BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1025 21. Wahlperiode 17.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 09.07.15 und Antwort des Senats Betr.: Altersschätzung minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge (II) In seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage (Drs. 21/816) – „Altersschätzung minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge“ führte der Senat aus, wie die Schätzung über die Voll- beziehungsweise Minderjährigkeit im Fall von Zweifeln festgestellt wird. Zur Altersbestimmung werden „(…)Panoramaschichtaufnahme der zahntragenden Anteile der Kieferknochen (durchgeführt). In bestimmten Fällen, in denen sich diese Untersuchung als nicht ausreichend für eine Altersbestimmung erweist, wird zusätzlich eine Röntgenaufnahme vom Handskelett vorgenommen . Die Untersuchung des Schlüsselbein-Brustbein-Gelenkes zur Einschätzung des Verknöcherungsstadiums des Schlüsselbein-Knochenendes (mediale Epiphyse) mittels konventionellem Röntgen beziehungsweise gegebenenfalls zusätzlicher Computertomographie kann nach Einschätzung des UKE im besonderen Fall zusätzlich sinnvoll sein.“ Ferner findet „(…) eine Inaugenscheinnahme der bezüglich einer Abschätzung des Entwicklungsbeziehungsweise Reifezustandes maßgeblichen Partien der Körperoberfläche , insbesondere bei männlichen Probanden der Gesichtsregion und der Achselhöhlen sowie der Genitalregion (statt). Bei weiblichen Probanden erfolgt eine Inspektion des Entwicklungszustandes der Brustdrüsen.“ Nach aktuellen Medienberichten hat es auch Fälle gegeben, in denen die Genitalregion von weiblichen (minderjährigen) Flüchtlingen zur Altersbestimmung in Augenschein genommen wurde. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welcher Mehrwert an Informationen wird durch die Untersuchung der Genitalien und der Brustdrüsen (vergleiche Antwort zu 1. b., Drs. 21/816) erzielt, der durch die Röntgenaufnahmen beziehungsweise eine Computertomographie (vergleiche Frage 1. a., Drs. 21/816) nicht erlangt werden kann? Die Altersbestimmung erfolgt stets im Zusammenhang mit einer medizinischen (und zahnmedizinischen) Anamneseerhebung und Untersuchung des menschlichen Körpers . Vor dem Einsatz technischer Verfahren (wie zum Beispiel Röntgen) finden zunächst eine Erhebung der medizinischen Vorgeschichte sowie eine körperliche Untersuchung in Form einer äußeren Begutachtung statt. Im Rahmen einer solchen medizinischen äußeren Untersuchung des menschlichen Körpers wird der ganze Mensch betrachtet. Die äußere Inspektion eines Menschen dient in medizinischer Hinsicht der Orientierung bezüglich relevanter Erkrankungen und Behinderungen, auch im Hinblick auf geplante technische Untersuchungen wie zum Beispiel zur Drucksache 21/1025 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Beantwortung der Frage, ob eine Schwangerschaft vorliegt oder zur Feststellung von Hormonstörungen und Tumoren, welche die Knochenentwicklung beeinflussen. Die äußere Inspektion des menschlichen Körpers ermöglicht somit eine grobe VorabEinschätzung des Lebensalters. Eine genauere Einordnung geschieht dann durch die Auswertung von Röntgenbildern. 2. Wie bewertet der Senat die Schutzbedürftigkeit (minderjähriger) Flüchtlinge im Hinblick auf den Eingriff in die Privatsphäre durch Intimuntersuchungen ? Der Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen hat für den Senat stets höchste Priorität. Die medizinische Untersuchung geschieht dabei unter Rücksichtnahme auf die Befindlichkeit und Beachtung der Willensäußerungen der jungen Flüchtlinge. 3. Wie viele der aufgeführten Personen (vergleiche Ausschnitt der Tabelle, Antwort zu 2. a. und b., Drs. 21/816) mussten sich 2012 2013 2014 2015 Alter unter 18 Jahre nach Klärung der Zweifel 78 9% 126 10% 264 13% 133 11% Alter mindestens 18 Jahre nach Klärung der Zweifel, fehlende Mitwirkung 218 25% 346 27% 322 16% 157 13% a. einer Genital- beziehungsweise Brustdrüsenuntersuchung unterziehen ? (Bitte aufschlüsseln nach Geschlecht der Betroffenen.) b. einer (beziehungsweise mehreren) Röntgenaufnahmen unterziehen ? (Bitte aufschlüsseln für die Kategorien Röntgenaufnahme „vom Kiefer“, „vom Handskelett“, beziehungsweise „vom Schlüsselbein -Brustbein-Gelenkes“). Im Institut für Rechtsmedizin (IfR) des UKE wird keine abrufbereite Statistik über durchgeführte Untersuchungen zur Altersbestimmung, die eine Detail-Auswertung nach den nachgefragten Kriterien zuließe, geführt, da diese für die Aufgabenerfüllung des Instituts nicht erforderlich ist. Eine entsprechend der Fragestellung konkrete Auswertung würde die gesonderte Durchsicht und Prüfung aller einzelnen personenbezogenen Unterlagen erfordern. Aufgrund der hohen Anzahl der Fälle ist dies in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 4. War dem Senat bekannt, dass auch bei weiblichen Flüchtlingen die Genitalregion zur Altersbestimmung untersucht wird? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, warum hat der Senat diese Untersuchung in seiner Antwort auf die Drs. 21/816 nicht aufgeführt? Die Altersbestimmung unter Zuhilfenahme von Röntgenuntersuchungen erfolgt stets – und somit auch bei weiblichen Personen – im Zusammenhang mit einer medizinischen (und zahnmedizinischen) Anamneseerhebung und Untersuchung des menschlichen Körpers. Die Untersuchung der Entwicklung der äußeren Geschlechtsmerkmale gehört routinemäßig dazu, siehe Antwort zu 1.