BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10130 21. Wahlperiode 25.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 18.08.17 und Antwort des Senats Betr.: Sicherungsverwahrung für Schleswig-Holsteins Untergebrachte – Ein Zuschussgeschäft für Hamburger Steuerzahler? Die Sicherungsverwahrung ist eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung. Im Gegensatz zur Freiheitsstrafe knüpft die Sicherungsverwahrung einzig an die Gefährlichkeit des Straftäters für die Allgemeinheit an und hat damit Präventivfunktion. Die Gefährlichkeit des Straftäters muss im Wege einer Prognose festgestellt werden und sich zuvor in einer besonders schweren Straftat geäußert haben. Seit 2013 werden in der Abteilung für Sicherungsverwahrung der JVA Fuhlsbüttel mit 31 Plätzen auf Basis eines Staatsvertrages auch bis zu elf Sicherungsverwahrte aus Schleswig-Holstein untergebracht. Gemäß § 4 des Staatsvertrages erstattet das Land Schleswig-Holstein die Kosten für die von der Freien und Hansestadt Hamburg vorgehaltenen Unterbringungsplätze. In der Drs. 20/6863 wird dazu ausgeführt: „Die Höhe des Tagessatzes für die vorgehaltenen Plätze bemisst sich nach einem zwischen den Ländern abgestimmten Berechnungsschema auf Grundlage einer Teilkostenrechnung. Für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2015 wird der Tagessatz je Unterbringungsplatz auf pauschal 250 Euro festgelegt. Der Tagessatz für die vorgehaltenen Unterbringungsplätze reduziert sich pauschal um 20 Euro für jeden nicht in Anspruch genommenen Platz. Beginnend im Jahr 2015 wird der Tageshaftkostensatz auf der Grundlage des Vorjahres alle zwei Jahre überprüft und für die folgenden beiden Jahre festgelegt.“ Im Jahr 2015 hat die Freie und Hansestadt Hamburg eine Kostenerstattung für die Unterbringung für Sicherungsverwahrte aus Schleswig-Holstein in Höhe von 1,053 Millionen Euro erhalten (Drs. 21/4614), im Jahr 2016 nur noch 920.000 Euro (Drs. 21/10038). Aktuell sind neun Sicherungsverwahrte aus Schleswig-Holstein untergebracht. Im Einzelplan 2 wird für die Kennzahl „B_236_01_003 Tageshaftkostensatz Sicherungsunterbringung“ das Ist 2015 mit 256 Euro angegeben, für 2017/ 2018 sind jeweils 260 Euro geplant. In der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/10038 gibt der Senat an: „Für die Jahre 2016/2017 ist ein Tageshaftkostensatz in Höhe von 215 Euro mit Schleswig-Holstein neu verhandelt worden.“ Es stellt sich hierbei die Frage, ob, und falls ja, weshalb der Hamburger Steuerzahler für jeden der Sicherungsverwahrten aus Schleswig-Holstein draufzahlt. Diese Frage wird im Hinblick auf die vom Justizsenator geplante Kooperation im Bereich des Frauen- und Jugendvollzuges umso bedeutsamer. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/10130 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein geschlossene Staatsvertrag gewährleistet die enge Zusammenarbeit der Länder in einem Vollzugsbereich, der die beteiligten Einrichtungen aufgrund der Besonderheiten des Klientels vor besondere Herausforderungen stellt. Die Unterbringung von bis zu elf Sicherungsverwahrten aus Schleswig-Holstein, mithin eine größere Auslastung der zur Verfügung stehenden 31 Plätze für Sicherungsverwahrung, ermöglicht eine weitergehende Ausdifferenzierung der Therapieangebote in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel, die allen dort Untergebrachten und der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes zur Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung zugutekommt. Zudem fördert die Zusammenarbeit den fachlichen Austausch der JVA Fuhlsbüttel und der JVA Lübeck in diesem Bereich. Im Übrigen müssten die in der JVA Fuhlsbüttel für die Unterbringung von Sicherungsverwahrten vorhandenen Kapazitäten auch ohne den Staatsvertrag vorgehalten werden, sodass Hamburg durch den Staatsvertrag keine zusätzlichen Kosten entstehen. Vielmehr kommen die Einnahmen aus der Unterbringung Schleswig-Holsteiner Sicherungsverwahrung der Ausgestaltung des Vollzuges zugute. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Sind die Kosten für die Unterbringung Schleswig-Holsteinischer Sicherungsverwahrter seit Abschluss des Staatsvertrages zwischen dem Land Schleswig-Holstein und der Freien und Hansestadt Hamburg über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherungsverwahrung und der Therapieunterbringung gesunken? Falls ja, in welcher Höhe und aus welchem konkreten Grund? Zum Zeitpunkt der Vereinbarung lagen keine kostenrechnerisch gesicherten Kenntnisse über die tatsächlichen Kosten vor. Daher ist im Staatsvertrag zunächst ein pauschaler Tageshaftkostensatz in Höhe von 250 Euro vereinbart worden. Das Ergebnis der mit Schleswig-Holstein abgestimmten Berechnung für die Jahre 2016 und 2017 sind 215 Euro. 2. Wie sieht das zwischen den Ländern in der Drs. 20/6863 genannte „abgestimmte Berechnungsschema auf Grundlage einer Teilkostenrechnung “ konkret aus? 3. Wie wurde der von Schleswig-Holstein für die Jahre 2016 und 2017 zu entrichtende Tageshaftkostensatz in Höhe von 215 Euro konkret berechnet? Die Summe der Belastungen der Kostenstelle und den anteiligen Intendanzkosten abzüglich einer Fixkostendegression ergibt die Höhe der Tageshaftkosten. Der derzeitige Tageshaftkostensatz ist auskömmlich. a. Inwiefern wurde dabei der tatsächliche Tageshaftkostensatz (Ist 2014: 250 Euro; Ist 2015: 256 Euro) berücksichtigt? Zum Zeitpunkt der Nennung der IST-Kosten 2014 wurde der festgelegte Wert fortgeschrieben . Der IST-Wert 2015 ist das Ergebnis einer ersten, unabgestimmten Kostenrechnung . b. Aus welchem Grund wird nicht für jeden Sicherungsverwahrten aus Schleswig-Holstein der volle Tageshaftkostensatz erstattet? Schleswig-Holstein erstattet den vereinbarten Tageshaftkostensatz in voller Höhe. c. Liegt mittlerweile das Ist 2016 (Kennzahl „B_236_01_003 Tageshaftkostensatz Sicherungsunterbringung“) vor? Falls ja, wie hoch ist dieses? Falls ja, wie hoch war der Differenzbetrag, der sich aus der Unterbringung aller Sicherungsverwahrten aus Schleswig-Holstein im Jahr 2016 infolge des mit Schleswig-Holstein verhandelten Tageshaftkostensatz in Höhe von 215 Euro und dem tatsächlichen Tageshaftkostensatz ergibt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10130 3 Der Tageshaftkostensatz Sicherungsunterbringung IST 2016 beträgt 227 Euro, der Differenzbetrag entspricht 12 Euro. 4. Wann finden die Verhandlungen zur Vereinbarung des neuen Tageshaftkostensatzes für die Jahre 2018/2019 statt? Dazu gibt es zurzeit keine Terminierung. 5. In der Drs. 20/6863 heißt es weiter: „Außergewöhnliche, einem Untergebrachten direkt zurechenbare Kosten (z.B. für besonderes kostenintensive Medikamente, spezielle Hilfsmittel oder für Behandlungen in externen Krankenhäusern) werden einzeln abgerechnet, soweit diese Ausgaben unmittelbar haushaltswirksam sind. Für Behandlungen im Zentralkrankenhaus der Untersuchungshaftanstalt wird die Differenz zwischen den jeweiligen Tagessätzen zusätzlich in Rechnung gestellt. Besondere Aufwendungen für medizinisch-therapeutische Behandlungen im Rahmen der Therapieunterbringung werden gesondert erstattet.“ a. Fielen derartige Kosten für Untergebrachte aus Schleswig-Holstein im Jahre 2016 oder im ersten Halbjahr 2017 an? Falls ja, in welcher Höhe? b. Falls ja, in welcher Höhe wurden diese von Schleswig-Holstein erstattet? Im Jahr 2016 fielen Kosten in Höhe von 15.343,51 Euro an, die von Schleswig- Holstein in voller Höhe erstattet wurden. Im ersten Halbjahr 2017 fielen keine derartigen Kosten an.