BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10294 21. Wahlperiode 12.09.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 06.09.17 und Antwort des Senats Betr.: Dutzende Terror-Kämpfer sollen als Flüchtlinge in Deutschland leben Am 02.09.2017 berichtete „Die Welt“ darüber, dass rund 60 Terrorkämpfer aus Syrien, die dort an Massakern beteiligt gewesen seien, als Flüchtlinge in Deutschland lebten. „Der Spiegel“ berichtete unter Berufung auf Sicherheitsbehörden , dass es sich um Angehörige der Einheit Liwa Owais al-Qarni handeln soll. „Die Welt“ berichtet weiter: „In Deutschland liefen derzeit Ermittlungsverfahren gegen 25 ehemalige Kämpfer der Einheit. Die Behörden gehen zudem davon aus, dass sich mehr als 30 weitere Kämpfer der Gruppe in Deutschland aufhalten. Allerdings seien viele noch nicht zweifelsfrei identifiziert oder aufgespürt worden . Nach Informationen des Nachrichtenmagazins hat das Bundesamt für Verfassungsschutz zu dem Komplex eine Projektgruppe gegründet.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Liegen den Behörden Kenntnisse darüber vor, wie viele dieser Terrorkämpfer sich in Hamburg aufhalten? Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen den Sicherheitsbehörden nicht vor. 2. Wie viele Personen, die in ihren Herkunftsländern an terroristischen Taten beteiligt waren oder Mitglieder terroristischer Gruppen waren, halten sich nach Erkenntnissen der Behörden insgesamt in Hamburg auf? Bitte nach Herkunftsländern differenzieren. Nach Kenntnis der Polizei halten sich derzeit jeweils eine Person aus dem Irak und aus Syrien in Hamburg auf. Dem LfV Hamburg liegen in mehreren Fällen bisher unbestätigte Hinweise im Sinne der Fragestellung vor. Diese Einzelhinweise werden gegenwärtig sorgfältig geprüft. Weitere Angaben sind aus ermittlungstaktischen Gründen nicht möglich. 3. Laufen auch in Hamburg Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Mitglieder terroristischer Gruppen beziehungsweise gegen Personen, die verdächtigt werden, Kriegsverbrechen begangen zu haben? Bei den Staatsanwaltschaften in Hamburg sind keine anhängigen Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Mitglieder einer terroristischen Vereinigung oder gegen andere Personen wegen des Verdachts von Kriegsverbrechen bekannt. Für die Verfolgung von Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB), mithin für die Verfolgung von Kriegsverbrechen nach den §§ 8 fortfolgende VStGB, besteht Drucksache 21/10294 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gemäß § 142a Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) i.V.m. § 120 Absatz 1 Nummer 7 GVG eine originäre Zuständigkeit des Generalbundesanwaltes. 4. Werden entsprechende Personen, gegen die ermittelt wird, automatisch als Gefährder eingestuft? Siehe Drs. 19/5628. 5. Welche aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen hat ein solches Ermittlungsverfahren beziehungsweise hätte eine Verurteilung? Grundsätzlich schöpft die Ausländerbehörde bei verurteilten Straftätern die gesetzlichen Spielräume für eine Rückführung jeweils aus. Während eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ist die Entscheidung der Ausländerbehörde über die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich bis zum Abschluss des Verfahrens auszusetzen. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt im Übrigen in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsinteresse besteht. Eine strafrechtliche Verurteilung begründet grundsätzlich ein solches Ausweisungsinteresse. Darüber hinaus kann eine Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung politisch oder religiös motivierte Gewalt ein Ausweisungsinteresse begründen. Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt wurde, dürfen allerdings nur ausgewiesen werden, wenn ihr persönliches Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und wenn die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Für subsidiär Schutzberechtigte besteht ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse. Bei Personen, bei denen gesetzliche Abschiebungsverbote wegen einer im Falle einer Abschiebung drohenden menschenrechtswidrigen Behandlung oder wegen sonstiger erheblicher Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit bestehen, ist eine Aufenthaltserlaubnis bei bestimmten schwerwiegenden Verbrechen, Straftaten von erheblicher Bedeutung oder Gefahren für die Allgemeinheit beziehungsweise für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu versagen. Schließlich darf ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, grundsätzlich nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen oder abgeschoben werden. 6. Welche Konsequenzen hat ein solches Ermittlungsverfahren beziehungsweise hätte eine entsprechende Verurteilung hinsichtlich eines Asylverfahrens? Während des Asylverfahrens haben nach § 8 Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 und 2 AsylG die für die Erhebung der öffentlichen Klage zuständigen Stellen das Bundesamt über die Erhebung der öffentlichen Klage unverzüglich zu unterrichten, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder bei dort bestimmten Straftaten eine Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr zu erwarten ist. Dasselbe gilt später nach § 8 Absatz 1a Satz 1 Nummer 3 AsylG für entsprechende strafrechtliche Verurteilungen. Außerdem kann nach § 59b Absatz 1 AsylG die Ausländerbehörde die räumliche Beschränkung einer Aufenthaltsgestattung anordnen, wenn der Ausländer wegen einer Straftat, die nicht nur von Ausländern begangen werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist oder wenn von ihm eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter ausgeht. Weder die Flüchtlingseigenschaft noch subsidiärer Schutz wird nach § 3 Absatz 2 Nummer 1 beziehungsweise § 4 Absatz 2 Nummer 1 AsylG zuerkannt, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Antragsteller ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat. Als Flüchtling wird nach § 3 Absatz 2 Nummer 2 AsylG ebenfalls nicht anerkannt, bei wem aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpoliti- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10294 3 sche Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden. Subsidiärer Schutz wird nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 AsylG versagt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller eine schwere Straftat begangen hat. Diese Ausschlussgründe gelten nach § 3 Absatz 2 Satz 2 und § 4 Absatz 2 Satz 2 AsylG jeweils auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.