Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 25. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9753 19. Wahlperiode 29.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Protschka, Thomas Ehrhorn, Peter Felser, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/9368 – Abgangsraten und Todesfälle von Milchkühen in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Laktationsleistung von Milchkühen hat sich in allen Ländern mit intensiver Milchproduktion in den letzten fünf Jahrzehnten etwa verdoppelt, bei zum Teil erheblichen absoluten Unterschieden zwischen den Ländern. In Deutschland hat sich die Leistung von etwa 3 000 bis 4 000 kg in den fünfziger Jahren auf mehr als 8 000 kg Milch pro Kuh und Jahr erhöht (vgl. www.elite-magazin.de/news/ nachrichten/neuer-leistungsanstieg-in-der-milchkontrolle-10120628.html). Diese Entwicklung wird getrübt durch die Abnahme der durchschnittlichen Nutzungsdauer je Milchkuh. In dem erwähnten Zeitraum hat sich die Zahl der Laktationen von etwa 4 bis 5 vor 50 Jahren auf 2,7 Laktationen verringert (ADR, 2015, Rinderproduktion in Deutschland 2014. Ausgabe 2015. ADR Jahresbericht 2015, Bonn). Obwohl der physiologische Leistungshöhepunkt der Rasse Deutsche Holstein in der vierten Laktation liegt, werden 43 Prozent aller MLP-Kühe (MLP = Milchleistungsprüfung) keine vier Jahre alt (vgl. Wangler, A. & Harms, J., 2006, Forschungsbericht – Verlängerung der Nutzungsdauer der Milchkühe durch eine gute Tiergesundheit bei gleichzeitig hoher Lebensleistung zur Erhöhung der Effizienz des Tiereinsatzes. Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern Institut für Tierproduktion ). Als mögliche Gründe für das vorzeitige Ausscheiden von Milchkühen kommen verschiedene Ursachen in Betracht, wie beispielsweise die Haltungsbedingungen , Fütterungsstrategien vor und nach der Geburt, Herdenmanagement sowie Erkrankungen und Fruchtbarkeitsstörungen. Dazu kommt es zu Todesfällen (vgl. www.wir-sind-tierarzt.de/2015/02/was-abgangsraten-ueber-die-tier gesundheit-aussagen/, zuletzt abgerufen am 25. März 2019). Die ungeklärten Todesfälle betragen in einigen internationalen Zusammenstellungen zwischen 6 und 8 Prozent (vgl. www.dairyherd.com/article/why-cows-die, zuletzt abgerufen am 25. März 2019). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9753 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Abgangsraten der Milchkühe in Deutschland (bitte jeweils unterteilt in Bundesland und in Milchrassen angeben)? Im Jahr 2018 betrug die durchschnittliche Abgangsrate (in Prozent) aller in einem Herdbuch eingetragenen Kühe (Quelle: Bundeverband Rind & Schwein e. V.): Holstein-Schwarzbunt (Holstein-sbt): 31,6 Holstein-Rotbunt (Holstein-rbt): 31,3 Fleckvieh: 29,3 Braunvieh: 25,2 Angaben unterteilt nach Bundesländern liegen der Bundesregierung nicht vor. 2. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Ursachen für unfreiwillige, d. h. krankheitsbedingte, Abgänge, und in welcher prozentualen Häufigkeit treten diese auf? Gibt es Hinweise auf genetisch bedingte Ursachen? Im Zusammenhang mit der Abgangsrate wurden folgende Ursachen (mit Angabe der prozentualen Häufigkeit) im Jahr 2018 erfasst: Abgangsursache Häufigkeit (in %) Zucht 11,6 Alter 3,8 Geringe Leistung 6,8 Sterilität 19,8 Eutererkrankungen 13,8 Schlechte Melkbarkeit 2,4 Klauen-/Gliedmaßenkrankheiten 11,6 Stoffwechsel 8,9 Sonstige Krankheiten 6,7 Andere 14,6 (Quelle: Bundeverband Rind & Schwein e. V.) Hinweise auf genetisch bedingte Ursachen liegen der Bundesregierung nicht vor. 3. An wie viel Prozent der deutschen Milchbetriebe werden nach Kenntnis der Bundesregierung Nekropsien an Kühen zur Ermittlung der Todesursache durchgeführt? Information über die Durchführung von Nekropsien an Kühen zur Ermittlung der Todesursache auf Milchviehbetrieben liegen der Bundesregierung nicht vor. 4. Wie hoch hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Todesfälle bei deutschen Milchkühen in den letzten 20 Jahren entwickelt (bitte in Prozent angeben)? Angaben zur Entwicklung von Todesfällen bei deutschen Milchkühen liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9753 5. Wie viele Monate betrug nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 die durchschnittliche Nutzungsdauer deutscher Milchkühe (bitte unterteilt in Milchrassen angeben )? Die durchschnittliche Nutzungsdauer in den genannten Jahren bei den einzelnen Milchrassen ist der folgenden Tabelle zu entnehmen (Quelle: Bundeverband Rind & Schwein e. V.): Nutzungsdauer in Monaten Rasse / Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Holstein-sbt. 35,5 35,6 36,0 36,1 36,2 36,7 36,4 36,7 36,7 Holstein rbt. 36,6 37,0 36,9 37,0 37,6 37,7 37,6 37,8 38,4 Fleckvieh 35,4 35,5 36,2 36,2 36,4 37,1 37,3 37,8 38,6 Braunvieh 45,1 44,9 45,2 44,9 45,3 45,1 45,8 46,2 47,0 6. Mit wie vielen Laktationen gehen nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche Milchkühe derzeit durchschnittlich aus dem Bestand, und wie vielen Tagen post partum (p.p.) entspricht dies durchschnittlich (bitte jeweils unterteilt in Bundesland und in Milchrassen angeben)? Daten zur durchschnittlichen Anzahl der Laktationen unterteilt nach Bundesland und Milchrasse liegen der Bundesregierung nicht vor. Die Zwischenkalbezeit (entspricht der Laktationslänge) in Tagen bei den einzelnen Milchrassen betrug im Jahr 2016 (Quelle: Bundesverband Rind & Schwein e. V.): Holstein-Schwarzbunt (Holstein-sbt): 408 Holstein-Rotbunt (Holstein-rbt): 404 Fleckvieh: 391 Braunvieh: 409 Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 7. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Lebensleistung deutscher Milchkühe in den letzten zehn Jahren verändert (bitte jeweils unterteilt in Jahr und in Milchrasse angeben)? Die durchschnittliche Nutzungsdauer in den genannten Jahren bei den einzelnen Milchrassen ist der folgenden Tabelle zu entnehmen (Quelle: Bundesverband Rind & Schwein e. V.): Lebensleistung in 1000 kg Milch Rasse / Jahr 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Holstein-sbt. 25,3 25,5 25,6 26,5 26,7 26,9 27,6 27,9 28,2 28,3 Holstein rbt. 23,5 23,9 24,6 24,8 24,8 25,5 25,7 26,1 26,4 26,9 Fleckvieh 20,3 20,7 21,0 21,7 22,0 22,4 23,0 23,4 24,0 24,8 Braunvieh 26,3 26,4 26,7 27,2 27,0 27,5 27,5 28,1 28,8 29,8 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9753 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Inwiefern betrachtet die Bundesregierung die negative Energiebilanz (NEB) in der Frühlaktation bei hochleistenden Kühen als Risikofaktor für Erkrankungen oder Fruchtbarkeitsstörungen (http://buel.bmel.de/index.php/buel/ article/view/110/Brade_Biomarker.html)? Eine Milchkuh deckt ihren Nährstoff- und Energiebedarf regelmäßig über das aufgenommene Futter und durch Mobilisation von Körperreserven. Der Beginn der Laktation führt zu einer starken Erhöhung des Energiebedarfs der Milchkuh. Dieser kann zunächst nicht vollständig über die Futteraufnahme gedeckt werden. Die Folge ist eine negative Energiebilanz, die über mehrere Wochen anhalten kann. Um dies zu kompensieren, muss die Kuh eigenes Körperfett mobilisieren, was eine Steigerung der Konzentration von freien Fettsäuren und eine Absenkung des Glukosespeigels im Blut zur Folge hat. In dieser Zeit erhöht sich vor allem die Anfälligkeit für Stoffwechselerkrankungen bei Milchkühen. 9. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der aktuellen Zuchtzielgestaltung bei Deutsche-Holstein-Rindern nach dem offiziellen Gesamtzuchtwert (RZG), der die Milchleistung schneller als die Futteraufnahme erhöht und damit zur weiteren Vergrößerung der bereits bestehenden negativen Energiebilanz (NEB) in der Folgegeneration beiträgt, in Bezug auf § 11b des Tierschutzgesetzes (TierSchG), beziehungsweise welche Schritte gedenkt die Bundesregierung bezüglich einer Konkretisierung des § 11b TierSchG hinsichtlich der modernen Milchrinderzüchtung zu unternehmen? § 11b des Tierschutzgesetzes legt die Merkmale einer verbotenen Qualzucht fest. Dabei kann der Tatbestand der Qualzucht durch sehr unterschiedliche Erscheinungsformen und Krankheitsbilder erfüllt sein. Er entzieht sich dadurch einer einfachen und gleichzeitig treffenden und eindeutigen Beschreibung. Weil die zu erfassenden Tatbestände so vielgestaltig sind, benötigen die nach Landesrecht zuständigen Vollzugsbehörden einen weiten Entscheidungsspielraum, der durch die Generalklausel in § 11b des Tierschutzgesetzes gewährleistet wird. Vor diesem Hintergrund plant die Bundesregierung nicht, die Regelungen des § 11b des Tierschutzgesetzes – beispielswiese im Hinblick auf die Zucht von Milchkühen – zu konkretisieren. Die Entscheidung, ob ein Fall von Qualzucht im Sinne des § 11b des Tierschutzgesetzes vorliegt, ist im konkreten Einzelfall von den zuständigen Behörden zu treffen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333