BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10343 21. Wahlperiode 19.09.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jens Meyer und Katja Suding (FDP) vom 11.09.17 und Antwort des Senats Betr.: Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland – Werden die Hamburger Symphoniker das Opfer leerer Versprechungen und falscher Hoffnungen ? Im November 2016 verkündeten die Hamburger Symphoniker, dass sie auf Betreiben der Hamburger Vertreter der Großen Koalition im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags, dem SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs sowie dem CDU-Bundestagsabgeordneten Rüdiger Kruse, ab der Spielzeit 2017/2018 fünf Jahre lang 900.000 Euro jährlich an Bundesmitteln aus dem Programm „Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland“ erhalten würden.1 Im März 2017 wurde bekannt, dass die Kulturstaatsministerin Grütters (CDU) erhebliche sachliche und rechtliche Bedenken hatte: „Förderprogramme müssen nach nachvollziehbaren Kriterien bewerbungsoffen ausgeschrieben werden und die zu Fördernden von Fachleuten ausgewählt werden.“ Die Kriterien, nach denen die Symphoniker und fünf weitere Orchester in Deutschland bereits ausgewählt zu sein schienen und viele andere nicht, waren völlig unklar.2 In einem Interview mit dem NDR betonte Rüdiger Kruse im März 2017 jedoch noch einmal, dass die Hamburger Symphoniker 900.000 Euro pro Saison erhalten sollten.3 Im Kulturausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft am 27. Juni 2017 teilte der Senat auf entsprechende Nachfrage der CDU-Abgeordneten mit, eine „Lösung stehe noch aus“.4 Wenige Tage später, am 6. Juli 2017, veröffentlichte die Kulturstaatsministerin die Richtlinien für das neue Förderprogramm. In den Fördergrundsätzen heißt es nun: „Die Förderung kann grundsätzlich Projekte bis zu einer Gesamtlaufzeit von 3 Jahren umfassen und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel von 50.000 € bis maximal 450.000 € im Jahr betragen. Eine Doppelförderung für das gleiche Projekt aus Mitteln des Bundes ist dabei ausgeschlossen. Nach einer Evaluation des Projektes kann die Förderung desselben Orchesters für zwei weitere Jahre erfolgen. Ein Anspruch auf Weiterförderung besteht nicht. (…) Die Anträge für die erste Förderrunde können bis zum 15. August 2017 bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gestellt werden.“5 1 Vergleiche https://www.symphonikerhamburg.de/fileadmin/media/press/pm_symphoniker_ hamburg_exzellente_orchesterlandschaft_11.11.16.pdf. 2 Vergleiche https://www.abendblatt.de/hamburg/article210092425/Symphoniker-bangen-um- 4-5-Millionen-Euro-aus-Berlin.html. 3 Vergleiche http://www.ndr.de/kultur/musik/Liegt-die-Orchesterfoerderung-auf-Eis, orchesterfoerderung100.html. 4 Stellungnahme des Kulturausschusses zur Drs. 21/8640 (Sitzungstermin 27.06.17). 5 Vergleiche https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2017/07/2017-07-06-bkmorchesterfoerderung .html beziehungsweise https://www.bundesregierung.de/Content/DE/ Drucksache 21/10343 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Das bedeutet, dass entgegen der ursprünglichen Ankündigung offenbar maximal die Hälfte, also 450.000 Euro und nicht 900.000 Euro pro Jahr, für die Symphoniker zur Verfügung stehen. Außerdem ist die Förderung über fünf Jahre fraglich, denn gefördert werden bis zu einer Evaluation zunächst nur drei Jahre. Schließlich aber handelt es sich nun – sachgerecht – um eine öffentliche Ausschreibung, die sich an alle öffentlich finanzierten Orchester in der Bundesrepublik richtet, sodass die Hamburger Symphoniker nicht fest mit diesem Geld rechnen können, sondern zunächst in einem Wettbewerb mit rund 130 weiteren Berufsorchestern um diese Mittel stehen. Entsprechende Antragsfrist war der 15. August 2017. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Hamburger Symphoniker e.V. hat sich im Rahmen des neuen Förderprogramms „Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland“ des Bundes erfolgreich beworben: Mit einer Förderung von 450.000 Euro p.a. für drei Jahre und der Option auf Verlängerung um weitere zwei Jahre erhält der Hamburger Symphoniker e.V. die höchstmögliche derzeit vom Programm vorgesehene Förderung. Überzeugt hat die Jury das Projekt „ThinkINg Orchestra“. Dieses Projekt sieht fünf Module vor, die unter anderem neuartige und besondere, zum Teil mehrsprachige Orchesterworkshops, Vortragsreihen, Orchesterakademietätigkeiten, Musikvermittlungsveranstaltungen in Kooperation mit sozial ausgerichteten Organisationen in strukturschwachen Stadtteilen, ein Orchester-Feuilleton und eine Verbesserung der Nutzung neuer Medien enthalten. Ausgewählt wurde das Projekt neben weiteren 30 Projekten von insgesamt 49 antragstellenden Orchestern aus ganz Deutschland. Das Gesamtfördervolumen beträgt rund 11,1 Millionen Euro. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Hamburger Symphoniker e.V., wie folgt: 1. Haben die Hamburger Symphoniker fristgerecht einen Antrag bei der Kulturstaatsministerin gestellt auf Förderung aus dem Bundesprojekt „Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland“? Wenn nein: warum nicht? Wenn ja, welche Summe wurde für die kommenden Jahre jeweils beantragt ? 2. Wie viele Orchester haben sich nach Kenntnisstand des Senats beziehungsweise der zuständigen Dienststellen der Freien und Hansestadt Hamburg auf diese Förderung beworben? Siehe Vorbemerkung. 3. Wie haben der Senat beziehungsweise die zuständigen Dienststellen der Freien und Hansestadt Hamburg die Bewerbung der Hamburger Symphoniker unterstützt? Die zuständige Behörde hat die Bewerbung konstruktiv begleitet. 4. Wann ist mit einer Entscheidung über die Mittelvergabe zu rechnen? Siehe Vorbemerkung. 5. Werden die eventuell eingeworbenen Mittel auch für das Stammgeschäft genutzt? Wenn ja, in welchem Umfang? Welche zusätzlichen Angebote sind darüber hinaus mit welchem Mittelumfang geplant? _Anlagen/BKM/2017/2017-07-06-orchesterfoerderung-programmbeschreibung.pdf; jsessionid=5AF63EE2989979F25E0AC771B0837EE1.s32t1? __blob=publicationFile&v=1. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10343 3 Nach Auskunft des Hamburger Symphoniker e.V. handelt es sich bei den beantragten Mitteln um Projektmittel, die ausschließlich im Sinne des Projekts und mit der Zielsetzung , das Projektziel zu verwirklichen, eingesetzt werden können. 6. In welchem Umfang lagen in den vergangenen Jahren Erträge aus den 2017 auslaufenden Bundesmitteln für das Reformationsprojekt oberhalb der jährlichen Aufwendungen für das Reformationsprojekt? Für welche konkreten Aufwendungen wurden diese Bundesmittel eingesetzt? In circa welchem Umfang wurde hieraus insbesondere Personal für das Stammgeschäft mitfinanziert? (Bitte jahres- beziehungsweise saisonweise auflisten.) Nach Auskunft des Hamburger Symphoniker e.V. waren und sind die Erträge und die Bundesmittel einerseits sowie die Aufwendungen für das Reformationsprojekt andererseits exakt ausgeglichen. Diese Projektmittel dürfen nur für Projektzwecke ausgegeben werden und wurden dementsprechend nur für die Projektzwecke ausgegeben. Zum Wirtschaftsplan der Hamburger Symphoniker siehe Drs. 21/8640. Im Übrigen: entfällt. 7. Inwieweit waren die im November 2016 noch angedachten 900.000 Euro pro Jahr aus dem Förderprogramm „Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland“ für das Projekt einer gemeinsam mit der Hochschule für Musik und Theater (HfMT) aufzubauenden „europäischen Akademie für Studierende aus China und Amerika“ gedacht?6 Was genau verbirgt sich hierhinter und inwiefern sind die Planungen hierfür mittlerweile in welcher Weise angepasst worden beziehungsweise müssen dies gegebenenfalls noch werden? Unter dem Arbeitstitel „Europäische Akademie für Studierende aus China und Amerika “ hat die HfMT Hamburg selbst bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Jahr 2016 einen Förderantrag gestellt. Inzwischen wurden daraufhin 869.300 Euro für ein dreijähriges Stipendiatenprogramm mit dem Titel „Zukunft der Orchesterkultur“ bewilligt. Dieses Programm ist im September 2017 mit acht Stipendiaten aus China, den USA und Hamburg erfolgreich gestartet. Projektpartner sind neben der HfMT und den Hamburger Symphonikern das Shanghai Conservatory of Music, Shanghai Symphony, San Francisco Conservatory of Music und Berkeley Symphony. Nach Auskunft des Hamburger Symphoniker e.V. haben die zwei genannten Projekte nichts miteinander zu tun. Das bereits in der Umsetzungsphase befindliche Akademie- Projekt ist ein Projekt der HfMT, hat mit dem Projekt „Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland“ keine Verbindung und erfährt daher keine wie auch immer geartete Anpassung. 6 Vergleiche http://www.kahrs.de/home/284-millionen-fur-hamburger-kulturprojekte/12148/ und http://ruedigerkruse.de/pressemitteilung-284-millionen-fuer-hamburger-kulturprojekte/.