BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10114 21. Wahlperiode 22.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Carsten Ovens und Birgit Stöver (CDU) vom 16.08.17 und Antwort des Senats Betr.: Digitalisierung an Hamburgs Schulen – Wie ist der aktuelle Stand? Digitalisierung bestimmt das 21. Jahrhundert und ist bereits in vollem Gange. Sowohl im privaten als auch im beruflichen Alltag werden digitale Kompetenzen immer wichtiger und bestimmen oftmals unseren Erfolg. Dementsprechend müssen wir unsere Kinder zwangsläufig darauf vorbereiten und dies auch im schulischen Alltag angemessen berücksichtigen. Zwar hat Hamburg als erstes Bundesland eine Online-Kommunikationsplattform (eduPort) für allgemeinbildende Schulen eingeführt, welche es Lehrern erlaubt, untereinander kommunizieren und Daten austauschen zu können. Allerdings werden hier die Schüler, die von einer solchen Innovation am meisten profitieren könnten, außen vor gelassen. Die Weiterentwicklung des digitalen Bildungssystems in Hamburg ist aber ein zentraler Schritt, um auch die nächste Generation zukunftsfit zu machen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Welche neuen Entwicklungen bezüglich der Digitalisierung an Hamburgs Schulen hat es seit der Drs. 21/7633 in Hamburg gegeben? In einem Gespräch der Kultusministerkonferenz (KMK) mit der Bundesministerin für Bildung und Forschung wurde am 30. Januar 2017 die Einsetzung einer gemeinsamen Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Bildung in der digitalen Welt im Bereich der Schule“ beschlossen. Ihre Aufgabe bestand in der Erarbeitung einer Bund-Länder- Vereinbarung zur Unterstützung der Bildung in der digitalen Welt im Bereich der Schule („DigitalPaktSchule“) bis spätestens Ende Dezember 2017. Die Bund-Länder-AG hat den Auftrag erhalten, bis zum Sommer 2017 Eckpunkte für die Bund-Länder- Vereinbarung vorzulegen. Hamburg hat sich bei der Erarbeitung der Bund-Länder- Vereinbarung zum DigitalPakt#D beteiligt. Der Entwurf der Eckpunkte wurde auf der 230. Amtschefskonferenz am 4. Mai 2017 und abschließend in der Bund-Länder-AG am 23. Mai 2017 beraten. Im Rahmen der KMK am 1. Juni 2017 haben sich die Länder zu den Eckpunkten bekannt. Der Bund hat rund 5 Milliarden Euro im Zeitraum von 2018 bis 2022 für den Ausbau der IT-Infrastruktur in den Schulen in Aussicht gestellt, diese aber nicht in den Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) eingestellt. Zudem hat Bundesbildungsministerin Wanka entgegen der Vereinbarung mit der KMK nicht an dem gemeinsamen Pressegespräch zum Eckpunktepapier teilgenommen. Auch aus dem BMBF nahm kein Vertreter teil. Inwiefern die Finanzierung durch den Bund gewährleistet wird, ist zurzeit noch offen. Die für Bildung zuständige Behörde arbeitet zurzeit an der Umsetzung der am 8. Dezember 2016 von der KMK beschlossenen Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ und führt hierzu unter anderem Veranstaltungen, Tagungen und Workshops durch. So fand im Februar 2017 ein Workshop zum Thema „Calliope programmieren in der Grundschule“ statt. Im April 2017 haben sich Schulleitungen der Hamburger Gymna- Drucksache 21/10114 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 sien im Rahmen eines ganztägigen Workshops mit den Veränderungen in der Gesellschaft im Hinblick auf die Digitalisierung und den Konsequenzen für eine „Bildung in der digitalen Welt“ in den Schulen auseinandergesetzt und in Arbeitsgruppen konkrete Umsetzungsmöglichkeiten zum Thema kennengelernt und Ideen für die ihre eigenen Schule entwickelt. Ein entsprechender Workshop hat auch für die Stadtteilschulen stattgefunden. Im Juli 2017 hat die Behörde für Schule und Berufsbildung die Tagung „Umsetzung der Strategie Digitale Bildung“ unter Beteiligung von Experten aus Wissenschaft und Praxis wie zum Beispiel Lehrerinnen und Lehrern durchgeführt. Themen waren unter anderem die digitale Unterrichtentwicklung am Beispiel vom naturwissenschaftlichen Unterricht mit Tablets und Medien sowie die Lehrerfortbildung. Im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) findet zurzeit eine Vortragsreihe zu Themen der Digitalisierung in der Schule statt, siehe http://li.hamburg.de/ tagungen/8692806/digitalisierungsforum/. Darüber hinaus findet innerhalb der für Bildung zuständigen Behörde regelhaft ein Austausch zur Förderung der digitalen Bildung statt. Hamburg ist zudem regelmäßig bei regionalen und überregionalen Tagungen und Foren zum Thema Digitalisierung in der Bildung vertreten. Der flächendeckende WLAN-Ausbau an allen allgemeinbildenden Schulen für die Lehrerzimmer ist eingeleitet worden und wird mit Beginn des neuen Schuljahres 2017/ 2018 abgeschlossen sein. Somit haben dann alle Lehrkräfte Zugang zum WLAN an Schulen. Das Zugangsportal eduPort steht termingerecht seit Ende des Schuljahres 2016/2017 allen staatlichen allgemeinbildenden Schulen zur Verfügung. Außerdem werden die zentralen Web-Anwendungen zur Unterstützung des Schulpersonalmanagements modernisiert und erweitert. Zur Entwicklung der IT-Infrastruktur und zum Stand der IT-Ausstattung an Hamburger Schulen gilt ansonsten der in der Drs. 21/7633 beschriebene Stand. Im Bereich der berufsbildenden Schulen hat das Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) im Januar 2017 einen bundesweiten „Fachtag Berufsbildung 4.0“ ausgerichtet . Zudem wurde die Pilotierung zur Einführung eines Learning-Managements- Systems (LMS) unter Beteiligung von zwei berufsbildenden Schulen im Schuljahr 2016/2017 fortgeführt und die Ausweitung auf weitere berufsbildende Schulen eingeleitet . 2. eduPort: a. Wurde der Anschluss aller 342 staatlichen allgemeinbildenden Schulen an eduPort unterdessen realisiert? Falls nein, warum nicht? Ja, siehe Antwort zu 1. b. Wie weit sind die Überlegungen des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde, auch die Schüler beziehungsweise weitere Nutzergruppen in eduPort mit einzubinden? Die Überlegungen der für Bildung zuständigen Behörde hierzu sind noch nicht abgeschlossen . 3. Pilotprojekt „Start in die nächste Generation“: a. Zu welchen Ergebnissen ist der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde infolge des Schlussberichts über die Ergebnisse des Pilotprojekts „Start in die nächste Generation“ gekommen? Welche Konsequenzen wurden daraus gezogen? Als Ergebnis der Evaluation wurde festgehalten, „dass die Einrichtung einer funktionsfähigen und rechtlich abgesicherten IT-Infrastruktur an den Projektschulen gelungen ist. Entgegen zahlreicher Befürchtungen verfügten alle Schülerinnen und Schüler über eigene Smartphones, Tablets oder Laptops, die sie im Unterricht regelmäßig eingesetzt haben. Die Beteiligten waren mit dem Projekt zufrieden: Mehr als 75 Prozent der Schülerinnen und Schüler wollen zukünftig so weiterarbeiten. Die Lehrkräfte betonten positive Effekte wie die Steigerung der Schüler-Selbststeuerung und -Individuali- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10114 3 sierung, die Veränderung der Lehrer- und Schülerrolle sowie eine stärkere Aktivierung der Schülerinnen und Schüler im Unterricht. Die eingesetzten Lernprogramme waren aus Sicht der Lehrkräfte unkompliziert im Unterricht einzusetzen und trugen zur Förderung des eigenständigen und individualisierten Lernens bei. Die Nutzung der digitalen Endgeräte erstreckte sich auf alle Unterrichtsfächer und blieb nicht auf die mathematisch -naturwissenschaftlichen Fächer beschränkt. Die neuen Medien wurden in 16 verschiedenen Unterrichtsfächern eingesetzt, am stärksten im Deutsch- und Englisc- Unterricht, gefolgt von den Fächern Physik, Biologie, Mathematik und Politik. In der kurzen Laufzeit des Projektes ließen sich am Ende im Vergleich zu anderen Schulklassen keine klaren negativen, aber auch keine eindeutig positiven Entwicklungen beim Lernstand der Schülerinnen und Schüler in den unterschiedlichen Unterrichtsfächern erkennen“ (vergleiche BYOD, Start in die nächste Generation: Abschlussbericht der wissenschaftlichen Evaluation des Pilotprojekts, Universität Hamburg, 03.11.2016: http://www.hamburg.de/contentblob/7288404/bc43d4c90c2313ad76667d651fbc90e9/ data/byod.pdf und Presseerklärung der BSB vom 03.11.2016: http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/7323822/2016-11-03-bsb-start-in-dienaechste -generation/). Aus den Empfehlungen des Evaluationsberichts leitet die Behörde für Schule und Berufsbildung für die weitere Entwicklung des BYOD-Unterrichts ab: Der BYOD-Ansatz ist sinnvoll und weiter zu verfolgen. Die Möglichkeit, mit dem eigenen Gerät, insbesondere dem Smartphone, in der Schule zu lernen, steigert die Motivation der Schülerinnen und Schülern. Sie nutzen ihr Gerät gewinnbringend für das Lernen und Arbeiten im Unterricht, beispielsweise als Rechercheinstrument, Wörterbuch , Messgerät, Rechenmaschine, Foto- oder Filmapparat, Tonband, Notizblock oder zum Üben und Trainieren. Aufgrund der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten ist die Klärung, wie Lernumgebungen und Anwendungs- beziehungsweise Nutzungsszenarien gestaltet sein sollten, um die Unterrichtsqualität zu verbessern und den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler zu steigern, noch nicht abgeschlossen. b. Sind die Überlegungen beziehungsweise Planungen des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde zur Ausweitung des Projekts unterdessen abgeschlossen? Falls ja, wie sehen diese konkret aus? Falls nein, warum nicht und wann ist damit zu rechnen? Die zuständige Behörde hat beschlossen, den Pilotschulen eine Weiterarbeit unter den Bedingungen des Pilotprojektes bis zum Ende des Schuljahres 2017/2018 zu ermöglichen (siehe Drs. 21/8153). 4. Welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema Digitalisierung an Schulen gibt es derzeit für Hamburgs Lehrkräfte? Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) bietet eine große Zahl von Fortbildungs- und Unterstützungsangeboten in unterschiedlichen Formaten an, die verschiedenen Dimensionen der Digitalisierung gewidmet sind. Sie werden insbesondere durch das Referat Medienpädagogik entwickelt und durchgeführt, digitale Medien sind jedoch auch Thema in Fortbildungen zu allen Unterrichtsfächern sowie in Präventions- und Beratungsangeboten (etwa zu Risiken der Mediennutzung). Die Formate reichen von Jahresseminaren, die zu Zusatzqualifikationen führen (zum Beispiel 55-stündige Zusatzqualifikationen für „Medienverantwortliche“ oder zur „Aktiven Medienarbeit“) über Einzelveranstaltungen zu insgesamt neun thematischen Feldern (beispielsweise „Medienrecht“ oder „Soziale Netzwerke“) bis zu maßgeschneiderten schulinternen Fortbildungen und pädagogisch-technischen Beratungen (beispielsweise zu Computerausstattung, Software, Netzwerken und Anderen). Die Angebote sind auf der Internetpräsenz http://li.hamburg.de/medien/ für alle Interessenten zugänglich. Über die speziellen Weiterbildungsangebote des LI für Hamburger Lehrkräfte hinaus gibt es zahlreiche Weiterbildungen, die sich nicht unmittelbar an Lehrkräfte richten, Drucksache 21/10114 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 ihnen aber offenstehen. Mit Stichtag 17.08.2017 haben 1.136 Träger 28.465 Angebote in der Datenbank „Weiterbildungs-Informationssystem (WISY)“ veröffentlicht. Unter dem Stichwort „Digitalisierung“ finden sich auf WISY 22 Weiterbildungsangebote, die auch von Hamburger Lehrkräften besucht werden können. 5. Inwieweit haben Hamburgs Lehrkräfte an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema Digitalisierung seit Anfang des Jahres teilgenommen ? Bitte nach Kursen, Schultypen (Lehrer je Schule) und Themengebiet aufschlüsseln. Für das Schuljahr 2016/2017 liegen noch keine abgeschlossenen Controlling-Daten vor. Die folgenden Angaben beziehen sich ausschließlich auf Maßnahmen des Referats Medienpädagogik am LI. Fortbildungen und Beratungen in anderen Referaten des LI können aber ebenfalls Bezüge zu Digitalisierung enthalten. So haben im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juli 2017 insgesamt 81 Veranstaltungen zur Medienpädagogik stattgefunden. Die genaue Zahl der tatsächlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer liegt noch nicht vor. Was medienpädagogische Beratungen und schulinterne Fortbildungen betrifft, lässt sich für das erste Schulhalbjahr 2016/2017 feststellen, dass 186 Beratungsgespräche und sechs maßgeschneiderte Fortbildungen an Schulen durch das Referat Medienpädagogik durchgeführt wurden. Speziell zu eduPort wurden vom 2. Februar bis zum 29. Juni 2017 19 zweistündige Sprechstundentermine eingerichtet, die die Lehrkräfte für Einzelfallberatungen nutzen konnten. 6. Welche Projekte zur Weiterentwicklung der Digitalisierung an Hamburgs Schulen hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde in näherer Zukunft geplant? Eine Weiterentwicklung der Digitalisierung der Bildung an den Hamburger Schulen erfolgt in erster Linie mithin nicht über einzelne Projekte, sondern auf Basis der sechs Handlungsfelder der KMK-Strategie „Bildung in einer digitalen Welt“. Gleichwohl hat Hamburg mit „Start in die nächste Generation“ und eduPort jedoch zwei wegweisende Projekte, die wichtige Hinweise für die Nutzung digitaler Medien im Unterricht beziehungsweise für die Kooperation der Lehrkräfte untereinander geben. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 7. Welche Förderangebote des Bundes zur Digitalisierung an Schulen gibt es derzeit? Inwiefern werden diese von der Freien und Hansestadt Hamburg in Anspruch genommen? Bitte nach Förderangebot, Höhe der Förderung und jeweiliger Laufzeit angeben. Derzeit können von der für Bildung zuständigen Behörde keine Förderprogramme des Bundes zur Digitalisierung beansprucht werden, da diese zurzeit den Anforderungen des Stadtstaats Hamburg und den Bedarfen der Hamburger Schulen, die zum Beispiel bereits über eine Breitbandanbindung verfügen, nicht entsprechen. Sobald eine Entscheidung über die Bund-Länder-Vereinbarung zur Unterstützung der Bildung in der digitalen Welt im Bereich der Schule („DigitalPaktSchule“) gefallen ist, wird Hamburg die zur Verfügung stehenden Mittel in Anspruch nehmen (siehe Antwort zu 1.). Daten über die Nutzung von Förderprogrammen des Bundes im Bereich der Digitalisierung durch einzelne Schulen werden in der für Bildung zuständigen Behörde nicht zentral erfasst. 8. In welcher Höhe standen für das Jahr 2016 Mittel für die digitale Bildung an Hamburgs Schulen einschließlich Ausstattung und Fortbildungen zur Verfügung? Bitte differenziert nach Bundesmitteln und Mitteln der Freien und Hansestadt Hamburg darstellen. Wurden diese vollständig ausgeschöpft ? Falls nein, in welcher Höhe aus jeweils welchen Gründen nicht? Siehe Drs. 21/6238. Die staatlichen allgemeinbildenden Schulen haben ihre Mittel vollständig verwandt. Bundesmittel wurden bisher nicht genutzt, siehe Antwort zu 7. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10114 5 Das Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) stattet alle berufsbildenden Schulen zu Jahresbeginn mit einem Regelbudget für Sachkosten und Investitionen aus. Nach dem Prinzip der selbstverantworteten Schule entscheidet jede Schule individuell nach den jeweiligen didaktischen Anforderungen, wofür diese Mittel eingesetzt werden sollen. Eine gesonderte Mittelplanungs- und Mittelverwendungsdokumentation für spezielle Vorhaben der digitalen Bildung ist aktuell nicht gegeben.