Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 30. April 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/9905 19. Wahlperiode 06.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Neumann, Pascal Kober, Michael Theurer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/9474 – Auswirkung der steigenden Stromkosten auf Endverbraucher und drohende Energiearmut V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 26. Januar 2019 hat die Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung “ der Bundesregierung ihren Bericht vorgelegt. Dieser empfiehlt einen schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038. Alleine bis 2022 sollen insgesamt Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 12,5 Gigawatt vom Netz genommen werden. Gleichzeitig werden mit Abschalten der letzten Kernkraftwerke zusätzlich insgesamt 11 Gigawatt nicht mehr zur Verfügung stehen. Für die Kosten im Zusammenhang mit einem vorzeitigen Kohleausstieg gehen Beobachter von insgesamt über 100 Mrd. Euro aus. Dazu zählt auch ein Anstieg der Strompreise angesichts der Verschiebung von Kohle zu Gas als preissetzende Kraftwerke. Als Kostentreiber kommt zusätzlich der schleppende Netzausbau hinzu. Im Jahr 2017 verursachten Maßnahmen zur Netzstabilisierung aufgrund von Netzengpässen Rekordkosten von 1,4 Mrd. Euro. Diese Kosten werden auf die Netzentgelte umgelegt und treiben die Stromrechnungen somit zusätzlich in die Höhe. Bereits jetzt zahlen deutsche Privathaushalte laut offizieller Eurostat-Zahlen die höchsten Stromrechnungen in ganz Europa (vgl. https://ec.europa.eu/eurostat/ statistics-explained/index.php?title=Electricity_price_statistics/de#Strompreise_ f.C3.BCr_Haushaltskunden). In diesem Zusammenhang stellen steigende Stromkosten Herausforderungen insbesondere für Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen dar. Nicht nur Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) trifft dies besonders hart, sondern insbesondere jene Stromverbraucher, denen nach Abzug der Stromkosten sogar ein geringeres Haushaltseinkommen zur Verfügung steht als einem SGB-II-Leistungsbezieher. Diese Gruppe könnte aufgrund der steigenden Ausgaben für Strom einkommenstechnisch womöglich sogar unter das Niveau von SGB-II-Bezieherinnen und SGB-II-Leistungsbeziehern fallen, ohne dass bei ihnen ein Anspruch auf diese Leistung entsteht. Die oben genannten Faktoren treiben aus Sicht der Fragesteller wesentlich das Risiko von Energiearmut für deutsche Verbraucher. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9905 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Da eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende ganz wesentlich von der Akzeptanz der Menschen, die sie betrifft, abhängt, kommt der sozialen Frage sowie der Vermeidung von sozialen Schieflagen eine zentrale Rolle zu. Zugleich gilt es, volkswirtschaftliche Kosten, die durch Energiearmut verursacht werden, zu vermeiden. Beispiele hierfür sind etwa zusätzlich erforderliche staatliche Transferleistungen oder nicht geleistete Steuer- und Sozialbeitragszahlungen. Der Frage, welche Auswirkungen der zu erwartende weitere Anstieg der Stromkosten auf Menschen mit geringem Einkommen haben wird, geht diese Kleine Anfrage nach. 1. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren relativ und absolut die folgenden Größen entwickelt (bitte nach einzelnen Jahren differenzieren): a) Strompreis, Der über alle Vertragskategorien mengengewichtete Elektrizitätspreis für Haushaltskunden für das Abnahmeband zwischen 2 500 und 5 000 kWh im Jahr stellt sich ausweislich der Angaben des Monitoringberichts 2018 der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts (S. 279) seit 2008 wie folgt dar (in Cent/kWh): Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Preis 21,39 22,75 23,42 25,45 26,06 29,24 29,53 29,11 29,80 29,86 29,88 b) Strompreis in der Grundversorgung, Entwicklung der Strompreise für Haushaltskunden mit einem Grundversorgungsvertrag (mengengewichteter Mittelwert, Band III, Eurostat: DC; für die Jahre 2008 bis 2015 beruhen die Preise auf einem Abnahmefall von 3 500 kWh/Jahr; Angaben laut Monitoring 2018 der Bundesnetzagentur in Cent/kWh): Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Preis 21,60 23,18 23,87 25,88 26,61 30,11 30,50 30,08 30,63 30,94 31,49 c) Regelsatz, Die Entwicklung des Regelbedarfs nach der Regelbedarfsstufe 1 (überwiegend für alleinlebende Personen) ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen und unterscheidet nicht danach, ob dem Wert eine gesetzliche Neuermittlung oder Fortschreibung zugrunde lag: Regelbedarfsstufe 1 Steigerung gegenüber Vorjahr Steigerung gegenüber Vorjahr 1. Januar 2010 359 Euro 1. Januar 2011 364 Euro 5 Euro + 1,39 % 1. Januar 2012 374 Euro 10 Euro + 2,75% 1. Januar 2013 382 Euro 8 Euro + 2,14% 1. Januar 2014 391 Euro 9 Euro + 2,36% 1. Januar 2015 399 Euro 8 Euro + 2,05% 1. Januar 2016 404 Euro 5 Euro + 1,25 1. Januar 2017 409 Euro 5 Euro + 1,24% 1. Januar 2018 416 Euro 7 Euro + 1,71% 1. Januar 2019 424 Euro 8 Euro + 1,92% Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/9905 Damit hat sich der Regelbedarf in der Regelbedarfsstufe 1 von Januar 2010 bis Januar 2019 um insgesamt 18,11 Prozent erhöht. d) Nominallohn, e) Nominallohn von Geringverdienern, Die Fragen 1d und 1e werden gemeinsam beantwortet. Lange Reihen zur Entwicklung der Nominallöhne in Deutschland, auch differenziert nach der Beschäftigungsart, stellt das Statistische Bundesamt auf Basis der Vierteljährlichen Verdiensterhebung in Form eines Index zur Verfügung. Der Nominallohnindex (Bruttoverdienste einschließlich Sonderzahlungen) wird mit den jeweiligen Veränderungen zum Vorjahr ausgewiesen. Die entsprechenden Werte für die Jahre 2007 bis 2018 können den nachfolgenden Tabellen entnommen werden . Nominallohnindex nach verschiedenen Gliederungsarten Arbeitnehmer im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich Indizes (2015 = 100) Vollzeitbeschäftigte Teilzeitbeschäftigte Geringfügig Beschäftigte 2007 83,4 83,7 81,5 80,1 2008 85,9 86,2 84,2 81,3 2009 86,1 86,2 86,1 81,2 2010 88,3 88,5 87,7 82,9 2011 91,2 91,5 89,9 84,9 2012 93,5 93,8 92,7 86,7 2013 94,8 94,9 94,7 91,9 2014 97,4 97,4 97,1 95,6 2015 100,0 100,0 100,0 100,0 2016 102,3 102,2 102,8 103,6 2017 104,9 104,8 105,8 105,6 2018 108,1 107,9 109,3 107,1 Berichtszeitraum Insgesamt Nach Beschäftigungsart Nominallohnindex nach verschiedenen Gliederungsarten Arbeitnehmer im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich Veränderung gegenüber dem Vorjahreszeitraum in Prozent Vollzeitbeschäftigte Teilzeitbeschäftigte Geringfügig Beschäftigte 2008 3,0 3,0 3,3 1,5 2009 0,2 0,0 2,3 -0,1 2010 2,6 2,7 1,9 2,1 2011 3,3 3,4 2,5 2,4 2012 2,5 2,5 3,1 2,1 2013 1,4 1,2 2,2 6,0 2014 2,7 2,6 2,5 4,0 2015 2,7 2,7 3,0 4,6 2016 2,3 2,2 2,8 3,6 2017 2,5 2,5 2,9 1,9 2018 3,1 3,0 3,3 1,4 Berichtszeitraum Insgesamt Nach Beschäftigungsart Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9905 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode f) verfügbares Haushaltseinkommen (Single, vierköpfige Familie, Alleinerziehende mit zwei Kindern)? Lange Reihen zur Entwicklung der ausgabefähigen Einkommen und Einnahmen für verschiedene Haushaltstypen in Deutschland stellt das Statistische Bundesamt auf Basis der laufenden Wirtschaftsrechnungen zur Verfügung. Soweit Daten in den erfragten Abgrenzungen für die Jahre 2007 bis 2017 vorliegen, können sie der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. 2. In welcher Spanne bewegen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlichen Strompreise im Bundesgebiet (bitte differenziert nach einzelnen Bundesländern darstellen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Eine Differenzierung der durchschnittlichen Strompreise nach Bundesländern erfolgt über das Monitoring der Bundesnetzagentur nicht. 3. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren der durchschnittliche Stromverbrauch eines Single-Haushalts bzw. einer vierköpfigen Familie bzw. einer oder eines Alleinerziehenden entwickelt? In folgender Abbildung ist die durchschnittliche Entnahmemenge von Letztverbrauchern (Abnahmefall <10MWh/Jahr) dargestellt. Eine Differenzierung nach Single-Haushalt, einer vierköpfigen Familie oder eines Alleinerziehenden erfolgt über das Monitoring der Bundesnetzagentur nicht. Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 kWh 2.906 2.913 2929 2.839 2.723 2.735 2.562 2.553 2.514 2.542 k. A. 4. Wie viele Haushalte verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung über ein Einkommen knapp oberhalb der Grenze der SGB-II-Leistung (bitte in Zehn- Euro-Schritten differenzieren, bis zu einem Einkommen von 100 Euro über dem Regelsatz)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Ausgabefähige Einkommen und Einnahmen in Euro Durchschnittsbetrag je Haushalt und Monat Alleinlebende Alleinerziehende mit led.Kind(ern) u.18 Jahren Ehepaare / Paare mit led. Kind(ern) u. 18 Jahren Ehepaare / Paare mit 2 Kindern unter 18 Jahren Insgesamt 2007 1.755 1.994 4.214 4.408 2.900 2009 1.811 2.115 4.220 4.347 2.925 2010 1.823 2.228 4.372 4.446 2.981 2011 1.881 2.229 4.398 . 3.052 2012 1.911 2.272 4.513 - 3.133 2014 1.955 2.320 4.663 - 3.208 2015 1.988 2.281 4.803 - 3.276 2016 2.057 2.386 4.855 - 3.374 2017 2.112 2.425 5.058 - 3.461 Jahr Haushaltstyp Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/9905 5. Verwendet die Bundesregierung eine einheitliche Definition von „Energiearmut “, und wenn nein, warum nicht? 6. Treffen Presseberichte zu, dass die Bundesregierung eine verbindliche Definition von Energiearmut seitens der EU ablehnt? Falls ja, warum? Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Für den Begriff „Energiearmut" gibt es keine allgemein gültige Definition. Die Bundesregierung verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz der Armutserfassung und entsprechend der Bekämpfung von Armut, der sich nicht auf einzelne Bedarfselemente konzentriert. Diesen Ansatz vertritt die Bundesregierung auch gegenüber der EU-Kommission. 7. Wie hoch beziffert die Bundesregierung die volkswirtschaftlichen Kosten für Energiearmut mit Blick auf die zusätzlichen erforderlichen staatlichen Transferleistungen sowie auf nicht geleistete Steuer- und Sozialbeitragszahlungen bedingt durch Energiearmut? 8. Welche Haushaltsgrößen und Einkommensgruppen sind in Deutschland hiervon am stärksten betroffen? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Berechnungen auf Basis des Begriffs „Energiearmut“ nimmt die Bundesregierung nicht vor (vgl. die Antwort zu den Fragen 5 und 6). 9. Wie hoch beläuft sich bei den Stromkosten der prozentuale Anteil für staatliche Abgaben (Steuern, Abgaben, Entgelte, Umlagen etc.)? Der prozentuale Anteil für staatlich veranlasste Preisbestandteile bei den Stromkosten beträgt in der Summe etwa 54 Prozent des durchschnittlichen Elektrizitätspreises für Haushaltskunden. Dieser prozentuale Anteil setzt sich aus der Konzessionsabgabe (5,4 Prozent), Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (22,7 Prozent), der Stromsteuer (6,9 Prozent), der Umsatzsteuer (16 Prozent), der Umlage nach Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (1,2 Prozent), der Umlage nach § 19 Stromnetzentgeltverordnung (1,2 Prozent), der Offshore-Haftungsumlage (0,1 Prozent) und der Umlage für abschaltbare Lasten (<0,1 Prozent) zusammen (Aufteilung des Einzelhandelspreisniveaus für Haushaltskunden für das Abnahmeband zwischen 2 500 und 5 000 kWh pro Jahr zum 1. April 2018 über alle Vertragskategorien mengengewichteter Mittelwert, Band III, Eurostat: DC; lt. Monitoringbericht 2018 der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts, S. 280). 10. Verfolgt die Bundesregierung das Ziel, zum Zweck der Entlastung diesen Anteil zu vermindern? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie? Der Koalitionsvertrag sieht vor, den Klimaschutzplan 2050 mit den für alle Sektoren vereinbarten Maßnahmenpaketen und Zielen vollständig umzusetzen. Die Bundesregierung wird hierfür die Anreiz- und die Lenkungswirkung derzeit bestehender , hoheitlich veranlasster Energiepreisbestandteile in Form von Abgaben , Umlagen und Steuern überprüfen. Zu einzelnen Maßnahmen existieren in Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9905 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode der Bundesregierung jedoch derzeit keine konkreten Pläne, auch keine Beschlüsse zu steuerlichen Maßnahmen, Abgaben oder Umlagen. 11. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen oder geplant, um infolge der Energiearmut und der steigenden Strompreise den Einzelplan 11 im Bundeshaushalt nicht weiter ansteigen zu lassen? Außergewöhnliche Kostensteigerungen im Einzelplan 11 bei den Ausgaben für Regelbedarfe und Kosten der Unterkunft in den Bereichen von SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch) und SGB XII (Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch) werden von der Bundesregierung nicht erwartet. Zwar hat sich der Preisanstieg bei Strom nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 17, Reihe 7) im März 2019 gegenüber dem Vorjahr auf 2,9 Prozent beschleunigt. Doch beträgt der Anteil der Stromausgaben an den im regelbedarfsrelevanten Preisindex enthaltenen Waren und Dienstleistungen nur 8,5 Prozent (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9984 vom 17. Oktober 2016, S. 81/82). Im Gegenzug entwickeln sich die Preise bei anderen wichtigen regelbedarfsrelevanten Positionen ausgesprochen moderat. Im März 2019 lagen die Preise für Nahrungsmittel (30,7 Prozent Anteil an den im regelbedarfsrelevanten Preisindex enthaltenen Waren und Dienstleistungen) lediglich 0,7 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Bei Kleidung (8,9 Prozent Anteil) war ein Rückgang um 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr festzustellen und bei den Telekommunikationsausgaben (9,0 Prozent Anteil) sanken die Preise nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 0,5 Prozent. Dadurch ergibt sich bei den regelbedarfsrelevanten Preisen , die zu 70 Prozent die Fortschreibung der Regelbedarfe bestimmen (30 Prozent basieren auf der Entwicklung der Nettolöhne), momentan eine geschätzte Jahresrate von deutlich unter 2 Prozent. 12. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass steigende Stromkosten als Armutstreiber wirken? „Armut“ ist ein vielschichtiges Problem, das weder in der Armuts- und Reichtums -Berichterstattung der Bundesregierung noch in der wissenschaftlichen Fachdiskussion durch eine spezifische Operationalisierung erfasst wird. Soweit die Frage auf die grundsätzlich zeitlich unbefristeten Leistungen der Mindestsicherungssysteme nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II – und Sozialhilfe – SGB XII) abstellt , die das menschenwürdige Existenzminimum sichern, so ist festzuhalten, dass hier auch der Energiebedarf berücksichtigt wird. 13. Welchen Stellenwert misst die Bundesregierung der Vermeidung bzw. Beseitigung von Energiearmut bei der Umsetzung der Energiewende zu? 14. Welches Potenzial bietet nach Einschätzung der Bundesregierung die Eindämmung von Energiearmut für die Akzeptanz der Energiewende in Deutschland? Die Fragen 13 und 14 werden gemeinsam beantwortet: Akzeptanz spielt eine besondere Rolle für das Gelingen der Energiewende. Transparenz , Dialog und Beteiligung tragen zur Steigerung der Akzeptanz bei. Die Bekämpfung von Armut hat für die Bundesregierung einen hohen Stellenwert. In Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/9905 Deutschland garantieren die zeitlich unbefristeten Leistungen der Mindestsicherungssysteme nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II – und Sozialhilfe – SGB XII) das menschenwürdige Existenzminimum, in dem auch der Energiebedarf berücksichtigt wird. Die Bundesregierung sieht es darüber hinaus als Ziel und Aufgabe, bezahlbare Energiepreise für alle Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Die Energieausgaben können zudem durch energiesparendes Verhalten, Energieeffizienzmaßnahmen sowie Lieferantenwechsel auch individuell beeinflusst werden. Die Entwicklung der Energiepreise in Deutschland wird überdies von einer Reihe von Faktoren beeinflusst, die Finanzierung der Energiewende ist einer davon. Die Bundesregierung ist daher bestrebt, die Energiewende nicht nur umweltverträglich , sondern vor allem auch kosteneffizient umzusetzen. 15. Wie bewertet die Bundesregierung die Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Mittelständler durch steigende Stromkosten, die letztendlich Auswirkungen auf ihren Personalstamm haben könnten? Die Unternehmen brauchen ein Level-Playing-Field im internationalen Wettbewerb und langfristige Planungssicherheit. Die Bundesregierung hat bezüglich der Strompreise in den vergangenen Jahren einen Schwerpunkt darauf gelegt, in den Bereichen, in denen sie direkten Einfluss nehmen kann – etwa bei Abgaben und Umlagen – weitere Kostensteigerungen zu vermeiden. Durch Investitionen in höhere Energieeffizienz und ein unterschiedliches Produktportfolio konnten viele Betriebe dennoch bestehende Nachteile bei den Stromkosten bislang ausgleichen. Für besonders stromkostenintensive Unternehmen gibt es zudem verschiedene Entlastungsmöglichkeiten, wie beispielsweise die Besondere Ausgleichsregelung nach dem EEG oder den Spitzenausgleich nach dem Stromsteuergesetz. Diese Instrumente stehen auch mittelständischen Unternehmen offen. Sie sollen sicherstellen , dass die Wettbewerbsfähigkeit gewahrt bleibt und beispielsweise Abwanderungen ins Ausland unterbleiben. 16. Sind der Bundesregierung Aufklärungskampagnen zur Verringerung des Stromverbrauchs und zum Wechsel zu günstigeren Tarifen für SGB-II-Leistungsbezieherinnen und SGB-II-Leistungsbezieher und Geringverdiener bekannt ? Mit der Nationalen Top-Runner-Initiative (NTRI) unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) seit Juni 2016 die Marktdurchdringung energieeffizienter, qualitativ hochwertiger Geräte. Die NTRI informiert Verbraucherinnen und Verbraucher beim Neukauf von Geräten und wirbt für die energiesparende Nutzung von TV, Waschmaschine & Co. Sie unterstützt den Handel dabei, Kunden in der Verkaufsberatung die Vorteile energieeffizienter Geräte zu vermitteln. Den Herstellern bietet sie die Möglichkeit des Ideenaustauschs, um Produktinnovationen im Bereich Energieeffizienz weiter voranzubringen. Mit der Informationskampagne „Deutschland macht’s effizient“ des BMWi werden Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Kommunen informiert, sensibilisiert und motiviert, mit Strom und Wärme bewusst und sparsam umzugehen und unnötigen Energieverbrauch zu vermeiden. Ein zentrales Element der Informations -Offensive ist die Website www.machts-effizient.de. Hier finden die Verbraucher aller Zielgruppen Informationen über die effiziente Nutzung von Strom und Wärme, Förderprogramme im Bereich Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien in Gebäuden und der Wirtschaft sowie Beratungsangebote. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9905 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Welche Maßnahmen zur Unterstützung stromsparenden und kostenbewussten Verhaltens plant die Bundesregierung? Die Bundesregierung führt die nachstehenden Maßnahmen zur Unterstützung stromsparenden und kostenbewussten Verhaltens durch. Darüber hinaus sind derzeit keine weiteren Maßnahmen geplant. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) fördert das Projekt Stromspar-Check Aktiv im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI). Das Projekt wird durchgeführt vom Deutschen Caritasverband (DCV) und dem Verband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD). Ehemals langzeitarbeitslose Menschen werden zu Stromsparhelfern qualifiziert und beraten einkommensschwache Haushalte. Teilnehmende Haushalte erhalten kostenlos Energiesparartikel, mit denen sie ihren Strombedarf senken und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Insgesamt wurden seit dem Jahr 2008 mehr als 320 000 Haushalte durch Stromsparhelfer/-innen beraten und für Klimaschutz sensibilisiert. Langfristige Einsparungen (über die Lebensdauer der Energiesparartikel gerechnet) in Höhe von mehr als 300 Mio. Euro Energiekosten und über einer halbe Million Tonnen CO2 wurden erreicht. Das BMWi fördert die Energieberatung für private Haushalte wie Mieter und Wohnungseigentümer, Kommunen, Unternehmen und gemeinnützige Organisationen . Im Wohngebäudebereich sind dies sowohl Energieberatungen der Verbraucherzentralen als auch umfassende Beratungen über die „Energieberatung für Wohngebäude (Vor-Ort-Beratung, individuelle Sanierungsfahrpläne)“ beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Energieberatungen werden sowohl zu Hause als auch in etwa 800 Beratungsstellen angeboten. Für einkommensschwache Haushalte sind alle Angebote kostenlos . Im Jahr 2018 wurden allein rund 120 000 Beratungen bei den Verbraucherzentralen durchgeführt. Eine Befragung der Beratenen im Zuge der Evaluierung der Energieberatung der Verbraucherzentralen im Jahr 2017 (www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Bundesamt/evaluation_energiesparberatung_energiechecks.pdf?__blob=publication File&v=2) hat ergeben, dass nach einer Energieberatung im Untersuchungszeitraum 2012 bis 2015 Mieter im Median 150 Euro Energiekosten einsparen und Eigentümer 300 Euro. Jährlich wurden durchschnittlich rund 100 000 unabhängige Energieberatungen durchgeführt, woraus sich Endenergieeinsparungen – die direkt auf die Beratung zurückzuführen sind – in Höhe von rund 3 150 GWh und die Reduzierung der CO2-Emissionen in Höhe von rund 1,2 Millionen Tonnen über die Lebensdauer der Maßnahmen ergeben. 18. Sind der Bundesregierung Sozialtarife für Strom für einkommensschwache Familien oder für SGB-II-Leistungsbezieherinnen und SGB-II-Leistungsbezieher bekannt? Der Bundesregierung ist aus öffentlich zugänglichen Quellen bekannt, dass es derzeit mindestens einen Stromanbieter gibt, der einen von ihm angebotenen Stromtarif als Sozialtarif beziehungsweise Sozialrabatt bezeichnet und offenbar eine Ermäßigung auf den regulären Strompreis anbietet, wenn beantragende Personen nachweisen, dass sie aktuell von der Rundfunkbeitragspflicht befreit sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/9905 19. Wie viele Personen bzw. Haushalte waren nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren von Stromsperren betroffen (bitte nach einzelnen Jahren, Bundesländern und Haushaltsgröße differenzieren)? Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Durchgeführte Stromsperren k. A. k. A. k. A. 312.059 321.539 344.798 351.802 331.272 330.254 343.865 Die Zahlen stammen aus dem jährlichen Monitoring der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts. Zahlen zu Stromsperren vor 2011 liegen der Bundesnetzagentur nicht vor. Seit 2015 werden auch Sperrungen im Auftrag von Lieferanten, die nicht örtlicher Grundversorger sind, abgefragt. Diese sind in den oben aufgeführten Gesamtzahlen enthalten. Nachstehende Übersicht enthält die Anzahl der vom Netzbetreiber im Auftrag des örtlichen Grundversorgers durchgeführten Stromsperren je Land im Jahr 2017 auf Basis des Monitoringberichts 2018 der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts . Die Abfrage nach Ländern erfolgte erstmalig 2018 für das Jahr 2017. Bundesland Anzahl der Sperrungen von Letztverbrauchern Bremen 4.609 Hessen 34.351 Nordrhein-Westfalen 98.177 Hamburg 9.581 Sachsen-Anhalt 12.050 Schleswig-Holstein 12.424 Berlin 15.806 Sachsen 17.691 Mecklenburg-Vorpommern 6.078 Saarland 3.576 Niedersachsen 25.680 Thüringen 7.412 Rheinland-Pfalz 13.208 Brandenburg 7.908 Bayern 35.057 Baden-Württemberg 22.624 20. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass nach Kenntnis der Fragesteller im Jahr 2017 insgesamt 344 000 Haushalte, die ihre Stromrechnung nicht zahlen konnten, von Stromsperren betroffen waren? Um die Ursachen von Stromsperren bei privaten Haushalten methodisch fundiert zu erfassen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie u. a. das Gutachten „Analyse der Unterbrechungen der Stromversorgung nach § 19 Absatz 2 StromGVV“ (www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/A/analyse-der-unter brechungen-der-stromversorgung-nach-19-abs-2-stromGVV.html) in Auftrag gegeben. Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass Ursachen und Auftreten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/9905 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode von Stromsperren nicht allein eine Frage des Einkommens sind. Häufig kommen verschiedene Ursachen zusammen, wie zum Beispiel plötzliche und einschneidende Veränderungen im persönlichen Lebensumfeld. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333