BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10206 21. Wahlperiode 05.09.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens Meyer (FDP) vom 28.08.17 und Antwort des Senats Betr.: Der Schutz des kulturellen Erbes in Hamburg Im August 2016 trat das Kulturgutschutzgesetz in Kraft, das neben notwendigen Umsetzungen von EU-Recht und UNESCO-Konventionen den Schutz von Kulturgut stärken soll. Dabei geht es auch um eindeutige Ein- und Ausfuhrregelungen , um gegen illegalen Handel vorzugehen. Vorgesehen ist die Einrichtung von Sachverständigenausschüssen durch die Bundesländer (§§ 7 und 14 KGSG). Laut Drs. 21/6266 werden die Namen der Mitglieder „nach Abschluss des Bestätigungsverfahren“ veröffentlicht. 2014 beschloss die Bürgerschaft einstimmig, die Provenienzforschung und Inventarisierung der Kunstbestände voranzutreiben. Dabei sollte sich der Senat für eine wissenschaftliche Datenbank einsetzen und prüfen, wie zusätzliche Mittel für die Forschung eingeworben werden können (Drs. 20/12999). Im März 2017 haben Kulturstaatsministerin Grütters und die Präsidentin des deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz Münch in Berlin zur Mitwirkung am Europäischen Kulturerbejahr 2018 aufgerufen. Letztlich soll das Bewusstsein für gemeinsame Geschichte und Werte in Europa gestärkt werden . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie sind nach Ablauf des ersten Jahres die Erfahrungen der zuständigen Behörde mit dem neuen Kulturgutschutzgesetz? Das Kulturgutschutzgesetz (KGSG) enthält zahlreiche Bestimmungen und Verfahren, die bereits vor Inkrafttreten des KGSG gültig waren. Nach einem Jahr haben sich die neuen Verfahren wie die Genehmigung der Ausfuhr von Kulturgütern in den europäischen Binnenmarkt eingespielt. 2. Inwieweit sind durch das neue Kulturgutschutzgesetz die Forderungen aus dem Straftrechtsübereinkommen des Europarats vom Frühjahr 2017 zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Kulturgut und der Zerstörung kulturellen Erbes bereits umgesetzt? Für das Übereinkommen über Straftaten im Zusammenhang mit Kulturgut vom 19. Mai 2017 ist der Zeichnungs- und Ratifizierungsprozess auf internationaler Ebene eröffnet worden. Zurzeit ist es von sechs beziehungsweise sieben Staaten unterzeichnet worden (von den Mitgliedsstaaten Armenien, Zypern, Griechenland, Portugal, San Marino, Slowenien sowie vom Beobachterstaat Mexiko). 3. Welche Art von Kulturgütern konkret fällt unter die Neuregelungen bezüglich einer Ausfuhrgenehmigung? Welche Kriterien werden für die Kategorisierung verwendet? Drucksache 21/10206 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Neu im KGSG ist die Notwendigkeit, für die Ausfuhr von Kulturgütern oberhalb gewisser Alters- und Wertgrenzen in den europäischen Binnenmarkt eine Genehmigung zu beantragen. Bereits vor Inkrafttreten des KGSG war die Genehmigung der Ausfuhr von Kulturgütern oberhalb gewisser Alters- und Wertgrenzen in Drittstaaten erforderlich (VO Nummer 116/2009). Die Kategorien für die Ausfuhr in den Binnenmarkt entsprechen denen der VO Nummer 116/2009, wobei die Alters- und Wertuntergrenzen teilweise von denen der VO Nummer 116/2009 (nach oben) abweichen. 4. Wie viele Anträge zur Ausfuhr von Kulturgütern wurden seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes gestellt? Insgesamt wurden seit Inkrafttreten des Gesetzes 86 Anträge auf Genehmigung der Ausfuhr von Kulturgütern in Hamburg gestellt. Hierunter fallen jedoch auch die Genehmigung der Ausfuhr nach der VO Nummer 116/2009, die vorübergehende Ausfuhr von nationalen Kulturgütern und die allgemeine offene Genehmigung nach § 25 KGSG sowie die spezifisch offene Genehmigung nach § 26 KGSG. Die Zahl der Anträge nach § 24 Absatz 1 Nummer 2 KGSG, das heißt auf Ausfuhr in den europäischen Binnenmarkt, beläuft sich auf 27 Anträge seit Inkrafttreten des KGSG. a. Wie viele davon wurden negativ und wie viele positiv beschieden und warum jeweils? Alle Anträge wurden genehmigt. Es lag kein Ausfuhrverbot nach § 21 Nummern 1, 3, 4 und 5 KGSG vor. b. Wie lange ist die durchschnittliche Verfahrensdauer? Das KGSG schreibt in § 24 Absatz 7 Satz 1 fest, dass die oberste Landesbehörde innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Einreichung der vollständigen Unterlagen über den Antrag entscheidet. Diese Frist wurde eingehalten. 5. Wie viele Verfahren wegen Eintragung als national wertvolles Kulturgut hat es seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes gegeben? In Hamburg hat es seit Inkrafttreten des KGSG kein Verfahren zur Eintragung als national wertvolles Kulturgut gegeben. a. Auf wessen Antrag gingen diese Verfahren jeweils zurück? b. Wie viele davon wurden negativ und wie viele positiv beschieden und warum jeweils? c. Wie lange ist die durchschnittliche Verfahrensdauer? Entfällt. 6. Welche Personen sind Mitglied der neuen Sachverständigenausschüsse ? Nach welchen Kriterien sind diese Ausschüsse zusammengesetzt? Die Zusammensetzung der Sachverständigenausschüsse ist in § 14 Absatz 2 KGSG geregelt. Demnach sind bei der Berufung „sachkundige Personen aus dem Kreis der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen, der Wissenschaft, des Kunsthandels und Antiquariats sowie der privaten Sammlerinnen und Sammler zu berücksichtigen“. Die Zusammensetzung der Sachverständigenausschüsse ist im Internetportal nach § 4 KGSG zu veröffentlichen: http://www.kulturgutschutz-deutschland.de/DE/5_Sachverstaendige/ 5_sachverstaendige_node.html;jsessionid=0CBBCC7EC00B14D0DB03A9777CBBDF 20.2_cid332. 7. Welche Ergebnisse im Senatshandeln hat der Bürgerschaftsbeschluss Drs. 20/12999? Bitte für jedes Petitum einzeln ausführen. Seit dem 19. Juni 2017 betreibt das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste das Onlineportal „Modul Forschungsergebnisse“, auf dem die Ergebnisse der seit 2008 aus öffentlichen Mitteln geförderten Projekte, mit denen deutsche Einrichtungen – insbesondere Museen, Bibliotheken und Archive – Provenienzforschung zu NS-Raubgut Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10206 3 durchgeführt haben, in Form von Projekt-Abschlussberichten und in nach fachlichen Kriterien geordneten Excel-Tabellen bereitgestellt werden. Der Online-Zugang ist aus datenschutzrechtlichen Gründen auf Nutzerinnen und Nutzer mit einem berechtigten Interesse beschränkt. Vertreterinnen und Vertretern öffentlicher Einrichtungen mit einem entsprechenden Bezug beziehungsweise auch der Politik wird dieser Zugang in der Regel gewährt. Die Entscheidung trifft das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste. Derzeit wird ein Konzept für eine umfangreiche Datenbank entwickelt. In diesem Zusammenhang wird auch das Rechtemanagement überprüft. Das Projekt zur Inventarisierung und Digitalisierung der Hamburger Museumsbestände wird fortlaufend unterstützt. Die Provenienzforschung wird von den rechtlich selbständigen Museumsstiftungen als Teil ihrer Sammlungsverwaltung betrieben, wofür die Einrichtungen zusätzlich Projektförderungen zum Beispiel beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste einwerben können. 8. In welcher Form beteiligt sich Hamburg am Europäischen Kulturerbejahr 2018? Hamburg beteiligt sich in vielfacher Hinsicht, unter anderem: - ist Hamburg im Nationalen Programmbeirat des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz (DNK) zur Vorbereitung und Durchführung des Europäischen Kulturerbejahrs mit dem Hamburger Landeskonservator von Beginn an vertreten; - hat Hamburg für die Jahre 2017 und 2018 zusätzliche personelle Ressourcen zur Förderung und Koordinierung von zivilgesellschaftlichen Aktivitäten zur Unterstützung der Ziele des Kulturerbejahrs bereitgestellt; - wird Hamburg einen Beitrag im länderübergreifenden Projekt der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger (VdL) Deutschland „Zu Hause Europas Geschichte entdecken “ leisten; - wird das DNK die nationale Auftaktveranstaltung zum Kulturerbejahr am 8. Januar 2018 in Partnerschaft mit der Freien und Hansestadt Hamburg in Hamburg durchführen ; - wird der Senat im Rahmen der europapolitischen Öffentlichkeitsarbeit das Europäische Kulturerbejahr aufgreifen, insbesondere in der Europawoche 2018. 9. Welche Stelle koordiniert die Aktivitäten? Die Behörde für Kultur und Medien/Denkmalschutzamt. 10. Werden zusätzliche Mittel bereitgestellt, um im Rahmen des Kulturerbejahres öffentlich auf die Bedeutung des Denkmalschutzes hinzuweisen? Wenn ja: bitte darstellen. Wenn nein: warum nicht? Es werden insbesondere Mittel zur Finanzierung der temporären zusätzlichen Personalressourcen , zur Beteiligung am VdL-Projekt sowie zur Beteiligung an den Kosten der nationalen Auftaktveranstaltung bereitgestellt.