisch oder ist dies ein Rechtfertigungsgrund, um Soldaten als rechtsextremen Verdachtsfall zu führen oder zu sanktionieren? Die genannten Publikationen sind dem liberal-konservativen, teilweise nationalkonservativen politischen Spektrum zuzuordnen. Das Lesen oder Abonnieren einer solchen Publikation unterliegt dem Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 GG und begründet keine Verdachtsfallbearbeitung durch den MAD. Auch hier gelten die in der Antwort zu Frage 7 ausgeführten Rechtsgrundsätze. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333