Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9782 19. Wahlperiode 30.04.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Otto Fricke, Christian Dürr, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/9365 – Europäisches Mehrwertsteuersystem für den Onlinehandel V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im europäischen Binnenmarkt gilt die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MwStSystRL). Die Mehrwertsteuer wird in der Regel auf alle Lieferungen und Leistungen einschließlich des Verkaufs an den Endverbraucher erhoben. Die Mehrwertsteuersätze werden in jedem Mitgliedstaat individuell festgesetzt (https://europa.eu/youreurope/business/taxation/vat/ cross-border-vat / index_de.htm, abgerufen am 27. Februar 2019). Dabei schwanken die Sätze zwischen 17 Prozent in Luxemburg oder 18 Prozent in Malta und 24 Prozent in Finnland oder 25 Prozent in Dänemark (Europäische Kommission, Stand: 1. Juli 2018). Entsprechend der o. g. MwStSystRL können (Online-)Händler, die in ein anderes EU-Land liefern, hierbei zunächst den Mehrwertsteuersätzen ihres Herkunftslandes unterliegen. Überschreiten sie jedoch die Umsatzgrenze, muss der Händler die Mehrwertsteuer des Bestimmungslandes entrichten. Diese Schwellenwerte sind ebenfalls von Land zu Land unterschiedlich und liegen zwischen etwas über 31 000 Euro in Schweden und 100 000 Euro in den Niederlanden, Luxemburg und Deutschland (ht tps: / /europa.eu/youreurope/business/ taxation/vat/cross-border-vat/index_de.htm, abgerufen am 27. Februar 2019). Zusätzlich müssen Währungsschwankungen bei der Überwachung dieser Werte berücksichtigt werden, die das Bundesministerium der Finanzen monatlich bekannt gibt (§ 16 Absatz 6 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes – UStG). Das bedeutet , dass Händler eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen und eine Steuererklärung in den jeweiligen Ländern abgeben müssen, in die sie die Waren liefern. Händler, die in den 28 Mitgliedstaaten handeln, benötigen daher bis zu 28 Umsatzsteuer-Identifikationsnummern und deklarieren und bezahlen regelmäßig die lokale Mehrwertsteuer. Am 8. November 2018 beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Bundestagsdrucksache 19/5595). Damit haften Betreiber elektronischer Marktplätze unter Umständen, wenn Händler für die darüber bestellten Waren keine Umsatzsteuer abgeführt Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9782 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode haben. Vor diesem Hintergrund betrachten die Fragesteller die bürokratischen Hürden insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen aber auch das Risiko der entgehenden Einnahmen der verschiedenen Mitgliedstaaten. 1. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Kosten, die für Onlineversandhändler , mit Hauptsitz in Deutschland, aufgrund des in der Vorbemerkung der Fragesteller beschriebenen Problems beim innereuropäischen Versandhandel entstehen? Der Bundesregierung liegen keine Informationen zu den Kosten vor, die für Onlineversandhändler , mit Hauptsitz in Deutschland, aufgrund des oben beschriebenen Problems beim innereuropäischen Versandhandel entstehen. Die in der Vorbemerkung beschriebene Verlagerung des Lieferortes durch § 3c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) hängt unter anderem davon ab, ob der jeweilige Onlineversandhändler die sog. Lieferschwelle überschritten hat. Diese Lieferschwelle wird von den einzelnen EU-Mitgliedstaaten für die Lieferungen dorthin festgelegt. Für Versandlieferungen nach Deutschland beträgt die Lieferschwelle 100 000 Euro. Der Versandhändler kann jedoch auf die Anwendung der Lieferschwelle verzichten und alle Lieferungen am Ort der Beendigung der Beförderung oder Versendung als ausgeführt behandeln. Er ist hieran mindestens zwei Kalenderjahre gebunden. 2. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die jährlichen finanziellen Mindereinnahmen für den Gesamtstaat durch nicht korrekt versteuerte Waren im grenzüberschreitenden Onlinehandel in Deutschland? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 3. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die jährlichen finanziellen Mindereinnahmen für den Gesamtstaat, durch nicht korrekt versteuerte Waren im grenzüberschreitenden innereuropäischen Onlinehandel in Deutschland? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 4. Plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen, um diese Steuermindereinnahmen im grenzüberschreitenden Onlinehandel zwischen Staaten der Europäischen Union zu vermeiden? Wenn ja, welche, und falls nein, warum nicht? Im Bereich der Umsatzsteuer liegt das Initiativrecht für entsprechende Maßnahmen allein bei der Europäischen Kommission. 5. Welche Koordination erfolgt zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und den Finanzbehörden auf Landesebene um sicherzustellen, dass die Bundesländer die Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Onlinehandel effektiv und in der korrekten Höhe erheben? Nach Artikel 108 des Grundgesetzes sind die Länder für die Erhebung und Kontrolle der Umsatzsteuer zuständig. Gleichwohl hat die Bundesregierung großes Interesse an der Verhinderung von Hinterziehungen im Bereich der Umsatzsteuer, um Haushaltseinnahmen zu sichern und zum Schutz steuerehrlicher Unternehmen vor Wettbewerbsverzerrungen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9782 Bund und Länder arbeiten daher bei der praktischen Umsetzung der zum 1. Januar 2019 in Kraft getretenen neuen gesetzlichen Regelungen eng zusammen. 6. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um die Fähigkeiten der deutschen Finanzämter zu verbessern, die potenziell riesigen Datenmengen aus dem Onlinehandel auszuwerten und auf dieser Basis die fällige Umsatzsteuer effektiv zu erheben? Auf die Antwort zu Frage 5 wird hingewiesen. 7. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um kleineren und mittleren deutschen Onlinehändlern zu ermöglichen, ihre Produkte EU-weit zu vertreiben, ohne Gefahr zu laufen, sich eines steuerlichen Fehlverhaltens schuldig zu machen? Die Verantwortung für die Einhaltung der geltenden steuerlichen Regelungen bei der Teilnahme am Handel innerhalb der EU obliegt allein dem betreffenden Händler. Dies gilt auch für kleine und mittlere Unternehmen und ist unabhängig von der Art der Teilnahme am Handel. 8. Plant die Bundesregierung darüber hinaus weitere Maßnahmen, um kleineren und mittleren deutschen Onlinehändlern zu ermöglichen, ihre Produkte EU-weit zu vertreiben, ohne Gefahr zu laufen, sich eines steuerlichen Fehlverhaltens schuldig zu machen? Wenn ja, welche, und falls nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 7 wird hingewiesen. 9. Inwieweit versucht die Bundesregierung, auf eine Harmonisierung des Mehrwertsteuersystems in der EU hinzuwirken? a) Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung dabei? b) Mit welchen bisherigen Maßnahmen verfolgt die Bundesregierung diese Ziele? c) Welche weiteren Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Verfolgung dieser Ziele? Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen der Europäischen Kommission , auf eine weitere Harmonisierung des Mehrwertsteuersystems in der Union hinzuwirken. Grundsätzlich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission auch im Bereich der Mehrwertsteuer das alleinige Initiativrecht beim Erlass von Rechtsvorschriften besitzt (Artikel 17 Absatz 2 EUV). Die auf dieser Grundlage seit 2016 ergriffenen Initiativen sind von dem Motiv getragen, ein moderneres, einfacheres Mehrwertsteuersystem zu schaffen, das zudem weniger anfällig für Betrug und gleichzeitig unternehmensfreundlicher ist. Die angestoßenen Einzelmaßnahmen verfolgen mehrere Ziele, die von der Anpassung des Mehrwertsteuersystems an die globale, digitale und mobile Wirtschaft über die Berücksichtigung der Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen bis hin zur Unterbindung des grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs reichen. Die Bundesregierung beteiligt sich konstruktiv an den Beratungen zu den einzelnen Rechtsetzungsvorschlägen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9782 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Erarbeitet die Bundesregierung Vorschläge, um eine einfachere Versteuerung von grenzüberschreitendem Onlinehandel in der EU zu erreichen? Wenn ja, welche, und falls nein, warum nicht? Die Bundesregierung plant keine solchen Änderungen in einem der nächsten Steuergesetze. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333