BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10013 21. Wahlperiode 11.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 03.08.17 und Antwort des Senats Betr.: Überlastung der Justiz – Ist die versprochene Besserung für Hamburgs Gerichtsvollzieher endlich eingetreten? Seit Langem sind Hamburgs Gerichtsvollzieher an ihrer Belastungsgrenze angelangt. Dies zeigen die Antworten des Senats auf die Große Anfrage Drs. 21/1741 sowie die Schriftlichen Kleinen Anfragen Drs. 21/4308, 21/5019, 21/6190, 21/7391 und 21/8678. Die durchschnittliche Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher lag im 1. Quartal 2017 bei 126,17 Prozent, besonders betroffen waren die Gerichtsvollzieher im Amtsgerichtsbezirk Harburg mit 147,9 Prozent. Am 31. März 2017 gab es 29.581 offene Verfahren, die auf den Schreibtischen der hoch engagierten Gerichtsvollzieher, die teils bis zu sieben Tage in der Woche ihren Dienst verrichten und ihren Erholungsurlaub zum Abbau von Altbeständen nutzen, schmorten. In der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/8678 teilte der Senat mit, dass zum 1. Mai 2017 alle 11 vakanten Stellen nachbesetzt werden sollten. Dies ist erfreulich, für die Gerichtsvollzieher und Gläubiger, die teils monatelang auf die Durchführung der Zwangsvollstreckung warten mussten, gleichermaßen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der „Hamburger Belastungsschlüssel“ ist – entgegen der Bezeichnung – nicht dazu geeignet, die tatsächliche Belastung der beim Amtsgericht Hamburg tätigen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher abzubilden. Er dient vielmehr der Gewichtung des Arbeitsaufkommens der Gerichtsbezirke untereinander und damit der internen (Personal-)Steuerung. Ein realitätsnahes Personalbemessungssystem wird derzeit in Anlehnung an zwei umfassende Organisationsuntersuchungen der Länder Bayern und Baden-Württemberg erarbeitet. Gleichwohl ist die Arbeitslast im Gerichtsvollzieherbereich in den vergangenen Jahren insgesamt gestiegen, was – neben Gesetzesänderungen unter anderem vornehmlich auf einen spürbaren Rückgang des Personals zurückzuführen ist. Die Nachbesetzung von elf vakanten Stellen hat hier bereits zu einer merklichen Entlastung und Reduktion von Überstunden geführt. Von einer überlastungsbedingten Sieben-Tage-Woche ist aktuell nicht auszugehen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Stellen für Gerichtsvollzieher gibt es aktuell an den einzelnen Amtsgerichten und wie viele davon sind jeweils besetzt? (Bitte zum Stichtag 1. August 2017 angeben.) 2. Konnten alle im April 2017 noch vakanten Stellen zum 1. Mai 2017 nachbesetzt werden? Drucksache 21/10013 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Falls nein, wie viele aus welchen Gründen jeweils nicht? 3. Wie viele Gerichtsvollzieherbezirke sind an jeweils welchem Amtsgericht aktuell aus welchen Gründen unbesetzt? Wie viele Gerichtsvollzieherbezirke müssen seit wann aus welchen Gründen vertreten werden? Das Amtsgericht Hamburg verfügt im Gerichtsvollzieherbereich über insgesamt 104 Planstellen, die dem Amtsgericht Hamburg (Mitte) und den Stadtteilgerichten jedoch nicht fest zugeordnet sind, sondern bedarfsabhängig zugewiesen werden. Von den 104 Planstellen waren zum 1.4.2017 93 besetzt; seit 1.5.2017 stehen elf neue Kräfte und eine Rückkehrerin aus der Beurlaubung zusätzlich zur Verfügung. Damit sind alle Planstellen zuzüglich einer Stützungsstelle besetzt, die zum Ausgleich einer langfristig ausgefallenen Kraft benötigt wird. Dadurch werden zurzeit 105 Stellen genutzt, von denen 104 in den Bezirken eingesetzt sind. Die aktuelle Stellennutzung und Bezirksbesetzung ist in der folgenden Tabelle dargestellt: Daten zum Stichtag 01.08.2017 Planstellen Besetzte Planstellen Anzahl der besetzten Bezirke Bemerkung AG Altona 11 11 11 - AG Barmbek 13 13 13 Ein 14. Bezirk wird aus organisatorischen Gründen zurzeit vertreten* AG Bergedorf 6 6 6 - AG Blankenese 3 3 3 - AG Hamburg- Mitte 22 22 21 Es gibt 21 Bezirke; vorübergehend ist 1 zusätzlicher GVZ zur Abwicklung vor dem Ruhestand eingesetzt AG Harburg 17 18 17 Ein Bezirk ist in Langzeitvertretung doppelt besetzt. AG Wandsbek 10 12 11 Ein 12. Bezirk wird aus organisatorischen Gründen vertreten*; ein Bezirk ist in Langzeitvertretung doppelt besetzt. AG St. Georg 19 19 19 - Zwischensumme 101 104 101 - Gerichtsvollziehervertre - tung für alle Amtsgerichte 3 1 - 1 GVZ wird aus personalwirtschaftlichen Gründen zurzeit nicht eingesetzt Gesamt 104 105 - - * Hier wird zurzeit ein Neuschnitt der Bezirke geprüft. 4. Wie viele Langzeiterkrankungen (über 75 Tage) hat es im Jahre 2016 sowie im 1. Halbjahr 2017 gegeben? Bitte pro Jahr und Amtsgericht darstellen . Langzeiterkrankte Gerichtsvollzieher (über 75 Tage) Amtsgericht 2016 2017 (1. Halbjahr) Gesamt AG Altona 0 0 0 AG Barmbek 0 0 0 AG Bergedorf 0 0 0 AG Blankenese *** *** *** AG Hamburg-Mitte 1 1 1 AG Harburg 2 1 2 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10013 3 Langzeiterkrankte Gerichtsvollzieher (über 75 Tage) AG St.Georg 3 0 3 AG Wandsbek 2 2 2 Gesamt 8 4 8 *** Das System zur Ermittlung der Fehlzeiten weist keine Werte aus, wenn die ausgewertete Gruppe fünf Personen nicht übersteigt. 5. Wie viele Überlastungsanzeigen von Gerichtsvollziehern gab es insgesamt im 1. Halbjahr 2017? (Bitte pro Amtsgericht und gesamt darstellen.) Amtsgericht Überlastungsanzeigen Altona 0 Barmbek 0 Bergedorf 0 Blankenese 0 Harburg 0 Hamburg-Mitte 0 St. Georg 1 Wandsbek 2 Gesamt 3 6. Wie viele Beschwerden aufgrund zu langer Verfahrensdauern der Zwangsvollstreckung von Gläubigern beziehungsweise Verfahrensbevollmächtigten gab es im 1. Halbjahr 2017? (Bitte pro Amtsgericht und gesamt darstellen.) Amtsgericht Dienstaufsichtsbeschwerden Altona 1 Barmbek 2 Bergedorf 8 Blankenese 0 Harburg 19 Hamburg-Mitte 1 St. Georg 118 Wandsbek 4 Gesamt 153 7. Wie hat sich die Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher im 1. Halbjahr 2017 an den einzelnen Amtsgerichten und insgesamt entwickelt? (Bitte pro Amtsgericht und insgesamt darstellen.) II. Quartal Amtsgericht ø Belastung in % Altona/Blankenese* 93,83% Barmbek 115,81% Bergedorf 113,96% Hamburg-Mitte 108,48% Harburg 113,90% St. Georg 109,16% Wandsbek 122,95% Gesamt 110,18% * Altona und Blankenese haben einen Belastungsverbund gebildet. 8. Wie hat sich die durchschnittliche Fehlzeitenquote an den einzelnen Amtsgerichten im 1. Quartal 2017 entwickelt? Vollkraftbereinigte krankheitsbedingte Fehlzeitenquote der Gerichtsvollzieher Amtsgericht Januar 2017 Februar 2017 März 2017 Gesamt Altona 0% 1,8% 0% 0,6% Barmbek 7,0% 1,8% 0,4% 3,1% Bergedorf *** *** *** *** Drucksache 21/10013 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Vollkraftbereinigte krankheitsbedingte Fehlzeitenquote der Gerichtsvollzieher Amtsgericht Januar 2017 Februar 2017 März 2017 Gesamt Blankenese *** *** *** *** Hamburg-Mitte 5,6% 6,1% 5,5% 5,7% Harburg 7,0% 6,7% 7,8% 7,2% St. Georg 0% 2,0% 1,7% 1,2% Wandsbek 18,9% 13,8% 11,2% 14,7% Gesamt 5,9% 5,4% 4,4% 5,2% *** Das System zur Ermittlung der Fehlzeiten weist keine Fehlzeiten aus, wenn die ausgewertete Gruppe fünf Personen nicht übersteigt. Die Werte der Amtsgerichte Blankenese und Bergedorf sind im Gesamtwert berücksichtigt. 9. Wie hat sich die Anzahl der offenen Verfahren zum Stand 30. Juni 2017 entwickelt? (Bitte pro Amtsgericht und insgesamt darstellen.) Offene Verfahren Amtsgericht Bestandszahlen 30.06.2017 Altona 2329 Barmbek 4706 Bergedorf 1577 Blankenese 823 Hamburg-Mitte 5959 Harburg 4232 St. Georg 7293 Wandsbek 2151 Gesamt 29070 Die offenen Verfahren sind gegenüber dem Stand vom 31. März 2017 um 511 Verfahren zurückgegangen. 10. Wie viele Gerichtsvollzieher werden jährlich bis zum Jahr 2024 altersbedingt aus dem Dienst ausscheiden? Bitte pro Jahr und Amtsgericht sowie insgesamt darstellen. Altersbedingte Abgänge der Gerichtsvollzieher Amtsgericht 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 Gesamt Altona 0 0 0 0 0 1 1 0 2 Barmbek 0 0 0 0 1 0 0 1 2 Bergedorf 0 0 0 0 2 0 0 0 2 Blankenese 0 0 0 1 0 0 0 0 1 Hamburg- Mitte 1 0 0 1 0 1 0 1 4 Harburg 0 0 1 2 1 0 0 0 4 St. Georg 0 2 0 1 0 0 0 1 4 Wandsbek* 1 0 0 2 0 0 1 0 4 Gesamt 2* 2 1 7 4 2 2 3 23 * Bei den bei der Beantwortung der Frage 1. angegebenen 105 Stellen „Ist“ ist ein im Februar eingetretener Ruhestand bereits berücksichtigt. 11. Wie viele Anwärter befinden sich aktuell in der Ausbildung zum Gerichtsvollzieher und wann werden sie ihre Ausbildung voraussichtlich abschließen? Aktuell befinden sich sechs Anwärterinnen und Anwärter in der Ausbildung. In 2018 werden zwei und in 2019 drei die Ausbildung abschließen. Ein Anwärter wird in diesem Jahr seine Prüfung wiederholen. 12. Der Senat gab in der Drs. 21/8678 an, dass zum 1. Januar 2018 für Seiteneinsteiger ein Einführungslehrgang startet, an den sich am 1. Juli 2018 die Ausbildung zum Gerichtsvollzieher anschließt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10013 5 a. Wurde die geänderte Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sonderlaufbahn der Gerichtsvollzieher verabschiedet? Falls nein, weshalb noch nicht und wann soll dies der Fall sein? Die Ausbildungs- und Prüfungsordnung wurde verabschiedet. b. Wie viele Plätze werden für den am 1. Januar 2018 beginnenden Einführungslehrgang für Seiteneinsteiger zur Verfügung stehen? Die Anzahl der Plätze für den Einführungslehrgang hängt von der Anzahl der im Bewerbungsverfahren ausgewählten Seiteneinsteiger ab. Es werden in jedem Fall ausreichend Plätze für den Einführungslehrgang zur Verfügung stehen. c. Liegen bereits Bewerbungen vor? Falls ja, wie viele? Bisher liegen zehn Bewerbungen vor. d. Wann wird das Bewerbungsverfahren durchgeführt beziehungsweise abgeschlossen sein? Das Auswahlverfahren soll Ende November abgeschlossen sein. e. Wie viele Plätze werden für die Ausbildung zum Gerichtsvollzieher ab 1. Juli 2018 zur Verfügung stehen? Es gibt insgesamt acht Plätze für die am 1. August 2018 beginnende Ausbildung. Das Auswahlverfahren läuft.