Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 26. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9771 19. Wahlperiode 29.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Joana Cotar, Uwe Schulz, Dr. Michael Espendiller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/8652 – Kompromisslösung der Bundesregierung bei der EU-Trilog-Verhandlung im Zusammenhang mit der geplanten EU-Urheberrechtsreform V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 12. September 2018 hat das Europäische Parlament dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (COM(2016)0593 – C8-0383/2016 – 2016/0280(COD)) zugestimmt. Aufgrund der Einigung der Regierungen von Frankreich und Deutschland im Zusammenhang mit den Artikeln 11 und 13 der geplanten EU-Urheberrechtsreform begibt sich die Bundesregierung nach Ansicht der Fragesteller in einen direkten Konflikt mit dem vor einem Jahr beschlossenen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, in welchem es in den Zeilen 2212 bis 2216 heißt: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu ‚filtern ‘, lehnen wir als unverhältnismäßig ab“ (www.cdu.de/system/tdf/media/ dokumente/koalitionsvertrag_2018.pdf?file=1). Die Große Koalition hat mit dem Kompromiss in der EU-Trilog-Verhandlung zur Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt nach Ansicht der Fragesteller gezeigt, dass sie die Versprechen, welche sie den Wählern im Wahlkampf in Bezug auf Upload- Filter und freies Internet gegeben hat, nicht einhalten wird. Bei den Upload-Filtern handelt es sich um die technische Möglichkeit, Inhalte, welche gegen Gesetze oder gegen die Nutzungsbedingungen von Plattformen verstoßen, vor der Veröffentlichung zu blocken. Die Inhalte der Beiträge werden von einem Algorithmus-Filter beim Upload geprüft, sodass illegale oder nicht regelkonforme Inhalte bei der Veröffentlichung entweder nicht veröffentlicht oder im Sinne einer regelkonformen Verwendung abgeändert werden. Grundsätzlich ist nicht in Abrede zu stellen, dass Urheberrechtsverstöße im Internet ein Problem darstellen und dass Inhalte urheberrechtlich geschützt sein müssen. Die Kernprobleme der drohenden EU-Urheberrechtsreform sind jedoch die Übertragung der Haftung vom Nutzer auf die Plattformbetreiber und der unausgereifte Stand der Technik bei den Upload-Filtern (https://netzpolitik.org/ 2018/algorithmen-und-kuenstliche-intelligenz-wir-reden-an-unserer-zukunftvorbei /). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9771 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Upload-Filter werden von Experten aufgrund ihrer technischen Unvollkommenheiten auf absehbare Zeit als sehr fehleranfällig angesehen und würden daher eine nicht kalkulierbare Anzahl an Beiträgen blocken, die in Wahrheit völlig rechts- und regelkonform gestaltet sind (Overblocking), beispielsweise Parodien oder sogenannte Memes (Bilder mit oftmals karikierenden Beschriftungen ). Im Endeffekt führt die EU-Urheberrechtsreform bei einer Umsetzung zu einer massiven Zensur mit unabsehbaren Folgen für das Internet und die freie Meinungsäußerung – ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Folgen (https:// netzpolitik.org/2018/eu-parlament-warnt-vor-overblocking-durch-internetfirmen/). Ebenso spricht der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD von der Vermeidung negativer Auswirkungen auf kleinere und mittlere Verlage – mit dieser Kompromisslösung, welche die Bundesregierung ausgehandelt hat, müssten aus Sicht der Fragesteller jedoch selbst die kleinsten oder neu gegründete Plattformen, die alle Kriterien erfüllen, beweisen, dass sie alles unternommen haben, um von Rechteinhabern Lizenzen einzuholen. Eine nach Einschätzung der Fragesteller schier unmögliche Aufgabe, da Plattformbetreiber für alle möglichen Inhalte, die ihre Nutzer potenziell hochladen könnten, Lizenzen einholen müssten. Dies stellt nach Meinung der Fragesteller eine hohe Markteintrittsbarriere dar, die entsprechende negative Auswirkung auf die Gründung von Unternehmen in diesem Bereich haben wird. Es ist daher zu befürchten, dass dieser Kompromisslösung noch vor den EU-Wahlen 2019 im europäischen Parlament zugestimmt wird. 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Trilog-Verhandlungen über die geplante EU-Urheberrechtsreform, die nach Auffassung der Fragesteller in direktem Konflikt mit den Zielvorgaben des Koalitionsvertrages „Ein neuer Aufbruch für Europa, Eine neue Dynamik für Deutschland, Ein neuer Zusammenhalt für unser Land – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode“ stehen? Zur Beantwortung der Frage verweist die Bundesregierung auf die beigefügte Protokollerklärung, die sie im Zusammenhang mit der endgültigen Verabschiedung der Richtlinie auf dem Landwirtschafts- und Fischereirat am 15. April 2019 abgegeben hat. 2. Inwieweit sieht sich die Bundesregierung an die Zielvorgaben des Koalitionsvertrages „Ein neuer Aufbruch für Europa, Eine neue Dynamik für Deutschland, Ein neuer Zusammenhalt für unser Land“ zwischen CDU, CSU und SPD gebunden? Der Koalitionsvertrag bildet die Grundlage für die Zusammenarbeit der Koalitionspartner . 3. Wie begründet die Bundesregierung ihre Entscheidung, im EU-Ministerrat, gegen den im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD als unverhältnismäßig abgelehnten Einsatz von Upload-Filtern, Plattformen und Webseitenbetreiber nun doch zum Einsatz von Upload-Filtern zu verpflichten , um Nutzerinhalte nach möglichen Urheberrechtsverletzungen massenweise zu „filtern“ (www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/euurheberrechtsreform -umstrittener-upload-filter-das-sind-die-siebenwichtigsten -fragen-und-antworten/24036742.html?ticket=ST-1372860- mka71wjFoH5Nsq2T0jHn-ap6)? Zur Beantwortung der Frage verweist die Bundesregierung auf die beigefügte Protokollerklärung, die sie im Zusammenhang mit der endgültigen Verabschiedung der Richtlinie auf dem Landwirtschafts- und Fischereirat am 15. April 2019 abgegeben hat. Drucksache 19/9771 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9771 4. Ist es der Bundesregierung bekannt, dass es nicht möglich ist, alle nutzergenerierten Inhalte weder manuell durch Personen noch durch Algorithmen bzw. KI-Anwendungen vollständig überprüfen zu können (https://netzpolitik. org/2018/algorithmen-und-kuenstliche-intelligenz-wir-reden-an-unserer-zukunftvorbei /)? Nein. 5. Wie ist die Kompromisslösung in Bezug auf die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (COM(2016)0593 – C8-0383/2016 – 2016/0280(COD) im Zusammenhang mit Förderprogrammen der Bundesregierung zu bewerten, mit denen radikal neue, auch multidisziplinäre Ansätze in Digitaltechnologien und Geschäftsmodelle mit großen inhaltlichen und administrativen Freiräumen unterstützt werden sollen (www.bmbf.de/files/Nationale_KI-Strategie.pdf)? Die Richtlinie enthält – wie in der KI-Strategie angekündigt – in den Artikeln 3 und 4 Vorschriften, die das Text und Data Mining zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und zu kommerziellen Zwecken unter bestimmten Voraussetzungen erlauben. Die Bundesregierung hat diese Vorschriften bei den Verhandlungen unterstützt. 6. Aus welchen konkreten Beweggründen heraus hat die Bundesregierung dieser Kompromisslösung in Bezug auf die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (COM(2016)0593 – C8-0383/2016 – 2016/0280(COD) zugestimmt (bitte ausführlich erklären)? Zur Beantwortung der Frage verweist die Bundesregierung auf die beigefügte Protokollerklärung, die sie im Zusammenhang mit der endgültigen Verabschiedung der Richtlinie auf dem Landwirtschafts- und Fischereirat am 15. April 2019 abgegeben hat. 7. Teilt die Bundesregierung die Befürchtungen der Fragesteller, dass der Kompromiss der Bundesregierung zu den Artikeln 11 und 13 des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (COM(2016)0593 – C8-0383/2016 – 2016/0280(COD) die Meinungs- und Informationsfreiheit aushöhlt? Wenn nein, warum nicht? Zur Beantwortung der Frage verweist die Bundesregierung auf die beigefügte Protokollerklärung, die sie im Zusammenhang mit der endgültigen Verabschiedung der Richtlinie auf dem Landwirtschafts- und Fischereirat am 15. April 2019 abgegeben hat. 8. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass vor allem kleine und mittelständische Verwerter und Kreative mit der verhandelten Kompromisslösung zu den Artikeln 11 und 13 des Vorschlags zur geplanten Richtlinie des Europäischen Parlaments und Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt entgegen der ursprünglichen Intention der EU-Kommission nicht gestärkt werden? Nein. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9771 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9771 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkung der Kompromisslösung auf den digitalen Binnenmarkt, insbesondere in Hinblick auf die Gründungskultur und die Erhöhung von Markteintrittsbarrieren, für mögliche neue Plattformbetreiber? Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der Verhandlungen über die Richtlinie im Ergebnis erfolgreich dafür eingesetzt, dass die besonderen Bedürfnisse von Start-ups, die eine Upload-Plattform betreiben, bei der Regulierung der Plattform- Verantwortlichkeit gemäß Artikel 17 der Richtlinie über das Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt angemessen berücksichtigt werden. 10. Aus welchem Grund argumentierte die Bundesregierung im Ausschuss Digitale Agenda am 13. Februar 2019, dass Upload-Filter das einzig mögliche Mittel sei, um Rechteinhaber zu stärken und zu schützen (www.bundestag. de/presse/hib/593250-593250)? In der angegebenen Fundstelle findet sich kein Hinweis darauf, dass die Bundesregierung im Ausschuss Digitale Agenda am 13. Februar 2019 argumentierte, dass Upload-Filter das einzig mögliche Mittel seien, um Rechteinhaber zu stärken und zu schützen. 11. Welche weiteren Mittel zum Schutz von Rechteinhabern wurden in diesem Zusammenhang geprüft? Die Richtlinie stellt klar, dass es einen Akt der öffentlichen Wiedergabe darstellt, wenn bestimmte Plattformen eine große Menge an von seinen Nutzern hochgeladenen , urheberrechtlich geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen speichern und der Öffentlichkeit Zugang hierzu verschaffen. Damit setzt die Richtlinie einen Anreiz für den Abschluss von Lizenzverträgen zwischen Rechteinhabern und Plattformen. 12. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass Upload-Filter, so wie sie in der Kompromisslösung zur geplanten Richtlinie angedacht sind, technisch wirklich funktionieren? Wenn ja, aus welchen konkreten Gründen glaubt dies die Bundesregierung (bitte ausführlich darstellen)? Artikel 17 Absatz 4 der Richtlinie verpflichtet Plattformen, nach Maßgabe hoher branchenüblicher Standards für die berufliche Sorgfalt alle Anstrengungen zu unternehmen , um sicherzustellen, dass bestimmte Werke nicht verfügbar sind. Mittel , die Upload-Plattformen zur Erfüllung ihrer Pflichten einsetzen, müssen den genannten Anforderungen gerecht werden. Die Richtlinie ist technologieneutral ausgestaltet. Neben algorithmenbasierten Mechanismen sind auch manuelle Sichtungen denkbar. 13. Aus welchem konkreten Grund wurde das deutsche Leistungsschutzrecht nicht vor einer Einigung (Kompromisslösung) bei den EU-Trilog-Verhandlungen evaluiert (https://urheber.info/positionen/2018-05-30_leistungsschutz recht-eu-einfuehrung-aber-keine-evaluierung)? Das federführende Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt die anhaltende rechtspolitische Diskussion zum (deutschen) Leistungsschutzrecht des Presseverlegers aufmerksam. Mangels hinreichender praktischer Erfahrungen konnte noch keine Zwischenbilanz gezogen werden. Drucksache 19/9771 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9771 Auch steht eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum deutschen Leistungsschutzrecht noch aus: Das Landgericht Berlin hat in einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen der das Leistungsschutzrecht geltend machenden Verwertungsgesellschaft Media als Vertreterin der Presseunternehmen einerseits und Google Inc. den EuGH angerufen. 14. Inwieweit sieht die Bundesregierung ein Pflichtfiltersystem (Upload-Filter) im Einklang mit dem Verbot allgemeiner Überwachungspflichten für Plattformen (https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2011-11/ cp110126de.pdf)? Nach Artikel 17 Absatz 8 der Richtlinie darf die Anwendung des Artikels nicht zu einer Pflicht zur allgemeinen Überwachung führen. Die Bundesregierung wird sich bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht an dieser Maßgabe orientieren . Im Übrigen verweist die Bundesregierung auf die beigefügte Protokollerklärung , die sie im Zusammenhang mit der endgültigen Verabschiedung der Richtlinie auf dem Landwirtschafts- und Fischereirat am 15. April 2019 abgegeben hat. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9771 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Anlage Erklärung der Bundesrepublik Deutschland zur Richtlinie über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im Digitalen Binnenmarkt; insbesondere zu Artikel 17 der Richtlinie 1. Die deutsche Bundesregierung stimmt dem Richtlinienvorschlag über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im Digitalen Binnenmarkt (im Folgenden: Richtlinie) in der Fassung des Trilog-Kompromisses vom 13. Februar 2019 zu, weil die Reform insgesamt dringend nötige Anpassungen des nicht mehr zeitgemäßen europäischen Rechtsrahmens mit sich bringt, etwa die Regelungen zum Text und Data Mining, zu den vergriffenen Werken oder zum Vertragsrecht für Künstlerinnen und Künstler. 2. Die Bundesregierung bedauert zugleich, dass es nicht gelungen ist, ein Konzept zur urheberrechtlichen Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen zu verabreden, das in der Breite alle Seiten überzeugt. Es besteht zwar weithin Übereinstimmung, dass Kreative an der Verwertung ihrer Inhalte durch Upload-Plattformen beteiligt werden sollen. Insbesondere die in Artikel 17 der Richtlinie vorgesehene Pflicht, auf Dauer ein „stay down“ geschützter Inhalte zu gewährleisten, stößt aber mit Blick auf voraussichtlich dabei auch zur Anwendung kommenden algorithmenbasierten Lösungen („UploadFilter“) auf ernsthafte Bedenken und in der deutschen Öffentlichkeit auf breite Kritik. Auch die Abstimmung im Europäischen Parlament am 26. März 2019 hat die tiefe Kluft zwischen Befürwortern und Kritikern aufgezeigt. 3. Im Mittelpunkt unserer Bemühungen stehen die Künstlerinnen und Künstler, die Urheberinnen und Urheber, letztlich alle Kreative, die sich ganz selbstverständlich der neuen Werkzeuge bedienen, die Digitalisierung und Vernetzung für kreatives Schaffen bereithalten. Der Schutz kreativer Leistungen im Netz, damit einhergehend auch eine angemessene Vergütung der Kreativen, steht hierbei für die Bundesregierung selbstverständlich nicht in Frage. 4. Nach Artikel 17 Absatz 10 ist die Europäische Kommission verpflichtet, einen Dialog mit allen betroffenen Interessengruppen zu führen, um Leitlinien zur Anwen- Drucksache 19/9771 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. - 2 - dung des Artikels 17 zu entwickeln. Die Vorschrift fordert ausdrücklich, die Ausgewogenheit zwischen den Grundrechten sowie die Möglichkeit zu wahren, geschützte Inhalte im Rahmen gesetzlicher Erlaubnisse auf Upload-Plattformen zu nutzen. Die Bundesregierung geht deshalb davon aus, dass dieser Dialog vom Geist getragen ist, eine angemessene Vergütung der Kreativen zu gewährleisten, „Uploadfilter“ nach Möglichkeit zu verhindern, die Meinungsfreiheit sicherzustellen und die Nutzerrechte zu wahren. Die Bundesregierung geht davon aus, dass in diesem Dialog eine unionsweit einheitliche Umsetzung vereinbart wird, denn eine fragmentarische Umsetzung in 27 nationalen Varianten wäre mit den Prinzipien eines Europäischen Digitalen Binnenmarkts nicht zu vereinbaren. Die Bundesregierung wird sich auf der Grundlage dieser Erklärung in diesen Dialog einbringen. 5. Soweit hierbei überhaupt technische Lösungen zum Einsatz kommen, müssen die datenschutzrechtlichen Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung beachtet werden und die Europäische Union sollte die Entwicklung von Open-Source- Technologien mit offenen Schnittstellen (APIs) fördern. Quelloffene Software garantiert Transparenz, offene Schnittstellen Interoperabilität und Standardisierung. So kann verhindert werden, dass marktmächtige Plattformen mittels ihrer etablierten Filtertechnologie ihre Marktmacht weiter festigen. Zugleich muss die Europäische Union Konzepte entwickeln, die einem de-facto-Copyright-Register in der Hand marktmächtiger Plattformen durch öffentliche, transparente Meldeverfahren entgegenwirkt . 6. Zunächst werden die Vorgaben von Artikel 2 Absatz 6 der Richtlinie aufgegriffen und klargestellt werden müssen: Denn die Regelungen zielen lediglich auf die marktmächtigen Plattformen, die große Massen von urheberrechtlich geschützten Uploads zugänglich machen und hierauf ihr kommerzielles Geschäftsmodell gründen , also auf Dienste wie beispielsweise YouTube oder Facebook. Zugleich werden wir klarstellen, dass Dienste wie Wikipedia, Hochschul-Repositorien, Blogs und Foren , Software-Plattformen wie Github, Special-Interest-Angebote ohne Bezüge zur Kreativwirtschaft, Messengerdienste wie WhatsApp, Verkaufsportale oder Cloud- Dienste nicht zu Plattformen im Sinne des Artikels 17 gehören. Die Ausnahme für Startups setzen wir hierzu ergänzend um. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/9771 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. - 3 - 7. Außerdem ist klar: Upload-Plattformen sollen auch künftig als freie, unzensierte Kommunikationskanäle für die Zivilgesellschaft zur Verfügung stehen. In Artikel 17 Absatz 7 und 8 ist in diesem Zusammenhang bestimmt, dass Schutzmaßnahmen von Upload-Plattformen erlaubte Nutzungen geschützter Inhalte nicht behindern dürfen. Hierfür setzen wir uns insbesondere auch deshalb ein, weil Upload- Plattformen zugleich ein Sprungbrett für Kreative sind, die so die Chance haben, auch ohne Verlag oder Label ein weltweites Publikum zu erreichen. 8. Ziel muss es sein, das Instrument „Uploadfilter“ weitgehend unnötig zu machen. Jeder dauerhafte „stay down“ – Mechanismus („Uploadfilter“) muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Es sind insbesondere verfahrensrechtliche Garantien denkbar, etwa wenn Nutzer beim Upload mitteilen, dass sie Inhalte Dritter erlaubterweise hochladen. Eine Löschung könnte in diesen Fällen also nicht automatisch , sondern erst nach einer von Menschen durchgeführten Überprüfung zulässig sein. Gleichzeitig sollte die Rechtsinhaberschaft an Inhalten, die entfernt werden sollen, hinreichend belegt werden, es sei denn, die Information stammt von einem „trusted flagger“. In jedem Fall müssen die Plattformen einen niederschwelligen Zugang zu einem Beschwerdemechanismus gewährleisten, der eine effektive und möglichst umgehende Klärung streitiger Fälle ermöglicht. 9. Auch die Nutzung geschützter Inhalte auf Upload-Plattformen beispielsweise für Kritik und Rezensionen oder für Karikaturen, Parodien und Pastiches oder aber im Rahmen der Zitatschranke wird erlaubt, ohne dass eine Vergütung zu zahlen ist: Hier entstehen dem Rechtsinhaber ohnehin keine relevanten wirtschaftlichen Einbußen . Für darüber hinaus gehende Nutzungen sollen Plattformen, soweit zu fairen Tarifen und mit zumutbarem Aufwand verfügbar, Lizenzen erwerben. Wir werden prüfen, wie die faire Beteiligung der Kreativen an diesen Lizenzeinnahmen durch Direktvergütungsansprüche gesichert werden kann, und zwar auch dann, wenn die Online-Rechte ausschließlich dem Label, Verlag oder Produzenten zustehen. Außerdem ist zu gewährleisten, dass auch kreative Inhalte, die Nutzerinnen und Nutzer auf Upload-Plattformen neu schaffen, angemessen vergütet werden, wenn diese Drucksache 19/9771 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. - 4 - kommerziell verwertet werden. Denn die politisch erwünschten Erlöse aus Nutzungen auf Upload-Plattformen müssen vor allem auch die Kreativen selbst erreichen. 10. Artikel 17 verfolgt das Ziel, die Nutzung von geschützten Inhalten auf Upload- Plattformen zu monetarisieren und eine angemessene und faire Vergütung der Künstlerinnen und Künstler, der Urheberinnen und Urheber sicherzustellen. Dieses Ziel teilt die Bundesregierung. Der europäische Kompromiss stützt sich hierbei auf die Lizenzierung als Mittel der Wahl. Um ihrer Verantwortung Rechnung zu tragen sieht Artikel 17 Absatz 4 vor, dass Upload Plattformen „alle Anstrengungen“ unternommen haben, um Lizenzen einzuholen“. Dies wird ein entscheidender Punkt bei der Umsetzung dieser Vorschrift sein. Es müssen praktikable Lösungen für die Einholung der Lizenzen gefunden werden. Von den Plattformen darf auf der einen Seite praktisch nichts Unzumutbares verlangt werden, auf der anderen Seite muss sichergestellt werden, dass die Bemühungen Lizenzen einzuholen mit fairen Vergütungsangeboten verknüpft werden müssen. 11. Das Urheberrecht hält zur Lösung dieser Frage – wie können Lizenzen möglichst für alle Inhalte auf Upload-Plattformen abgeschlossen werden – neben der „klassischen“ Einzel-Lizenzierung viele andere Mechanismen bereit (z. B. sog. Schranken, ggf. verbunden mit Vergütungsansprüchen, Möglichkeit der Umwandlung von Ausschließlichkeitsrechten in Vergütungsansprüche, Kontrahierungszwang zu angemessenen Bedingungen; Einschaltung von Zusammenschlüssen von Kreativschaffenden wie z.B. Verwertungsgesellschaften). 12. Die Bundesregierung wird all diese Modelle prüfen. Sollte sich zeigen, dass die Umsetzung zu einer Beschränkung der Meinungsfreiheit führt oder die zuvor skizzierten Leitlinien auf unionsrechtliche Hindernisse stoßen, wird die Bundesregierung darauf hinwirken, dass die festgestellten Defizite des EU-Urheberrechts korrigiert werden. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/9771 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333