BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10155 21. Wahlperiode 29.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Suding (FDP) vom 23.08.17 und Antwort des Senats Betr.: Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht – Wie ist es um die Klage des Senats gegen den Zensus 2011 bestellt? Der Bundestag hatte im Januar dieses Jahres das „Zensusvorbereitungsgesetz 2021“ verabschiedet.1 Damit soll 2021 wie auch schon im Jahr 2011 im Rahmen eines sogenannten registergestützten Stichprobenverfahrens ein Zensus durchgeführt werden, um aktuelle Daten über Einwohnerzahlen und -strukturen in Deutschland zu erhalten. Als Konsequenz der Ende Mai 2013 vorgelegten Ergebnisse des Zensus aus dem Jahr 2011 wurde die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) in den amtlichen Statistiken mit 83.000 weniger Einwohnern als vorher geführt. Dies hatte seinerzeit unter anderem Nachzahlungen der Stadt von rund 117 Millionen Euro im Rahmen des Länderfinanzausgleiches zur Folge. Wohl auch deshalb reichte die FHH – ebenso wie Berlin – 2015 einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht ein, um die Vereinbarkeit des Erhebungsverfahrens und der relativ kurzen Datenlöschungsfristen beziehungsweise der dem zugrunde liegenden Regelungen mit dem Grundgesetz überprüfen zu lassen.2 Aus diversen Gründen kam es seitdem mehrfach zu Verschiebungen der Entscheidung im Hauptsacheverfahren, zuletzt am 13.06.2017.3 Am 22.08.2017 wurde die mündliche Verhandlung schließlich für den 24.10.2017 angesetzt.4 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wer vertritt seitens des Senats beziehungsweise Staatsrätekollegiums die FHH in dieser Sache vor dem Bundesverfassungsgericht? a. Welche Rechtsbeistände und Berater waren beziehungsweise sind in dieser Sache für die FHH tätig? Welche Kosten sind hiermit verbunden ? 1 Vergleiche BT.-Drs. 18/10458 und 18/10880. 2 Vergleiche http://www.abendblatt.de/hamburg/article205502739/Hamburg-will-eigene-Klagegegen -den-Zensus-2011-einreichen.html; Aktenzeichen 2 BvF 1/15 (Berlin) & 2 BvF 2/15 (Hamburg). 3 Vergleiche http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/ 06/fs20170613_2bvf000115.html. 4 Vergleiche https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Termine/DE/2017/zensus_ mv.html und https://www.abendblatt.de/hamburg/article211667325/Hamburg-zieht-wegen- Einwohnerzahl-vor-Verfassungsgericht.html. Drucksache 21/10155 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b. Welche Vorbereitungen wurden bislang für das Hauptsacheverfahren getroffen, welche sollen noch bis zur mündlichen Verhandlung getroffen werden? Das Normenkontrollverfahren ist von dem Verfahrensbevollmächtigten des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, Herrn Prof. Dr. Stefan Korioth, in Zusammenarbeit mit den zuständigen Referentinnen und Referenten der Behörde für Inneres und Sport, der Justizbehörde, der Senatskanzlei und des Statistikamtes Nord schriftsätzlich vorbereitet worden. Zum Honorar des Verfahrensbevollmächtigten siehe Drs. 21/3041. Weitere externe Beistände und Berater sind vonseiten des Senats nicht hinzugezogen worden. Die noch zu benennenden Vertreterinnen und Vertreter des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, die neben Herrn Prof. Dr. Stefan Korioth an der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht teilnehmen werden, werden sich in der gebotenen Tiefe in die verfahrensgegenständliche Thematik einarbeiten. 2. Für wann rechnet der Senat mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der oben genannten Sache? Der Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht gebietet es, von Spekulationen über einen Termin für die Urteilsverkündung abzusehen. 3. In welchem Gesamtumfang hatte die FHH aufgrund der Ergebnisse des Zensus 2011 Nach- beziehungsweise Mehrzahlungen im Länderfinanzausgleich gegenüber der vorherigen Planung zu leisten? Gegenüber den vorläufigen Abrechnungen des Länderfinanzausgleichs für das Ausgleichsjahr 2011 aus dem Jahr 2012 und für das Ausgleichsjahr 2012 aus dem Jahr 2013 ergaben sich durch die endgültigen Abrechnungen des Länderfinanzausgleichs für das Ausgleichsjahr 2011 aus dem Jahr 2013 und für das Ausgleichsjahr 2012 aus dem Jahr 2016 Mehraufwendungen von zusammen 76 Millionen Euro beim Länderfinanzausgleich , die zum überwiegenden Teil dem für Hamburg mit Bescheid vom 10. Juni 2013 festgestellten Ergebnis des Zensus 2011 zugeordnet werden können. Für die Folgejahre wurde modellhaft ein struktureller Zensus-Effekt von jeweils 73 Millionen Euro an Mehraufwendungen beim Länderfinanzausgleich zuzüglich von jeweils 44 Millionen Euro Mindererträgen bei der Umsatzsteuer ermittelt. 4. Welche Einwohnerzahlen Hamburgs sind den in den Haushaltsplänen 2015/2016 und 2017/2018 sowie der aktuellen Finanzplanung veranschlagten Aufwendungen für den Länderfinanzausgleich zugrunde gelegt worden? Handelt es sich dabei um Zahlen auf Basis der Erkenntnisse aus dem Zensus 2011? a. Wenn nein, warum nicht und woher stammen sie dann? Inwieweit ist bei entsprechendem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit weiteren Nachzahlungen in den Länderfinanzausgleich zu rechnen? In welchem Umfang wurden beziehungsweise werden für diesen Fall Rückstellungen gebildet? b. Wenn ja, inwieweit kann die FHH mit (Rück-)Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich rechnen, sofern das Bundesverfassungsgericht die Grundgesetzwidrigkeit und damit Nichtigkeit der im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle angegriffenen Regelungen feststellt? In die Schätzungen für den Länderfinanzausgleich fließen die jeweils nach der amtlichen Statistik aktuell verfügbaren Einwohnerzahlen ein. Derzeit beruhen diese auf einer Fortschreibung des Ergebnisses des Zensus 2011. Eine künftige rückwirkende Feststellung anderer Einwohnerzahlen würde der amtlichen Statistik obliegen. Daher können eventuelle Revisionen des Länderfinanzausgleichs derzeit nicht berechnet werden.