Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 25. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9778 19. Wahlperiode 29.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Axel Gehrke, Paul Viktor Podolay, Dr. Robby Schlund, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/9308 – Rückverlagerung der Arzneimittelproduktion nach Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Früher galt Deutschland als die „Apotheke der Welt“, heute werden die meisten Wirkstoffe in China oder Indien produziert. Treten dort Herstellungsprobleme auf, fallen meist gleichzeitig die Produkte mehrerer pharmazeutischer Unternehmer auf dem deutschen Markt aus. Qualitätsmängel betreffen gleichzeitig viele Produkte von verschiedenen pharmazeutischen Unternehmen auf dem deutschen Markt. Beispiele sind Piperacillin und Tazobactam nach der Explosion einer Fabrik des chinesischen Herstellers Qilu in der chinesischen Provinz Shandong (www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/politik/antibiotika-wiederin -deutschland-produzieren-pro-generika-legt-machbarkeitsstudie-vor/) und die Verunreinigung von Arzneimitteln, die Valsartan vom chinesischen Herstellers Zhejiang Huahai Pharmaceutical enthielten, mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA) (www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelzulassung/ Arzneimittelinformationen/Arzneimittelfaelschungen/RapidAlertSystem/Valsartan/_ node.html). Mittlerweile sind weitere Sartane betroffen (w w w . a bd a . d e / amk-nachricht/artikel/online-nachricht-amk-liste-der-chargen-rueckrufesartan -haltiger-arzneimittel/). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Wahl der Produktionsstandorte und der Zulieferer liegen in der Verantwortung eines Unternehmers. Die Anforderungen an die Qualitätssicherung der Produktionsabläufe und -umgebung in der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen mit dem Ziel einer Prozessüberprüfung sind von der Europäischen Kommission in den Grundsätzen und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Humanarzneimittel und für zur Anwendung beim Menschen bestimmte Prüfpräparate (GMP-Leitfaden) formuliert. Die Herstellung der Wirk- und Hilfsstoffe bzw. die Wahl der Wirkstoff- und Hilfsstoffhersteller liegen in der Verantwortung des pharmazeutischen Unternehmers . Der pharmazeutische Unternehmer ist für die Qualität der Inhaltsstoffe seines Fertigarzneimittels verantwortlich und muss geeignete Maßnahmen treffen, um die geforderte Qualität sicherzustellen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9778 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode In Deutschland ist die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen in der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung geregelt. Dass die gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsanforderungen eingehalten werden, wird bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen unabhängig vom Ort der Herstellung durch zuständige Behörden nach den in der EU anerkannten Regeln überwacht. Die Anforderungen an den Import von Wirkstoffen zur Arzneimittelherstellung aus Drittländern sind europäisch harmonisiert. Zusätzlich sieht das Arzneimittelgesetz (AMG) bei bestimmten Wirkstoffen eine Inspektion durch eine deutsche oder europäische Behörde im Drittland vor. Im vom Bundeskabinett am 30. Januar 2019 beschlossenen Entwurf eines Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung sind Maßnahmen zur Veröffentlichung der Wirkstoffhersteller bei Fertigarzneimitteln vorgesehen, die zu mehr Transparenz bei der Wirkstoffherstellung beitragen sollen. Zudem ist beim Abschluss von Rabattverträgen durch Krankenkassen zukünftig nicht nur die Vielfalt der Anbieter, sondern auch die Gewährleistung einer unterbrechungsfreien und bedarfsgerechten Lieferfähigkeit zu berücksichtigen. 1. Sieht es die Bundesregierung – auch vor dem Hintergrund möglicher internationaler Krisen und der Tatsache, dass jetzt feststeht, dass unterschiedliche Wirkstoffe und insbesondere auch Antibiotika betroffen waren – bezüglich der Versorgungssicherheit nun als bedenklich an, von ausländischen Herstellern abhängig zu sein? Die in jüngster Zeit aufgetretenen versorgungsrelevanten Lieferengpässe betrafen vor allem patentfreie Arzneimittel in steriler Formulierung, für die es nur wenige Hersteller gibt. Die Konzentration auf wenige Herstellungsstätten für Arzneimittel und Wirkstoffe ist in Verbindung mit Qualitätsmängeln bei der Herstellung oder mit Produktions - und Lieferverzögerungen von Ausgangsstoffen eine häufige Ursache von Lieferengpässen, unabhängig von deren Standort. 2. Ist die Bundesregierung bestrebt, die Arzneimittelproduktion wieder nach Deutschland zurückzuverlagern, so wie es Professor Dr. Karl Broich, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für möglich hält? 3. Wenn ja, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung dafür? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Grundsätzlich sind alle Maßnahmen bzw. finanzielle Anreize, die zu einer Ausweitung des Marktes beitragen, geeignet, der Marktkonzentration entgegen zu wirken. Bei der Ausgestaltung der Maßnahmen ist u. a. das Vergaberecht zu beachten . Auf europäischer Ebene ist gegenwärtig ein Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (Supplementary Protection Certificate – SPC) anhängig. Mit einer im informellen Trilog vorgeschlagenen und vom Europäischen Parlament bereits gebilligten Änderung würde sowohl die Exportproduktion während der gesamten Laufzeit des SPC als auch die Produktion und die Bevorratung von Generika und Biosimilars für den EU-Markt während der letzten sechs Monate vor Ablauf des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9778 SPC zugelassen (sog. Stockpiling Waiver). Es handelt sich aus Sicht der Bundesregierung um eine ausgewogene Regelung, die dem Zweck der Ausnahme, nämlich die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Pharmaindustrie insgesamt zu stärken, gerecht wird. 4. Wäre die Abschaffung oder Modifikation des derzeitigen Rabattvertragssystems aus Sicht der Bundesregierung ein geeigneter Weg, und falls nicht, warum nicht? Rabattverträge von Krankenkassen mit pharmazeutischen Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag zur finanziellen Stabilität und zur Versorgungssicherheit in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Rabattverträge schaffen Planungssicherheit sowohl für den pharmazeutischen Hersteller als auch für die Krankenversicherung. Finanziell konnte die GKV im Jahr 2018 auf Basis der vorläufigen Finanzergebnisse auf diesem Wege ca. 4,4 Mrd. Euro Einsparungen erzielen . Dies entspricht einer Größenordnung von ca. 0,3 Beitragssatzpunkten. Die Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln hat für die Bundesregierung einen hohen Stellenwert. Die Krankenkassen haben bereits verschiedene Instrumente , die es ihnen erlauben, flexibel auf unterschiedliche Marktgegebenheiten zu reagieren. Dazu zählt auch die Möglichkeit, im Rahmen von Ausschreibungen mehr als ein Unternehmen als Rabattpartner pro Arzneimittel unter Vertrag zu nehmen. Mehrfachvergaben finden bereits statt, wenn genügend pharmazeutische Unternehmer auf dem Markt sind und das Marktvolumen eine Aufteilung zulässt. Ob eine Mehrfachvergabe ein geeignetes Mittel zur Sicherstellung der Versorgung ist, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Mit dem Entwurf eines Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung sollen die Anforderungen an Rabattverträge hinsichtlich der Versorgungssicherstellung nochmals erhöht werden . Zukünftig sind beim Abschluss solcher Verträge nicht nur die Vielfalt der Anbieter, sondern auch die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten zu berücksichtigten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333