BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10032 21. Wahlperiode 15.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 07.08.17 und Antwort des Senats Betr.: Überlasteter Zoll – Wird das Tor zur Welt durch schnarchiges Behördenhandeln geschlossen? Für zahlreiche Firmen im Groß- und Außenhandel ist ein reibungsloser und schneller Ablauf bei Zollanmeldungen wichtig. Damit verbunden sind zeitnahe Auslieferungen von Waren bei den Kunden. Verzögerte Zollfreigaben können höhere Kosten durch verlängerte Lagerzeiten, höhere Containermieten oder verlorene Geschäfte nach sich ziehen. Nach einer aktuellen Umfrage des AGA Unternehmensverbandes unter den Groß- und Außenhändlern haben mehr als 80 Prozent der Befragten erhebliche wirtschaftliche Nachteile durch lange Bearbeitungszeiten beim Zoll im Hamburger Hafen. Fast 37 Prozent der Händler ziehen sogar eine Verlagerung ihrer Geschäfte auf andere europäische Häfen, wie Antwerpen oder Rotterdam, in Betracht. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Metropolregion Hamburg und den Außenhandel und muss deshalb unbedingt verhindert werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zollrechtliche Abfertigung bei der Ein- und Ausfuhr von Waren im Hamburger Hafen liegt in der alleinigen Zuständigkeit des Bundes, hier der Bundeszollverwaltung, die dem Bundesfinanzministerium (BMF) unterstellt ist. Nach Angaben der Bundeszollverwaltung kommt es derzeit aufgrund des großen Importvolumens und der aktuellen Personalsituation beim Hauptzollamt Hamburg-Hafen – Zollamt Waltershof zu teilweise längeren Bearbeitungszeiten im Hamburger Hafen. Konkrete Verbesserungsmaßnahmen können allein durch die hierzu befugte Bundeszollverwaltung ergriffen und umgesetzt werden. Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) steht als Ansprechpartnerin der Unternehmen im engen Kontakt mit der hiesigen Hafenwirtschaft und mit der Bundeszollverwaltung. Ihr kommt vornehmlich eine moderierende Rolle zu. Die von den Unternehmen geäußerten Sorgen nimmt der Hamburger Senat sehr ernst. Effiziente Zollabfertigungsverfahren sind ein grundlegendes Standortkriterium, durch das sich der Hamburger Hafen stets ausgezeichnet hat. Aus Sicht der BWVI stellen die derzeitigen Abfertigungsprobleme ernstzunehmende Wettbewerbsnachteile für den Hafen dar, die zügiges und entschlossenes Handeln der zuständigen Bundeszollverwaltung erfordern. Infolge der im Arbeitskreis Zoll und Hafen am 15. Juni 2017 vorgetragenen Beschwerden der Unternehmensverbände hat der Staatsrat der zuständigen BWVI in einem Schreiben vom 22. Juni 2017 gegenüber dem zuständigen Staatssekretär des BMF Maßnahmen des Bundes zur Verbesserung der derzeitigen Abfertigungssituation eingefordert. Unabhängig davon ist auch die weitere Digitalisierung der Arbeitsabläufe zwischen der Bundeszollverwaltung und den beteiligten Landesbehörden, insbesondere der Drucksache 21/10032 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Pflanzengesundheitskontrolle und der Veterinärabfertigung, zur Verbesserung der Abfertigung unabdingbar und wird intensiv entwickelt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Generalzolldirektion wie folgt: 1. Wie lange ist derzeit die durchschnittliche Bearbeitungszeit je Zollanmeldung insbesondere bei Einfuhren, Ausfuhranmeldungen sowie Einzelzollanmeldungen (bitte nach Hamburger Zollämtern getrennt darstellen )? 2. Wie hat sich die durchschnittliche Bearbeitungszeit je Zollanmeldung in den Jahren 2011 bis 2016 entwickelt (bitte je nach Hamburger Zollamt gegliedert anführen)? Eine Ermittlung durchschnittlicher Bearbeitungszeiten aller Anmeldungen eines größeren Zeitraums ist im IT-Verfahren ATLAS nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 3. Wie viele Firmen haben sich bei der Freien und Hansestadt Hamburg wegen langer Bearbeitungsdauern beim Zoll im Hamburger Hafen und daraus resultierender Nachteile für die Firmen beschwert (bitte im Zeitraum 2015 bis August 2017 darstellen)? Schriftliche Beschwerden von Unternehmen sind nur in Einzelfällen bekannt. Diese lassen sich jedoch nicht nach einzelnen Firmen aufschlüsseln. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 4. Welche konkreten Maßnahmen plant der Senat allein und gemeinsam mit der Bundeszollverwaltung, um die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für Zollanmeldungen zu reduzieren? Konkrete Maßnahmen können allein durch die hierfür zuständige Bundeszollverwaltung ergriffen und umgesetzt werden. Um die Warenabfertigung zeitnah zu beschleunigen , ist die Generalzolldirektion bestrebt, die See- und Flughäfen und dabei insbesondere auch das Hauptzollamt Hamburg Hafen – Zollamt Waltershof kurzfristig durch den Einsatz von zusätzlichem Personal zu verstärken. Darüber hinaus sollen Beschäftigte anderer Zollämter bei der Bearbeitung elektronischer Zollanmeldungen eingesetzt werden, um die Bearbeitungszeiten der Zollanmeldungen im Hamburger Hafen zu reduzieren. Die Generalzolldirektion geht davon aus, dass sich diese Maßnahmen positiv auf die Abfertigungszeiten im Hamburger Hafen auswirken werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Wie viele Stellen sind derzeit in welchen Hamburger Zollämtern besetzt und wie viele vakante Stellen gibt es derzeit? Zum Stichtag 1. August 2017 sind beim Hauptzollamt Hamburg-Hafen – Zollamt Waltershof 157 Dienstposten nicht besetzt. Dies ergibt einen Fehlbestand von circa 25 Prozent. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 6. Inwieweit ist dem Senat ein Schreiben der Verbände bekannt, worin das Bundesfinanzministerium aufgefordert wird, „die Situation bei der Zollverwaltung im Hamburger Hafen unverzüglich zu verbessern“? a. Seit wann ist dem Senat dieser Brief bekannt? b. Was hat der Senat in der Sache seit dem Bekanntwerden des Schreibens unternommen? c. Gab es Gespräche, Telefonate mit Vertretern des Bundes, der Zollämter ? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? In der Sitzung des Arbeitskreises Zoll und Hafen am 15. Juni 2017 haben Handelskammer und Verbände angekündigt, ein entsprechendes Schreiben aufzusetzen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10032 3 7. Wie bewertet der Senat die aktuelle Umfrage des AGA Unternehmensverbandes , insbesondere die Situation der Zollabfertigung und die Folgen für die Hamburger Firmen sowie den Außenhandel? a. Seit wann ist der Senat durch welche Maßnahmen tätig geworden? Siehe Vorbemerkung. 8. Welche Dokumente müssen verpflichtend bei Zollanmeldungen in Hamburg beigebracht werden? Inwieweit gibt es dahin gehend Unterschiede zu anderen Bundesländern? Wenn ja, welche und warum? Je nach beantragtem Zollverfahren sind bundeseinheitlich bestimmte Dokumente (zum Beispiel Einfuhrgenehmigungen, Rechnungen) erforderlich. Darüber hinaus sind aufgrund von Ländervorschriften, zum Beispiel infolge von Verboten und Beschränkungen , je nach Land und Art des Zollverfahrens unterschiedliche und gegebenenfalls zusätzliche Dokumente vorzulegen. Dies ist stark einzelfallabhängig. So können beispielsweise bei der Einführung von Tieren wie Hunden Abweichungen zwischen den Ländern darüber bestehen, als wie gefährlich diese einzustufen sind. In Abhängigkeit von den Vorgaben des jeweiligen Landes können gegebenenfalls weitere Nachweise erforderlich werden. 9. Welche Nachteile hat die aktuelle Struktur der Hamburger Zollämter für die Hamburger Wirtschaftsunternehmen? Die zollamtliche Trennung des Hamburger Hafens zwischen zwei Hauptzollämtern (Hauptzollamt Hamburg Hafen sowie Hauptzollamt Hamburg Stadt) stellt aus Sicht der BWVI ein logistisches Hindernis dar. Die Aufhebung dieser Trennung würde eine einheitliche Zollabfertigung und effizientere Personalsteuerung als bislang ermöglichen. Dieses Anliegen hat die BWVI seit geraumer Zeit an das BMF herangetragen. 10. Wie ist der Stand der Digitalisierung bei der Zollanmeldung in Hamburg? Welche Projekte sind in diesem Bereich in den nächsten Jahren geplant? Die Zollverwaltung arbeitet bereits seit Jahren IT-gestützt. Die Antragsbearbeitung und Erstellung von Zollbescheiden erfolgt mit dem IT-Verfahren ATLAS elektronisch. Die Umsetzung der automatisierten Bescheiderstellung für Zollanmeldungen vor Gestellung im IT-Verfahren ATLAS erfolgte für die vereinfachten vorzeitigen Zollanmeldungen im August des Jahres 2016. Die angestrebte automatische Bescheiderstellung für Zollanmeldungen vor Gestellung für das Normalverfahren wird von der Generalzolldirektion weiter vorangetrieben und befindet sich derzeit im internen Abstimmungsprozess.