BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10115 21. Wahlperiode 22.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwaldt (CDU) vom 16.08.17 und Antwort des Senats Betr.: Geraten auch geflüchtete Menschen in Hamburg immer häufiger in die Schuldenfalle? In den vergangenen Monaten berichteten die Medien immer wieder über Flüchtlinge, die aufgrund fehlender Sprachkenntnisse und vor allem kostenträchtiger Handyrechnungen in die Schuldenfalle gerieten. Auf Inkassogebühren folgen Schufa-Einträge, die dann unter anderem die Anmietung einer eigenen Wohnung extrem erschweren bis unmöglich machen. In einigen Bundesländern würden Verbraucherzentralen diesbezüglich Aufklärung in den Flüchtlingsunterkünften betreiben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Beiträgen der Verbraucherzentrale Hamburg e.V. und der öffentlich geförderten Schuldnerberatungsstellen wie folgt: 1. Liegen dem Senat Kenntnisse vor, ob auch Flüchtlinge in Hamburg in der sogenannten Schuldenfalle stecken? Wenn ja, wie weitreichend ist dies der Fall, wie viele der geflüchteten Menschen sind hiervon betroffen? Wenn dem Senat keine Erkenntnisse vorliegen, hat er sich bereits mit dem Thema und der damit verbundenen Prävention befasst? Wenn ja, wer hat sich damit beschäftigt? Wenn nein, warum wurden Maßnahmen dieser Art noch nicht getroffen beziehungsweise warum sieht der Senat hierin keine Notwendigkeit? Den zuständigen Behörden liegen keine Daten darüber vor, wie viele geflüchtete Menschen in Hamburg konkret von einer Überschuldungssituation betroffen sind. Trotzdem ist der Senat bestrebt, auch Flüchtlingen mit einer Schuldenproblematik wirksame Hilfsangebote bereitzustellen. So steht die Beratung durch die öffentlich geförderten Schuldnerberatungsstellen grundsätzlich auch geflüchteten Personen offen. Insbesondere die Angebote der offenen Kurz- und Notfallberatung können kostenlos und unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Zielgruppe in Anspruch genommen werden. Auch die weiterführende Beratung kann von geflüchteten Personen genutzt werden, die zur entsprechenden Zielgruppe zählen – insbesondere Beziehende von Sozialleistungen oder Personen mit geringen Einkommen (siehe auch: http://www.hamburg.de/basfi/ahsgbxii -kap03-11/). Die Verbraucherzentrale Hamburg (vzhh) wendet sich auf ihrer Internetseite „Flüchtlinge brauchen Verbraucherschutz“ speziell an Flüchtlinge und informiert über verbraucherrelevante Themen für diese Personengruppe (siehe: http://www.vzhh.de/ Drucksache 21/10115 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 vzhh/408281/fluechtlinge-brauchen-verbraucherschutz.aspx). Darüber hinaus werden persönliche und telefonische Beratungen angeboten, wobei Asylbewerberinnen und Asylbewerber unentgeltlich beraten werden. Die vzhh kooperiert bei der Beratung insbesondere von jungen Geflüchteten unter anderem auch mit dem Landesbetrieb Erziehung und Beratung (LEB) der Freien und Hansestadt Hamburg. Im Rahmen dieser Kooperation finden regelmäßige Veranstaltungen und Schulungen vor Ort in den Unterkünften des LEB statt. Themen der Schulungen sind Medienkompetenzen und Verbraucherschutz. Dabei wird auch auf das Thema Verschuldung und Überschuldungsgefahren eingegangen. Auch im Rahmen der Lebenslagenberatung im Projekt W.I.R, die alle Geflüchteten des Projektes erhalten, wird durch die kommunalen Dienstleister über mögliche Schulden gesprochen und bei Bedarf an die entsprechenden Stellen verwiesen. Darüber hinaus informiert das Projekt we.inform Geflüchtete in sechs Sprachen (Deutsch, Englisch, Arabisch, Darsi/Farsi, Kurdisch, Tigrinya) über Themen des Alltags und des Ankommens in Hamburg. Aktuell sind unter http://we-inform.de/portal/de/ Informationen zu insgesamt 16 Themen eingestellt zum Beispiel auch über Mobilfunkverträge und Internet oder über günstige Einkaufsmöglichkeiten und den Umgang mit Banken. Die Informationen stehen den Geflüchteten über das Internet zur Verfügung. Das Projekt, welches auch über den Integrationsfonds gefördert wird (Drs. 21/7995), besucht aber auch Unterkünfte und berät dort anhand von Flyern, die ebenfalls in sechs Sprachen vorliegen. Das Unterkunfts- und Sozialmanagement in den Standorten der öffentlich-rechtlichen Unterbringung und der Erstaufnahmeeinrichtungen (EA) informiert bei Bedarf grundlegend über das Thema Verschuldung und allgemein über die Risiken von Vertragsabschlüssen und verweist an die zuständigen Stellen. Daten zu den Einzelfällen werden nicht erhoben. 2. Haben die Stellen der Schuldner- und Insolvenzberatung in Hamburg vermehrt mit Flüchtlingen zu tun? Wenn ja, wie viele Personen dieser Zielgruppe wendeten sich in den Jahren 2015, 2016 und 2017 jeweils an die Beratungsstellen? Wie erfolgt die Verständigung? Das Merkmal „Flüchtling“ wird im Rahmen der Beratung von den Schuldnerberatungsstellen nicht erfasst, sodass eine Auswertung nicht möglich ist. Nach Rückmeldung der öffentlich geförderten Schuldnerberatungsstellen nehmen auch Personen mit Fluchthintergrund die Beratung in Anspruch. Die Verständigung erfolgt in der Regel auf Deutsch und teilweise auf Englisch. In vielen Fällen können die Ratsuchenden bei nicht ausreichenden Sprachkenntnissen auch von Angehörigen oder Bekannten unterstützt werden, die als Übersetzer fungieren. Zudem sprechen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Beratungsstellen zum Teil mehrere Sprachen . Sollte dies nicht ausreichen, wird auch die Hilfe von Kooperationspartnern in Anspruch genommen oder werden Dolmetscher hinzugezogen. Im Rahmen der vorgesehenen Neuausschreibung der öffentlich geförderten Schuldnerberatungsstellen (Laufzeit der Verträge endet zum 31.07.2018) wird zudem das Thema Mehrsprachigkeit Berücksichtigung finden. 3. Gibt es allgemeines Informationsmaterial zum Thema Risiken und Folgen einer Verschuldung, das Flüchtlingen ausgehändigt werden kann? Wenn ja, welches Material wurde von welcher Stelle in welchen Sprachen veröffentlicht und wann wird es wie den Flüchtlingen zur Verfügung gestellt? Mehrsprachige Informationen für Geflüchtete und Migrantinnen und Migranten werden durch den Bundesverband der Verbraucherzentrale (vzbv) unter http://www.sozialeschuldnerberatung -hamburg.de/2017/vzbv-mehrsprachige-infos-fuer-fluechtlingemigranten in den Sprachen Deutsch, Arabisch und Englisch zur Verfügung gestellt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10115 3 Zudem stehen die Informationsblätter der Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung Hessen zu Themen wie Wohnungs- und Energiesicherung, Basis und P-Konto, Verbraucherinsolvenzverfahren, Pfändungen und Mahnverfahren in den Sprachen Arabisch, Bulgarisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Polnisch, Russisch, Spanisch, Türkisch zur Verfügung (siehe: http://www.schuldnerberatung-hessen.de/ informationsblaetter-53.html). Die Schuldnerberatung der Diakonie stellt ihr allgemeines Informationsmaterial zum Thema Verschuldung in deutscher und türkischer Sprache zur Verfügung. Informationsflyer werden in deutscher, englischer, griechischer, türkischer und russischer Sprache zur Verfügung gestellt. Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) hat in diesem Zusammenhang einen Informationsflyer zur gesetzlichen Neuregelung zum Basiskonto erstellt. Dieser enthält in kurzer und knapper Form die wichtigsten Informationen über den Zugang zu einem Basiskonto sowie über die bestehenden Möglichkeiten, sich gegen eine etwaige Ablehnung durch eine Bank zur Wehr zu setzen. Dieses Informationsangebot liegt auch in den Sprachen Türkisch, Russisch, Polnisch, Englisch, Arabisch und Farsi vor. Die Flyer stehen zum Download zur Verfügung unter: http://www.hamburg.de/kundenschutz/7794042/recht-auf-ein-konto/. Die Behörde für Arbeit Soziales Familie und Integration stellt unter: http://www.hamburg.de/schuldnerberatung/ allgemeine Informationen zum Thema Schuldnerberatung auf Deutsch bereit. Das Unterkunfts- und Sozialmanagement der Unterkünfte händigt bei Bedarf die genannten Informationen aus. Auch Informationen zum „Privat-Konto“ und zur Privatinsolvenz können bei Bedarf ausgegeben werden. 4. Bietet die Verbraucherzentrale Hamburg speziell für die Gruppe der Flüchtlinge Informationsveranstaltungen an? Wenn ja, wie oft erfolgten diese jeweils wann an welchem Standort mit wie vielen Teilnehmern? Wenn nein, warum nicht beziehungsweise ist dies vorgesehen? Ja, siehe Antwort zu 1. Im Rahmen der Kooperation mit dem LEB fanden zuletzt folgenden Veranstaltungen statt: 03.06.2017, Jugendparkweg 58, 22415 Hamburg (Teilnahmezahl: 25 – 30), 17.06.2017, Oehleckerring 17, 22419 Hamburg (Teilnahmezahl: 20), 24.06.2017, Kollausstraße 150, 22453 Hamburg (Teilnahmezahl: 15) und 19.08.2017, Nöldeckestraße 17, 21079 Hamburg (Teilnahmezahl: 15). Ein weiterer Termin ist geplant am: 02.09.2017, Nöldeckestraße 17, 21079 Hamburg (Teilnahmezahl: circa 30). Zudem erfolgt eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz. Dort wurde bislang eine Veranstaltung durchgeführt – am 27.06.2017, Flagentwiet 44, 22457 Hamburg (Teilnehmerzahl: 20). 5. Werden die Flüchtlinge von einer anderen Stelle über die Risiken einer Verschuldung und die Folgen informiert? Wenn ja, wie oft erfolgten diese jeweils wann durch welche Stelle an welchem Standort mit wie vielen Teilnehmern? Siehe Antwort zu 1. Darüber hinaus wurde im Rahmen des Projektes „Schub vor Ort“ der afg worknet bereits eine Informationsveranstaltung im Rahmen eines Sprachkurses für Flüchtlinge und Migranten im Stadtteil Hohenhorst (Eltern-Kind-Zentrum Dahlemer Ring) abgehalten . Die afg worknet plant im Jahr 2018 weitere Informationsangebote durchzuführen. Drucksache 21/10115 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Auch die Migrationserstberatung des Diakonischen Werkes gibt allgemeine Informationen über Verschuldung und leitet gegebenenfalls an die Schuldnerberatung weiter. Zahlen zu den Teilnehmenden werden nicht erhoben.