BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1008 21. Wahlperiode 14.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir und Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 07.07.15 und Antwort des Senats Betr.: Schaffung von Flüchtlingsunterkünften (II): Existierende Freiflächen, besonders geschützte Wohngebiete, Firmengebäude und Zelte als Unterkünfte Der Presse war zu entnehmen, dass die Sozialbehörde die Bezirke aufgefordert habe, Listen freier Flächen zu erstellen (vergleiche http://www.mopo.de/nachrichten/aufregung-auf-st--pauli-fluechtlinge-aufsheiligengeistfeld -,5067140,31073592.html). Wir fragen den Senat: 1. Existieren solche Listen? Wenn ja, die Listen bitte der Antwort dieser Anfrage beifügen. Sollte dies nicht möglich sein, bitte begründen. Siehe Drs. 21/847. Im Übrigen wird von einer Veröffentlichung vorläufiger Planungsstände abgesehen. a. Befinden sich unter den angegebenen Flächen auch solche, die in „besonders geschützten Wohngebieten“ liegen? b. Wenn ja, wie gedenkt der Senat dort vorzugehen, um sicherzustellen , dass eine gerichtliche Überprüfung nicht erneut daran scheitert, dass es den geplanten Unterkünften an entscheidenden Merkmalen einer Wohnnutzung (beispielsweise Freiwilligkeit des Wohnens und ein Mindestmaß an gewährleisteter Intimität) mangelt? Entfällt. c. In Drs. 21/372, Frage 8. a), beantwortet der Senat unsere Frage, welche „besonders geschützten Wohngebiete“ bestehen, nur ungenau, und benennt lediglich die 17 Baustufenpläne, in denen sich solche Flächen befinden. Laut einem Pressebericht (http://www.welt.de/regionales/hamburg/article136921252/NeuePlaene -fuer-Fluechtlingsheim-in-Nobelviertel.html) soll es sich um 629 Einzelflächen mit insgesamt 1.500 Hektar handeln. Wie viele Flächen sind nun „besonders geschützte Wohngebiete“? Bitte die Größe und genaue Lage nennen. Die Auswertung des Digitalen Informationssystems Planrecht -DIP- über die Nutzungskategorie „besonders geschütztes Wohnen“ stellt eine graphische Auswertung des in Hamburg bestehenden Planrechts dar und weist 629 Einzelflächen, jedoch keine genauen Lagen oder Größen der Fächen aus. Um diese zu ermitteln wäre eine Drucksache 21/1008 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Verschneidung mit anderen digitalen Datenbeständen und anschließend eine manuelle Zuweisung der Belegenheiten für die 629 Einzelflächen erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 2. Der Unternehmer Eugen Block hat Berichten zufolge seine ehemalige Firmenzentrale zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt (vergleiche http://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-nord/ article205435817/Caritas-lobt-Blocks-Engagement-fuerFluechtlinge .html). a. Wie kam es zu diesem Angebot? Der Unternehmer Eugen Block hat sich mit seinem Angebot an das Bezirksamt Hamburg-Nord gewandt. b. Wie und von wem werden die Kosten des Umbaus aufgebracht? c. Wie hoch werden die Kosten des Umbaus sein und wer trägt sie? Die Kosten für den Umbau trägt die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration . Die Gesamthöhe steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend fest. d. Nach welchen Vorgaben und Standards erfolgt der Umbau? Die Einrichtung an der Hufnerstraße wird für öffentliche-rechtliche Unterbringung als Gemeinschaftsunterkunft aufgebaut. e. Warum ist die Nutzung auf zweieinhalb Jahre begrenzt? Der Grundeigentümer hat das Objekt der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration nur für diesen Zeitraum angeboten. f. Welche Verabredungen über die Folgenutzung des Gebäudes/der Fläche wurden zwischen Herrn Block und dem Bezirksamt getroffen beziehungsweise welche Pläne existieren bereits? Der Grundeigentümer beabsichtigt in der Zeit der Vermietung als Flüchtlingsunterkunft diese Fläche über einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für Wohnungsbau zu entwickeln. Die bestehenden Gebäude werden dann nach Ablauf der Vermietung abgebrochen und durch Wohnungsneubau ersetzt. g. Beispielsweise vom stellvertretenden Bezirksamtsleiter wurde dieses Angebot eines Unternehmers gelobt (vergleiche Artikel). Erwägt der Senat, weitere Unternehmer/-innen oder Bürogebäudebesitzer /-innen dazu zu bewegen, ungenutzten Büroraum zur Verfügung zu stellen? Wenn ja, wie genau? Wenn nein, warum nicht? Die zuständige Fachbehörde erhält durch Eigeninitiative von privaten Unternehmen immer wieder Angebote zur Nutzung von Flächen und Gebäuden für öffentlich-rechtliche Unterbringung. Diese werden bei Eignung und Einvernehmen über die Rahmenbedingungen umgesetzt. 3. Laut Presseberichten (vergleiche http://www.hamburg1.de/nachrichten/ 25212/Neues_Zeltlager_fuer_Fluechtlinge.html) wurden in der Dratelnstraße Zelte zur Unterbringung von Flüchtlingen aufgestellt. Trifft dies zu? Wenn ja: a. Um wie viele Zelte aus welchem Material, mit wie vielen Schlafplätzen und welcher Ausstattung handelt es sich? Nach einem weiteren sprunghaften Anstieg der Asylbewerberneuzugänge Anfang Juli mussten kurzfristig zunächst weitere Unterbringungsplätze in der Dratelnstraße geschaffen werden, weil alle übrigen Unterbringungskapazitäten in der ZEA vollstän- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1008 3 dig ausgeschöpft waren und wegen der vorhandenen Infrastruktur eine gleichermaßen kurzfristige Schaffung zusätzlicher Unterbringungsplätze an anderen Standorten nicht realisierbar war. Es handelt sich um 50 Wohnzelte zuzüglich sechs Versorgungszelten aus festem Gewebe (schwerentflammbar, UV-resistent) mit bis zu 800 Schlafplätzen als Doppelstockbetten. Weitere Ausstattung ist in den Wohnzelten nicht vorhanden. Weitere drei Zelte mit 48 Schlafplätzen wurden am Standort Karl-Arnold-Ring errichtet. Nachdem auch diese zusätzlichen Unterbringungsplätze nach wenigen Tagen vollständig belegt waren, mussten darüberüber hinaus weitere Zelte mit insgesamt bis zu 800 Schlafplätzen im Jenfelder Moorpark errichtet werden. Es handelte sich dabei um die einzige behördlich bekannte Fläche, die aufgrund der infrastukturellen Rahmenbedingungen mit der zur Abwendung von Obdachlosigkeit gebotenen Kurzfristigkeit und der erforderlichen Größe realisiert werden konnte. b. Wer wird darin untergebracht, und insbesondere falls Frauen und Kinder darunter sind, wie werden Sicherheit und Intimsphäre gewährleistet? Gibt es Gruppen, die davon ausgeschlossen sind, beispielsweise Schwangere? In den Zelten werden Flüchtlinge unmittelbar nach der Ankunft im Rahmen der Notaufnahme untergebracht, um Obdachlosigkeit zu vermeiden. Die Privatssphäre ist nur eingeschränkt darstellbar. Frauen, insbesondere Schwangere , und Kinder werden priorisiert in freiwerdende feste Gebäude verlegt. Personen mit Infektionskrankheiten oder psychischen Auffälligkeiten, die nicht in einer Gruppe untergebracht werden dürfen, werden in separaten Wohneinheiten untergebracht . c. An welchen weiteren Standorten plant der Senat, ebenfalls Zelte aufzustellen beziehungsweise wurden eventuell schon weitere Zelte aufgestellt? Wenn ja, an welchen Standorten und für wie viele Menschen? Es ist ein weiterer Ausbau von Zelt-Unterbringungsplätzen in der Schnackenburgallee um circa 500 Schlafplätze geplant. Weitere Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen (Stand 10. Juli 2015). Im Übrigen siehe Antwort zu 3. a. d. Wie groß ist der Standort Dratelnstraße (Flächengröße in Quadratmeter ), wie viele Unterbringungsplätze waren zu Beginn dort geplant und wann hat eine Erhöhung der Platzzahl auf nunmehr wie viele Plätze stattgefunden? Der Standort Dratelnstraße umfasst eine Fläche von 17.747 m2. Zunächst wurden 560 Plätze in Wohncontainern errichtet. In der 27. Kalenderwoche folgte eine Erweiterung um 128 Wohncontainer-Plätze. Am 3. Juli 2015 wurden 480 Zelt-Plätze errichtet, eine Erweiterung um 320 Zelt-Plätze erfolgte am 6. Juli 2015. e. Werden die Temperaturen in Container-Unterbringungen und Zelten regelmäßig gemessen? Wenn ja, welche Werte wurden festgestellt und inwiefern wurde reagiert? Ja. In der 27. Kalenderwoche wurden durch den Betreiber f & w fördern und wohnen AöR Temperaturen von 36 bis 42 Grad Celsius tagsüber und abends 22 bis 24 Grad gemessen. Es wurde mit erhöhter Wasserausgabe an die Bewohner reagiert. Weitere Maßnahmen wurden nach Absprache mit der Feuerwehr als nicht hilfreich eingestuft. f. Wie wird eine Regulierung der Temperaturen in Containern und Zelten sichergestellt? Es wurde in den Zelten eine Luftzirkulation mit Durchzug als Seitenbelüftung installiert. Weitere Möglichkeiten bestehen nicht. g. Hat es in den letzten Wochen Fälle von Hitzekollapsen in den ZEA gegeben? Drucksache 21/1008 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Wenn ja, bitte Zahl der Fälle, Datum und Ort angeben. Es sind keine Fälle bekannt. 4. Trifft es zu, dass die erste Sitzung des Runden Tisches „Vordringlich Wohnungssuchende“ verschoben wurde? Wenn nein, hat der erste Sitzungstermin bereits stattgefunden? In diesem Fall bitte die Ergebnisse dieser Sitzung mitteilen. a. Wenn ja, wann war der ursprüngliche erste Sitzungstermin, auf wann wurde er verschoben und was war der Grund für die Verschiebung ? Die erste Sitzung des Runden Tischs war für den 30.6.2015 anberaumt. Aufgrund wichtiger Parallelveranstaltungen wurde die Sitzung auf den 13.7.2015 verschoben. b. Wer sind die Teilnehmer/-innen des Runden Tisches? Bitte Institutionen und Personen genau benennen. Es wurden folgende Institutionen eingeladen: VNW Landesverband Hamburg e.V., BFW Landesverband Nord e.V., IVD Region Nord e.V., Grundeigentümer-Verband Hamburg von 1832 e.V., SAGA GWG, Mieterverein zu Hamburg von 1890 r.V., Mieter helfen Mietern Hamburger Mieterverein e.V., Landesverband Hamburgischer Mieterschutz e.V., Caritasverband für Hamburg e.V., Lawaetz-Stiftung, der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e.V., Diakonisches Werk Hamburg, STATTBAU HAMBURG GmbH, Hamburgische Investitions- und Förderbank AöR sowie Bezirksämter , andere Fachbehörden und Senatskanzlei. Von konkreten Namensnennungen der jeweiligen Vertreterinnen und Vertreter der genannten Institutionen wird aus datenschutzrechtlichen Gründen abgesehen. c. Welcher Arbeitsplan und Zeitrahmen ist für den Runden Tisch vorgesehen? Bitte genaue Angaben. Der Runde Tisch wird in seiner ersten Sitzung den Entwurf eines Sofortprogramms zur Versorgung von vordringlich Wohnungsuchenden fachlich beraten. In Bezug auf den Zeitplan hat die Bürgerschaft den Senat mit Drs. 21/620 „Sofortprogramm zur Versorgung von vordringlich Wohnungsuchenden“ unter anderem ersucht, noch im Sommer 2015 den Entwurf eines Sofortprogramms zur Versorgung von vordringlich Wohnungsuchenden vorzulegen.