BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10205 21. Wahlperiode 05.09.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein und Carl-Edgar Jarchow (FDP) vom 28.08.17 und Antwort des Senats Betr.: Schießausbildung von Waffenträgern der Justiz und Qualifizierung von Funktionsträgern der Justiz mit Waffentrageberechtigung für den Umgang mit Waffen Der Landesrechnungshof stellte in seinem Jahresbericht 2008 unter den Randnummern 167 – 169 fest: „167. Der Rechnungshof hat dies beanstandet und die Justizbehörde daher aufgefordert, – Qualitätsziele zu konkretisieren, – die Qualität der erbrachten Schießleistungen zu dokumentieren und auszuwerten sowie – auf dieser Basis Inhalt, Anzahl und Teilnehmer der jährlich als erforderlich erachteten Übungsschießen festzulegen. Er hat der Justizbehörde darüber hinaus empfohlen, auf der Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu prüfen, ob das Übungsschießen effizienter von der Polizei organisiert und durchgeführt werden könnte. 168. Funktionsträgern der Justiz mit erhöhter Gefährdung kann eine dienstlich zugelassene Schusswaffe überlassen werden. Eine Verpflichtung zur Teilnahme dieser Personen am Übungsschießen besteht hingegen nicht. Verbindliche Regelungen zur Handhabung der Waffen hat die Justizbehörde nicht erlassen. 169. Der Rechnungshof hält es – auch unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung eines unnötigen Haftungsrisikos – für geboten, dass Bedienstete der Justizbehörde nur dann mit einer Schusswaffe ausgestattet werden, wenn deren sichere Handhabung gewährleistet ist. Der Rechnungshof hat der Justizbehörde daher empfohlen, mit Hilfe einer verbindlichen Regelung einen sicheren Umgang gefährdeter Funktionsträger mit Schusswaffen zu gewährleisten. Die Justizbehörde hat zugesagt, den Forderungen und Empfehlungen nachzukommen.“ Drucksache 21/10205 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In der Stellungnahme des Senates zum Jahresbericht des Landesrechnungshofes 2008 (Drs. 19/378) führte der Senat in dieser Causa dann weiter aus: „Justizbehörde (Tzn. 166 bis 169) Der Senat stimmt den Feststellungen des Rechnungshofs zu. Die zuständige Behörde beabsichtigt, die vom Rechnungshof vorgeschlagenen Maßnahmen bis zum 31. Dezember 2008 umzusetzen.“ Schon aufgrund des vom Rechnungshof und daraufhin vom Senat erkannten unnötigen Haftungsrisikos war die Umsetzung Abhilfe dieser festgestellten Defizite für Hamburg von hoher Wichtigkeit. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Schießausbildung im Justizvollzug hat sich an den Vorschriften für den Schusswaffengebrauch zu orientieren, die sich aktuell aus den §§ 83 des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes (HmbStVollzG), 78 des Hamburgischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes (HmbSVVollzG), 62 und 82 des Hamburgischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (HmbUVollzG) sowie 83 des Hamburgischen Jugendstrafvollzugsgesetzes (HmbJStVollzG) ergeben. In den vergangenen mehr als zehn Jahren ist die Verfügung zur „Schießausbildung für Bedienstete im Strafvollzugsdienst und für Bedienstete der Justizbehörde mit Bescheinigung gemäß § 55 WaffG“ an diesem Ziel entsprechend modifiziert worden. Die Verfügung wurde am 28. Februar 2008 dahin gehend fortgeschrieben, dass – neben der Eintragung in die individuellen sogenannten Schießkarten der zur Teilnahme am Übungsschießen verpflichteten Bediensteten – die Schießergebnisse (Erfüllen der Trefferquote) der Bediensteten auf der Schießanlage auch von den dort die Aufsicht führenden Schießlehrern zu dokumentieren waren, um so Nachweis über die Qualität der Schießergebnisse führen zu können. Des Weiteren wurde geregelt, dass neben den Bediensteten der Justizvollzugsanstalt (JVA) Glasmoor und der Sozialtherapeutischen Abteilung Bergedorf auch die Bediensteten der JVA Hahnöfersand nicht mehr zur Schießausbildung verpflichtet sind, womit der Kreis der zum Schusswaffengebrauch in den Justizvollzugsanstalten berechtigten Bediensteten insgesamt erheblich verringert wird. Zur Schießübung verpflichtet sind Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Schichtdienst im allgemeinen Vollzugsdienst, die zur Einteilung zum Wachhabenden in Betracht kommen, die Bediensteten der Fahrbereitschaft mit Berechtigung zum Fahren der großen Gefangenentransportbusse, die Begleiterinnen und Begleiter in diesen Fahrzeugen, die Angehörigen der Revisionsabteilungen, die Angehörigen der Revisionsgruppe des Strafvollzugsamtes sowie die Ausbildungsbeamtinnen und -beamten in den Justizvollzugsanstalten. Um eine sichere Handhabung gewährleisten zu können, wurde gleichzeitig die Anzahl des Übungsschießens von zwei auf drei Teilnahmen pro Jahr deutlich erhöht und die Regelung, die Schießübungen in Abständen von wenigstens drei und längstens sechs Monaten zu absolvieren, fortgeschrieben . Mit der erneuten Fortschreibung der Verfügung vom 14. April 2011 wurde vermerkt, dass der Schießstand Bahrenfeld ab dem 1. Mai 2011 durch den Schießstand „Braamkamp“ ersetzt wurde. Veränderungen in den Bedingungen der auch weiterhin unentgeltlichen Nutzung der Polizeischießanlage in Hamburg durch die Bediensteten des Justizvollzuges hat es demnach in Zusammenhang mit dem Wechsel der Schießstandanlage nicht gegeben. Die Justizbehörde musste keinen eigenen Schießstand betreiben und erhält bis heute am Ende eines jeden Kalenderjahres ausreichend Kapazitäten für die justizeigene praktische Schießausbildung auch am neuen Standort Braamkamp. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, wie noch 2008 vom Rechnungshof empfohlen, war auf dieser Grundlage entbehrlich. Mit Verfügung vom 15. September 2014 wurde schließlich festgelegt, dass die noch in Rede stehenden Anstalten (JVA Billwerder, JVA Fuhlsbüttel, Untersuchungshaftanstalt und Sozialtherapeutische Anstalt – ohne Außenstelle Bergedorf –) zukünftig individuell Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10205 3 für ihre Anstalt den Kreis beziehungsweise die Anzahl der an der praktischen Schießausbildung ermitteln und sicherstellen, dass jederzeit eine ausreichende Anzahl von ausgebildeten und zum Tragen und Führen berechtigten Bediensteten im Dienst ist. Damit wird die Verantwortlichkeit der unmittelbaren Vorgesetzten und der Anstaltsleitungen beziehungsweise Entscheidungsträger in den Anstalten deutlich hervorgehoben und gestärkt, was erneut eine signifikante vom Rechnungshof schon 2008 gewünschten Konkretisierung der mit den Schießübungen verfolgten Ziele einschließlich der Bestimmung des Teilnahmerkreises darstellt. Eine erneute Überprüfung der bestehenden Schießverfügung der Abteilung Justizvollzug der zuständigen Behörde soll bis Ende Februar 2018 erfolgen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Waren die Maßnahmen, wie vom Senat angekündigt, bis zum 31.Dezember 2008 vollständig umgesetzt? Wenn nein, welche Maßnahmen wurden später umgesetzt und wann erfolgte die spätere Umsetzung dann jeweils? Eine Konkretisierung der mit den Schießübungen im Justizvollzug verfolgten Ziele sowie eine Dokumentation über die Zielerreichung als Maßstab für die Bestimmung von Zahl und Teilnehmerkreis erfolgt weiterhin regelmäßig. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 2. a. Wie genau lauten die konkretisierten Qualitätsziele? Wurden diese seit der erfolgten Konkretisierung gegebenenfalls überarbeitet und falls ja, wie? b. Wurde die Qualität der erbrachten Schießleistungen dokumentiert und ausgewertet? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen in den jeweiligen Jahren nach der Konkretisierung und dem Beginn der Dokumentation? c. Wurden auf dieser Basis Inhalt, Anzahl und Teilnehmer der jährlich als erforderlich erachteten Übungsschießen festgelegt und wenn ja, ab wann und welche Festlegungen genau erfolgen in welchem Jahr seit Beginn der Festlegungen und wie weit wurden diese Festlegungen im jeweiligen Jahr erfüllt? d. Wurde auf der Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung geprüft, ob das Übungsschießen effizienter von der Polizei organisiert und durchgeführt werden kann und wenn ja, mit welchem Ergebnis und wenn nein, warum nicht? Die Teilnahme an den Schießübungen wird jeweils individuell zwischen Bediensteten und Vorgesetzten ausgewertet und bewertet, um festzulegen, ob die betreffende beziehungsweise der betreffende Bedienstete weiterhin zum Kreis der zum Tragen und Führen von Schusswaffen berechtigten Bediensteten gehört oder in diesen Kreis aufgenommen wird. Insofern handelt es sich um laufende Prozesse. Zur Beantwortung der Frage müssten sämtliche Schießlisten beziehungsweise Schießkarten der jeweiligen Jahre händisch ausgewertet werden. Allein für ein Kalenderjahr sind dies Datensätze von mehr als 300 Bediensteten. Dies ist in der zur Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Wurden Funktionsträger der Justiz mit erhöhter Gefährdung, denen eine dienstlich zugelassene Schusswaffe überlassen werden kann, zur Teilnahme am Übungsschießen verpflichtet? Wenn ja, seit wann, wenn nein, warum nicht? Aktuell ist einem Funktionsträger der Justiz mit erhöhter Gefährdung eine dienstlich zugelassene Schusswaffe überlassen. Dieser wurde auch verpflichtet. Der Sachver- Drucksache 21/10205 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 halt wird bei der anstehenden Überprüfung der in Rede stehenden Verfügung Anfang 2018 Berücksichtigung finden. 4. Wurde vom Senat eine verbindlichen Regelung erlassen, die einen sicheren Umgang gefährdeter Funktionsträger mit Schusswaffen gewährleistet? Wenn ja, wann genau und mit welchem Inhalt? Wenn ein, warum nicht? Die Durchführung und Dokumentation der Teilnahme an den Schießübungen, insbesondere die Erfüllung der Trefferquote, erfolgt wie bei den zur Teilnahme am Übungsschießen verpflichteten Bediensteten des Justizvollzuges. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. und Vorbemerkung.