BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10000 21. Wahlperiode 08.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 01.08.17 und Antwort des Senats Betr.: Brennpunkt Santa Fu – Sicherheitsrisiko in Hamburg Nach aktuellen Berichten soll es in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel zu einer Massenschlägerei zwischen zwei rivalisierenden Gruppen gekommen sein. Bis zu 18 Inhaftierte sollen im Juni 2017, teilweise bewaffnet , gegenüber anderen Inhaftierten gewalttätig geworden sein. In einem Brief hatte dies ein Inhaftierter der Presse berichtet. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel hat es im Juni 2017 keine „Massenschlägerei “ gegeben. Am Sonntag, den 25. Juni 2017, kam es in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel während der Freistunde um 15.45 Uhr zu einer Rangelei von circa 12 bis 18 Gefangenen. Die aufsichtführenden Bediensteten brachten die Ansammlung auseinander und lösten Alarm aus. Ein Gefangener versuchte, erneut in den Pulk zu gelangen. Dabei hielt er ein in der Anstalt zugelassenes Kartoffelschälmesser in der Hand. Die Bediensteten drängten den Gefangenen von der Gruppe ab und verbrachten ihn auf die Sicherungsstation. Einer der an der Auseinandersetzung beteiligten Gefangenen hat Verletzungen am Augenlid und an der Nase davongetragen , die ambulant versorgt werden konnten. Bedienstete wurden nicht verletzt. Die Aufsichtsbehörde wurde am 26. Juni 2017 um 10.30 Uhr über den Vorfall und die eingeleiteten Maßnahmen informiert. Nach den vorliegenden Erkenntnissen handelt es sich bei dem Vorfall um eine Auseinandersetzung zwischen arabischen beziehungsweise nordafrikanischen und aus Albanien stammenden Gefangenen. Von einer Beteiligung kurdischer Gefangener ist nichts bekannt. Die JVA Fuhlsbüttel hat die maßgeblich an dem Vorfall beteiligten Gefangenen ermittelt . Einer wurde am 3. Juli 2017 in die JVA Billwerder verlegt. Einer ist gemäß § 74 Absatz 3 des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes (HmbStVollzG) in der Sicherungsstation der JVA Fuhlsbüttel untergebracht. Einer wird seit dem 14. Juli 2017 gemäß § 19 Absatz 3 HmbStVollzG von anderen Gefangenen getrennt untergebracht. Bei zwei weiteren Gefangenen konnte die getrennte Unterbringung am 14. Juli 2017 aufgehoben werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/9876. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viel Personal ist derzeit in der JVA Fuhlsbüttel tätig (bitte Vollzeitäquivalente und Halbtagsstellen sowie getrennt nach den JVAs darstellen )? Die Darstellung erfolgt in Vollzeitäquivalenten: Drucksache 21/10000 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 JVA Fuhlsbüttel AVD Verwaltung Gesamt 31.07.2017 192,56 52,30 244,86 2. Wie viele Stellen sind derzeit in der JVA Fuhlsbüttel unbesetzt? Wie viele Stellen waren in den Jahren 2014 bis August 2017 in der JVA Fuhlsbüttel nicht besetzt (bitte Vollzeitäquivalente und Halbtagsstellen sowie getrennt nach den JVAs darstellen)? Die Darstellung der Vakanzen erfolgt in Vollzeitäquivalenten: JVA Fuhlsbüttel AVD Verwaltung Gesamt 31.12.2014 12,50 5,98 18,48 31.12.2015 18,05 4,53 22,58 31.12.2016 15,55 2,85 18,40 30.06.2017* 24,38 3,70 28,08 * Valide Daten zum Stichtag 31. Juli 2017 liegen nicht vor, da die entsprechenden Buchungen noch nicht abgeschlossen sind. 3. Wie hoch ist die Fehlzeitenquote in der JVA Fuhlsbüttel? Wie hoch war die Fehlzeitenquote in den Jahren 2014 bis 2017? Das Fehlzeitenmanagement und -controlling bildet nach einem Ablauf von jeweils drei Monaten qualitätsgesicherte Daten ab, die Darstellung erfolgt jeweils in Prozent. Die Datenauswertung erfolgt dabei bis zum 19. des jeweiligen Monats rückwirkend für den vorvorletzten Monat, eine Abbildung der Fehlzeitenquoten für Mai 2017 ist somit aufgrund der andauernden Qualitätssicherung noch nicht möglich. Im Einzelnen: Fehlzeitenquote JVA Fuhlsbüttel (Durchschnitt des Jahres) 2014 12,6 % 2015 13,3 % 2016 13,0 % 2017 (Januar bis April 2017) 15,0 % 4. Wie viele Haftplätze stehen in der JVA Fuhlsbüttel derzeit zur Verfügung (bitte Belegungszahlen und Haftplätze der Inhaftierten nach Deliktsarten darstellen)? Wie hat sich dies gegenüber den Jahren 2015 und 2016 verändert? 01.07.2015 01.07.2016 01.07.2017 Festgesetzte Belegungsfähigkeit 309 309 326 Tatsächliche Belegungsfähigkeit 309 309 326 Belegung (Gefangenenbestand)* 231 287 319 Davon Freiheitsstrafe 205 264 290 Davon Sicherungsverwahrung 20 20 23 Davon Ersatzfreiheitsstrafe 0 20 16 Freiheitsstrafe bis unter 6 Monate 11 34 19 Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 1 Jahr 14 27 38 Freiheitsstrafe mehr als 1 Jahr 180 203 233 * Der Gefangenenbestand (Belegung) beinhaltet auch vorübergehend abwesende Insassen. Die Haftplätze stehen gemäß Vollstreckungsplan für den Vollzug von Freiheitsstrafen ab zweieinhalb Jahren sowie aktuell Ersatzfreiheitsstrafen und den Vollzug der Sicherungsverwahrung zur Verfügung. Eine Differenzierung der Verteilung der Haftplätze nach Deliktarten ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10000 3 Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Zur Beantwortung müssten die Gefangenenpersonalakten aller derzeit durchschnittlich 300 sowie aller ehemaligen Gefangenen beziehungsweise Untergebrachten hinsichtlich des abgefragten Zeitraums geprüft werden. In vielen Fällen erfolgen zudem Inhaftierungen wegen mehr als eines Delikts, zudem ändert sich die Belegung täglich. Eine entsprechende Auswertung ist vor diesem Hintergrund auch faktisch nicht zu leisten. 5. Wie viele Gewaltvorfälle und/oder Gewaltandrohungen insbesondere Schlägereien gab es von 2015 bis August 2017 in der JVA Fuhlsbüttel (bitte darstellen nach Gewaltvorfällen und/oder Gewaltandrohungen gegenüber Inhaftierten und Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern der Anstalt)? Erfasst wird der Verdacht von körperlicher Gewaltanwendung, und zwar auch dann, wenn dieser nicht über das Versuchsstadium hinausgegangen ist. Vom 1. Januar 2015 bis zum 1. August 2017 gab es in der JVA Fuhlsbüttel sieben dieser Vorfälle gegenüber Inhaftierten und fünf gegenüber Bediensteten. 6. Wie viele Inhaftierte waren in die letzte Massenschlägerei in der JVA Fuhlsbüttel in 2017 involviert (bitte Datum angegeben)? Siehe Vorbemerkung. a. Wegen welcher Delikte mit welcher Haftdauer sind diese Inhaftierten in der JVA Fuhlsbüttel untergebracht worden? Von den Gefangenen, die sich in dem Bereich des Freistundenhofes, in dem es zu der Rangelei kam, aufhielten, konnten die folgenden identifiziert und mit dem konkreten Vorfall in Verbindung gebracht werden beziehungsweise haben sich glaubhaft selbst mit dem Vorkommnis in Verbindung gebracht: - Gefangener A: sechs Jahre und sechs Monate wegen versuchten Mordes. - Gefangener B: drei Jahre und neun Monate wegen Körperverletzung. - Gefangener C: zwei Jahre und neun Monate wegen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz und Restfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Tagen wegen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz. - Gefangener D: zwei Jahre und sechs Monate wegen Zuhälterei. - Gefangener E: vier Jahre wegen Einbruchdiebstahls. - Gefangener F: acht Jahre wegen gefährlicher Körperverletzung. b. Wie viele der Inhaftierten waren bereits in welchem Zeitraum gewalttätig beziehungsweise sind wodurch in der JVA auffällig geworden? Wie oft wurden diese Inhaftierten durch wen kontrolliert beziehungsweise beobachtet? Einer der in der Antwort zu 6. a. genannten Gefangenen war im Zeitraum von 2012 bis 2017 zweimal gewalttätig sowie wegen des Verdachts von Bedrohungen und Beleidigungen und des Besitzes von Mobiltelefonen auffällig. Ein weiterer der in der Antwort zu 6. a. genannten Gefangenen war im Zeitraum von 2011 bis 2017 wegen Handybesitzes , Nichtbefolgen von Weisungen, alkoholisierter Rückkehr aus Lockerungen, Erschleichens zusätzlicher Freigangszeit und Verlassens des ihm zugewiesenen Bereichs auffällig. Besondere Kontrolle erfolgt in einem Fall durch ständigen Informationsaustausch mit dem Landeskriminalamt und in beiden Fällen durch Überwachung der Kontakte und des Kontaktverhaltens innerhalb und außerhalb der Anstalt. c. Wie viele der Inhaftierten waren bewaffnet (bitte die Waffen beziehungsweise gefährlichen Werkzeuge benennen)? d. Welche Nationalität haben die Inhaftierten, die an der Massenschlägerei teilgenommenen haben? e. Wie viele der Inhaftierten sind nun in welche anderen Haftstationen oder andere JVAs seit wann verlegt worden? Siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/10000 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 7. Wie viele der Inhaftierten, die in die letzten Gewaltvorfälle der JVA Fuhlsbüttel involviert waren, sind in einer Therapie beziehungsweise für wie viele Inhaftierte wurde seit wann eine Therapie oder eine andere Maßnahme angeordnet (bitte begründen und die Maßnahmen mit dem Zeitraum genau angeben)? Wie viele dieser Inhaftierten waren bereits in der Sozialtherapeutischen Anstalt untergebracht (bitte Zeitraum und Gründe darstellen)? Bezogen auf die in der Antwort zu 6. a. genannten Gefangenen wurde in keinem Fall eine Therapie angeordnet und es erfolgte keine Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt. 8. Wie viele Inhaftierte wurden durch Gewaltvorfälle in der JVA Fuhlsbüttel in 2017 verletzt? Zwei. 9. Wie viele JVA-Mitarbeiter/-innen sind in der aktuellen Schlägerei der JVA Fuhlsbüttel verletzt worden (bitte die Art und Schwere der Verletzungen darstellen)? Wie viele JVA-Mitarbeiter/-innen haben versucht, die Schlägerei zu unterbinden? Siehe Vorbemerkung. 10. Wie viele JVA-Mitarbeiter/-innen wurden während und durch Gewaltvorfälle in der JVA Fuhlsbüttel in 2017 verletzt (bitte die Art der Verletzungen darstellen)? Wie viele der JVA-Mitarbeiter/-innen wurden während und durch Gewaltvorfälle in der JVA Fuhlsbüttel in 2015 und 2016 verletzt ? 2015 2016 2017 1 2 3 Die in 2015 und 2016 erfolgten Vorfälle hatten keine körperlichen Verletzungen zur Folge. Bei den Verletzungen aus 2017 handelt es sich um ein Hämatom am Unterarm und eine oberflächliche Verletzung der Hand. 11. Wie hat beziehungsweise wird der Senator auf diesen Brief des Inhaftierten reagieren? Der Brief eines Gefangenen richtet sich an die Presse und thematisiert den Vorfall am 25. Juni 2017. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antworten zu 6. b., 7., 12. und 14. 12. Inwieweit hatte der Senator beziehungsweise hatten welche Mitarbeiter der Justizbehörde seit wann Kenntnis über Randale und Schlägereien in der JVA Fuhlsbüttel in 2017? Außerordentliche Vorkommnisse wie den Verdacht körperlicher Gewaltanwendung meldet die JVA der Aufsichtsbehörde spätestens innerhalb von drei Werktagen. Der zuständige Mitarbeiter der Aufsichtsbehörde informiert sodann kurzfristig die Behördenleitung . Im vorliegenden Fall wurde der zuständige Abteilungsleiter der zuständigen Behörde am 26. Juni 2017 informiert, der die Behördenleitung nach Vorliegen eines schriftlichen Berichts am 27. Juni 2017 in Kenntnis setzte. 13. Was hat die Justizbehörde mit welchem Ergebnis unternommen, um der Situation in der Anstalt entgegenzuwirken? Inwieweit wurden wann welche Maßnahmen ergriffen? Siehe Vorbemerkung. 14. Wie oft wurde durch Schreiben, E-Mails, Gespräche über die Situation in der JVA Fuhlsbüttel von 2015 bis August 2017 aufmerksam gemacht? Wer innerhalb der Justizbehörde hat wann dazu durch wen Kenntnis erhalten? Die zuständige Behörde und die JVA Fuhlsbüttel stehen in ständigem, engem Austausch in regelmäßigen Terminen und unverzüglicher Kommunikation über aktuelle Entwicklungen und besondere Ereignisse. Der gesamte zum Teil mehrmals täglich Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10000 5 zwischen verschiedenen Beteiligten stattfindende elektronische und postalische Schriftverkehr zwischen der zuständigen Behörde und der JVA über einen Zeitraum von über zweieinhalb Jahren kann in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ausgewertet werden. Gespräche finden fortlaufend statt, werden jedoch nicht im Einzelnen erfasst. Eine Darstellung im Einzelnen ist daher nicht möglich.